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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Alarm RTW/NEF - Kindlicher Notfall



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RS-USER-Brutus
06.03.2011, 14:48
Es ist ein sonniger Tag im Herbst. Ihr transportiert gerade eine gestürzte liebe alte Dame in gutem Allgemeinzustand, die zur Schmerztherapie bei ihrem OSH fraktioniert 0,5mg Fentanyl eingefordert hat. Darunter ist sie adäquat schmerzreduziert, die Vitalwerte sind o.B. Während ihr gerade das DIVI-Protokoll ausfüllt hört ihr mit halbem Ohr über 4m, ob ihr abkömmlich seid? Angesichts der nicht unerheblichen Menge an Fentanyl seid ihr dies nicht. Die Leitstelle hört sich aber irgendwie etwas unentspannt an. Ihr meldet also: Eintreffen KH in 2 Minuten, danach Einsatzbereit ab KH. Zu Eurer Überraschung steht in der Liegendanfahrt ein Geschenk der Leitstelle: Anästhesist und Unfallchrírurg nehmen Euch die Patientin sofort ab, weil in dem Moment der Statusabgabe erhaltet ihr den Folgeeinsatz:

Im NEF angekommen hört ihr: 4 jähriges Kind ist in ein Fischteich gefallen, ca. 4 Minuten unter Wasser, wird von Ersthelfern reanimiert. Einsatzstelle ca. 20km entfernt, RTW auf dem Weg. Christoph XY kommt auch, ist aber noch 200km weg...
Auf dem Weg zur Einsatzstelle überholt ihr noch den RTW, der letztendlich ca. 2 Minuten nach dem NEF eintrifft. Ihr fahrt auf einen Bauernhof. Auf der Wiese zwischen Haus und Teich liegt ein Mädchen, welches von einem Herrn Mund-zu-Mund beatmet wird, während ein paar andere Menschen ganz nervös und völlig hilflos umherlaufen.

LOS GEHT'S...

RS-USER-Saphira
06.03.2011, 15:53
auch wenn ich kein Doc bin fange ich mal an:
wir danken dem Herrn dass er was gemacht hat (ist ja auch net selbstverständlich...) und übernehmen: wir gucken mal ob wir inzwischen vielleicht schon wieder Vitalfunktionen haben, wenn nicht gibts ne Leitlinie...
Also wie gehts dem Kind?
Der andere von uns schiebt die Leute mal nen Schritt zur Seite und fragt mal was genau eigentlich passiert ist.

Henry Blake
06.03.2011, 16:44
Aufgrund der (verständlich) emotionalen Aufgebracht der Anwesenden würde ich die Szenerie nach Möglichkeit zügig in den RTW verlegen......

Knusperriegel
06.03.2011, 19:34
Und während das Kind in den RTW verbracht wird, erfolgt die dringliche Nachforderung von KIT/NFS zur Betreuung der Angehörigen.

Der Hinterkopf des Retters nimmt sich vor, nicht zu vergessen, nach den Umständen des Ereignisses zu fragen (Verletzung einer Aufsichtspflicht?), weil dies ggf. Folgen hat.

Sleeping Cat
06.03.2011, 19:50
Ich würde mal, während die Kollegen sich um das Kind kümmern, schauen wo die Eltern des Kindes sind bzw. sonst jemand, der sich um das Kind kümmern sollte... (wurde aber schon geschrieben)

Ich hätte mal noch eine Frage: Alles in den RTW verlegen... wäre es dann sinnvoll jemanden vor dem RTW zu lassen, damit die Angehörigen nicht das Auto stürmen? (Ich weiß, doofe Frage)

Knusperriegel
06.03.2011, 20:02
Ich habe eine solche Situation einmal damit "gelöst", daß die Kindesmutter vom Beifahrersitz aus unser Bemühen beobachten konnte.
So war sie dabei, stand aber nicht im Weg und registrierte, daß alles getan wird.

Deswegen ja auch mein Vorschlag der sofortigen Alarmierung von KIT/NFS.
Die wissen hoffntlich in groben Zügen, was der RD da vor Ort macht und können auf die Eltern bzw. die übrigen Personen einwirken.

Sleeping Cat
06.03.2011, 21:05
Danke für die Antwort!

RS-USER-emergency doc
06.03.2011, 22:37
Hmmm... also Algorithmus ist ja klar. Aber warum denn in den RTW? Ich verstehe immer nicht, warum viele die Angehörigen raus schicken, so schnell wie möglich in den RTW wollen etc.
Angehörige sind für mich immer eine wertvolle Hilfe und Informationsquelle. Wenn nichts dagegen spricht (Gefahr durch Giftstofe, Feuer etc. oder Aggression) lasse ich die gerne dabei sein.
Ich bleibe also vor Ort und verfahre nach Algorithmus: Atmung und Puls? Nein? Dann Basisreanimation und mein Fahrer bereitet schonmal vor (in dieser Reihenfolge): O2, EKG/Defi, Zugang, Supra, Intubation.
Ich schätze mal, daß bei EKG/DEFI der RTW schon da sein müsste.
Achja: Was hat der Laienhelfer ausser MundzuMund-Beatmung noch gemacht, während wir 20km abgespult haben? HDM?

Knusperriegel
07.03.2011, 10:50
Hmmm... also Algorithmus ist ja klar. Aber warum denn in den RTW?

Je nach den Umständen vor Ort,
also Platz- und Lichtverhältnisse, Zahl der umstehenden Personen und ihr individuelles Verhalten.
Ich habe die Angehörigen durchaus im Rahmen der Möglichkeiten eingebunden:
einem Elternteil die Infusion in die Hand zu geben, bedeutet ihn teilhaben zu lassen - aber auch zu beschäftigen.
Damit ist er mitbeteiligt und bekommt auch mit, daß das Team wirklich "alles" versucht - was nicht geschehen kann, wenn Angehörige pauschal vor die Tür gesetzt werden.
Alle Varianten sind denkbar und möglich.

Henry Blake
07.03.2011, 11:21
Na, es ist zwar ein sonniger Tag im Herbst aber da geht auch mal gern ein Lüftchen und da war ja Wasser im Spiel...

RS-USER-Brutus
07.03.2011, 14:46
So, weiter gehts:

Also, als Ihr eintrefft passiert von ganz alleine folgendes: der Bauer bleibt noch beim Kind und macht weiter, bis Ihr übernehmt, während seine Frau die anderen Personen (alles Kinder im Alter zwischen 8 und 15) einfängt und in die Küche bringt. Einzig die 15jährige bleibt in Tränen aufgelöst auf der Terasse sitzen (ca. 15m entfernt sitzen.
Der Bauer erzählt, die Kinder seien heute bei ihm auf dem Bauernhof zum Spielen eingeladen gewesen. Die Kleine habe irgendwann angefangen Blumen zu pflücken und sei dabei zum eingezäunten Fischteich gegangen, dort wollte sie anscheinend eine Wasserrose "angeln" und ist in den Teich gefallen und untergegangen. Die 15jährige ist wohl direkt hinterher und hat sie wieder rausgezogen. 4 Minuten unter Wasser waren es demnach wohl eher nicht. Allerdings ist das Kind seitdem bewußtlos. Der Bauer ist "nebenberuflich" Angehöriger der FF und dort seines Zeichens Ausbildungsleiter "Erste Hilfe". Er hat die Kleine sofort beatmet und bei fehlenden Lebenszeichen Thoraxkomprimiert. Bei Eintreffen ist das Kind blaß, aber nicht zyanotisch, es hat eine leidliche Schnappatmung, in der Axilla kann man einen kräftigen Puls tasten.
Die direkt angelegte Überwachung des NEF ergibt folgende Werte: SO2 87%, HF 145/min. Der Rettungsassistent gibt Euch einen Ambubeutel mit 2er Maske und O2-Reservoir und im Hintergrund hört Ihr den RTW eintreffen.

Der Bauer erzählt weiter, dass es sich um seine Nichte handelt, und die Eltern bereits informiert sind, allerdings aus der Nachbarstadt kommen. Mit dem gerade angekommenen Personal wird die Überwachung komplettiert und die NIB zeigt einen RR von 100/50mmHg. Unter assistierter Beatmung ist die O2-Sättigung mittlerweile auf 98% geklettert. Das Mädchen bleibt bewußtlos, lässt sich aber nur assistiert beatmen, presst ansonsten gegen Eure Atemhübe.

Wie machen wir weiter?

Rettungshasi
07.03.2011, 16:56
Weitermachen und herausfinden, warum die Bewusstlosigkeit fortbesteht.

Kann es sein, dass sie sich beim Sturz in den Teich Schäden an der HWS zugezogen hat? Ggf. Stifneck anlegen
Gibt es Vorerkrankungen, Medikamente, Allergien
ed hat auch schon einen Zugang gelegt, wie ist der BZ?
Mich interessiert auch noch die Körpertemperatur. Raus in den warmen RTW, raus aus den nassen Klamotten

(Ich nehme an, wir haben keine Zeit, einen vom Team zur 15-Jährigen loszuschicken?!)

RS-USER-Brutus
07.03.2011, 17:06
Weitermachen und herausfinden, warum die Bewusstlosigkeit fortbesteht.

Kann es sein, dass sie sich beim Sturz in den Teich Schäden an der HWS zugezogen hat? Ggf. Stifneck anlegen
Gibt es Vorerkrankungen, Medikamente, Allergien
ed hat auch schon einen Zugang gelegt, wie ist der BZ?
Mich interessiert auch noch die Körpertemperatur. Raus in den warmen RTW, raus aus den nassen Klamotten

(Ich nehme an, wir haben keine Zeit, einen vom Team zur 15-Jährigen loszuschicken?!)

Zugang haben wir noch nicht! Mittlerweile ist das Kind grob entkleidet und in eine Folie eingewickelt. Die Sonne ist recht kräftig, die Außentemperatur beträgt ca. 23°C. Kein Wind. Das Kind fühlt sich eher kühl an. Bevor ihr in den RTW verlegen könnt, hört man den Hubschrauber, der auf der benachbarten Wiese landet.
Allergien sind nicht bekannt, ebensowenig Vorerkrankungen. Für einen Schaden an der WS gibt es keinen Anhalt, Grund für die Bewußtlosigkeit??? Hypoxie?

Rettungshasi
07.03.2011, 17:23
Grund für die Bewußtlosigkeit??? Hypoxie?


Die 15jährige ist wohl direkt hinterher und hat sie wieder rausgezogen. 4 Minuten unter Wasser waren es demnach wohl eher nicht. Allerdings ist das Kind seitdem bewußtlos.

Deswegen hab ich nach weiteren reversiblen Ursachen für den HKS bzw. jetzt die Bewusstlosigkeit suchen wollen.

RS-USER-Brutus
07.03.2011, 17:26
Deswegen hab ich nach weiteren reversiblen Ursachen für den HKS bzw. jetzt die Bewusstlosigkeit suchen wollen.

Naja, direkt war wohl etwas übertrieben. Zum Teich gerannt, rein und das Kind im Teich gesucht und rausgefischt. 4 Minuten werden es wohl nicht gewesen sein, aber sofort rausgeholt war es wohl auch nicht.

Rettungshasi
07.03.2011, 18:06
Okay. Ich würde dann jetzt gerne einen Zugang etablieren. Wenn das nach den Vorgaben nicht möglich ist, schon mal nach dem i.o.-Bohrer fischen.
Der Hubschrauber möchte das Kind so sicher nicht mitnehmen, daher schon mal Narkosemedis und Intubation richten.

Ich muss jetzt zur Arbeit und bin gespannt, wie es weiter geht.

RS-USER-Brutus
08.03.2011, 09:47
Okay. Ich würde dann jetzt gerne einen Zugang etablieren. Wenn das nach den Vorgaben nicht möglich ist, schon mal nach dem i.o.-Bohrer fischen.
Der Hubschrauber möchte das Kind so sicher nicht mitnehmen, daher schon mal Narkosemedis und Intubation richten.

Ich muss jetzt zur Arbeit und bin gespannt, wie es weiter geht.

Nachdem ja jetzt ein zweiter Notarzt vor Ort ist, Anlage eines Zugangs. Rechter Handrücken, 0,9 problemlos.
Wieso nur der Hubschrauber? Hätten wir das Kind denn so mitgenommen?
Was wollen wir den richten zur Intubation? Das Kind ist 4J, ca. 15kg, eher zierlich.
Medikamente? Tubusgröße? Geblockt oder ungeblockt? Welcher Spatel? Wie geht's dann weiter?

RS-USER-emergency doc
08.03.2011, 22:51
Also wenn ich mal einen Vorschlag machen darf:

Fenta+Dormicum, Tubusgröße 4+Alter/4 mit Cuff. Spatel Macintosh klein... (vielleicht 2er und mal gucken...)

Rettungshasi
08.03.2011, 23:12
Aus Neugierde: Wieso lieber Macintosh als Miller?
Und ich habe noch gelernt, (Alter/4)+3 mit Cuff und (Alter/4)+4 ohne Cuff. Ist das verkehrt?

RS-USER-Brutus
09.03.2011, 09:57
Also wenn ich mal einen Vorschlag machen darf:

Fenta+Dormicum, Tubusgröße 4+Alter/4 mit Cuff. Spatel Macintosh klein... (vielleicht 2er und mal gucken...)


Aus Neugierde: Wieso lieber Macintosh als Miller?
Und ich habe noch gelernt, (Alter/4)+3 mit Cuff und (Alter/4)+4 ohne Cuff. Ist das verkehrt?

Also, zuerst mal zu den Spateln: Klick mich, ich bin ein Link (http://de.wikipedia.org/wiki/Laryngoskop#Spatelformen)
Der Millerspatel ist ein gerader Spatel, der vor allem bei Neugeborenen zum Einsatz kommt. Im Gegensatz zum Macintoshspatel wird bei der Laryngoskopie der Kehldeckel aufgeladen. Beim Macintosh wird er angehoben. Mittlerweile werden aber die Millerspatel zunehmend aussortiert. Bei uns wurden selbst die kleinsten Frühchen mit dem Macintosh ohne Probleme intubiert.

Zur Tubusgröße: da gibt es soviele Formeln, ich habe noch gelernt: (16+Alter)/4, was ja Euren Formeln entspricht. Dies ist die Formel für die ungeblockten Tuben. Ich glaube mit den geblockten Tuben hat Hase recht. Aber wir haben es so gehandhabt: Man rechnet halt immer den ungeblockten Tubus aus und nimmt eine halbe bis eine Nummer kleiner :grins: Und wenn man sich mal überhaupt nicht sicher ist, gibt es einen gar nicht so geheimen Tipp: Man nehme sich den kleinen Finger des Kindes und hat den Tubusaußendurchmesser!
Wir würden also bei unserem 4j. Kind einen 5,0er ungeblockten oder einen 4,0-4,5er geblockten nehmen. Da dieser ja einen Block hat, kann man eher den kleineren nehmen, da zum einen der Cuff den Außendurchmesser ja nicht unwesentlich vergrößert und man in durch aufblocken trotzdem dicht bekommen sollte.

Bleibt noch die Medikamentengabe:
Fenta/Dormicum? Finde ich bei Kinder eher mäßig gut. Fentanyl würde ich auch nehmen, aber wenn ich es kriegen kann (und mittlerweile ist es in den meisten Rettungsdiensten vorhanden, auf den RTH's aber auf jeden Fall), würde ich lieber das Propofol nehmen. Hintergrund: Ich gehe mal davon aus (RTH mal außen vor), dass Eure NEF's auch keine Relanxanzen an Bord haben. Propofol entspannt aber genauso den Larynx. Man muß nur lange genug (2-2,5 Minuten warten). Also Propofol rein und normal weiter bebeuteln und nach der angegebenen Zeit hat man "optimale" Intubationsbedingungen.
Wichtig ist nur eine adäquate Dosis des Propofols. Und damit sind wir bei der nächsten Frage: Wieviel Fenta / Propofol wollen wir denn nehmen. Frau RTH-Doktor wollte zusätzlich auch noch Esmeron haben, wieviel?