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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ruppiner Kliniken aus Ösi-Sicht



stennadolny
11.11.2011, 12:15
http://www.turnusarzt.com/node/45658

Eine interessante Sache, wie man in Ärztemangelregionen (und dort auch noch eher in der Peripherie) mit Importärzten umzugehen scheint bzw. wieviel Geld man bereitwillig im Ausland für Rekrutierung ausgeben kann.

saherk
20.11.2011, 04:49
Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Zeit vom 15.11.2009 bis 31.10.2011 war ich im Rahmen eines für 2 Jahre befristeten Weiterbildungsvertrages für die Thoraxchirurgie bei den Ruppiner Kliniken (RKN) beschäftigt.

Ich habe im Rahmen der Jobmesse in Österreich im Juni 2009 die RKN kennengelernt. Da mir das Weiterbildungskonzept der RKN als interessant erschien und ich berufliches Vorankommen garantiert bekommen hatte, entschied ich mich, meine Weiterbildung dort zu absolvieren und fing im November 2009 als Assistenzarzt in der Klinik für Thoraxchirurgie an.
Ich wurde sofort ins Team integriert und genoß seitdem eine fundierte und hervorragende Betreuung und Weiterbildung.
Da bereits bei der Anstellung eine Rotation auch in andere Abteilungen der RKN vereinbart war, rotierte ich freiwillig in andere Kliniken wie die Intensivmedizin, Visceralchirurgie sowie Unfallchirurgie und Orthopädie.
Des Weiteren wurde ich durch kontinuierliche interne sowie externe Weiter- und Fortbildungen unterstützt. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen ganz herzlich bedanken, die mich hierbei unterstützten.

Aufgrund meiner Rekrutierung wurde ich gebeten, die RKN im Folgejahr bei der Jobmesse in Österreich 2010 zu vertreten. Überzeugt habe ich andere KollegInnen für die RKN rekrutiert, vor allem im Rahmen dieser Jobmesse, aber auch bei meinen privaten Kontakten. Wir konnten bei der Jobmesse 2010 aufgrund unseren offenen Auftretens, beispielsweise aufgrund direkter Ansprache der StudentInnen sowie durch die Argumentation einer guten Weiterbildungsmöglichkeit und des guten Umgangs mit den Mitarbeitern die RKN würdig vertreten und Nachwuchs akquirieren.
Ich teilte meine Verbesserungsvorschläge sowie produktive Kritik direkt der Klinikumsleitung mit. Viele Ideen wurden implementiert, vor allem das Konzept für die folgenden Jobmessen in Österreich.

Besonders lagen mir zwei Themen am Herzen:
zum einen die schlechte Bahnverbindung Berlin-Neuruppin, und zum anderen die niedrigere Bezahlung im Vergleich zu anderen Krankenhäusern in Brandenburg.
Während wir bei der Bahnverbindung keinen Einfluß hatten, könnten wir junge KollegInnen mit guter Bezahlung gewinnen.
Durch die Klinikleitung wurde zwischenzeitlich die Möglichkeit einer klinikorganisierten Fahrgemeinschaft sowie einige andere Konzepte diskutiert.
Allerdings ist eine von der Personalabteilung ins Leben gerufene Idee mit der Gewährung von Fahrtkostenzuschüssen auf Grund falscher steuerlicher Deklaration nach hinten los gegangen, da sich dadurch Rückforderungen von den jeweils zuständigen Finanzämtern ergaben.
Wir informierten die Klinikleitung hierüber und erfuhren, dass die Personalleitung bereits hiervon wusste. Auf Anfrage wurde nur darauf hingewiesen, jeder solle sich selbst um diese Information kümmern. Es wurde bewusst mit der Situation kalkuliert, dass die Mitarbeiter am Jahresende alles wieder zurückzahlen zu müssen. Eine versprochene Umdeklarierung ist nie erfolgt.

Trotz dessen rekrutierte ich weiter überzeugt für die RKN weitere KollegInnen.

Im Dienstplan für Oktober 2011 wurden mir entgegen der sonst üblichen Praxis keine Dienste zugeteilt; alle dachten, man habe mich vergessen. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf eine Fortbildung nicht genehmigt; da wurde ich skeptisch.

In den Wochen zuvor hatte sich abgezeichnet, dass eine Kollegin schwanger geworden ist und ein Kollege gekündigt wurde sowie ein anderer Kollege krank ist und eine Kollegin ihre Rotation auf der Intensivstation begonnen hat, so dass es im Dienstplan für Oktober insgesamt 19 (!) Dienste offenbleiben würden. Aus Kollegialität und Pflichtbewusstsein übernahm ich sofort den größten Teil der offenen Dienste.

Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich davon ausgegangen, dass mein an sich zum 31.10.2011 befristeter Vertrag verlängert werden würde. Insbesondere da gegenüber dem Landesamt für Versorgung und Soziales, Dez. Berufsrecht, bereits im Oktober 2009 mitgeteilt worden war, dass es sich bei meiner Einstellung um einen vollen Weiterbildungsvertrag von 5 Jahren für die Thoraxchirurgie handeln würde.
Weder von der Geschäftsführung oder den verantwortlichen Chefärzten oder der Klinikleitung gab es Anzeichen, dass eine Weiterbeschäftigung nicht erfolgen würde, insbesondere auch auf Grund der Tatsache, dass zu wenig Personal vorhanden war.

Am 29.09.2011, also 4 Wochen vor Ablauf meines 2-jährigen Vertrages, erfolgte ein Personalgespräch mit der Personalleiterin, dem stellv. klinischen Geschäftsführer sowie der Betriebsrätin.
Dabei sollte über die Vertragsverlängerung sowie die weitere Rotation in der Gefäßchirurgie gesprochen werden.
Mir wurde aber durch die Personalleiterin lediglich mitgeteilt, dass mein Vertrag nicht verlängert werden kann, da der Notstand in allen chirurgischen Kliniken nicht mehr nachzuweisen wäre (im November wurde eine Kollegin von der Unfallchirurgie in die Thoraxchirurgie für 4 Wochen verlegt); eine schriftliche Bestätigung für diese Begründung wollte die Personalleiterin nicht erstellen.

Diese Entscheidung wurde ohne Absprache mit meinem eigentlichen Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie, dem kaufmännischen Geschäftsführer und dem klinischen Geschäftsführer getroffen!
Wie es sich herausgestellt hat, sei die Entscheidung schon im August gefallen - wenn nicht früher -, weshalb ich keine Dienste zugeteilt bekommen habe.
Diese verzögerte Mitteilung hatte nicht nur Auswirkungen auf meine weitere berufliche Tätigkeit, sondern auch Konsequenzen für den Aufenthalt meiner Familie in Deutschland, wovon die RKN auch Kenntnis hatte.

Ebenfalls ist zu erwähnen, dass mir eine 2-monatige Restrotation auf der Unfallchirurgie sowie die mir versprochene Rotation in der Gefäßchirurgie fehlen!

Amüsanterweise waren Mitarbeiter vom Ruppiner Anzeiger am Vortag, also am 28.09.2011, auf der unfallchirurgischen Station C1 und führten mit einer Kollegin aus Österreich ein Interview über die Weiterbildung österreichischer AbsolventInnen in den RKN.

Mit diesem respektlosen Akt hat sich die Personalabteilung der RKN meines Erachtens entkleidet:
Es geht weder um die AssistInnenweiterbildung noch um Respekt, sondern es geht um die eigenen Interessen, denn im Oktober wurden insgesamt 3 neue KollegInnen angestellt (einer davon ist schon weg).

Nur nebenbei erwähnt: in meinem 2-jährigen Aufenthalt an den RKN habe ich mindestens 30 KollegInnen gehen sehen, freiwillig und unfreiwillig!!! No Comments...



Zusammenfassung:

Kurzfristig gesehen hat man die Möglichkeit, sich an den RKN gut weiterzubilden, da man hier - wie in anderen Kliniken - als frischgebackener Arzt vieles an Erfahrungen sowie Fort- und Weiterbildungen mitzunehmen hat. Dieses geht aber nur solange wie es im Interesse der RKN ist.

Langfristig besteht an den RKN wegen des Dienstsystems nur sehr schlechte Möglichkeiten einer sinnvollen Weiterbildung:

Das Dienstsystem sieht einen Rettungsstellendienst und einen erfahrenen Klinikdienst vor. Ein Dienst besteht aus 12 Stunden-Schicht; wenn man Nachtdienst hat, ist man am Folgetag im Dienstausgleich (Dienstfrei), man kommt zur Nacht, und geht in der Früh nach Hause.
Man arbeitet jedoch nur in der Rettungsstelle und nicht in der Klinik für die man sonst arbeitet. Wenn man im Schnitt 8 Dienste im Monat hat (Tendenz steigend), fehlt man mindestens 16 Tage in der eigenen Klinik. Somit blieb mir als Assistenzarzt in der Thoraxchirurgie nur ein paar Tage, an denen ich thoraxchirurgische Weiterbildung genieße. Dadurch war die Einteilung für Operationen ungenügend.
In anderen Abteilungen führen Oberärzte und erfahrene KollegInnen die simplen Operationen selber durch. Operationen werden Assistenten nicht anvertraut, PJ-lerInnen und FamulantInnen assistieren tagtäglich im OP, während die AssistenzärztInnen auf Station und in die Aufnahme eingeteilt werden.
Eine strukturierte, fundierte chirurgische Weiter- und Ausbildung kann daher nicht erfolgen.
Man wird in der Rettungsstelle geparkt und entwickelt sehr schnell eine Frustration.



Dieser Erfahrungsbericht soll dazu dienen, andere AssistenzärztInnen aufzuklären und zu sensibilisieren, klare vertragliche Regelungen und Vereinbarungen zu treffen, um nicht wie ich in die Irre geführt zu werden.
Das soll nur ein kleiner Beitrag für die Verbesserung unserer Weiterbildung hierzulande sein.

Vielen Dank nochmals an allen, die mich unterstützt und mir ihre Hilfe angeboten haben.



P.S.:
Wer diese E-Mail bekommen hat?! Vertreter und Mitglieder folgender Organisationen und Verbände:
1- Clinotel, Ruppiner Kliniken.
2- Ärztekammern Deutschland, Österreich.
3- Landesgesundheitsamt Brandenburg.
4- Berufsverband Deutscher Chirurgen, Marburger Bund.
5- Med. Uni. Wien, Med. Uni Graz, Med. Uni. Innsbruck.
6- Doc and Doc Österreich.
7- Presse Deutschland, Österreich.
8- Medizinerforen Deutschalnd, Österreich.
9- Sowie ehemalige KollegInnen...



Mit rauchfreien, kinderfreundlichen Grüßen,
Dr. med. univ. Saher Khatib

http://children-ets.blogspot.com/
http://www.ipetitions.com/petition/save_our_children_from_nicotine/

ARIhl
20.11.2011, 09:36
finde ich zum kotzen die ganze Angelegenheit...