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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Von der Neurologie zur Neuropädiatrie



Chamu
11.02.2012, 11:41
Ich stehe kurz vor dem Facharzt für Neurologie. Insgesamt bin ich mit dem Fach Neurologie sehr zufrieden. Was mich aber in der Erwachsenenneurologie abschreckt ist die Tatsache das viele der Patienten hochbetagt sind, insbesondere in der Schlaganfallbehandlung. Das macht mir einfach keinen Spaß mehr. Schon seit längerem liebäugele ich daher mit dem Gedanken mich mit der Neuropädiatrie zu beschäftigen. Auch früher hat mich die Pädiatrie immer sehr interessiert. Leider ist es in Deutschland ja so, dass die Neuropädiatrie Teilbereich der Pädiatrie ist. Es erscheint mir also ein sehr langer Weg zum Neuiropädiater. Hat jemand Erfahrungen oder Ideen wie man diesen Weg am besten gehen kann?

psycho1899
11.02.2012, 16:10
Wenn ich's richtig kalkuliere, bräuchtest du Minimum noch weitere 6 Jahre...

5 Jahre allgemeine Pädiatrie + 3 Jahre Neuropädiatrie.
Die 5 Jahre kannst Du um 6 Monate durch Neuro/Psych reduzieren = 4,5 J

Von den 3 J Neuropädiatrie kannst Du 1 J bereits während Deiner Ausbildung zum Pädiater ableisten. Dazu kommen noch mal 6 M Neurologie (nur? wow), die man anrechnen kann... = 1,5 J

Idealerweise also

3,5 Allg. Pädiatrie, dann Rotation in Neuropäd für 2,5 J. Dann wärst Du FA für Neurolgie, Pädiatrie und Neuropädiatrie.... dann noch 3 Jahre Psychiatrie am besten und Du bist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Pädiatrie und Neuropädiatrie :pp

THawk oder andere Päds mögen mich korrigieren, falls ich mich mit der Interpretation der WBO irren sollte...

Willst Du Dir das echt noch mal 6 Jahre geben? Ich stehe selber kurz (noch 10,5 M Psychiatrie) vorm FA für Neurologie und könnte mir ehrlich gesagt noch weitere 6 Jahre Assistenzarzt nicht mehr so wirklich vorstellen. Ist sicherlich ein sehr spannendes Fach, vor dem ich (wie der Pädiatrie generell) sehr großen Respekt habe... aber gerade in der Neuropädiatrie hatte ich doch häufig den Eindruck, dass die Patienten sehr krank und die Prognose häufig von Beginn an sehr bescheiden war. Schwer behinderte Kinder mit therapierefraktären Epilepsien etc. Naja, jeder, wie er's mag, mein Fall wäre es nicht. Ich finde das Patientenkollektiv in der Neuro vom Alter relativ breit gefächert, insb. im Vergleich zur Inneren Medizin.

Ersa
11.02.2012, 23:03
Mit den Zeiten hat psycho sicher recht, schneller wird´s kaum gehen. Aber eine Lanze muss ich dann doch noch mal für die Neuropädiatrie brechen:


aber gerade in der Neuropädiatrie hatte ich doch häufig den Eindruck, dass die Patienten sehr krank und die Prognose häufig von Beginn an sehr bescheiden war. Schwer behinderte Kinder mit therapierefraktären Epilepsien etc. Naja, jeder, wie er's mag, mein Fall wäre es nicht. Ich finde das Patientenkollektiv in der Neuro vom Alter relativ breit gefächert, insb. im Vergleich zur Inneren Medizin.

Das stimmt so nicht. Sicher sind die behinderten Kinder ein Teil des Patientengutes, aber sich nicht Alles. Die kindlichen Epilepsien sind absolut vielfältig. Während bei den Erwachsenen die Frage nur ist fokal oder generalisiert, haben wir die Schublade voller verschiedener Epilepsiesyndrome. Und: die meisten davon heilen im Verlauf aus. Und selbst bei den schwer behinderten Kindern kann man viel bewegen, sowohl Patienten als auch Eltern sind da sehr dankbar.

Chaoskätzchen
12.02.2012, 07:45
In der Schweiz ginge es noch etwas schneller..

Pädiatrie: Insgesamt 5 Jahre - 1 anrechenbares Fremdjahr Neurologie = 4 Jahre
Neuropädiatrie: Insgesamt 3 Jahre - 1 Jahr während der Facharztausbildung - 1 notwendiges Jahr Erwachsenen-Neurologie

d.h. in 5 Jahren hast Du den Pädiater und Neuropädiater

magertopfen
12.02.2012, 08:44
Finde das schon überraschend, wie lang es dauern würde.

Eine Idee wäre vielleicht, dich akademisch auf ein pädiatrisch-neurologisches Thema zu spezialisieren und Koryphäe zu werden, dann kannst du dir wohl auch erlauben einen Pädiatrie-Schwerpunkt zu setzen. Wobei da wahrscheinlich auch ein Neuropädiatrie-Background besser wäre.

Je nach deiner Flexibilität wäre evtl. auch USA eine Möglichkeit. Dort gibt es (nach flüchtiger Recherche meinerseits) einjährige Pediatric Epilepsy und Pediatric Neurooncology Fellowships, in die man vielleicht auch als Neurologe reinkommt (wahrsch. aber nur mit ein, zwei Jahren Pediatrics Residency und absolvierten USMLE). Wenn ich hier von 5-6 Jahren lese, würde das insgesamt aber wahrscheinlich trotzdem schneller gehen (aber mit viel mehr Aufwand und Kosten verbunden).

psycho1899
12.02.2012, 10:19
In der Schweiz ginge es noch etwas schneller..

Pädiatrie: Insgesamt 5 Jahre - 1 anrechenbares Fremdjahr Neurologie = 4 Jahre
Neuropädiatrie: Insgesamt 3 Jahre - 1 Jahr während der Facharztausbildung - 1 notwendiges Jahr Erwachsenen-Neurologie

d.h. in 5 Jahren hast Du den Pädiater und Neuropädiater

Finde ich deutlich sinnvoller aufgeteilt als in D. Mich hat's echt überrascht, dass man nur 6 M Neuro im Neuro-Päd. Curriculum anrechnen lassen KANN.

psycho1899
12.02.2012, 10:20
Finde das schon überraschend, wie lang es dauern würde.

Eine Idee wäre vielleicht, dich akademisch auf ein pädiatrisch-neurologisches Thema zu spezialisieren und Koryphäe zu werden, dann kannst du dir wohl auch erlauben einen Pädiatrie-Schwerpunkt zu setzen. Wobei da wahrscheinlich auch ein Neuropädiatrie-Background besser wäre.


Da gehen sechs Jahre Weiterbildung whs. schneller und einfacher ;-)

THawk
12.02.2012, 11:44
Ich denke auch, dass es in D nicht schneller geht.
Eine zu kurze rein neuropädiatrische Ausbildung wäre aber auch imho nicht sinnvoll. Es gibt kaum Abteilungen, wo es reine Neuro gibt und ihr müsst spätestens in den Diensten die gesamte Pädiatrie, an den Universitäten meist inkl. Onkologie und evtl. Neo abdecken können. Da hilft einem die Neuro-Vorbildung kaum etwas.

Aber man wird gerade mit einer guten E-phys Ausbildung aus dem Erwachsenenbereich ein gut aufgestellter Neuropädiater.

Assistent 3:16
12.02.2012, 12:50
In Österreich kann man den Schwerpunkt Neuropädoatrie auch als Neurologe machen.
Heißt dort Additivfach Neuropädiatrie das man auch als Neurologe machen kann. Es gibt aber auch Neurologen in Deutschland die Neuropädiatrie ohne zusätzlich Pädiater zu sein machen. Das geht auch hier du kannst dich nach deiner FA Prüfung Neurologie an entsprechenden Stellen bewerben ohne vorher noch Jahre für weitere Weiterbildung zu investieren. Zum Beispiel der ärztliche Direktor des Hegau Jugendwerkes Neurologisches Krankenhaus und Rehabiliatationszentrum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ist auch Neurologe und nicht zusätzlich Pädiater.

tomten
12.02.2012, 13:06
Moin,
also wenn du Erwachsenen-Neurologie und Allgemeine Pädiatrie hast, bist du schon gut dabei und kannst OA werden und dann den Fach-Neuropädiater nebenbei machen. Aber Allg Päd dauert eben immer noch 4,5 Jahre. Denn Allgemeinpädiatrie ist wichtig - neuropädiatrische Notfälle gibt es, aber sind selten. Was du jedoch auch auf Neuropäd-Station hast sind die ganz banalen AllgemeinpädDinge, die dich auch zum Schwitzen kriegen können. Ich tue mich beispielsweise immer etwas schwer mit den ganz kleinen, weil ich noch keine Neo-Erfahrung habe. Wenn du es ganz schnell tun willst: In USA gibt es 3-4 Jährige Residency für Neuropädiatrie. Wir haben davon einen abbekommen hier als OA - in seiner Nische ist er gut, den Rest kann man vergessen.

Aber Neuropädiatrie ist ein wirklich ein wunderbares Fach - ich bin da mit Zufall in einer Rotation reingeraten und möchte nicht mehr weg. Du kannst vielen Kindern helfen und begleitest sie oft über ein langes Zeit. Und man muss mehr nachdenken, als bei Schnupfen, Husten, Bauchschmerzen, die du sonst in der Ambulanz hast.

Chaoskätzchen
12.02.2012, 13:15
Finde ich deutlich sinnvoller aufgeteilt als in D. Mich hat's echt überrascht, dass man nur 6 M Neuro im Neuro-Päd. Curriculum anrechnen lassen KANN.

In der Schweiz ist das Erwachsenen-Neurologie-Jahr sogar Pflicht für die Neuropädiatrie, obwohl das hier viele beklagen, da es doch recht wenig Ueberschneidungspunkte gibt (was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann).

Chamu
14.02.2012, 17:33
Danke für die aufschlussreichen Antworten.
Kenn ihr denn Jemanden der das schon gemacht hat, also von der Neurologie zur Pädiatrie?
Wie kann man die allgemeinpädiatrische Ausbildung (abgesehen von den offiziellen Zeiten) so gestalten, dass man in der kürzesten Zeit die bestmögliche Basisausbildung bekommt. Was ist praktisch von großer Bedeutung (Neomatologie oder etwas anderes?).
Ist das in Östereich wirklich so, dass man die Neuropädiaitrie von der Neurologie aus machen kann? Hab bislang nichts darüber gefunden. Danke.

Chaoskätzchen
14.02.2012, 18:04
Ich irre noch ein wenig orientierungslos zwischen den Fächern umher.

Ich habe mit Pädiatrie (vorwiegend neurologische / orthopädische Kinderreha) angefangen und bin dann mit der Neurologie "fremdgegangen" .. und dann wieder zurück zu den Kindern.

Für mich stand nach Famulatur und PJ eigentlich fest, dass es Neuropädiatrie werden soll.. aus komplizierten Gründen bin ich dann zwischendurch bei den Erwachsenen gelandet.. und das hat mich irgendwie auch gefesselt.. aber dann hab ich die Kinder vermisst und bin zurückgekehrt.

Zwischenziel ist jetzt zunächst der Pädiater, evtl. mit der Aussicht die Neuropädiatrie hinten ranzuhängen. Aber so richtig habe ich im Kopf mit der Erwachsenenneurologie auch noch nicht abgeschlossen und kann mir einfach aus Interesse heraus auch beide Fachärzte vorstellen. Halt umgekehrt zu Deinen Plänen.

Wie Du deine Basisweiterbildung Pädiatrie gestaltest, hängt ein bisschen davon ab, wie Du auch später tätig sein möchtest. In einer Praxis hat es sicher andere Schwerpunkte als in einer Klinik. Neurologisch interessant ist sicher ein Ausflug in die Entwicklungspädiatrie und Neonatologie (im Vergleich doch häufige neurologische Fragestellungen: Meningitis, intrakranielle Blutungen, genetische Syndrome, Plexusparesen usw.). Eine gute Basis bekommt man auf den Notfallstationen oder den Allgemeinstationen - ein Pädiater sollte einfach eine Pneumonie behandeln und eine Gastroenteritis rehydrieren können. Auch hängt natürlich ein bisschen vom Land ab, was Du alles unterbringen musst: den Ultraschall aus Deutschland gibt es in der Schweiz zum Beispiel nicht, eine Intensivzeit in der Schweiz ist keine Pflicht, aber die Neonatologie für 3 Monate usw.