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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : RS-Ausbildung: Sinn und Zweck der Intensivstation



Der Altnoob
10.03.2010, 21:52
Hallo zusammen!

Nachdem ich seit vergangenem Montag mein Klinikpraktikum als Rettungssanitäter auf der Intensivstation absolviere, bin ich heute bereits in einer gewissen "Sinnkrise": Warum müssen wir als Rettungssanitäter eigentlich auf die Intensivstation?

Es ist ja nicht so, dass mir das Arbeiten dort nicht gefallen oder mich nicht interessieren würde - aber irgendwie fehlt mir da nach drei Tagen ein wenig der Sinn und Zweck der Übung, wie schon im Titel angemerkt:

Was bringt es mir, wenn ich das (durchaus beeindruckende) Arsenal an Überwachung und Therapie sehe, was für die Behandlung der verschiedenen Krankheitsbilder zur Verfügung steht? Ich muss mich als RS "draussen" meist auf mein 3- oder 4-Kanal-EKG beschränken, dass mir mangels Kenntnis sowieso nur als Monitor dient und kann darüber hinaus auch noch SpO2 und RR messen. Und bereits hier fängt meine "Sinnkrise" an: Sämtliche Werte werden automatisch erhoben, einzig und allein das Fiebermessen wird manuell erledigt - wo ist da der Nutzen für den RS, der im Einsatz eher manuell messen können muss?

Oder auch das Blutabnehmen: Ich finde es interessant, aus liegenden Zugängen Blut abzunehmen, die Röhrchen fürs Labor fertigzumachen und auch Blutgasanalysen durchzuführen. Aber wo ist da die Relevanz für meine spätere Tätigkeit als RS? Es ist nicht so, dass ich unbedingt scharf darauf bin, jedem Patienten, der nicht schnell genug weg kann, einen oder mehrere Zugänge zu verpassen, da ich weiß, dass ich als RS nur in absoluten Ausnahmefällen überhaupt einen periphervenösen Zugang legen darf. Mir geht es nur darum, dass ich solche Kenntnisse (Blut aus liegendem Zugang abnehmen, BGA durchführen) für einen Rettungssanitäter eher als "nice to know" denn als unbedingt zum Tätigkeitsprofil gehörende Kenntnisse sehe...

Was ich einzig und allein interessant finde, ist das Zugehen auf Patienten und das Umgehen mit Patienten. Vor allem für Berufsanfänger (sprich für Leute, die auch ohne Vorkenntnisse in eine solche Ausbildung gehen und vorher auch noch nie Leute in ähnlichen Situationen vor sich hatten und sie anfassen mussten) dürfte es viel bringen, wenn diese ihre "ersten Schritte" am Patient unter Betreuung einer erfahrenen Pflegekraft machen.

Es ist ja nicht so, dass ich über das Klinikpraktikum meckern möchte, vor allem nicht, weil ich bisher auf sehr nette und hilfsbereite Kolleginnen und Kollegen gestoßen bin - aber ich habe für mich so den Eindruck gewonnen, dass man in der Notaufnahme vielleicht mehr sehen könnte und mehr lernen könnte. Wie seht ihr das? Und hat es Sinn, sich im laufenden Praktikum noch um ein Umschwenken auf 1 Woche Intensiv, 1 Woche Notaufnahme zu verständigen, sofern das Krankenhaus das mitmacht? Zur Info: Ich mache den RS ehrenamtlich bzw. als Erweiterung meines Berufs und habe somit das Klinikpraktikum in 2x 2 Wochen unterteilt. Im ersten Teil soll ich lt. dem Krankenhaus, in dem ich mein Praktikum mache, 2 Wochen auf die Intensivstation, im zweiten Teil gehe ich dann 2 Wochen in die Anästhesie.

RS-USER-Rettungsente
10.03.2010, 22:38
Du musst für dich im Praktikum klar abgrenzen was zwingend wichtig und was eher informativ ist. Wichtig ist neben der Pflege des Patienten die Patientenbeobachtung, sieh zu das du normale Zustände von pathologischen unterscheiden lernst. Frage nach ob Du auskultieren darfst, Pulse tasten kannst. Die Assistenz bei Eingriffen auf der Station ist ebenfalls wichtig. Eigentlich sollte dies genau in Deinem Praktikumsheft beschrieben sein und die verantwortlichen Ärzte & Schwestern dies dort dann auch dokumentieren.
Mich verwundert etwas, das die Notaufnahme nicht auf deinem Praktikumplan steht, sollte sie eigentlich? Wo machst Du den RS Lehrgang?

VG Rettungsente

krumel
10.03.2010, 22:44
Ich persönlich halte Intensivstation ehrlich gesagt sogar für einen der wichtigsten Teile des Praktikums.

Erstens muss und soll hier der Umgang mit intensivpflichtigen Patienten gelehrt werden (Handling von Perfusoren, Umgang mit den div. Monitoringmöglichkeiten) aber eben auch pflegerische Maßnahmen ausgebildet werden. Diese schätze ich persönlich sogar als den wichtigsten Teil des gesamten Praktikums ein.

Denn sind wir mal ehrlich: Der Haupteinsatzpunkt des RS liegt im Krankentransport, da in der Notfallrettung der Trend immer weiter hin zu zwei RA(bzw. ein i.P.) geht.
Genau hier im Krankentransport muss aber auch ein gewisser pflegerische Aufwand einkalkuliert werden. Genau dieser sollte eben im ITS-Praktikum gelehrt bzw. praktisch geübt werden.

Aber wie angesprochen gilt es eben auch das "Handling" und die "medizinischen Geschichten" von entsprechenden Patiente kennenzulernen, da auch der RS immer mehr Kontakt mit "Intensivverlegungen" haben wird, da der Anteil an postprimären und sekundären Transporten immer mehr zunimmt und man auch am KTW/RTW damit einfach viel mehr Kontakt hat.

krumel
10.03.2010, 22:48
Und ach ja, zur Notaufnahme:
Sicherlich ist es auf den ersten Blick "reizvoll", den weiteren Verlauf von Patienten die der RD bringt kennenzulernen. Die praktische Erfahrung besagt aber, dass der Nutzen hier eher gering ist. In den internistischen Nothilfen ist der Arbeitsablauf für den Praktikanten kaum ein anderer als auf der ITS, in den chirurgischen Nothilfen könnte zwar zumindestens Verbandslehre betrieben werden, de fakto haben aber sehr viele Praktikanten hier das Problem, dass sie "verwurstet" werden, da das Pflegepersonal aufgrund des enorm hohen Arbeitsdrucks einfach regulär überlastet ist.

Vor diesem Hintergrund und dem späteren Einsatzbereich des RS sehe ich die Nothilfe ehrlich gesagt auch als entbehrlich an.

Fallobst
11.03.2010, 13:52
Ich sehe hier ein ganz anderes Problem, das quasi "uns" also das Personal der ITS betrifft. Viele meiner Kollegen verstehen den unterschied zwischen RS/RA Anwärter und Pflegeschüler nicht, oder verschließen sich bewusst diesem Unterschied. So höre ich öfter "bevor die was über Beatmung erfahren, sollen die doch erstmal Waschen etc. lernen"! Das ist natürlich Quatsch, denn natürlich muss ein RA nicht waschen, aber er sollte wissen was man an einem Respirator einstellen kann/muss. Er soll bei uns praktisch erlernen was man durch welche Einstellung verändern kann. Genauso soll er den Umgang mit med. Geräten erlernen (Perfusor, Defi etc...)! Das ein Praktikannt bei uns keinen Patient intubiert versteht sich von selbst, das kann er in der Anästhesie viel besser lernen, ohne direkt den Patienten zu gefährden.

Ich lasse Praktis natürlich Patienten absaugen, genauso wie ich versuche ihnen zu vermitteln WANN das passieren muss. Genauso wie ich versuche den Patienten de Grundlagen der BGA zu vermitteln, das er befähigt wird pathologische Werte zu erkennen und wenn er fit ist macht er dann auch Vorschläge wie man diese ändern kann. Waschen MUSS bei mir keiner, wenn er das nicht will, denn er will ja eben genau nicht Pfleger werden, sondern in den RD!

Knusperriegel
11.03.2010, 16:20
Zustimmung zum letzen Beitrag!

Genauso, wie es sinnlos ist, Fahrschulanwärter vom VU-Szenario wegzubekommen, wenn sie ihren vorgeschriebenen Ersthelferkurs machen, ist es (fast) sinnlos, RS-Praktikanten davon zu überzeugen, daß aus der ITS nicht alle fünf Minuten notfallmässig intubiert ist.
Genauso schwierig ist es letztendlich auch, die KollegInnen der ITS davon zu überzeugen, daß hier wirklich "lohnende" Praktikanten da sind - denn diese werden ja in Zukunft die Kundschaft bringen - keine studentischen Erstsemester, keine Physiotherapeuten/Logopäden u.a. med. Fachberufe!

Es würde sich meiner Meinung nach lohnen, im Erstgespräch (in der Hoffnung, daß es überhaupt stattfindet!), einem RD-Praktikanten zunächst einmal klar zu machen, daß er nur einer von vielen verschiedenen Praktikanten ganz unterschiedlicher Ausrichtung ist und es deshalb für das Personal eine Mehrbelastung darstellt - keine Erleichterung.

Das RD-Praktikanten überhaupt auf der ITS sind, ist ja auch i.d.R. keine Entscheidung der Stationsleitung oder des ärztl. Leitung der ITS - dies wurde an anderer Stelle entschieden (nach meiner Erfahrung, da, wo der Arbeitstag nicht vor 08:00 Uhr beginnt und die Schutzkleidung eher modischen Charakter hat).

Fallobst
11.03.2010, 16:37
Zustimmung zum letzen Beitrag!

Genauso, wie es sinnlos ist, Fahrschulanwärter vom VU-Szenario wegzubekommen, wenn sie ihren vorgeschriebenen Ersthelferkurs machen, ist es (fast) sinnlos, RS-Praktikanten davon zu überzeugen, daß aus der ITS nicht alle fünf Minuten notfallmässig intubiert ist.

Ja und selbst wenn notfallmäßig intubiert werden sollte, ist das kein Job für den RS/RA Prakti... man fängt beim intubieren genaus wenig mit rapid sequence Intubationen an, wie man das Autofahren im Formel 1 Boliden lernt...

Der Altnoob
11.03.2010, 18:54
Hallo zusammen!

Um nochmals ein paar Dinge - vielleicht - etwas klarzustellen, falls da Missverständnisse aufgetreten sein sollten:

Mir fehlte bisher einfach die Orientierung, was ich dort im Klinikpraktikum speziell auf der Intensivstation lernen sollte. Im Testatheft sind 5 Kästchen mit zu erbringenden "Anforderungen" beschrieben, von denen zwei allein schon eher "administrativen" Charakter haben: siehe http://www.bi-rlp.drk.de/fileadmin/Bildungsinstitut/downloads/Klin.Ausb.RS.pdf (hier). Die eigentlichen "Fachkenntnisse", die man im Klinikpraktikum sich aneingnen soll, sind dann relativ kurz beschrieben, so dass man den Eindruck haben könnte (!!!), man könne so etwas in relativ kurzer Zeit "abreißen" - eben gerade, weil die Intensivpflege und die Intensivmedizin ein so umfangreicher Bereich ist und die 14 Tage Praktikum auf der ITS grade mal reichen, um einen ganz kleinen Einblick zu bekommen...

In einem anderen Forum, in welchem ich die gleiche Frage gestellt habe, konnte ich einiges an Anregungen bekommen, was man sich auf Intensiv als RS-Praktikant so alles anschauen kann - jetzt habe ich mir diese Anregungen als Liste ausgedruckt und versuche, so viel wie möglich davon abzuarbeiten. So etwas, als kleine Unterstützung und als Ideengeber, was man denn fragen könnte, habe ich im Fachlehrgang bzw. in der Vorbereitung aufs Klinikpraktikum vermisst... - andererseits gabs natürlich auch virtuelle "Prügel", weil sich jemand bemüssigt fühlte, mir vorzuhalten, die Frage wäre peinlich (für mich) und ich sollte mir überlegen, ob ich den richtigen Beruf (RS ist ein Beruf???) erlernen wollte...

Allerdings bin ich auch eine Art "Sonderfall": Da ich den RS teils für meinen Beruf, teils aber auch als Ehrenamtlicher mache, bin ich entsprechend schon ein wenig älter als der übliche RS-Praktikant und habe da vielleicht auch eher schon gewisse Vorstellungen, was - aus meiner Sicht - in dieser Ausbildung vorkommen sollte. Dann bin ich auch in Hessen aktiv, was im Rahmen der MZF-Strategie dazu führt, dass auch RS (vor allem, wenn man ehrenamtlich im RD eingebunden ist, so wie unser OV) in der Notfallrettung eingesetzt sind. Somit interessiert mich eben beides, auch wenn im Tagesgeschäft sicherlich mehr KTP als Notfallrettung zu fahren ist...

Was ich auf jeden Fall noch erwähnen muss, ist die Tatsache, dass man sich seitens des Personals, also der Pflegekräfte wie auch eines Teils der Ärzte, sehr um mich kümmert: Auch dort exisitiert eigentlich keine Info, was RS oder auch RA im Klinikpraktikum erlernen sollten, aber man fragt mich sehr viel, was mich interessiert und was ich gerne sehen wollte. Von daher treffe ich auf sehr offene Gesprächspartner, aber es fehlen mir halt eben die Fragen...:-blush

Jedenfalls werde ich weder als "Nervensäge" ignoriert oder als Bettenschieber mißbraucht - und ehrlich gesagt finde ich es nicht schlecht, dass ich bei pflegerischen Tätigkeiten wie Waschen, Betten und Lagern mithelfen kann, da ich nicht nur als Fragesteller, sondern eben auch als (kleine) Hilfe auffallen will.

@Knusperriegel:
Das Intubieren überlasse ich lieber denjenigen, die es können (müssen) - schon beim Üben mit dem Intubationsphantom habe ich gemerkt, dass das sicherlich "nicht mein Ding" ist und dass ich da lieber meine Finger davon weglasse - vor allem, weil mir a) die Übung auf jeden Fall fehlt und b) ich denke, dass ich mit dem Larynxtubus, der bei uns vom ÄLRD mittlerweile sogar bis hinunter zum Sanitäter (als FR) freigegeben ist, sicherlich für meine Verhältnisse besser fahre... Bin aber auch ein alter Sack und kein Heißsporn mehr... ;-)

leuchtreklamefahrer
15.03.2010, 07:17
Genauso wie ich versuche den Patienten de Grundlagen der BGA zu vermitteln, das er befähigt wird pathologische Werte zu erkennen und wenn er fit ist macht er dann auch Vorschläge wie man diese ändern kann.
:kaffee::love: Super vertippt!

Fallobst
15.03.2010, 16:07
Hehe, der Patient soll ja auch nicht dumm sterben :D Nein, natürlich meinte ich der Praktikant :rolleyes:

RDPfleger
16.03.2010, 23:45
Nur als kurze Vorabantwort, zu mehr habe ich grad zeitlich keine Zeit:

Primär kann ich den meisten meiner Vorpostern nur zustimmen. (Wichtige Lerninhalte: Pflegebasics bezogen auf die spätere außerklinische Tätigkeit , bei RS und auf jedenfall RA: Beatmung!, wobei diese um sie zu verstehen mit der BGA in Verbindung steht und zur Erläuterung dienen kann, weshalb diese meiner Meinung nach nicht komplett verteufelt werden sollte - trotz es kurzen Zeitrahmens, Übernahme Intensivpatienten, wo sind die Unterschiede in der Übergabe (mdl) wie auch praktisch (Leitungen, Perfusoren, Medis), Absaugen,.... )
Zur BGA: Selbst im Theorieteil des RDH (=^ Theorieteil für den RS) kommt der SäureBasenhaushalt vor. Und allein mit PH O2 und CO2 lässt sich vieles schon einfach erläutern ohne das man in Details versinkt. Ist natürlich ohne Frage eine Herausforderung für die anleitende Pflegekraft sich auf das in der Ausbildungssituation Wichtigste zu beschränken.

Ich kann aus dem Stegreif leider min. 5 Hauptamtliche RDler aufzählen, die nicht wissen das ein Optiflow(geschlossenes Absaugsystem für den Tubus/Trachealkanüle, mit der Absaupumpe des RTWs konnektierbar ist und vorallem wie man diesen Optiflow bedient!.
Etwas was nach erst "einigen wenigen" Intensivtransporten als Personal auf RD-Seite ich für wichtig halte zu schulen.

Und sicher ist das NFZ / die Notaufnahme in Bezug auf einiges lernen im Verhältnis zu anderen Bereichen zu vernachlässigen und hat eher einen Beobachtenden interessierenden Charakter. Aber was man (so zeigt zumindest meiner Erfahrung) [U]nur im NFZ lernt:
12-Kanal-EKG schreiben. Und das bis zum abwicken und man lernt hier auch so einige Tipps und Tricks. Und dann kann man es aber im Schlaf.
Das macht man in der Anästhesie nicht und selbst auf Intensiv nur selten - bei
entsprechender Indikation.

Mal schauen was die Zeit die nächsten, gerne würde ich noch "mehr" zum Thema Intensiv und RD schreiben, besonders da ich aktiv beide Seiten kenne.