PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Viren und Bakteren versuchen gar keine Krankheiten - Wie diese Aussagen widerlegen?



Seiten : [1] 2

DocEmmetBrown
09.01.2012, 18:20
Mehr durch Zufall bin ich heute bei einer Recherche in einem Forum für Impfgegner gelandet. Dort wird regelhaft die Hypothese vertreten, weder Viren noch Bakterien seien für die Entstehung von Krankheiten verantwortlich und Antikörper entsprechend wirkungslos. Begründet wird dies bei Viren dadurch, dass es angeblich nie gelungen sei, gleichartige Viren zu isolieren und nachzuweisen, dass diese die jeweilige Krankheit wieder auslösen. Was die Wissenschaft als von den infizierten Zellen produzierte Viruspartikel beschreibt, wird hier als normale Zellfunktion als Folge der Erkrankung und nicht als dessen Ursache gesehen.

Jetzt kann es einem ja im realen Leben durchaus passieren, solche Meinungen auch von Patienseite zu hören. Auch war mir bisher unbekannt, dass es über diese Frage einen Diskonsens irgendwelcher Art gäbe. Leider fällt es mir gar nicht so leicht, diese Aussagen haarklein zu widerlegen, wenn ich dies jetzt tun müsste. Aus Mibi/Viro sind mir die (modernen) Henle-Koch-Postulate ja eigentlich als Grundlage der Mikrobiologie und Virologie im Gedächtnis geblieben, die ja genau diese Ursache-Wirkungs-Beziehung als Grundlage dafür beschreiben, überhaupt irgendein Bakterium als Erreger für eine Krankheit bezeichnen zu dürfen. Auch ist es doch beispielsweise in Tierversuchen ein übliches Verfahren, beispielsweise die Versuchstiere mit isolierten Hepatitis-Erregern zu infizieren und dann auch wieder deren Erkrankung zu beobachten.

Da meine Kenntnisse in experimenteller bzw. theoretischer Mibi/Viro nicht so herausragend sind, würde es mich freuen, falls ihr euch ein wenig dazu äußern könntet, wie man mit solchen Patienten umgehen kann und welche Argumente es gibt, mit denen man diese Theorien wissenschaftlich entkräften kann.

Logo
09.01.2012, 18:36
Man braucht mit diesem Menschen meist nicht zu diskutieren bzw. erörtern. Zwecklos.
Glaube (http://de.wikipedia.org/wiki/Glaube) vs. Wissen (http://de.wikipedia.org/wiki/Wissen)

Aber ich bin auf die knappen Darlegungen der Kollegen hier sehr gespannt :-)

WackenDoc
09.01.2012, 18:45
Kann es sein, dass wir auf der gleichen Seite waren? (schau mal in den "gestresste Assistenzärzte"-Thread)

Wenn du siehst, wie auf solchen Seiten diskutiert wird und auf fachlich fundierte und recht neutrale Beiträge von Kollegen, die sich der Herausforderung stellen, reagiert wird, dann wirst du schnell merken, dass eine entsprechende Diskussion nur Verlust von Lebenszeit ist.

Wie Logo schon schrieb: Da geht es Wissen(schaft) gegen Glaube

Ist so ein bischen, wie die "Vitaminwurst"-Tante auf RTL II.

Wenn du an solche Patienten gerätst: Auf keine Diskussion einlassen. Einfach ausführlich über Konsequenzen aufklären und gut dokumentieren.Behandlungsablehnungen unterschreiben lassen. Ggf die Frage, warum man dann zum Arzt geht, wenn man alle Behandlungen ablehnt. Wenn Kinder gefährdet werden ggf. Jugendamt einschalten.

Lizard
09.01.2012, 19:22
Ich habe schon oft versucht mit solchen Leuten zu diskutieren. Letztlich habe ich es aufgegeben, da es wirklich überhaupt nichts bringt.

Ich werde es so wie WackenDoc halten. Aufklären, dokumentieren und bei Gefährdung von Kindern Behörden einschalten.

Grüße

Lizard

WackenDoc
09.01.2012, 19:41
Zum Glück hab ich ein Klientel, was meist von Hause aus nicht so drauf ist.(Meine Krankenhauszeiten sind ja vorbei) Im Rettungsdienst würde ich es aber genauso machen: Wenn ein Patient was nicht will, wird er über die Folgen aufgeklärt, wenn er dann immer noch nicht will, dann halt nicht. Ich bin nicht deren Babysitter.
In einem mir persönlich bekannten Fall wurde ein Rekrut entlassen, weil er sich nicht gegen Tetanus und Diphterie impfen lassen wollte.

DocEmmetBrown
09.01.2012, 19:57
@WackenDoc
Hab mal in den AÄ-Thread geschaut. Wir waren wirklich in dem selben Forum. Gibt es unter Mikrobiologen/Virologen denn irgendein, vielleicht auch nur in der Theorie vorhandenes Problem, Viren/Bakterien als Auslöser für Krankheiten lückenlos nachzuweisen, auf das sich dann die Impfgegner stürzen?

Brutus
09.01.2012, 20:09
Zum Glück hab ich ein Klientel, was meist von Hause aus nicht so drauf ist.(Meine Krankenhauszeiten sind ja vorbei) Im Rettungsdienst würde ich es aber genauso machen: Wenn ein Patient was nicht will, wird er über die Folgen aufgeklärt, wenn er dann immer noch nicht will, dann halt nicht. Ich bin nicht deren Babysitter.
In einem mir persönlich bekannten Fall wurde ein Rekrut entlassen, weil er sich nicht gegen Tetanus und Diphterie impfen lassen wollte.
Wie geil ist das denn? Funktionierte das schon damals? Ich meine mal unter uns Gebetsbrüdern... Schei$$ auf Zivildienst und Wehrdienst, ich laß mich einfach nicht impfen??? Ich kann mich nicht wirklich dran erinnern, aber ich bezweifle, dass ich damals (1994) gefragt wurde, ob ich mich impfen lassen will. Da kam jemand in grün und dann war gut. Gleiches galt für die Blutentnahmen am Anfang...
Weil DAS wäre ja eine geschickte Art gewesen, die Wehrpflicht zu umgehen. :-))

WackenDoc
09.01.2012, 20:22
Ne, Brutus: Bei den Wehrpflichtigen hat man das anders gehandhabt. Wir sprechen hier von Freiwilligen, die ja zu uns WOLLEN.
Inzwischen klären wir aber auch auf. An sich muss der Patient nur unterschreiben, dass er verstanden hat, was drin steht. Eigentlich müsste er noch nichtmal einwilligen, da es sich bei uns ja um Pflichtimpfungen handelt. Wir haben aber den Grundsatz, dass wir Patienten vom Sanitätsdienst aus nicht zwingen, sich impfen zu lassen, sondern dass eine Weigerung dann das Problem des Disziplinarvorgesetzten ist. Von dem her lassen wir sie auch einwilligen, wenn sie denn einverstanden sind. Ab und zu unterschreiben die tatsächlich nur, dass sie aufgeklärt wurden, nicht aber dass sie einwilligen, lassen sich aber impfen-auch das ist möglich. Damit machen sie klar, dass sie es nur aufgrund der Pflicht machen lassen.
Die meisten sind allerdings recht impfwillig. Gibt nur ab und zu Ablehnungen für die Grippeschutzimpfung. Da ist der Dienstherr allerdings recht kulant, was die disziplinaren Folgen angeht.

@DocEmmet: So weit ich weiss, sehen nur die Impfgegner das Problem des fehlenden direkten Nachweises. Unter echten Fachleuten hab ich allerdings noch nichts in die Richtung gehört. So Dinge wie PCR (die ja von Hardcoreimpfgegnern ja weder verstanden noch akzeptiert werden, s. auch die HIV-Diskussion) gelten als allgemein anerkannt. Da das aber nicht mein Fachgebiet ist, hab ich mich mit den Details nicht befasst.

epeline
09.01.2012, 20:30
Wenn Kinder gefährdet werden ggf. Jugendamt einschalten.

wann zählt das kind denn als gefärdert?
auch, wenn die tetanus-impfung untersagt wird? also, ich für mich finde das verantwortungslos, aber reicht das echt für den amts-anruf?

WackenDoc
09.01.2012, 20:41
So wie ich es in besagtem Forum mitbekommen habe, wird wohl nicht eingeschritten, wenn die Eltern die normalen planmäßigen Impfungen verweigern.
Bei fehlendem Impfschutz und einer Verletzung, die immerhin so schwer ist, dass sie einem Arzt vorgestellt ist, ist das wohl was anderes.
Anruf schadet wahrscheinlich nichts (mit Kindern hab ich allerdings kaum Erfahrung)

Geht aber nicht nur um Impfungen, sondern auch um andere Therapiemaßnahmen wie Antibiotika.

Vielleicht können THawk oder einer der Chirurgen was dazu sagen.

Logo
09.01.2012, 20:42
Gerade Tetanus empfinde ich bei Kids als wichtig...
Wobei Tetanus-Prophylaxe -glaube ich- von den Gegner noch am ehsten toleriert wird. Meist sind die "harmlosen, abhärtenden Kinderkrankheiten" ja das größere Problem. Sofern zumindest mein bisheriger (beschränkter) Erfahrungsschatz...

WackenDoc
09.01.2012, 20:46
Auf der Seite war das Argument gegen Tetanusschutz bei Kindern, dass das eine Erkrankung sein soll, die bei uns nur bei alten Leuten vor kommt. Außerdem seien in den Impfstoffen ja ganz gefährliche sonstige Stoffe (Nervengifte blabla). Also ist es ja unverantwortlich ein Kind zu vergiften wegen einer Impfung gegen eine Krankheit die es eh nicht bekommt weil zu jung/die es nicht bekommt, weil zu wenig Keime in der Erde/die es gar nicht gibt/die das Immunsystem alleine geregelt bekommt (sucht euch was aus)

Rico
09.01.2012, 21:07
Ist doch alles blablabla von Leuten ohne sonstige Probleme.

Ich frag mich ja echt, wer von denen tatsächlich den Schneid hätte, sich z.B. 20ml Blut injizieren zu lassen von jemandem mit HepC oder HIV mit hoher Viruslast. Wenn's angeblich kein infektiöses Agens gibt, dann müsste das ja völlig ungefährlich sein.
Oder einen kräftigen Schluck Noro-Erbrochenes... :prost:

Wenn's zum Schwur kommt, dann kommen sie eh wieder angekrochen. Wie damals bei H1N1... erst sich nicht impfen lassen wollen ("Kann das Immunsystem schon alleine regeln... blabla...besser 'natürliche' Abwehrkraft") und dann aber ans Beatmungsgerät wollen, wenn die Sättigung unter 70% geht... sowas von inkonsequent. :-nix

Michael72
09.01.2012, 21:32
Oder einen kräftigen Schluck Noro-Erbrochenes... :prost:

10(!) Viruspartikel genügen für eine Infektion. Mit einem kräftigen Schluck kann man theoretisch eine ganze Stadt lahmlegen...

FataMorgana
09.01.2012, 21:37
@WackenDoc
Hab mal in den AÄ-Thread geschaut. Wir waren wirklich in dem selben Forum. Gibt es unter Mikrobiologen/Virologen denn irgendein, vielleicht auch nur in der Theorie vorhandenes Problem, Viren/Bakterien als Auslöser für Krankheiten lückenlos nachzuweisen, auf das sich dann die Impfgegner stürzen?

Nun, die Henle-Kochschen Postulate in ihrer ursprünglichen Form verlangen ja eine Reinkultur des Erregers. Eine klassische Reinkultur (d. h. auf unbelebten Nährmedien) lässt sich aber nur bei Bakterien und Pilzen erzielen, nicht hingegen bei Parasiten, Viren oder gar Prionen. Darauf reiten Impfspinner z. B. gerne herum.

Brutus
10.01.2012, 10:21
wann zählt das kind denn als gefärdert?
auch, wenn die tetanus-impfung untersagt wird? also, ich für mich finde das verantwortungslos, aber reicht das echt für den amts-anruf?
Naja, zum Einen finden diese Eltern ja immer wieder einen "Arzt", der genauso verquer denkt wie sie. Es gibt ja auch genügend Literatur von "Ärzten", die sich mit dem Thema schlimme Impfungen auseinandersetzen (dies hier kann man sich in einer ruhigen Minuten mal durchlesen, da findet man auch die ganzen Argumente der Kritiker, schön sauber zerlegt von Leuten, die sich zumindest damit auskennen: http://www.pharmamafia.com/).
Zum Anderen ist die alleinige Verweigerung einer Impfung noch kein Grund, das Jugendamt einzuschalten. Allerdings wenn diese Eltern dann mit den Kindern zu sog. Masernpartys o.ä. gehen, dann wäre der Zeitpunkt gekommen...
Wir hatten mal den Fall, dass Eltern einer Chemo / OP bei einer Tumorerkrankung widersprochen haben. Das ging dann auch mit Jugendamt und Gericht vonstatten.

epeline
10.01.2012, 19:42
danke für den link! @brutus

und natürlich auch für die antwort ;-)

Brutus
13.01.2012, 10:20
Viren und Bakteren versuchen gar keine Krankheiten - Wie diese Aussagen widerlegen?

Ist jetzt vll. nicht direkt eine Antwort auf die gestellte Frage, aber so eine ähnliche Aussage hat mich auch mal sprachlos werden lassen:
In einem Altenpflegeheim sollten wir eine beatmete Patientin zum DK-Wechsel abholen und ins KH bringen. Gemeldet war: Heimbeatmung, MRSA. Also haben wir uns vor dem RTW erstmal "schick" gemacht, quasi Vollverkittelung. Dabei haben wir schon die Pflegekräfte im Büro bemerkt, die sich von Lachen krümmten. In dem Zimmer war dann auch noch eine Pflegekraft, die uns kräftig zur Hand ging, OHNE Kittel, Haube, Mundschutz oder Handschuhe. Auf meinen Einwand, ob sie nicht auch zumindest Handschuhe und Kittel anziehen wolle, antwortete sie: Och wissen Sie, wir haben hier so oft Kontakt zu den Bewohnern, das lohnt sich überhaupt nicht mehr... --> Ich wusste wirklich nicht, was ich dazu noch sagen sollte...

Nachmittags der Rücktransport, andere Pflegekraft, diesmal zumindest mit Handschuhen. Im KH hatten wir erfahren, dass beim letzten Aufenthalt 2 der 3 Abstriche negativ waren, das Heim sie aber trotzdem weiter als MRSA einstuft. Auf meine Nachfrage diesbezüglich: Ach ja... Wir streichen die Bewohner EINMAL ab, wenn sie zu uns kommen. Danach sind sie entweder positiv oder negativ. - Ja und? Werden denn die Kontrollen durchgeführt? - Nöö, das ist zu teuer. - Aber waschen tut ihr sie doch mit Octinisept, oder? - Jaja. Wir machen alles wie im KH, nur kontrolliert wird eben nicht mehr...

Also, wenn selbst "Fachpersonal" so mit den Keimen umgeht und argumentiert, dann höre ich auch zu diskutieren. Denn dafür ist mir die Zeit definitiv zu schade.

Feuerblick
13.01.2012, 12:30
Das ist wohl ein Grund dafür, dass es Häuser gibt, die Patienten aus Altenheimen grundsätzlich isoliert legen bis die MRSA-Abstriche vorliegen... :-nix Und dann heisst es immer, die Hygiene in den Krankenhäusern sei das Problem :-wand

Evil
13.01.2012, 12:30
Also, wenn selbst "Fachpersonal" so mit den Keimen umgeht und argumentiert, dann höre ich auch zu diskutieren.
Vorsicht! Gerade bei MRSA ist die Datenlage zur Isolation und Schutzmaßnahmen mit Kittel usw weniger eindeutig, als die DGKH uns glauben machen möchte. Wichtig ist in erster Linie korrekte Händedesinfektion vor und nach Patientenkontakt, alle anderen Maßnahmen sind in ihrer Wirksamkeit nicht wirklich belegt.
-> Link (http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=kappstein%20mrsa&source=web&cd=2&ved=0CDEQFjAB&url=http%3A%2F%2Fwww.kliniken-suedostbayern.de%2Ffiles%2Fpdf_temporaer%2FMRSA_Er gebnisse_aus_9_Jahren_mit_Standardhygiene_statt_Is olierung.pdf&ei=uxIQT8KzFuTP4QSI7oHgAw&usg=AFQjCNF_f2P0XNDe5wE2St99JDUthv54YA)