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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Starke Blutung nach Kaiserschnitt



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RS-USER-Vanessa
19.04.2010, 21:47
Hey:-)

Über die Leitstelle werdet ihr zu einer Frau mit starken Bauchschmerzen und vag. Blutungen beordert. Bei eurem Eintreffen findet ihr eine 24-jährige Patientin vor, die sich vor Schmerzen krümmt. Die Patientin gibt an, zehn Tage zuvor durch einen Notkaiserschnitt entbunden zu haben und sechs Stunden vor unserem Eintreffen nach Untersuchung aus dem KH entlassen worden zu sein. Was macht ihr?

GoldariusFlorianis
19.04.2010, 22:00
Darf ich mich auch als San wagen oder wäre das ein laut geschrienes Jehova?

RS-USER-emergency doc
19.04.2010, 22:02
Lass mich raten: wir sind ein KTW normal und haben weder EKG, Pulsoxy noch Blutdruckmanschette?:grins:

RS-USER-Vanessa
19.04.2010, 22:05
Ihr seid mit dem RTW da

GoldariusFlorianis
19.04.2010, 22:15
Ich beginne mal mit Nachfragen:

Wochenfluss schon beendet?
Wenn ja, wie lange besteht die Blutung schon?
Wie stark war/ist der Wochenfluss?
Kann die Frau überhaupt adäquat antworten oder sind die Schmerzen zu stark?

Möglichst zeitnah die richtige Lagerung, als San würde ich mich aufgrund der Krämpfe für eine gekrümmte embryonale Haltung entscheiden. Ob auf Rücken oder Seite je nachdem was besser für sie ist.

An Vitalwerten RR HF und Sättigung erstmal bitte.

RS-USER-Vanessa
19.04.2010, 22:38
Der Wochenfluss ist noch nicht vorbei, die Patientin gibt an, dass er in den letzten zwei Tagen etwas schwächer geworden ist. Auffällig sind starke Ödeme in den Beinen. Die Schwangerschaft wurde in der 36. SSW durch einen Notkaiserschnitt beendet.
Die Blutung besteht seit ca. 15 Minuten, die Patientin gibt an, dass sich im Blut große "Blutklumpen" befanden, die einen Durchmesser von 10 cm gehabt haben sollen.
RR 180/90, HF 130, Sättigung 95%

RS-USER-nordlicht
19.04.2010, 22:49
Kardiale Vorerkrankungen? Regelmäßige Medikamente?
Ich bon zwar kein RDler, aber langsam würde ich einen Akademiker nachfordern. :rolleyes:

RS-USER-Küchenhexe
20.04.2010, 00:07
Ich lass Goldi mal schaffen und mir die Werte ansagen. Parallel schnappe ich mir den Mutterpass, studiere ihn gründlich und frag der Patientin Löcher in den Bauch: wievielte Schwangerschaft, wievielte Geburt? Irgendwelche Probleme? Warum hat man sich überhaupt für 'ne Notsectio entschieden? Vorerkrankungen? Dauermedis? Was hat sie in letzter Zeit geschluckt (z.B. gegen Schmerzen, auch wenn's 'nur apothekenpflichtig' ist)? Druck und Frequenz gefallen mir nicht, also im Zweifel Akademiker und die Frage, ob ihr das Wort "EPH" was sagt? Neurologischer Status zusätzlich zum Basismonitoring. Wer hat sie während der Schwangerschaft betreut? => im Zweifelsfall Anruf zum Abklären weiterer Details.

Je nach Bild vor Ort und Rückmeldung seitens der Patientin Fritsch'sche Lagerung mit steriler Vorlage und / oder bauchdeckenentlastende Lagerung - bevorzugt kombiniert. Uteruskompression wenn absolut nötig.

tus-bw
20.04.2010, 06:07
hmm ... als 5-facher Vater (und genau das mal mit KTW) würde ich sagen:

Die Blutung ist als lebensbedrohlich einzustufen.
Vitalwerte erfassen, o.k. Zugang legen auch o.k.
Lagerung nach Wunsch, Vorlage zur Kontrolle der Blutungsmenge.

Aber dann "load and go" - mit dringender Voranmeldung zurück in den Gyn-OP.
Fragen kann man auch unterwegs.


@ Küchenhexe:
Uteruskompression nach 10-Tage altem Bauchschnitt?
Glaube nicht, das die Patientin da mitmachen würde.

(PS.: in unserem Fall damals war die junge Dame danach ohne Uterus ... :( )

RS-USER-Häuptling weiße Wolke
20.04.2010, 07:38
"Load and run" klingt nach einem sehr guten Plan!

Großer Zugang rechts, großer Zugang links, Einladen und Rendevouz mit NEF. Dabei Volumengabe (bei dem Druck aber nicht viel, nur erstmal zum offen halten), Betreuung, weitere Anamneseerhebung. Zielkrankenhaus mit Gyn, idealerweise das, in dem die Pat. voroperiert worden ist.

Irgendwann tritt dann wahrscheinlich der der dynamische Notarzt auf die Bühne:

Tja, ehrlich gesagt vermute ich 2 Baustellen. Die vermutete EPH-Gestose würde mich eigentlich bei den Werten zu einer Blutdrucksenkung motivieren, die Blutung vaginal hingegen verbietet den Einsatz jeder Form vasodilatatierender Medikamente. Etwas weniger Blutdruck wäre für die Blutung aber trotzdem nicht schlecht... (vielleicht muss ich nur lang genug hochfachlich sinieren und wir sind schon im Krankenhaus, als Internist muss ich ja nicht so schnell meine Entscheidung treffen :))
Auf jeden Fall gibt es erstmal etwas gegen die Schmerzen, in diesem Fall würde ich mich für ein Opiat entscheiden, da löst sich das Blutdruckproblem vielleicht ein wenig von selbst, sobald der Stress weg ist. Ein Hauch Midazolam kann auch nie schaden.
Diuretika o.ä. in der akuten Blutungssituation und bei EPH eher nicht, Albumin ist nicht an Bord, ob HAES da wohl was hilft???

leuchtreklamefahrer
20.04.2010, 17:51
ob HAES da wohl was hilft???

HAES hilft immer! Wenn HAES nicht hilft, hilft viel HAES...

RS-USER-Vanessa
20.04.2010, 20:59
Es werden zwei Zugänge gelegt und die Patientin sofort in den RTW verbracht. Patientin erzählt während der Fahrt, dass in der 33. SSW (erste Schwangerschaft) die EPH-Gestose diagnostiziert wurde. Die Beschwerden (Ödeme, Bluthochdruck und Eiweis im Urin) hätten sich jedoch seit der Sectio nicht verbessert, eher verschlechtert. Bereits am Vortag hatte sie kurzzeitig starke Schmerzen bekommen und starke Blutungen gehabt, die ihr "Angst gemacht" haben. Daraufhin hätten die Ärzte gesagt, dass alles völlig normal sei und sie wurde, obwohl es ihr deutlich schlechter ging, entlassen. Patientin will auf Grund dieser Umstände nicht in dieses KH, das nächste mit Gyn ist jedoch 60 km entfernt, was schon allein auf Grund der immer stärker werdenden Blutung unmöglich ist. Die Patientin hat inzwischen Todesangst und sagt immer wieder, dass sie Angst hat, dass sie sich nicht mehr um ihr Baby kümmern kann. Der Notarzt verabreicht kurz vorm Eintreffen in der Klinik Analgetikum und Midazolam, die Patientin wird sofort in den OP verbracht.

Ich hab dann mal recherchiert, der pathologische Befund nach der Ausschabung ergab, dass sich noch Plazentareste in der Gebärmutter befunden haben. Die Patientin erhielt auf Grund des hohen Blutverlusts Blutkonserven und der Uterus musste nicht entfernt werden.

Gab mir etwas zu denken...

RS-USER-Bärentöter
21.04.2010, 13:44
dass sich noch Plazentareste in der Gebärmutter befunden haben.

hmmm... das darf eigentlich nicht sein.

RS-USER-fruehgriller
21.04.2010, 17:40
Mal meinen Senf dazu.

@Vanessa:
Danke für das schöne und seltene Beispiel.

Mein Vorgehen wäre gewesen:

Nach Eintreffen kurzer Blick zur Lage, Vitalparameter zeitgleich.
Dann Fritsche Lagerung, damit wird soviel ich weiß (zumindest hieß es das früher)
auch eine Kompression der Blutungsstelle durchgeführt, wenn genug Blut im Uterus ist.

Dann 2 Große Zugänge, Ringer dran, und im Schuß.

180/?? bei 130 P= Pat kompensiert mittels Frequenz (in Memoriam Schockindex)

Trsp zügigst vorbereiten, als Monitor langen RR uns SPO², KH zeitgleich vorinformieren, die sollen den Gyn holen, wo immer er auch steckt :eek:

Einladen wech damit. Falls nächstens geeignetes KH sehr viel weiter weg > über 20 Min Fahrtzeit RTH vorzeitig alarmieren, zwecks schnellem Trsp.

Zeitfenster von Eintreffen bis Abfahrt von <15 Min ist anzustreben

Gruß

Griller

AAE
21.04.2010, 18:35
mal eine frage zu Starken Blutungen allgemein:
Es werden zwei Thesen Vertreten: 1.Zieldruck systol. 90 , Infusionen nur zum offenhalten
2.Zieldruck (fast) egal, Infusionen was halt reinpasst

die Frage polarisiert sehr und daher ätt ich gerne euere Meinung gehört wozu tendiert ihr eher?

Rettungshasi
21.04.2010, 19:26
Bei starken Blutungen - gesetz dem Fall, es gibt keine gravierenden Komorbitäten wie z.B. ein SHT, die einen höheren MAP fordern - gibt es häufig nur eine kausale Therapie und die findet im OP statt. Ebenso gibt es Erykonzentrate nur in der Klinik. Da muss man mitunter bedenken, dass eine Infusionstherapie à la "alles, was geht, kommt rein" mitunter auch etwas Zeit in Anspruch nehmen kann und sich u.a. negativ auf die Gerinnung auswirken kann.
Folglich bin ich eine Freundin der angepassten Load-and-go-Strategie unter permissiver Hypotension, die das PHTLS-Konzept vorschlägt, bei der, wenn die Situation es zulässt, Zugänge nur dann gelegt werden, wenn sie den Transport(beginn) nicht verzögern, ggf. sogar erst während der Fahrt. Oberstes Ziel ist also das zügige Ankommen im Schockraum, auch wenn hierbei die Infusionstherapie unter Umständen ein wenig zurücktreten muss.
Natürlich kann es vorkommen, dass man seine Taktik modifizieren muss.

Leider arbeiten einige meiner Kollegen noch gern nach dem Credo "Wer nicht wenigstens 2 l VEL infudiert hat, liefert den Patienten unterversorgt ab".

RS-USER-Bärentöter
21.04.2010, 20:23
schnell ankommen ist wichtig!
Volumen ist gut, wenn möglich lege ich zwei dicke Nadeln.
Aber wie es heißt, besser rosa, die läuft, als eine weiße para!

RS-USER-emergency doc
22.04.2010, 19:40
IMHO sind rosa Viggos überflüssig.
Wenns geht grün+, bei schlechteren Venen blau...

Rettungshasi
23.04.2010, 06:53
Es gibt Menschen, die behaupten, Rosa sei das Grün der Internisten :p

RS-USER-Häuptling weiße Wolke
25.04.2010, 08:01
Es gibt Menschen, die behaupten, Rosa sei das Grün der Internisten :p

Jaja, und Zugführer führen Züge und Zitronenfalter falten Zitronen...

Ich kann Dir mal von dem einsamen Kampf eines Internisten in einer Notaufnahme gegen die Unsitte des Rosanülen legens erzählen. Scheitert an der Pflege und den Chirurgen, v.a. dem Chefarzt, der immer noch glaubt, Rosanülen wären venöse Zugänge...

:grins: