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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sarrazin und sein Buch



Beachbaer82
02.09.2010, 22:27
Hat das Buch jmd. gelesen?
Wie steht ihr zum derzeitigen Hype um diese Integrationsdebatte?

Hepte
03.09.2010, 01:43
Ich habs mir bestellt. Mal sehen wanns kommt und was so drinsteht. Bisher ist auf den Herrn ja nur von allen Seiten eingeprügelt worden, vor allem von Leuten die das Buch nicht gelesen haben dürften. Stellt sich natürlich die Frage, wieviele seiner Kritiker es überhaupt tun werden (Spiel nicht mit den Schmuddelkindern ...).
Aber eine fundierte Widerlegung seiner Thesen hab ich bisher nirgenwo gefunden. Nur das übliche Geblubber unserer Politiker und nen Haufen verallgemeinerter Aussagen irgendwelcher "Experten".
Mal wieder eine ziemlich erbärmliche Vorstellung: "Er hat Jehova (Ausländer/Moslem) gesagt - steinigt ihn!"

Im Prinzp ist es ganz einfach: Der gute Thilo wird für das, was er sagt Quellen benannt haben. Diese Quellen gilt es nun denn zu überprüfen und dann anhand von anderen Quellen entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. So, oder so ähnlich sollte man das in Deutsch gelernt haben. Aber stattdesen wird halt die "Nazikeule" und die "Rechte Ecke" rausgeholt.

So Aussagen wie "Nach Religionszugehörigkeit haben wir das nicht aufgeschlüsselt. Es gibt keinen Grund, einen Unterschied zwischen Muslimen und Christen zu machen." oder "Um die Zahlungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte zu gewährleisten, müsste jeder Deutsche rund hundert Euro im Jahr mehr zahlen, wenn es die ansässige ausländische Bevölkerung nicht gäbe. " (vom DIW-Chef Zimmermann) helfen in der Debatte nicht weiter, da Herr Sarrazin nicht die Ausländer an sich als Problem sieht sondern eben den muslimischen Teil, der schlecht integriert ist und von Transferleistungen (schönes Wort ...) lebt. So hab ich das jedenfalls verstanden.
Und wenn es von diesen Personen so viele gibt, dann muss man darüber sprechen und schreiben dürfen und das Problem muss gelöst werden.

Naja, ich kann ja mal meine Freundin fragen - so als Angehörige der betroffenen Randgruppe.
Die bringt mich um... :D

Mit seiner Äusserung von wegen Juden und Genen hat er natürlich eine Steilvorlage für alle berufsmäßig empörten Menschen in diesem Land vorgelegt. Das die Juden nicht nur eine Religionsgemeinschaft sondern auch ein Volk sind hab ich damals in der Schule gelernt. Und das man zwischen den großen jüdischen Gemeinden in aller Welt genetische Gemeinsamkeiten festgestellt hat ist auch schon ein paar Jahre her. Und es gibt auch neue Studien zu dem Thema: http://www.nytimes.com/2010/06/10/science/10jews.html?_r=2&scp=1&sq=jews%20genetical&st=cse
Und ausserdem das Buch mit den Juden (Vok und/oder Relligion) ansich eigentlich nix zu tun. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, das die eine schlecht integerierte Minderheit sind.

Zur Integration:

Integration heißt für mich, das der kleinere Teil im größeren aufgeht. Wenn ich also lese, das es z.B. in Berlin Schulen gibt an denen 80% der Schüler eine Migrationshintergrund haben, dann kann das meiner Meinung nach nur schiefgehen, da die deutschstämmige Minderheit der Schüler es nicht schaffen kann den anderen zu helfen sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Ist aus Sicht der Nichtdeutschen ja auch nicht nötig, da man ja immer jemanden findet, der die Muttersprache spricht.
Das selbe gilt für die, die selten bis nie vor die Tür gehen. Die kommen auch nicht in dieser Gesellschaft an. Das ist meiner Erfahrung nach aber ein allgemeines Problem der Älteren und nicht auf bestimmte Nationalitäten beschränkt.
Die Sprache ist meiner Meinung nach die wichtigste Hürde, die genommen werden muss, damit Integration gelingen kann.

Die "Getthoisierung" ist meiner Meinung nach auch ein großes Problem. Wenn ich in meiner unmittelbaren Umgebung fast nur Menschen habe, die meiner Nationalität oder meinem Kulturkreis angehören. Leute die vom Supermarkt über den Friseur bis zur Kneipe alles in der Nähe haben, was von Landsleuten geführt wird - die gehen Abends nicht ins Wirtshaus "Zum Keiler" und hocken sich an den Stammtsich.

Zur Integrationsdebatte:

Welche Debatte? Die seh ich im Moment nicht. Einer hat gesagt, was seiner Meinung nach alles scheisse läuft. Und alle anderen versuchen ihn niederzubrüllen und mundtot zu machen. Da wird jemand gefeuert, wegen Volksverhetzung und Beleidigung angezeigt und man will ihn aus seiner Partei schmeissen. Das ist doch keine Debatte!

Knusperriegel
03.09.2010, 07:55
Ich habe Herrn S. vor einiger Zeit bei einer Podiumsdiskussion in unserem Justizministerium erlebt.
Mit ihm sassen da unser Justizminister und ein erfolgreicher Geschäftsmann türkischer Nationalität, der sich hier in -D- ein gutes Geschäft aufgebaut hat und der sich einerseits als "integriert" (ein furchtbares Wort!) betrachtet; andererseits aber sowohl die Veräumnisse muslimischer Einwanderer und deutscher Politik benannte.

Das Buch von Herrn S. kann zum Zeitpunkt der öffentlichen Steinigung keiner gelesen haben, denn es war ja noch nicht im Handel.
Selbst wenn der Verlag Belegexemplare an "die üblichen Verdächtigen" vorab geschickt haben sollte, wage ich ernsthaft zu bezweifeln, daß hier wirklich gelesen wurde.

Ein Radiokommentar gestern (SWR) kritisierte gestern die Reaktion der SPD-Führung, die jetzt die Keule schwingt und mit dem Parteiausschluss droht.
Der Kommentator stellte die Frage, inwieweit die SPD-Führung überhaupt noch weiss,was ihre Parteibasis denkt und fühlt.

Der Fehler von Herrn S. ist sein polemischer Stil.
Es ist für mich weniger der Inhalt seiner Veröffentlichungen als vielmehr der Ton, indem sie erfolgen und der reflexhaft zu Mißverständnissen führt.
Andererseits ist es gerade diese Polemik, die dazu geführt hat, daß wieder einmal auf breiter Basis nachgedacht wird.
Dies wäre nicht der Fall, wenn ein unbekannter Autor ein Fachbuch in einem Kleinverlag für ein sehr begrenztes Lesepublikum veröffentlicht wurde.

Die Hysterie - was anderes ist es nämlich mMn. nicht - der letzten Tage ist nichts anderes wie Marketing; eine optimale Vermarktung des Produkts.

Der Vorwurf der Genetik klingt in -D- aufgrund unserer furchtbaren Vergangenheit stets anrüchig - ist aber im Kern wahr!
Christentum und Islam missionieren, das Judentum nicht. (Dies habe ich erst vor einigen Wochen beim Besuch unserer örtl. Synagoge wieder erfahren.)
Jude ist automatisch diejenige Person, deren Mutter Jüdin war.
Das ist also eine ganz klassische Abstammungsgrundlage, nichts anderes.
Wer als Nichtjude konvertieren möchte, wird sich sehr schwer tun.

Es ist müssig darüber zu diskutieren, wer bei der ersten Ausländergeneration in -D- (die Gastarbeiter) die grössten Fehler begangen hat: die Regierungen oder die Zuwanderer.
Die Leute kamen und sind geblieben.
Jetzt ist die Problematik da und muß bewältigt werden.

Andererseits ist es ein offenes Geheimnis, daß die Integration wohl auch abhängig von der kulturellen Basis ist.
Gastarbeiter und ihre Nachkommen, also Italiener, Spanier, Portugiesen, Griechen, Jugoslawen u.a.m. - die sind nach meiner Beobachtung nach längst "angekommen". Sie pflegen einerseits ihre Abstammung in eigenen Vereinen, teilweise auch in eigenen Kirchengemeinden, sind aber längst "urdeutsch".
Bei muslimischen BürgerInnen ist dies leider nicht so.
Über die Gründe möchte ich nicht spekulieren.

Ein für mich wichtiges Argument wird nicht benannt (darf man es nicht?):
unter der CDU-Regierung von Kohl wurden massenweise russ. Spätaussiedler aus der UdSSR "eingekauft", die irgendwann einmal in grauer Vorzeit einen deutschen Schäferhund hatten.
Wie wirkte dies auf die hier schon lange ansässigen Ausländer?
Die haben hier geschaft, Steuern gezahlt, keinerlei Vergünstigungen bekommen und durften noch nicht einmal auf kommunaler Ebene wählen.
Dann kamen "Olga von der Wolga" und ihr Mann "Vladimir": diese hatten sofort einen deutschen Reisepass, bekamen einen bezahlten Sprachkurs und diverse Übergangshilfen.
Aus der Sicht der schon hier lebenden ausländischen MitbürgerInnen war dies zutiefst ungerecht; die "neuen Ausländer" waren in ihren Augen eben keine Deutschen.
Aus eigener beruflicher Erfahrung kann ich zudem sagen, daß gerade die Welt des RD mit russischsprachigen Deutschen enorme Probleme hatte.
"Allohol" als Allheilmittel, häusliche Gewalt, diverse Erkrankungen u.a.m. - das sind so die Stichworte.

Der religiöse Hintergrund wird von den deutschen Kritikern viel zu sehr in den Vordergrund geschoben!
Für mich ist das nur blanker Neid, daß es eine sehr grosse Menschengruppe in unserem Land gibt, die tatsächlich einen sehr lebendigen Religionshintergrund hat.
Die Christen? Was ist das?
Etwa die Leute, die nicht mehr wissen, was die Bedeutung von Pfingsten ist, Weihnachten nur in Verbindung mit dem Coca-Cola-Weihnachtsmann kennen und ansonsten nur wegen der schönen Szenerie bei Taufe und Hochzeit eine Kirche von innen sehen?

In meiner Stadt wurden in den letzten Jahren mehrere Moscheen gebaut bzw. beantragt.
Diese Moscheen entstanden weitgehend in Eigenleistung und bieten neben der religiösen auch ein kulturelles Angebot.
Minarette waren hier nie ein Problem; die islamischen Germeinschaften verzichten beim Bauantrag vornherein darauf.
Beim letzten Moscheebesuch (im Rahmen einer Besichtigungstor unserer Volkshochschule) haben sich mir folgende Punkte des Moscheevereinsvorsitzenden eingeprägt:

1.
unsere Moschee ist eine Kirche und wir wollen für alle Menschen da sein.
Die erste Besuchergruppe war von der KITA, dann kam die freiwillige Feuerwehr.

2.
wenn die jungen Männer in unserer Gemeinde bei uns ihren Zivildienst machen möchte, dann schicken wir sie sofort an die katholische oder evangelische Gemeinde.
Wer seinen eigenen Glauben ernst nehmen möchte, soll sich auch grundlegend über andere Religionen informieren.

3.
Unser Iman muss nach einer gewissen Zeit Deutsch können.
Leider gibt es in Deutschland keine Möglichkeit, Iman zu werden.
Wir müssen also in Ägypten oder anderswo jemand einstellen.
Wenn der nach zwei Jahren immer noch kein Deutsch kann, obwohl wir ihm den Unterricht bezahlen, wird ihm gekündigt.

Ein grosses Problem islamischer BürgerInnen in Deutschland sind die Sozialleistungen!
Fakt ist es nun einmal, daß es in den Herkunftsländern entweder gar keine oder nur sehr bescheidene Sozialleistungen gibt.
Ein türkischstämmiger Sozialhilfeempfänger bekommt hier bei uns mehr Geld für NICHTS als er es in seinem Herkunftsland für Leistung erhalten würde.
Warum also etwas tun?
Dazu kommt, daß ein grosser Teil dieser Menschen die eigene Religion, also den ISLAM und sein Werk, den KORAN, nicht versteht bzw. nicht verstehen möchte.
Der Koran sagt nämlich grundsätzlich aus, daß ein Mann mit Arbeit für seine Familie zu sorgen hat.
Also wäre sinnvoll, islamische Menschen diskret an ihren Glauben zu erinnern.

Es ist in meinen Augen eine maßlose Arroganz deutscher Bürokratie und Gartenzwergmentalität anzunehmen, es gäbe ja genügend Angebote und Informationen.
Ich engagiere mich in einem Projekt namens TANDEM unserer VHS.
Hier treffen sich nichtdeutsche TeilnehmerInnen nach einem Deutschsprachkurs mit deutschen TeilnehmerInnen zu einfachen Gesprächsrunden.
Damit soll der Wortschatz weiter eingeübt und erweitert werden.
Das ganze ist umsonst für alle und der Reiz für die deutschen TeinehmerInnen liegt darin, auch viel über die anderen Kulturen lernen zu können.
Meine Motivation dazu: es ist besser, mit Ausländern zu reden als über Ausländer.
Ich bin erstaunt bis fassungslos darüber, welche Banalitäten die TeilnehmerInnen, die oft schon seit vielen Jahren hier leben, über den Alltag in Deutschland nicht wissen.

Doch zurück zu Herrn S.
In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob unser Bundespräsident ein Abnicker" ist oder ähnlich unbequem wird wie sein Amtsvorgänger.
Ich kann keinen Schaden für die deutsche Bundesbank entdecken und wenn "Angie" und ihre (kleiner werdende) Führungsriege mit dem Finger auf Herrn S. zeigen, dann vergessen sie, daß vier Finger ihrer Hand auf sie zurück zeigen.
Die Thesen von Herrn S. sind in meinen Augen nicht so sehr eine Beschimpfung integrationsunwilliger in Deutschland lebender Menschen sondern vielmehr eine Anklage an die Politik über die Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte.

Ergänzung, weil mir noch etwas einfiel:
Prof. Dr. Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstitus Niedersachen und ehem. SPD-Justizminister (!) dozierte vor vielen Jahren auf einem Kongress.
Er fragte uns nach der Verteilung von Jugendkriminalität bzw. der Verteilung höherer Schulabschlüse.
"Lassen sie ihren Vorurteilen mal freien Lauf" war seine Devise.
Nach einigen Hin- und Herraten wurde uns das Ergebnis seiner Forschung präsentiert.
Die Nationalitätengruppe mit der geringsten Krfiminalitätsrate und dem höchsten Anteil an Abiturienten waren Polen.
Seine Erklärung hierfür:
alle ausländischen Bürger orientieren sich nach ihrer Einreise an den hier schon lebenden Migranten und pflegen vorzugsweise den Umgang mit ihnen.
Dies erschwert das Erlernen der Sprache und die Integration.
Was machen Polen?
Sie suchen die nächste kath. Kirchengemeinde.
Dort wird Deutsch gesprochen und es entsteht ein Kontakt, der sehr reiche Früchte trägt.

Diese Erklärung klang für mich sehr einleuchtend und führt zu folgender Überlegung:
wenn das Grundgesetz das Recht auf freie Religionsausübung garantiert, ist dies eine optimale Chance für den Staat.
Durch Unterstützung und Einbindung der muslimischen BürgerInnen in ihre Religionsgemeinschaft können Wissen und Information vermittelt werden.

Geduldsbalken-Träger
04.09.2010, 05:35
Gestern ist mein Exemplar von "Deutschland schafft sich ab" angekommen.
Endlich kann ich es lesen und mir dann ein geordnetes Bild machen.

Vorab jedoch möchte ich auf eine Diskussionsrunde bei "hart aber fair" letzten Mittwoch eingehen.
Wir alle sind uns wohl einig, dass die Sprache eine wichtige Voraussetzung für gelungene/gelingende Integration ist. Herr Dreßler (SPD) dozierte, dass er als Botschafter in Israel war und man dort erst nach einem halben Jahr Aufenthalt staatliche Unterstützung erhält - sofern man nachweisen kann, dass man die Landessprache beherrscht!
...aber sowas geht in Deutschland nicht!
Man kann doch die armen Menschen nicht dazu zwingen, dass sie in dem Land, in dem sie sich (längerfristig / den Rest ihres Lebens) aufhalten wollen, auch noch die allgemein gebräuchliche Sprache zu sprechen! Wo kämen wir denn da hin?

Dass so eine Einstellung die wahren Gründe für die (Entschuldigung) "Ghettoisierung" der nicht-integrationswilligen Migranten führt, finde ich persönlich nachvollziehbar!

Zwei Beispiele brachten die Leute von hart aber fair dann auch noch - mit Kamera (und Dolmetscherin) gingen Sie durch DU-Marxloh und die Keupstr. in Köln-Mülheim (auch Klein-Istanbul genannt - also die Straße!). Schon faszinierend, wie man nach 35 Jahren in Deutschland immer noch so gebrochen die Landessprache beherrscht (wenn überhaupt).

Ja, es gibt auch genügend Beispiele für funktionierende Integration. Auch bei muslimisch-geprägten Herkunftsländern. Aber sie sind augenscheinlich seltener als bei anderen Herkunftsländern.

Gruß
Klaus

Beachbaer82
04.09.2010, 07:10
...mit Kamera (und Dolmetscherin) gingen Sie durch DU-Marxloh und die Keupstr. in Köln-Mülheim (auch Klein-Istanbul genannt - also die Straße!). Schon faszinierend, wie man nach 35 Jahren in Deutschland immer noch so gebrochen die Landessprache beherrscht (wenn überhaupt)...
Gruß
Klaus

Ich habe die Sendung auch gesehen und sehr spannend fand ich die Aussage eines (wohl türkischen) Mitbürgers, der in einem sehr gebrochenem Deutsch, auf die Frage wie wichtig es sei die deutsche Sprache zu beherrschen, sagte: "Es ist sehr wichtig!"

Auf die Frage wie lange er hier bereits lebe meinte dieser dann "35 Jahre"

Ich überlege ob ich mir das Buch auch kaufe um fundiert mitreden zu können und mehr als nur Stammtischparolen rausposaunen kann.
Das Thema ist heiß.
Ich bin gespannt wie es weiter geht...

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04.09.2010, 08:19
Wer sich ein Bild von Herrn Sarrazin machen möchte, kann hier mal reinschauen:

http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=5288784

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15.09.2010, 08:30
Da hat das heimische Käseblatt ausnahmsweise mal einen ganz netten Bericht gebracht:

Dewezet-Artikel (http://www.dewezet.de/portal/lokales/aktuell-vor-ort/hessisch-oldendorf_%26%238222%3BManches%2C-was-Sarrazin-kritisiert%2C-verstehe-ich%26%238220%3B-_arid,269630.html)

Knusperriegel
15.09.2010, 13:39
In einer Magazinsendung dieser Tage wurden türkischstämmige Menschen zur Thematik Integration bzw. Deutschkenntnisse befragt.
Es antworteten überwiegend die Kinder der ersten Generation, also Leute, die heute vierzig Jahre oder älter sind.
Gemeinsam kritisierten sie heftig den muttersprachlichen Unterricht (also türkisch!), den sie als Schulkinder hier in diesem Land erfahren hatten.
Beseelt und engstirnig hatte die deutsche Politik türkische LehrerInnen eingestellt, weil die Leute ja angeblich Gastarbeiter waren, die wieder in die alte Heimat zurückkehrten.
Also lernten dies türkischen Kinder an einer deutschen Schule den Lebensweg von Kemal Ata Türk, die Berge und Flüsse der Türkei und viele andere nette Sachen - mit denen sie hier nichts anfangen konnten / können.

Natürlich kann man abmildernd sagen, man hätte damals doch nur das beste gewollt.
Ich behaupte, daß damals mit fest zugekniffenen Augen gehandelt wurde, weil es einfach nichts geben sollte, was es nicht geben durfte.
Polemisch gesagt: die verbohrte Ideologie, die viele hier islamischen MitbürgerInnen heute vorwerfen, wurde vor gut dreissig Jahren selbst angewendet.
Doch dies spielt in der öffentlichen Diskussion keine Rolle und hiesse ja, daß die Politik heutzutage zugeben müsste, daß sie damals eine Situation völlig falsch eingeschätzt hatte.
Etwas derart Unerhörtes kann nicht verlangt werden!

Geduldsbalken-Träger
02.12.2010, 16:55
So, nachdem ich mich durch die Hälfte des Buches gelesen habe (ist schon anstrengend, weil Sachbuch - und nicht Roman), denke ich schon ein Statement abgeben zu können.

Herr S. hat sich intensiv mit dem Thema Bildungspolitik auseinandergesetzt. Dies belegen seine Tabellen, in denen er verschiedene Bundesländer in puncto Schüler-Lehrer-Ratio und (durchschn.) Klassengröße vergleicht. Dazu hat er den Pisa-Platz des Bundeslandes aufgeführt. Siehe da, Berlin hat kleine Klassen, mehr Lehrer pro Schüler als andere Bundesländer und trotzdem bei Pisa versagt.
Entweder sind die vielen Lehrer in Berlin allesamt Versager, oder es liegt daran, dass in manchen Bezirken Deutsch die Fremdsprache ist. Interessant ist dabei, dass in den Stadtteilen, in denen unsere Landessprache auch mehrheitlich gesprochen wird, die Ergebnisse besser werden.

Eine interessante Erkenntnis - die bislang niemand so deutlich wie Herr S. ausgesprochen hat, ist das "Ausbluten von Intelligenz" aus der Unterschicht / unteren Mittelschicht:
Wer schlau ist, der steigt auf in die Mittelschicht (und ggf. noch weiter). Wer dumm ist, bleibt in der Unterschicht bzw. steigt in diese ab.
Mit anderen Worten: Wer wirklich den IQ eines Pizzabrötchens hat, dem werden noch so viele Fördermaßnahmen nicht helfen - er/sie wird niemals einen DAX-Konzern leiten.

Ach ja - der Quellennachweis (teilweise auch mit erklärenden Ausführungen) des Buches umfasst übrigens 50 Seiten.
Von Zeitungsartikeln (seriöse Zeitungen, also FAZ etc.) über wissenschaftliche Abhandlungen zu Statistiken der Bundesbank, der OECD und des Statistischen Bundesamtes - bis hin zu internationalen Studien.

Gruß
Klaus

RS-USER-Küchenhexe
06.12.2010, 20:05
So, hab mir am Samstag das Buch auch mal geleistet, allerdings stecke ich mit dem Lesen auch noch mittendrin. Bisheriger Eindruck: gut lesbar und erstaunlich unpolemisch geschrieben, klar strukturiert, schlüssig argumentiert und durchgehend belegt. Wenn das so weitergeht, dann muß ich davon ausgehen, daß die ganze Aufregung davon herrührt, daß da jemand unbequeme Dinge offen ausspricht... :rolleyes:

Henry Blake
06.12.2010, 20:41
Ich werde das Buch aller Voraussicht nach nicht lesen, ich nehme an das ich nichts grundlegend neues erfahren werde. Falls sich jemand fragt woher ich die Arroganz nehme das zu behaupten: irgendwie müssen sich die 15 Jahre soziale Arbeit ja auch gelohnt haben :grins: