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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wer nicht wagt der nicht gewinnt?



aksyd
22.11.2011, 05:25
Hallo liebe Leute,

nachdem ich schon etliche Monate im Forum mitlese, habe ich mir gedacht ich schildere mal meine Situation. Nur mal vorab, ich bin mir bewusst, dass mir keiner von euch die Entscheidung abnehmen kann, Zahnmedizin zu studieren - vielmehr hilft es mir vielleicht selber meine Situation mal nuechtern aufzuschreiben und dient damit sehr der Selbstreflektion.

Entschuldigung auch vorab fuer die nicht vorhandenen Umlaute, ich bin in Australien...

bisheriger Werdegang:
Abi 1.5 (ist eh egal), Wirtschaftsinformatik-Diplom (duales Studium an einer Berufsakademie, zaehlt nicht als Erstststudium :-), daher 14 angesammelte Wartesemester). Nach Studium Taetigkeit bei einer grossen Unternehmensberatung, dann ab nach Australien vor fast 4 Jahren und nun jetzt schon fast Australier (doppelter Staatsbuerger).
Bin nun 28 und bissher sieht man ja dass eigentlich alles rund gelaufen ist und ich mit Sicherheit auch Moeglichkeiten hatte, die nicht jedem offenstehen...nun kommt aber das grosse ABER.
Medizin/Zahnmedizin hat mich nie ganz losgelassen, mein Vater ist selbst Zahnarzt (im Ruhestand, Praxis schon verkauft), mein Grossvater war es auch. Meine Mutter ist Krankenschwester...bin also von Zu Hause aus medizinisch gepraegt worden. Bin aber mit Sicherheit nicht einer der tollen Bonzen-Zahnarztkinder, ganz im Gegenteil - mein Vater hat finanziell so ziemlich grossen Mist gebaut (jaja, die tollen Finanzdienstleister...) und ist da heute noch ziemlich ungluecklich drueber, obwohl er noch die goldenen Zeiten in den 80igern mitbekommen hat. Seine Praxis hatte er auch in einer finanziell eher schwachen Region im Ruhrgebiet, also nix mit vielen Privatpatienten und Zuzahlern. Er hat eher fuer viele Patienten die Bank gespielt.

Nun ja, was mich am Zahmedizinstudium und Beruf vor allem reizt:
1. Die unmittelbare Kommunikation mit Patienten
2. Die Mischung aus Handwerk, Medizin und Aesthetik
3. Die Moeglichkeit sich selbstaendig zu machen und sein eigener Chef zu sein, gleichzeitg unternehmerisch handeln zu koennen und Mitarbeiter zu fuehren (und die damit verbundenen 'Freiheiten')
4. Fortbildungsmoeglichkeiten
5. Last but not least, die Verdienstmoeglichkeiten gegenueber einem Angestelltenverhaeltnis (streitiger Punkt)

Dass ich es direkt nachdem Abitur nicht gemacht habe, haengt vor allem mit meinem Vater zusammen. Er hat mir schon seit dem Jugendalter gesagt, dass Zahnaerzte kaputt gemacht werden und sich das finanzielle Risiko einfach nicht lohnt. Ausserdem hat er sich ziemlich die Augen, Haende und den Ruecken runiert. Heute denke ich, dass es von der finanziellen Seite zwar stimmt, allerdings doch noch meckern auf hohem Niveu ist. Vielleicht wollte er auch nicht, dass ich mich so stark verschulde wie er. Naja...jedenfalls...die gesundheitlichen Aspekte kann ich gut nachvollziehen. Ausserdem lockten da auch noch das duale Studium mit Gehalt von anfang an, praxiserfahrung und kurzer studienzeit. Mit 19 hatte ich wohl kaum die Reife (leider), laengerfristig zu denken...

Ich bin allerdings heute der Meinung, ganz anders als mein Vater, dass sich Zahnmedizin immer noch gut lohnt, und zwar nicht nur von der finanziellen Seite. Man hat die Chance, sein eigenes Unternehmen aufzubauen. Als Angesteller 80-100T zu verdienen ist sehr schwer und mit sehr viel Druck verbunden. Besonders in meinem Bereich ist es nunmal auch so, dass alles sehr abstrakt ist, und man nicht immer weiss, wofuer man es eigentlich gerade tut (ich spare Unternehmen Millionenbetraege an Kosten vs. ich nehmen jemanden seine Zahnschmerzen). Jeder der in Buero geht, weiss was ich meine...man ist einfach nur eine Nummer, ein kleines Rad im Uhrenwerk - und man ist einfach ersetzbar ohne dass es auch jemanden kuemmern wuerde.

Ausserdem, haette ich die Moeglichkeit nach Studium in Deutschland (in Australien komm ich leider nicht rein, da ist es noch viel schwerer als in Deutschland) in Australien eine Gleichwertigkeitspruefung zu machen und mich dann hier als Zahnarzt hier niederzulassen (in Australien herrscht in vielen Regionen noch richtiger Zahnarztmangel, alles wird privat abgerechnet und ich sag mal den Zahnaerzten hier geht es noch richtig gut, die leben definitiv sorgenfreier als in D).

Ist natuerlich kein einfacher Schritt das Ganze...zutrauen wuerd ich es mir schon und ich haette auch wahnsinnig Lust, aber bin mir wirklich unsicher ob ich es wagen soll, nochmal aus meinen 'gefestigen' Leben auszubrechen und die Energie dafuer aufzubringen. Mein Zahnarzt sagt ich soll's machen :-)

Und bitte nehmt mich nicht auseinander (glaubt mir, ich werde taeglich auf der Arbeit schon gengug auseinander genommen ;-)) vonwegen ich sollte mitlerweile wissen, was ich will und was nicht. Manche Menschen sind eben nicht ganz geradelinig, kommen aber trotzdem zum Ziel. Es steht ja auch eine Menge auf dem Spiel...sicherer Job/Verdienstausfall etc.

Wollte nur mal in Forum hineinfragen, was ihr in meiner Situation machen wuerdet. Vielleicht gibt es ja Pro/Kontra Aspekte die mir nocht nicht aufgefallen sind.

Ach ja, und falls ein fertiger Zahnarzt interessiert ist, nach OZ auszuwandern, ich gebe gerne Tipps!:-))

Clara Cecilia
22.11.2011, 07:27
Was soll man dir raten, wir kennen dich nicht, können nicht beurteilen, ob du es dann wirklich durchziehen würdest, wenn du einen Platz bekommst. Wie du selbst schreibst, kannst nur du es entscheiden und beurteilen. Für dich wird es sicher noch mal doppelt schwer, denn du hast dich an ein Leben in Australien gewöhnt und ich könnte mir vorstellen, dass es eine Art Kulturschock wird, hier her zurückzukommen und jeden Tag zur Uni zu gehen und danach in einem Studentenzimmerchen noch bis spät in die Nacht zu büffeln.

Dein Traum in Australien Zahnarzt zu sein, weil dort Zahnärzte finanziell besser da stehen als hier in Deutschland, ist das eine, aber das andere ist der lange Weg, den du gehen musst dafür. Jetzt bist du schon dort und hast eine gute Arbeit, was ist, wenn du nach ein zwei Semestern doch merkst, dass es dir zu schwer wird, du dich nicht so lange da durch quälen willst, kannst du dann so einfach in dein altes Leben zurück ? Wenn ja, dann probiere es, wenn nein, dann wäge auch das Risiko - was wird danach, wenn es schief geht, ich mich nicht wieder einfügen kann in das Leben eines bis in die Nächte büffelnden Student - ab. Damit du nicht nur nachher denkst "ich habe viel gewagt und nichts gewonnen", sondern auch "musste ich Esel unbedingt aufs Eis tanzen gehen".

Wünsch dir bei deiner Entscheidung viel Glück, dass du das richtige für dich tust.

EVT
22.11.2011, 15:59
ich würde es an deiner stelle machen. so alt bist du noch nicht, die wartezeitler sind auch alle mind. 24.
man muss noch so lange arbeiten, da sollte man 100% davon überzeugt sein.
du klingst nicht glücklich mit deiner jetzigen situation und als ob du dich schon für das studium entschieden hättest. was spricht denn eigentlich dagegen? ich finde nicht so viel, so wie du es schilderst.
die alternative wäre, dich mit irgendwas sinnvollem selbstständig zu machen. aber was?
ich würde es auf jeden fall versuchen, sonst ärgerst du dich, dass du es nicht wenigstens versucht hast. es spukt dir ja schon lange im kopf herum.

nur mal aus interesse: warum ist es in australien so schwer reinzukommen? wie ist es da so?
und warum nicht humanmedizin? ;-) bei zm ist die patientenkommunikation doch eher eingeschränkt ;-)

Asclepia
22.11.2011, 16:45
Hallo,
ich würde das Leben in Australien glaube ich nicht aufgeben. Deine Karriere hört sich sehr erfolgreich an und 4 Jahre Australien zeigen, das es dir dort gefällt. Versuche doch einen Platz in Australien zu bekommen, dein Abischnitt ist doch sehr gut (falls der dort so zählt) und wenn Dir das Studium vielleicht doch nicht gefällt hast du nicht schon alles aufgegeben und kannst dort wieder in deinem jetzigen Job und Umgebung anfangen.
Alles hinzuschmeißen, nach D zu kommen und komplett neu anzufangen, soziales Umfeld, Wohnung, Uni etc würde ich nicht machen.

LG, Asclepia

EVT
22.11.2011, 17:05
er hat doch damals auch alles aufgegeben und ist nach australien gegangen. wenn man innerhalb deutschlands (oder auch in australien) zum studieren umzieht, muss man auch komplett neu anfangen.
ich würde mich von solchen bequemlichkeiten nicht hindern lassen. er ist doch relativ ungebunden und flexibel. vllt. will er ja dann doch in deutschland bleiben oder ganz woanders hin.
sein job gefällt ihm nicht, erfolg hin oder her (den definiert auch jeder anders), und nach australien kann er wieder zurückgehen.

aksyd
22.11.2011, 21:40
erstmal danke fuer die Antworten. Ich wuerde es ja liebend gerne hier in Australien probieren (postgraduate dentistry dauert auch nur 4 Jahre hier :-), allerdings kommt man wirklich nicht rein. Mein Abi zaehlt da nur sekundaer, sondern mein wirtschaftsinformatik-diplom (und das war mit 1.9 leider nicht im absoluten spitzenbereich) plus es gibt einen Medizinertest, fuer den die leute sich alleine 6 monate vorbereiten. in australien gibt es auch nur 6 zahnmedizin fakultaeten. also reinkommen ist wirklich sehr hart, gegenueber deutschland ;-)
ausserdem sind die Studiengebuehren mit 45,000 dollar insgesamt auch nicht ohne. (und das ist fuer australier, waere ich international student kostet es 50,000 dollar im jahr (!)

Flexibel bin ich eh, ist ja nicht das erste mal dass ich umziehe. bin mit 19 das erste mal weit weg von zu hause und als quasi seit 8 jahren auf achse :) ausserdem koennte ich mir die uni ja mehr oder weniger aussuchen, wuerde dann nach duesseldorf gehen, in der umgebung hab ich ja bekannte/freunde und familie. koennte sogar umsonst bei meinen eltern wohnen in unserer dachgeschosswohnung...sicherlich waere es ein kulturschock, australien tickt schon ein wenig anders als deutschland. auf der anderen seite hab ich 24 jahre in D gelebt, also wieder einleben muesste auch gehen. bin ein gewoehungstier, komm relativ schnell in neuen umgebungen zurecht (und noch schneller in 'alten' neuen umgebungen ;-)

man weiss ja nie wie das leben so verlaeuft, ich werd estmal noch ein bisschen arbeiten um was geld zu sparen und dann entscheiden. ist ja nicht so dass ich meinen job nicht komplett mag, allerdings sehe ich manchmal nicht den sinn darin es noch 30 jahre zu machen. sicherlich hat man in jedem job seine down-phasen und auch als zahnarzt kann einen eine sinnkrise treffen.

mit lernen hab ich kein problem, im gegenteil. ich bin wissbegierig und wuerd es glaub ich ziemlich in mich hineinsaugen :-)

humanmedizin keonnte ich mir auch vorstellen, allerdings moechte ich nicht ins krankenhaus.

aksyd
30.03.2012, 04:11
So...nachdem mein Vater (Zahnarzt) vor ein paar Monaten gestorben ist und ich lange in Deutschland war, bin ich zurück in Australien, auf die Staatsbürgerschafts wartend und fest entschlossen, ein Studium in Deutschland durchzuziehen. Ich freu mich schon richtig.

Man darf sich sicherlich so einiges von Verwandten und Freunden anhören, mit 29 nochmal ein Studium anzufangen, aber wisst ihr was? Drauf ge*****. Man muss selbst glücklich mit seinen Entscheidungen werden.

Sicherlich werden es 5 harte Jahre, mit dem Ziel vor Augen, eine schöne Praxis in Australien - wird die Motivation schon stimmen :-)

~Amica~
06.04.2012, 09:28
Hey, ich finde deine Einstellung sehr gut!!
Ich denke du weißt worauf du dich einlässt und du solltest es machen! Es wird hart, aber das Leben braucht nunmal Herausforderungen. Man lebt ja nur einmal :-) (sag ich mir immer)
Ich bin 25 und will auch noch Zahnmedizin studieren. Ich stelle mich auch auf die härteste Zeit ein, aber wie du schon sagst, man darf sein Ziel nicht aus den Augen lassen...

Asclepia
11.04.2012, 16:36
@Amica: Kriegen wir denn nun zum WS einen Platz? Was meinst du? Du hattest Rang 508, ich 484 im WS11 :-)

~Amica~
12.04.2012, 18:40
@Asclepia: Ich bin zuversichtlich! Ich denke, dass es klappen wird... ich hoffe es einfach :-) Ich schätze die Auswahlgrenze wird auf 12 Wartesemster gehen mit einem hohen NC, vielleicht 3,5!? (Dann könnte es reichen)Was meinst du?
Wo willst du studieren?

Asclepia
12.04.2012, 19:50
Hi, ich hoffe es wird klappen! Etwas Pessimismus ist dabei, aber eigentlich sollten wir drin sein. Ich denke 12WS bei 3,1-3,2.
Ziel ist Göttingen und bei dir?? Ich freue mich schon total, 6 Jahre Wartezeit ist echt eine lange Zeit...

~Amica~
14.04.2012, 10:12
Ja das stimmt 6jahre sind wirklich eine Lange Zeit. 3,1 oder 3,2 kann auch hinkommen. Dann bin ich jedenfalls drin. :-dance Welchen DN hast du?

~Amica~
14.04.2012, 10:13
Achso, ich möchte nach Münster

aksyd
15.04.2019, 12:49
So, ich wollte mal ein Update schicken: Ich hab noch immer kein Zahnmedizin studiert, da sich immer sehr gute IT Projekte ergeben haben und ich ehrlicherweise sagen muss dass ich da gegenüber ZM den Weg des temporär geringsten Widerstandes gegangen bin. Ich war bis 2014 in Australien, habe 2013 angefangen als freelancer zu arbeiten und bin dann 2015 in die Schweiz umgezogen. Jetzt habe ich gerade frei und versuche seit Anfang des Jahres in Deutschland ein Projekt zu finden (tut mal gut wieder in der alten Heimat zu sein). Die ganze Jahre war ich ziemlich abgelenkt, habe auch auch ganz gut verdient und gespart, ZM ist nie ganz aus meinem Kopf verschwunden und jetzt in der freien Zeit kommen die Gedanken umso mehr wieder.

Jedenfalls stelle ich mir die Frage, ob ich als 41-42 jähriger ZM-Absolvent überhaupt noch eine Assistentenstelle irgendwo bekomme? Die Situation sieht ja nicht so aus wie bei den Humanmedizinern :) Da Thema Praxis in Deutschland ist jedenfalls abgehackt, für eine so grosse Investition als mitte 40 jähriger wäre ich zu alt und die Risiken zu gross.

Aber man kann ja auch als angestellter ZA mit Umsatzbeteiligung nicht verhungern und Australien bliebe dann auch noch eine Option.

stabbi89
16.04.2019, 21:21
Hey, schön zu hören, dass alles so gut läuft. Aber mach dir mal keine Sorgen bezüglich deine Assistenzstelle. Wenn du für Zahnmedizin brennst, mach es. Bei uns hat gerade ein 50jähriger angefangen:-dance. Keine Scheu, verwirkliche dein Traum!