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Freund der Medizin
10.01.2012, 22:35
Es gibt bei der Therapie einer Krankheit zum einen den Arzt mit seinem abgeschlossenen Medizinstudium und auf der anderen Seite all die Berufsgruppen, die die Therapie durch ihre Erkenntnisse überhaupt erste ermöglichen: da wären vor allem die Molekularbiologen (nach einem Studium der Molekularen Medizin, Humanbiologie etc.).

Obwohl sowohl der Arzt, als auch der Molekularbiologie an dem gleichen Ziel arbeiten, gehen die Ausbildungswege doch relativ früh auseinander.

Der Medizinstudent schlägt sich mit Histologie und Physiologie herum, was der Molekularbiologie in seiner Ausbildung nicht mit einem expliziten Lehrbuch erfährt. Er lernt dagegen eine viel gründlichere Zellbiologie - und zwar schon sehr früh im Gegensatz zum Mediziner.

Würdet ihr der These zustimmen, dass man diese ähnlichen Studiengängen nicht viel stärker harmonisieren müsste in Bezug auf Lehrbücher, Lehrveranstaltungen und Ausbildungsverlauf?

Elena1989
10.01.2012, 22:46
Nein, finde ich nicht. Ich versteh auch ganz ehrlich deine Argumentation nicht? Warum denn?

Kann jetzt natürlich nur aus persönlicher Erfahrung sprechen, aber mir persönlich, als jemand, der nicht das geringste Interesse daran hat, später mal forschend tätig zu werden, genügt der Molekularbiologische und naturwissenschaftliche Anteil am Studium.

Klar ist das ein wichtiger Aspekt, aber es gibt auch noch andere Fächer. Und ich denke, dass die Grundlagen, die man vermittelt bekommt durchaus ausreichen um medizinische Vorgänge und Wirkungsweisen von Medikamenten zu verstehen und auch anzuwenden.

Und wenn man definitiv in die Forschung will, kann man sich das fehlende Wissen noch aneignen oder ein - eventuell besser geeignetes - anderes Studium wählen. :-meinung

Und nur weil Molekularbiologen und Mediziner das gleiche "Ziel" haben, wie du es nennst, gehen die Arbeitsweisen (wenn ich jetzt mal den klinisch arbeitenden Arzt und den im Labor arbeitenden Molekularbiologen vergleiche) doch etwas auseinander....

LG
Elena

Coxy-Baby
10.01.2012, 22:46
Ähm nein, denn was für eine Konsequenz im klinischen Alltag hat denn das genaue Wissen um alle möglichen molekularbiologischen Grundlagen?

bipolarbär
10.01.2012, 23:11
Molekularbiologen "ermöglichen" nicht nur Therapien (was ich jetzt mal unkritisch so stehen lasse), sondern machen noch haufenweise andere tolle Sachen, wie kugelsichere Haut aus Spinnenweben züchten oder im Dunkeln leuchtende Aquariumfische. Sie erhalten also eine weitaus weit gefasstere Ausbildung, während Medizinstudenten das bekommen, was sie an Grundlagen auch brauchen, und das ist alles andere als wenig. Was ich vermisse, sind mehr Laborpraktika, in denen man sich Wissen aneignet und anwendet.

Bist du mit deinem Studiengang unzufrieden?

Freund der Medizin
10.01.2012, 23:26
Es gibt einfach keine zusammenhängende molekularbiologische Ausbildung im Medizinstudium. Das, was man in dieser Grundlagenwissenschaft lernt, ist völlig verstreut über:
- Biologie (die paar Wochen "für Mediziner"!)
- die Einleitungskapitel in einem Histo-Buch
- Auffrischungskapitel in anderen Fächern

Warum wäre es wichtig, dass man mehr Wert legt auf Molekularbiologie?
1. Um den medizinischen Fortschritt besser zu verstehen
2. Um die Grundlage für wissenschaftliches Arbeiten zu legen. Ein Mediziner muss auch in der Lage sein, Fragen zu stellen und darüber nachdenken, wie man diese beantworten kann. Die so essentielle Molekularbiologie bietet dafür den Grundstein.



Und wenn man definitiv in die Forschung will, kann man sich das fehlende Wissen noch aneignen oder ein - eventuell besser geeignetes - anderes Studium wählen.
Nein, denn bei bestimmten Themen ist das Zusammenspiel von Forschung und klinischer Arbeit produktiver als nur Forschung.

Coxy-Baby
10.01.2012, 23:33
...ich rate einfach mal.....du studierst NICHT Medizin.

Freund der Medizin
10.01.2012, 23:36
Können wir wieder zur Diskussion zurückkehren? Danke.

Feuerblick
10.01.2012, 23:38
Wer die Zusammenhänge so tiefgehend verstehen will, der kann sich doch problemlos zusätzlich damit beschäftigen. Aber die meisten wollen nicht forschen, sich nicht in tiefste Tiefen mit Grundlagen beschäftigen... dafür ist im Praxisalltag auch keine Zeit. All denen (also der überwiegenden Mehrheit) reichen die im Studium vermittelten Grundlagen. :-nix

kra-
10.01.2012, 23:52
Ich finde der Molekularbiologieanteil in der Vorklinik war schon recht groß! Himmel, was hab ich in Biochemie für ein Zeug in mein Hirn geprügelt... nie wieder gebraucht! Sicher wäre es nicht falsch hier und da mehr zu wissen, aber man setzt so auch ganz leicht die falschen Schwerpunkte. Jeder hält "sein" Fach für besonders wichtig und will es möglichst stark repräsentiert sehen; wirklich durchziehen können das meist aber leider nur die Fachgebiete, die mäßigen bis keinen Patientenkontakt (und somit mehr Zeit für die Lehre) haben: ich glaub ich hab 1,5w lang Orthopädie gehabt, je 1w HNO und Auge und drei Tage (!) MKG - im Gegensatz dazu stehen unzählige Humangenetikvorlesungen und -seminare, deutlich mehr Umwelt- und Arbeitsmedizin als nötig etc...
Ne danke, mehr MolBi brauch ich nicht. Da sind erstmal andere Fächer dran.

Zwäähn
10.01.2012, 23:56
Jetzt mal eine Meinung von jemandem, der Medizin studiert und definitiv in die Forschung will:

Klar, wär es schön wenn alle Ärzte mehr Ahnung von molekularbiologischen Grundlagen hätte. Wissen hat noch keinem geschadet. Aber man braucht es halt in der Praxis nicht. Und warum soll sich dann jemand, der sich kein Stück für Forschung interessiert, damit beschäftigen? Immerhin bietet auch die "praktische" Schiene genügend Stoff, um die 6 Jahre Studium mehr als genug zu füllen.

Das eigentliche Problem ist doch eher, das eine friedliche Koexistenz von angehenden Wissenschaftlern und Praktizierenden von beiden Seiten aus immer wieder in Mitleidenschaft gezogen wird, aus Neid oder was weiß ich warum...

Und, wie hier schon oft erwähnt wurde: Die Grundlagen kann man sich auch gut selber beibringen, bzw. muss es sogar, wenns dann an ne Promotion geht. Denn das, was man mit ein wenig Engagement in einer (kompetenten) Arbeitsgruppe lernen kann, kann einem keine Univeranstaltung bieten...

kra-
11.01.2012, 00:01
@Freund der Medizin: weißt du denn, was ein Mediziner so alles an MolBi lernen muss? Findest du das wirklich nicht ausreichend? Falls nein, wirf mal einen Blick in die "Duale Reihe Biochemie": 240 Seiten nur MolBi. Welche Inhalte vermisst du?

Zwäähn
11.01.2012, 00:11
Abgesehen mal davon frag ich mich, warum ausgerechnet die Molekularbiologie hier als Krone der Forschung hingestellt wird?!

Es gibt noch genug andere Bereiche, die in der Forschung up to date sind, und über die man als Praktiker beim besten willen nichts wissen braucht.
Nichts für ungut, aber Zellbiologie ist nicht Molekularbiologie. Und die Proteomics fühlen sich sicher auch schon benachteiligt, und und und...

Kackbratze
11.01.2012, 06:07
Wenn es darum geht, von der späteren klinischen Arbeit abzulenken, gibt es Tausende von Vorschlägen, wie man das Studium weiter theoretisieten und von "Medizin" wegführen kann. (mehr Ethik, MolMed, mehr Genetik, etc).
Und wenn dann am Ende endgültig klinisch unwirksame Ärzte das Studium beenden, will es keiner gewesen sein.

Warum wird Medizintechnik und Physiotherapie nicht auchnoch ein eigener Prüfungsblock und ausgedehnter GK gegönnt? Ist doch auch wichtig...

papiertiger
11.01.2012, 08:05
Warum wird Medizintechnik und Physiotherapie nicht auchnoch ein eigener Prüfungsblock und ausgedehnter GK gegönnt? Ist doch auch wichtig...


Mitunter für die Arbeit sogar relevanter..

Miss_H
11.01.2012, 09:12
Nichts für ungut, aber Zellbiologie ist nicht Molekularbiologie. Und die Proteonomics fühlen sich sicher auch schon benachteiligt, und und und...

Proteomics ist doch auch Molekularbiologie

zum Thema: Ich persönlich habe keinen Bedarf mehr an Molekularbiologie. Und ich glaube es bringt auch nicht so viel. Da sollte man doch eher den Mediziner beibringen wie man die Forschungsergebnisse zu deuten hat. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es eine Studie war, aber einige Mediziner informieren sich wohl noch über die Heftchen von Pharmafirmen und co. Jeder Arzt sollte in der Lage sein wissenschaftliche Paper zu lesen und interpretieren.

Healix
11.01.2012, 09:13
ich glaub ich hab 1,5w lang Orthopädie gehabt
Das finde ich obszön viel, wo bleibt denn da das Grundlagenwissen? Wir hatten stabile drei Nachmittage Orthopädie. Auch sehr begrüßenswert fand ich es, dass die Urologie sich mit zwei halben Tagen begnügte, das interessiert doch später eh keine Sau mehr.
Besonders schön wird es dann, wenn man merkt, wie sehr das deutsche Examen von kleinen Popelfächern zugemüllt wird. Sozialmedizin, Medizingeschichte.. Im USMLE Step 2 CK werden auch nur relevante klinische Fächer abgeprüft, und die Leute sind merkwürdigerweise weder Fachidioten noch schlechte Forscher.

Kackbratze
11.01.2012, 12:15
von kleinen Popelfächern zugemüllt wird

Jedes Fach hat seine Berechtigung und wir haben in Deutschland den Vorteil, dass wir in unserer medizinischen Ausbildung eine gewaltige Basis bekommen.
Klar, Fächer wir Sozialmedizin oder auch die hier angesprochene Urologie sind nicht jedermanns Sache, ABER man sollte darüber Bescheid wissen, was es da wo gibt, damit man im Zweifelsfall auch weiss, wo man wen ansprechen muss, damit das entsprechende Problem gelöst wird.
Und über die "Fachidiotie" der Amerikaner gibt es schon Threads und auch genug Berichte, nur auf Grund des USMLE Step2 festzulegen, dass die amerikanische Ausbildung keine Fachidioten und keine schlechten Forscher hervorbringt, ist ziemlich weltfremd.

Colourful
11.01.2012, 12:41
Ich finde der Molekularbiologieanteil in der Vorklinik war schon recht groß! Himmel, was hab ich in Biochemie für ein Zeug in mein Hirn geprügelt... nie wieder gebraucht! Sicher wäre es nicht falsch hier und da mehr zu wissen, aber man setzt so auch ganz leicht die falschen Schwerpunkte. Jeder hält "sein" Fach für besonders wichtig und will es möglichst stark repräsentiert sehen; wirklich durchziehen können das meist aber leider nur die Fachgebiete, die mäßigen bis keinen Patientenkontakt (und somit mehr Zeit für die Lehre) haben: ich glaub ich hab 1,5w lang Orthopädie gehabt, je 1w HNO und Auge und drei Tage (!) MKG - im Gegensatz dazu stehen unzählige Humangenetikvorlesungen und -seminare, deutlich mehr Umwelt- und Arbeitsmedizin als nötig etc...
Ne danke, mehr MolBi brauch ich nicht. Da sind erstmal andere Fächer dran.

Hast du in HH studiert? Ich hatte auch mehr Umwelt- und Arbeitsmedizin als alles andere - zumindest gefühlt.

DocEmmetBrown
11.01.2012, 13:22
Also für mehr Molekularbiologie sehe ich auch nicht den Sinn eines Studiums, dass primär für eine klassisch ärztliche Tätigkeit ausbilden soll. Frage mich aber auch, ob es wirklich sinnvoll ist, Mediziner für Forschung im Labor einzusetzen, eben weil diese Arbeits- und Denkweise bei den klassischen Naturwissenschaftlern doch von Grund auf gelehrt wird.

Wenn ein nicht-klinisches Fach mehr Beachtung bedürfe für die spätere Tätigkeit, dann würde ich da eher Statistik deutlich ausweiten. Während die wenigsten Ärzte ja später forschen werden, hat selbst der Hausarzt ja noch damit zu tun, aus irgendwelchen Studien Informationen für sich herauszuziehen. Und mit den Biometrie Seminaren bekommt hier ja eigentlich nur einen rudimentären Überblick, wenngleich es doch bestimmt sinnvoll wäre, hier wirklich gut ausgebildete Mediziner zu haben, die veröffentlichte Studien und Statistiken auch im Detail zu deuten wissen, ohne noch mal in Eigenregie sich Statistik aneignen zu müssen.

Evil
11.01.2012, 13:37
Ich ziehe mal den Vergleich zu den Ingenieurwissenschaften: so, wie in der Medizin ja alles irgendwie auf Molekularbiologie beruht, so ist ja in der Physik alles irgendwie Quantenmechanik. Ergo müßte der Anteil der Quantenmechanik in allen Ingenieurstudiengängen ebenfalls deutlich erhöht werden, denn Häuser, Brücken und Autos bestehen ja auch hauptsächlich aus Quanten :-))

Aber mal ernsthaft: ein Maschinenbauer braucht bei der Konstruktion eines Getriebes genausoviel quantenmechanisches Detailwissen wie ich Molekularbiologie bei der antihypertensiven Einstellung oder der notfallmedizinischen Versorgung eines Verkehrsunfall-Patienten. Wir sind hauptsächlich Anwender, keine Grundlagenforscher, und man kann (leider) nicht alles vollständig verstehen, was man benutzt. Oder kann der Threadersteller sich selber ein funktionierendes Handy oder Auto bauen?