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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : NA-Einsatz: Cardia



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mister_m
03.09.2010, 20:43
Es ist kurz vor 18 Uhr, ihr freut euch schon auf euren Feierabend, da meldet sich der Piepser. Einsatzstichwort ist "Cardia", Notarzteinsatz.
Als ihr ankommt, findet ihr eine ca. 50jährige Frau vor. Sie sieht ein wenig blass aus.
Ihr habt Glück: mit im Raum ist eine Fachärztin (Internistin; vor über 10 Jahren NA gefahren) und ein HNO-Arzt. Beste Voraussetzungen also. Außerdem ist noch die Mutter der Frau und 2 Jugendliche anwesend. Der Notarzt wird ca. 13 Minuten nach euch eintreffen... Dann mal los...

(ich war nicht dabei, also nicht böse sein, wenn nicht alles korrekt kommt, aber ich bemüh mich... besser als nix, hier is ja schon seit ner weile nix mehr los :))

Rettungshasi
03.09.2010, 22:06
Ich bin gespannt : )

Erst mal "Hallo" sagen.
Ich frag freundlich in die Runde, warum wir alarmiert worden sind. Wenn sich da schon rauskristallisiert, dass jemand überhaupt nicht zum Gelingen des Einsatzes beiträgt, wird derjenige gebeten, in den Nebenraum zu gehen - so ein Pulk macht (mich) immer nervös ; )

Wie ist denn die Auffindesituation? Sitzt/liegt/steht/geht die Frau?

Was ist passiert?
Welche Symptome hat die Frau? Hat sie Schmerzen?
Medikamente?
Vorerkrankungen?
Allergien?

Dann möchte ich zur ersten Orientierung schon mal wissen, wie Herzfrequenz und Blutdruck sind, Qualität des Pulses und die Sauerstoffsättigung (ggf. bekommt die Gute dann sofort Sauerstoff). Zeitgleich wird ein EKG geklebt.
Fällt uns augenscheinlich schon etwas auf? Zyanose? Gestaute Unterschenkel? Pathologische Atemgeräusche? Kaltschweißigkeit?

mister_m
03.09.2010, 23:16
achja, wollt ich dazuschreiben...
Die Patientin liegt auf dem Sofa und sieht wie gesagt nicht gut aus. Blass, kaltschweißig, schlechter Kreislauf. Deswegen wurdet ihr auch alarmiert. Weiter ist nichts auffällig.
Sie war einkaufen, da wurde ihr plötzlich komisch und sie hatte Schmerzen im Thorax/Herzbereich. Dann ist sie noch nach Hause gefahren, wo sie sich dann erst hingelegt hat, dann kurz aufgestanden und rausgegangen ist, sie musste sich aber kurz darauf (kreislaufbedingt) wieder hinlegen. Die Alarmierung wurde daraufhin durch die Internistin veranlasst.
Wen willst du denn rausschicken (vergessen: der Ehemann ist auch noch anwesend...)? Die beiden Jugendlichen sind die Kinder und sehr besorgt...
Eine leichte Hypertonie ist bekannt, die aber medikamentiert wird. Mittel ist nicht bekannt. Sonst fehlt nichts.
Die Pat. gibt an, derzeit keine Schmerzen zu haben.
RR wurde schon vor eurem Eintreffen durch die Internistin ermittelt, der betrug zuerst 100/60, wenig später (ca. bei eurem Eintreffen) war er dann bei 80/50. Pulsfrequenz ist so um die 100. Euer Pulsoxy zeigt eine Raumluftsättigung von 90%.

Toran
04.09.2010, 09:11
Wir fragen mal nach, wie es mit der Luft ausschaut. Sind gestaute Halsvenen zu beobachten, sowie ödematöse Beine?

Dann geben wir der Dame mal Sauerstoff um die Sättigung zu steigern, kleben ein EKG und legen einen Zugang, den wir aber erstmal nur offenhalten. Dann interpretieren wir mal das EKG und fragen genau nach, wie die Schmerzen sich äußerten. Nach 5 Minuten könnte man den Blutdruck auch noch mal messen.

mister_m
04.09.2010, 10:22
Die Patientin gibt auf Nachfrage keine Atemnot an. Keine gestauten Halsvenen oder dicke Beine.
Unter Sauerstoffgabe (per Maske nehme ich mal an), steigt die Sättigung auf 97%. Das EKG zeigt einen taychkarden Sinusrhythmus ohne Auffälligkeiten.
Der Schmerz kam ganz plötzlich und sehr heftig.
Blutdruck bleibt unverändert bei 80/50.

Henry Blake
04.09.2010, 13:50
Blutdruck beidseitig gleich? Hat die gute Frau zufällig ein Marfan Syndrom?

Warum sind da eigentlich 2 Ärzte (überhaupt, warum HNO???)? Aber wenn sie schon mal da sind dürfen sie gerne ihre Meinung zu der Angelegenheit preis geben.

Fallobst
04.09.2010, 16:38
mmh Lungenembolie oder MI scheiden ja erstmal aus... bekommen wir aus den Angehörigen was über bekannte Vorerkrankungen raus?

Rettungshasi
04.09.2010, 18:54
Naja, meinetwegen dürfen die Söhne bleiben (oder sich schon mal auf die Suche nach dem Blutdruckmedikament machen).
Manchmal hat man ja schon mal Leute rumlaufen, die den eigentlichen Patienten mit ihrer Nervosität noch unruhiger machen, aber zurück zum Thema : )

Ist der Schmerz atemabhängig oder immer da? Hat sie so etwas schon mal gehabt? Wie schaut die kardiale Anamnese aus? Herzinfarkt? ACVB oder sonst etwas in der Art?
Aus dem 12-Kanal-EKG ergibt sich auch nichts?

Standardmäßig wird noch der BZ erhoben.

Der Blutdruck wird engmaschig kontrolliert.
Wo bleibt der NA?

mister_m
04.09.2010, 19:04
Wie gesagt, außer einer medikamentös behandelter Hypertonie ist nichts bekannt. Auch keine anderen Vorerkrankungen/Geschehnisse. Das Medikament tut hier nichts zur Sache (stelle ich einfach mal so fest...)
Die 2 Ärzte sind halt einfach da, weil sie zur Familie gehören... Die wissen jetzt aber auch gerade nicht weiter, da dürft ihr den NA fragen, der jetzt gerade zur Tür reinspaziert.... Einen Zugang hat die Internistin noch gelegt, da ihr keine brauchbare Vene gefunden habt...
Der Blutdruck ist "seitengleich".

Ich fasse also nochmal zusammen, wo wir jetzt stehen:
Wir haben eine Patientin mit
- schlechtem Kreislauf im Liegen (RR 80/50)
- tachykardem Sinusrhythmus, 12K-EKG ebenso o.B.
- leichter Atemnot
- BZ im Normbereich
- derzeit nur leichter Schmerz, war zu Ereignisbeginn richtig heftig

Haben wir eine Arbeitsdiagnose? Wie machen wir/der NA weiter...?

Fallobst
04.09.2010, 19:16
mmh evtl. eine Dissektion? Dann würde ich zum einladen und losfahren tendieren...

dafür würde der plötzliche starke Schmerz und der schlappe Druck + hohe Herzfrequenz (Schockzeichen) sprechen..., sind die Pulse an beiden Armen gleich stark zu tasten?

Henry Blake
04.09.2010, 19:56
Könnte jemand der Vollständigkeit wegen noch die Temperatur messen, bitte.

Fallobst
04.09.2010, 21:12
Nupsi ins Ohr der Patientin steck...*piep*...

Rettungshasi
04.09.2010, 21:35
Ich geh mit der Dissektionsschiene von Fallobst mit.

Der Doktor könnte noch mal schnell das Abdomen untersuchen, zeitgleich wird der Transport vorbereitet und die Patientin in der Klinik angemeldet.
Während der Fahrt wird dann ein zweiter Zugang gelegt, über den wir Laborblut abnehmen, sofern die anwesenden Ärzte das noch nicht rein zufällig getan haben.

mister_m
04.09.2010, 21:42
Temperatur ist ebenfalls im Normalbereich, Abdomen o.B.. Blut ist Standard bei Zugang. Wollt ihr noch was für den RR geben?

Auflösung erwünscht, oder wollt ihr noch was machen?

RS-USER-Shalimah
04.09.2010, 21:53
Ich würd an beide Zugänge Flüssigkeit im Schuss anhängen...wer mag, darf auch gerne HAES nehmen, und dann mit Blau in die Klinik.

Bei solchen Einsätzen fänd ich ein mobiles Sonogerät nicht schlecht. Ichwill ein Echo und zwar schnell ;)

Henry Blake
04.09.2010, 22:00
Dissektion war der Hintergrund meines ersten Beitrags wobei die Frage mit der Bindegewebsschwäche noch nicht geklärt ist. Aber hilft ja alles nichts. Fahren, schnell!

EDIT: Ach, und auflösen....... ;)

Fallobst
04.09.2010, 23:21
well, aber eine Dissektion kann auch ohne Marfan-Syndrom auftreten... ändert aber an der Sache nix... also mit Blau und Verdachtsdiagnose Dissektion in ein Haus mit Thoraxchirurgie!

RS-USER-Shalimah
05.09.2010, 07:34
Jep, dass das ohne Marfan geht, und wie schnell man dann Machtlos ist, haben wir am letzten WE bei uns im Haus festgestellt:
Pat.aufgenommen mit akutem Coronarsyndrom, im Echo dann eine Aortendissektion mit gedeckter Perforation ins Perikard gesehen, 30min später Rea-Alarm und frustrane Reanimation, trotz Perikardpunktion unter Rea.

mister_m
05.09.2010, 08:49
Gut gemacht, ich weiß nicht, ob ich (als ehrenamtlicher RS, der selten fährt) auf eine Dissektion gekommen wär. Ist halt doch einfach ziemlich selten.
Die Patientin wird (da wir im eher ländlichen Gebiet sind) in's größte Haus in der Nähe (Versorgungsstufe III) mit Herzkatheter gebracht. Dort wird per Angio eine Aortendissektion Typ A bis zum truncus brachiocephalicus mit einer bereits schweren Aortenklappeninsuffizienz festgestellt. Es folgt die Verlegung per Hubschrauber in ein Herzzentrum, wo sofort eine 8stündige Operation folgt (knapp 4 Stunden nach Ereignisbeginn). Bis auf ein paar Nachblutungen, die erneut operativ behandelt werden müssen, geht alles gut. Knapp 8 Stunden später sieht's wieder eher schlecht aus, die Patientin ist mehrmals reanimationspflichtig, kann aber wieder stabilisiert werden.

Der Fall ist sehr aktuell, das ganze war die letzten Tage. Aortendissektionen sind scheiße - und noch mehr, wenn man die Patientin kennt. Wie's ausgeht kann noch niemand sagen...


Noch ein paar Fragen von mir: RR-Differenz und P-Stärkendifferenz sind nicht unbedingt vorhanden, oder (ich hab da was von knapp 30% gelesen glaub ich)? Ich weiß nicht, ob das kontrolliert wurde...

Henry Blake
05.09.2010, 11:12
Klar muss da kein Marfan dabei sein. Ich frag aber in solchen Fällen immer um meine Sicherheit noch etwas zu steigern..........und hatte noch nie einen Fall bei dem Marfan positiv war ;)