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Kistenschieber
25.05.2010, 19:52
Hallo an alle,

ich hätte da als Laie mal eine Frage an die Fachleute.
Was haltet Ihr von diesen SOS-Amuletten, Anhängern usw. mit Angaben über die Blutgruppe etc.
Wenn Ihr zu einem Patienten kommt, guckt Ihr nach so etwas?
Wenn ja, welche Informationen wären für Euch überhaupt relevant, wichtig, wünschenswert?

Und mal ganz revolutionär, angenommen Ihr findet eine Internetadresse mit dem Hinweis das dort Notfallinformationen zu finden sind wann und wo seht Ihr die Möglichkeit diese Daten abzurufen?
Wäre eine Nutzung z.B. in der Notaufnahme einer Klinik realistisch?

Über Eure Meinungen und Anregungen würde ich mich freuen.

Gruß
Der Kistenschieber

Knusperriegel
25.05.2010, 20:11
Die einzige Person, die von diesen Dingern profitiert, ist der Verkäufer!

Im RD hat niemand Zeit das Handy nach Angehörigen zu durchsuchen oder diverse Kettchen und Anhängerchen zu entziffern.
Davon unabhängig ist auch keine Überprüfbarkeit dieser Datensätze möglich.

Selbst hoch offizielle Notfallausweise mit Arztstempel etc. bleiben nach meinen Erfahrungen in der Hosentasche stecken - einfach weil der RD keine Zeit hat, eine Leibesvisitation zu machen.

Vor einigen Wochen war ich Verletztendarsteller bei einer Übung eines Frankfurter Krankenhauses.
Ich agierte als zu Fuß kommender Patient mit einem epilept. Krampfanfall und hatte genügend Zeit, das Rätselraten des Personals um meine Person und meine mögliche Grunderkrankung mitzubekommen.
Beim Entkleiden fand man immerhin eine kleine Plastikbox mit diversen Medikamenten; vorzugsweise rezeptfreie Schmerzmittel, etwas gegen Allergien und meine reale Dauermedikation.
Daraus entstand dann die Arbeitsdiagnose "Krampfanfall bei vermutlichem Hirntumor".

Hätte auch nur eine einzige Person meine Jacke bzw. meine Geldbörse etwas gründlicher nachgesehen, hätte sie den o.a. gründlichst ausgefüllten Notfallausweis gefunden - inkl. diverse Kopien von Klinikberichten und natürlich auch meinen Personalausweis u.a.m.
Wie es der Zufall so will, hatte ich tatsächlich einmal eine schwerwiegende neurologische Diagnose.
Doch auf allen Datensätzen stand immer nur mein Vorname - denn den konnte ich noch sagen, bevor ich "bewusstlos" wurde.
Die Verblüffung in den Gesichtern der MitarbeiterInnen nach Übungsende, meinem "Aufwachen" und meinen Erklärungen war gross.

Lange Rede, kurzer Sinn: vergiss es!

Kistenschieber
25.05.2010, 20:33
Hi Knusperriegel,

gibt es den gar keine Möglichkeit für den Fall der Fälle vorzubeugen?
Ich bin halt Laie was den Rettungsdienst angeht und hätte gedacht das es da so eine Art Standard Vorgehensweise gibt um nach evtl. vorhandenen Informationen zu schauen.

Ist es für Euch, nach der ersten akuten Versorgung, gar nicht notwendig z.B. die Personalien des Patienten zu erfahren?

(Schon wegen der Abrechnung der erbrachten Leistung)

Ich hatte bis jetzt z.B. neben meinem Organspenderausweis immer auch mein altes BW-Impfbuch in der Brieftasche.
Mit der Illusion da würde dann im Notfall schon jemand nachschauen.

Wenn Ihr nachschauen würdet, wo und wie würden Euch solche Informationen denn am ehesten auffallen?

Gruß
Kistenschieber

Knusperriegel
25.05.2010, 21:03
Natürlich ist es sinnvoll, nach Daten zu suchen.
Doch der Zeitfaktor ist in der Notfallmedizin am wichtigsten.
Merksatz:
Du hast alles, nur keine Zeit!

Für die Abrechnung eines Einsatzes sind die pers. Daten sehr wichtig, gut erkannt.
Ein Krankenkassenkärtchen bspw. zaubert ein Lächeln auf das Gesicht des Helfers.
Doch dafür ist in der aufnehmenden Klinik genügend Zeit.
Die Versorgung und der Transport scheitern nicht daran, daß es keine Patientendaten gibt.

Bitte stell Dir folgende Situation vor:
in einer beliebigen Fussgängerzone liegt eine nicht mehr ansprechbare Person.
Ein netter Mensch hat den Rettungsdienst alarmiert; bis zum Eintreffen des RTW hat sich die übliche Menge an Hausfrauen mit Kindern, Arbeitslosen, Jugendliche mit Foto-Handy, neugierige Rentner, die Besserwisserfraktion u.a. Zeitgenossen um das Opfer versammelt.
Bloss nichts machen, ja nichts anfassen - das verwischt die Spurenlage, wie jeder Stammzuschauer vom Unterschichtenfernsehen gelernt hat!

Jetzt Auftritt des Rettungsdienstes:
mit ohrenbetäubendem Lärm hat man sich einen Weg gebahnt.
Mit Hilfe von Koffern und Rucksäcken in die Kniekehlen der Gaffer hat man sich sogar zum Patienten vorgekämpft.
Jetzt beginnt so ein reflexbestreifter Retter mit Handschuhen (!) in den Jackentaschen herumzuwühlen...
Weisst Du, wie die Reaktion wäre?
"Der will klauen und hat Handschuhe an wg. der Fingerabdrücke"
"Ich ruf sofort bei der BLÖD an"

Alle Daten eines Notfallausweises, eines Impfpasses usw. sind sinnvoll.
Ich würde niemals behaupten, daß es nicht sinnvoll wäre, so etwas mitzuführen.
Doch Deine Blutgruppe und die Bescheinigung über die letzte Tetanusimpfung sind erst einmal völlig irrelevant.
Andere Daten, wie z.B. Allergien oder die Dauermedikation, könnten hilfreich in der Erstphase sein.
Doch jemand, der hochallergisch auf Insekten reagiert, kann auch einmal stolpern und davon bewusstlos werden.
Ohne blutende Verletzung und unmittelbar nach dem Ereignis auch ohne Beule am Kopf besteht das Risiko, sich ganz schnell auf eine Erstdiagnose zu versteifen, die womöglich gar nicht stimmt - wobei die Erstbehandlung einer bewusstlosen Person unabhängig von der Ursache immer die gleiche ist.

Und jemand, der nach langer Herzerkrankung mit anschliessender Organtransplantation Medikamente gleich dutzendfach einnimmt, kann auch erstmals in seinem Leben nach einem Nussriegel mit einer sehr starken Allergie umfallen.

Wie gesagt: für die aufnehmende Klinik ist das eine sehr gute Sache - wenn denn wirklich danach gesucht wird.

Meine Empfehlung:
es schadet auf keinen Fall, Notfallausweis usw. mit sich zu führen.
Ob es hilfreich ist, sei dahingestellt.

RS-USER-Küchenhexe
25.05.2010, 21:41
Hallo, Kistenschieber!

Erst mal herzlich Willkommen bei Rippenspreizer - schön, daß Du was schreibst!

Zu Deiner Frage: das ist schwierig. Klar hätten wir gerne mehr Infos, aber wo und wann sollten wir danach suchen?

Zum "Wo": Anhänger, Armband (meistens innen), Notfallausweis in irgendeiner Tasche, vermutlich zwischen Perso und Rabattkarte für den Pizzalieferservice, Handy, Internet... Nur wenige Leute haben so was bei sich, und dann ist es gut versteckt. Erfahrungsgemäß sucht man umsonst und hat dann Zeit verschwendet.

Das bringt uns zum "wann". Es gibt erst mal zwei Möglichkeiten: der Patient spricht noch mit mir und kann mir die Infos selber geben (gut) oder er spricht nicht mehr mit mir... das ist dann schlecht. Je nach den weiteren Problemen müssen wir unter Umständen mit zwei Leuten Maßnahmen ergreifen, die acht Hände erfordern. Wie sollen wir da noch jemanden filzen? Das läßt sich sicherlich präklinisch kaum schaffen. In so einem Fall ist es unser Job, die Patienten möglichst schnell so weit zu stabilisieren, daß wir sie in ein Krankenhaus zur Weiterbehandlung transportieren können. Wann sollten wir da suchen?

Klar gibt es Ausnahmen: bei einer offensichtlich schwangeren Frau mit Krampfanfall wird man nach einem Mutterpaß schauen etc...

Und wenn mir ein Patient, der noch mit mir redet, einen Hinweis auf Dokus gibt (Diabetestagebuch, zum Beispiel), dann hilft mir das auch weiter.

Was Ketten und Armbänder betrifft: da bleibt noch das Problem der Zuverlässigkeit. Du würdest Dich wundern, was Leute alles auf Flohmärkten kaufen! Sprich: wenn jemand ein Silberarmband trägt, bei dem "A pos." innen auf die Platte graviert ist, heißt das noch lange nicht, daß der Träger nicht "AB neg" ist...

Gruß von der

Hexe

RS-USER-opus
25.05.2010, 22:24
Hallo an alle,

ich hätte da als Laie mal eine Frage an die Fachleute.
Was haltet Ihr von diesen SOS-Amuletten, Anhängern usw. mit Angaben über die Blutgruppe etc.
Wenn Ihr zu einem Patienten kommt, guckt Ihr nach so etwas?
Wenn ja, welche Informationen wären für Euch überhaupt relevant, wichtig, wünschenswert?

Und mal ganz revolutionär, angenommen Ihr findet eine Internetadresse mit dem Hinweis das dort Notfallinformationen zu finden sind wann und wo seht Ihr die Möglichkeit diese Daten abzurufen?
Wäre eine Nutzung z.B. in der Notaufnahme einer Klinik realistisch?

Über Eure Meinungen und Anregungen würde ich mich freuen.

Gruß
Der Kistenschieber

Wie die anderen schon sagten, vergiß es. Sammel eventuell deine Notfallausweise, aber interessant werden die im präklinischen Bereich kaum sein.

In der Klinik kann es wertvoll sein, aber der Arzt muß den Daten auch glauben können. Das wird er nur bei irgendwelchen offiziellen authentischen Papieren, daher der Hinweis auf die Notfallausweise. Bei irgendwie abgetippten Papierstreifen aus der SOS-Kapsel (die lange Jahre immer wieder propagiert wurden), fehlt einfach die Verläßlichkeit.

Auch irgendwelchen Listen auf privaten Internetseiten kann ein Arzt niemals blind glauben. Das wäre völlig unverantwortlich.
In der Zeit, die eine solche Recherche benötigt, hat er vermutlich das meiste sowieso schon herausgefunden.

Hat deine Frage eigentlich einen Hintergrund? Hast du Angst, dass lebensrettende Informationen verspätet den behandelnden Arzt erreichen könnten?

RS-USER-Shalimah
25.05.2010, 23:12
Da ich selber einen Sport treibe, der dazu führen kann, dass ich irgendwo im Straßengraben liege, und nicht mehr angeben kann wer ich bin (ich fahre Rennrad, bin letztes Jahr mit ner Myokarditis fast tot vom Rad gefallen), hab ich mir auch schon Gedanken gemacht, wie ich identifiziert werde oder wie meine Angehörigen informiert werden, wo ich bin.
Beim Rennradfahren hat man keinen Platz für ne dicke Brieftasche. Papierdokumente werden patschenass in den Trikottaschen. Etwas am Rad befestigen nutzt gar nichts, wenn das Rad 20m weiter im Feld liegt und erstmal gar nicht gefunden wird.
Ich habe mir ein Armband bei RoadID (http://www.rippenspreizer.de/forum/www.roadid.com/) bestellt. Das sind Stoff oder gummibänder mit einer kleinen Metallplakette, die nicht versteckt ist, sondern außen deutlich lesbar ist.
dort drauf sind mein Name, meine Adresse und Telefon und Handy von meinem Freund. Mehr ist gar nicht nötig, denn alles andere stimmt evtl gar nicht mit meinen wirklichen Daten überein. Und aus Rettungsdienst- und klinischer Erfahrung weiß ich: Informationen von Angehörigen sind oft besser, als irgendwelche Zettel, die vor Jahren mal ausgefüllt wurden.
Wenn sich mal ne Nummer ändert, kann man die Plakette für kleines Geld nachbestellen.
Auch wenn der Anruf nicht direkt von den ersthelfern erfolgt, in der Klinik wird man die Plakette sehen und dann die informationen anrufen können.

zu der Internetadresse: Wir haben in der Ambulanz gar keinen Internetzugang, müssten also umständlich in irgendein arztzimmer... viel zu Zeitaufwendig, schaffen wir im akuten Notfall gar nicht.

RS-USER-emergency doc
25.05.2010, 23:50
Cola und ich haben im Portmonnaie eine Notfallkarte. Die ist selbst erstellt, laminiert und in einem sehr auffälligen Farbton. Darauf stehen Name, Adresse, Krankenversicherung, Allergien, Medikation und wichtige Kontakt-telefonnummern.

Ich halte sowas für sehr sinnvoll, allerdings ist das durchaus etwas, was eher für die Klinik gedacht ist. Daß hier einige "Braucht man nicht!" krähen, ist eher eine Folge einer etwas eingeschränkten reinen rettungsdientlichen Sicht der Dinge. Präklinisch ist sowas in der Tat nicht so wichtig, allerdings halte ich es für Mumpitz, anzunehmen, nur weil in einer Notfallkarte "Nussallergie" drin steht, könnte der Patient jetzt falsch behandelt werden, und das sei gefährlich.

Die Idee mit der Internetadresse ist sehr gut: Druck Dir schöne Prospekte, such Dir einen Investor und verkauf dann das Ganze so schnell wie möglich für ein Heidengeld, bevor jemand rausfindet, daß es für den Alltag gar nichts taugt...:grins:

RS-USER-Kadarka
26.05.2010, 07:25
Hallo ed,

da wäre ich aber sehr zurückhaltend, also mit der Datenangabe im Netz.
Wer weiß was damit passiert(passierenkann)?
Nicht nur wegen der Verwendbarkeit, Rechtssicherheit im RD.´

LG
Kad

Knusperriegel
26.05.2010, 11:01
Hieran kranken auch die Zentralen der diversen Hausnotrufdienste, die ja Sicherheit verkaufen.
Da bekommt der Neukunde i.d.R. einen ausführlichen Fragebogen auch zu med. Sachverhalten; u.a. Dauermedikation, Hausarzt, schwere Erkrankungen etc.

Und dann ist gut, still ruht der see.
Eine Datenpflege im Sinne von Aktualisierung wird nicht betrieben.
Der typische Kunde denkt gar nicht daran und ist oft schon froh, wenn er nur nicht vergisst, die Tagestaste zu drücken.
Die Angehörigen des Kunden sind froh, daß sie etwas Gutes getan haben für den Fall der Fälle und die Leistung recht günstig zu mieten ist.
Das der Hausarzt von "Oma" seine Praxis aufgegeben hat wird ebenso ignoriert wie die totale Umstellung der Dauermedikation oder neue, gesundheitliche Risiken und Besonderheiten; z.B. Herzschrittmacher.

Beleg für meine These:
mein Schwiegervater hat einen HNR-Anschluss bei einem wirklich grossen und angesehenen Anbieter.
Als wir nach zwei Jahren Anschluss um eine Kopie der anfänglich übermittelten Daten baten zwecks Überarbeitung und Aktualisierung, herrschte dort Konfusion.
"Das hatten wir ja noch nie..."

Änderung wg. Tippfehler

RS-USER-Brummel
26.05.2010, 12:53
So in anbetracht meiner letzten beiden Schichten, muss ich sagen, dass so eine kleine Notfallkarte wie Emergency Doc sie hat sicherlich von Vorteil ist. Auch wenn wir sie im Rettungsdienst nicht sofort suchen werden, aber wenn ich nen unbekannten nicht ansprechbar auf der Straße finde, dann kenne ich es zumindest so, dass kurz vor Abfahrt ins KH (oder auf dem Weg dort hin) zumindest mal die Geldbörse gesucht wird und geschaut, ob man so was wie Krankenkassenkarte oder nen Perso findet, damit man zumindest mal nen Namen und keinen "John/Jane Doe" hat. Wenn da ne entsprechende Karte mit Name, ner Nummer eines Angehörigen / des Hausarztes und wichtigen Erkrankungen dabei steckt, würde die sicherlich spätestens im Krankenhaus gefunden werden.

Klar ändert das an der ersten Behandlung nichts, aber an der Klinikwahl oder der weiteren Behandlung kann das viel ändern - zumindest bei uns, wo ein großes Allesversorger Krankenhaus in der Nähe ist.

Kistenschieber
26.05.2010, 17:56
Hallo an alle,

erst mal danke für die so nicht erwartete Resonanz.

@opus
Ja, ich war selbst schon mal in einer Situation in der ich mich dem Arzt nicht so mitteilen konnte wie ich es gerne gewollt hätte.

@kadarka
Was die Sicherheit der Daten im Internet angeht, ja das ist nicht unknifflig. Aber ich denke das kann man akzeptabel in den Griff bekommen.

@emergency doc
Nö, Plakate drucken und Investoren suchen hatte ich eigentlich nicht vor.
Ich könnte mir aber vorstellen das als so eine Art non profit Geschichte aufzuziehen.

Primär geht es mir aber darum diese Idee, wenn möglich, so weit zu entwickeln das möglichst viele Leute einen echten Nutzen daraus ziehen können.
Was die Aktualität der Daten angeht, da könnte ich mir bei einer (zum Teil) webbasierten Lösung z.B. vorstellen das die Nutzer des Systems automatisch regelmäßig aufgefordert werden Ihre Daten zu aktualisieren. Der „Revisionsstand“ wäre dann für das ärztliche Personal ersichtlich, überalterte Daten könnten entsprechend markiert werden.

Ihr könntet mir hier sehr hilfreich sein, das ganze macht schließlich nur Sinn wenn es von euch, eurer Berufsgruppe, den Leuten auf den RTW´s und in den Notaufnahmen akzeptiert und genutzt wird.

Falls Ihr also Ideen einbringen wollt immer her damit, eure Anregungen nehme ich wirklich gerne entgegen.

Gruß
Kistenschieber

RS-USER-Brummel
26.05.2010, 19:03
Naja,
auf dem RTW dürfte eine Online Lösung wenig Sinn haben, die Netzabdeckung mit Entsprechender Bandbreite ist ausserhalb einiger Ballungszentren einfach nicht gegeben. Außerdem müsste ja dann erstmal das Einsatzfahrzeug Internetzugang haben. Selbiges mit der Notaufnahme, da steht auch nicht immer der PC so zur Hand, dass es nutzt.

Kistenschieber
26.05.2010, 19:31
Hallo,

ich dachte da auch an eine mehrstufige Lösung:
Notfalldaten „am Mann“ mit dem Hinweis auf weitere verfügbare Daten online.
Da stelle ich mir online so Sachen wie Arztberichte, Allergiepass, Organspendeerklärung, Patientenverfügung etc. pp. vor.

Man müsste halt klären in welcher Form diese Daten vorliegen müssten (z.B. Patientenverfügung) um akzeptiert und beachtet zu werden.
(Stichwort Rechtssicherheit)

Mal konkret an die Mediziner im Forum:
Würdet Ihr eine Patientenverfügung beachten wenn sie online vorliegen würde?
Zum Beispiel gescannt mit Unterschrift, wäre das ja ähnlich einer Fotokopie anzusehen.

Ich finde die Thematik hochinteressant und hätte so eine Art erweiterte Gesundheitskarte auf freiwilliger Basis eigentlich ganz gut gefunden.

Mal so am Rande, habt ihr eigentlich im Rettungsdienst die Möglichkeit diese Krankenkassenkarten vor Ort auszulesen?

Ich hoffe ich nerve nicht zu sehr mit der Fragerei.

Gruß
Kistenschieber

RS-USER-emergency doc
26.05.2010, 19:50
Die Idee mit der Internetadresse ist sehr gut: Druck Dir schöne Prospekte, such Dir einen Investor und verkauf dann das Ganze so schnell wie möglich für ein Heidengeld, bevor jemand rausfindet, daß es für den Alltag gar nichts taugt...:grins:

und



Hallo ed,

da wäre ich aber sehr zurückhaltend, also mit der Datenangabe im Netz.
Wer weiß was damit passiert(passierenkann)?
Nicht nur wegen der Verwendbarkeit, Rechtssicherheit im RD.´

LG
Kad

Ich glaube, ich hätte ein deutlich sichtbares Ironie-Flag setzen sollen. Eine solche Idee mit Online-Notfalldaten halte ich für überflüssig, unpraktikabel und problematisch umsetzbar.

RS-USER-Shalimah
26.05.2010, 22:01
Eine Online-Patientenverfügung halte ich für problematisch. Vor allem: die muss ja eigentlich einmal im Jahr neu unterschrieben werden, was in der Realität aber eigentlich auch keiner macht.

Draußen als Notärztin kann ich die eh erstmal nicht abrufen, und die meisten Verfügungen bekomme ich dort erst vorgehalten, wenn der Pat. bereits reanimiert, intubiert und beatmet ist (wirklich so passiert :().

Dazu kommt, dass die meisten Verfügungen auf irreversible zustände hinziehen. Jemand, der wegen einer Pneumonie beatmungspflichtig wird, danach aber ohne Folgeschäden gesund weiterleben kann, für den gelten die Verfügungen eh nicht. Da wir im RD meist mit akuten und selten mit chronischen Störungen zu tun haben, frage ich nur geziehlt nach einer Verfügung, wenn erkennbar ist, dass der Pat. schwerste Vorerkrankungen hat, die das Outcome verschlechtern bis auf Null runterschrauben.

In der Klinik ist es so, dass wir die Patientenverfügung auch erstmal im Original sehen wollen und dann ne Kopie in die Akte heften. Es gibt Online dermaßen viele Fälschungsmöglichkeiten...

Ich wäre in der Praxis schon froh, wenn jeder Patient irgendwo am Körper einen Zettel, oder eine Marke hätte, auf der sein Name und eine Telefonnummer von Angehörigen stehen. Die Angehörigen wissen dann meist die Grunderkrankungen, was mir in der Ambulanz erstmal weiterhilft. Und sie wissen meist auch, in welcher Klinik der Pat. zuletzt gelegen hat, oder wer der Hausarzt ist. Und dann ist der letzte Arztbrief nur einen kleinen Anruf und ein Fax weit entfernt. Da brauchts keine Onlinelösung.

Knusperriegel
27.05.2010, 07:13
[QUOTE=Shalimah;383650]Eine Online-Patientenverfügung halte ich für problematisch. Vor allem: die muss ja eigentlich einmal im Jahr neu unterschrieben werden, was in der Realität aber eigentlich auch keiner macht.

/QUOTE]

Nicht nur die Unterschrift.
Das gleiche gilt eben auch für Veränderungen der Umstände.

Eine Aktualisierung der Daten - egal wie diese erfasst und gespeichert wurden - ist das grosse Manko.

leuchtreklamefahrer
27.05.2010, 13:56
Auch wenn ich nicht unbedingt das fruchtbare Zeitproblem im Rettungsdienst sehe, so schaue ich eigentlich nciht in den Taschen meiner Patienten nach diversen Daten.
Schick ist die Versichertenkarte im Geldbeutel, über Personalausweis/ Namen des Patienten kann man dann entsprechend Kontakt mit den Angehörigen aufnehmen. Alternativ dazu gerne ein Zettel im Portemonnaie, aber der rettet nicht dein Leben.

Lebenswichtige "Informationen" kommen über diese Formulare wohl selten an den Richtigen. Blutgruppe etc sind in der Klinik auch schnell bestimmt.

Auch wenn ich nun nicht den Buhmann bezüglich der "Daten" machen möchte; Mir sind durchaus einige Häuser bekannt, in denen ein Polytrauma erst ein CT bekommen kann, wenn die Daten im PC sind. "Dummy" oder "Unbekannt, schwarz Haare" gibt's ind eren Programm nicht...

Knusperriegel
27.05.2010, 16:29
Auch wenn ich nun nicht den Buhmann bezüglich der "Daten" machen möchte; Mir sind durchaus einige Häuser bekannt, in denen ein Polytrauma erst ein CT bekommen kann, wenn die Daten im PC sind. "Dummy" oder "Unbekannt, schwarz Haare" gibt's ind eren Programm nicht...

Das Hess. Krankenhausgesetz schreibt u.a. vor, daß sich die Kliniken einmal jährlich auf einen MANV vorzubereiten haben.
Da ist dann auch Gelegenheit, die zeitnahe Erfassung von Patientenstammdaten zu erproben.
Als wiederholter Mime bei den Übungen hierzu war immer wieder die Situation so, daß eben Patienten übungsverletzungshalber nie in der Lage gewesen wären, Angaben zur Person zu machen.

Die Uniklinik Ffm. hat z.B. die Idee umgesetzt alle eintreffenden MANV-Patienten zu fotografieren und mit einer lfd. Nr. zu versehen, die auch zunächst als Patientencode dient.
Später evtl. eintreffende Angehörige haben dann die Gelegenheit, am PC sich die Gesichtsbilder (keine Verletzungsmuster!) anzusehen und dann auch Angaben zur Person zu machen.
Zumindest bei der Übung in der Uniklinik hat das nach meiner Beobachtung ganz gut geklappt.
Bis zur endgültigen, fiktiven stat. Bettenstation war "4711" ausreichend, auch für CT/MRT, OP, Intensiv u.a.m.

RS-USER-Medi-Fischi
28.05.2010, 04:57
Also für Patienten des MANV gibts bei uns in .at das hier http://de.wikipedia.org/wiki/Patientenleitsystem
Somit hat jeder pat eine eindeutige Nummer anhand er identifiziert werden kann.
Wenn in "meinem" Spital sonst jemand unbekanntes eingeliefert wird, heißt der im Computer solange Notfall 1 bis die Identität geklärt ist.