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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Weiterbildung Psychiatrie/Psychotherapie



pinkpunch
20.02.2012, 13:29
Hallo zusammen,

ich weiß, dass es schon sehr viele Beiträge zu diesem Thema hier im Forum gibt. Aber ich habe kein eigenes Thread dazu gefunden, deswegen kommen hierzu ein paar konkrete Fragen.

Ab wann beginnt man neben der täglichen Arbeit mit den Fortbildungen?

Diese werden ja einmal aufgeteilt in den Psychiatrie- und den Psychotherapie-Teil. Läuft das parallel oder nacheinander?
Schafft man das alles in den vorgesehenen 5 Jahren?

Wie sind so eure Erfahrungen und wie sieht das ganze praktisch aus?

Vielen Dank für eure Antworten!

EKT
20.02.2012, 18:06
Ab wann beginnt man neben der täglichen Arbeit mit den Fortbildungen?

Ab dem ersten Tag, wenn an diesem ein Weiterbildungsbaustein in der Klinik angeboten wird.


Diese werden ja einmal aufgeteilt in den Psychiatrie- und den Psychotherapie-Teil. Läuft das parallel oder nacheinander?

Parallel. Allerdings sollte man erstmal die psychiatrischen Basisfertigkeiten einigermaßen gelernt und angewendet haben (z. B. Psychopathologie, allgemeine Gesprächsführung) bevor man psychotherapeutische Behandlungen durchführt.


Schafft man das alles in den vorgesehenen 5 Jahren?

Man kann es schaffen, wenn man nichts schleifen läßt.


Wie sind so eure Erfahrungen und wie sieht das ganze praktisch aus?

Siehe alte Threads.

pinkpunch
21.02.2012, 11:53
Danke für die Antworten.

Ich habe das Gefühl, dass die Weiterbildung in der Psychiatrie sehr viel mit Eigeninitiative zu tun hat, mehr noch als in den anderen Gebieten. Im Studium bekommt man alles schön serviert und muss "nur" noch studieren :-dance

Nee, mal im Ernst als Neuling in der FA-Ausbildung muss ich mich erstmal mit den ganzen Vorlagen zurecht finden und war erschlagen von den ganzen Richtlinien!

Also wenn ich das richtig verstanden habe, macht man 240 Stunden Psychotherapie, dazu kommen Selbsterfahrung, Balint-Gruppen (was ist das eigentlich genau?)... Muss man die 240 Stunden an dem gleichen Institut/Schule/Klinik (weiß nicht wie man das nennt, sorry) oder kann man das auch splitten? Können auch Auslandsstunden oder die ganze Therapie angerechnet werden?
Ich freue mich sehr auf die Psychiatrie aber diese ganzen Sachen machen das irgendwie schon komplizierter!

Anscheinend komme ich mit dem Aufbau dieser Homepage nicht klar, wenn ich versuche Psychiatrie oder Psychotherapie zu suchen, kommt "kein Ergebnis"...hmmm.

EKT
21.02.2012, 16:23
Ich freue mich sehr auf die Psychiatrie...

Das ist gut, denn wir brauchen begeisterungsfähigen Nachwuchs! Der ist leider nicht häufig...


Also wenn ich das richtig verstanden habe, macht man 240 Stunden Psychotherapie, dazu kommen Selbsterfahrung, Balint-Gruppen (was ist das eigentlich genau?)... Muss man die 240 Stunden an dem gleichen Institut/Schule/Klinik (weiß nicht wie man das nennt, sorry) oder kann man das auch splitten? Können auch Auslandsstunden oder die ganze Therapie angerechnet werden?

Balint-Gruppe ist eine Art Reflexion von eigenen z. B. schwierigen Erfahrungen mit Patienten oder Angehörigen, die man mit anderen Kollegen (möglichst nicht aus der eigenen Klinik) betrachtet. Durch Einsatz nichtrationaler Elemente, z. B. momentane Gefühle, spontane Rollenspiele kann ein ganz neues Verstehen von Patientenverhalten und eigener (ungünstiger) Reaktion erarbeitet werden. Wird auch von anderer Gebieten betrieben (u. a. Gyn, Schmerztherapeuten, psychosomatische Grundversorgung). Empfehlenswert ist, sich einer Gruppe mit Leuten aus verschiedenen Fächern anzuschließen.
Die 240 Stunden Psychotherapie sind auf verschiedene Patienten zu teilen, wobei natürlich nicht alle den gleichen Zeitumfang haben müssen (z. B. einer nur 20 h, ein anderer 60 h). Üblicherweise nimmt man dafür ambulante Patienten der eigenen Klinik, die man evtl. vorher schon stationär betreut hat. Man sollte Gelegenheit haben, die Fälle von Zeit zu Zeit mit einem guten Supervisor zu besprechen.
Ob Auslandstherapien angerechnet werden, glaube ich nicht, dafür jedoch die zuständige LÄK befragen.

Das wichtigste an der Psychiater/Psychotherapeut-Ausbildung ist nach meiner Ansicht die sogenannte Selbsterfahrung, die oft sehr vernachlässigt wird bzw. in wenigen Wochenendblockkursen abgehandelt wird.
Um es sinnvoll zu betreiben, ist eine Einzeltherapie (150 Stunden) das beste, um wirklich seine eigenen problematischen Seiten kennenzulernen. Das bringt zum einen Reifung der eigenen Persönlichkeit und zum anderen ist es für den Umgang mit schwierigen (v. a. persönlichkeitsgestörten) Patienten ungemein wichtig (Übertragungs/Gegenübertragungsgeschehen).
Die Investition lohnt sich also!

Viele Grüße und Freude an der Arbeit
EKT

StellaMaris
21.02.2012, 18:32
Das ist gut, denn wir brauchen begeisterungsfähigen Nachwuchs! Der ist leider nicht häufig...


Danke für den interessanten Bericht... also hat man in der Psychiatrie durchaus Chancen auf eine Weiterbildungsstelle, auch wenn der Lebenslauf nicht unbedingt geradlinig ist? Hab ja eine ziemlich lange Unterbrechung bei mir drin.

Aber Psychiatrie interessiert mich auch am meisten. Ich hoffe, dass ich mein Wahltertial in Psychiatrie machen kann, wenn ich im Herbst zum PJ wieder einsteige.

EKT
21.02.2012, 19:05
also hat man in der Psychiatrie durchaus Chancen auf eine Weiterbildungsstelle, auch wenn der Lebenslauf nicht unbedingt geradlinig ist?

Absolut! Da ja nicht geradlinige oder sogar "krumme" Lebensläufe oftmals eine Menge an Lebenserfahrung und "Reifungen" beinhalten, die, natürlich zusammen mit fachlicher Exzellenz, sehr hilfreich für die Patientenbehandlung sind (was natürlich auch für andere patientennahe Fächer zutrifft).

[Für eine Einstellung reicht es im Übrigen heutzutage leider aus, ein paar Worte gebrochenes Deutsch zu sprechen. Nicht mal eine Approbation will man immer sehen, geschweige denn irgendeine Art von medizinischem/psychologischem Können und Wissen.]

Colourful
21.02.2012, 21:30
Danke fürs Mutmachen, EKT! :)
Ich freue mich auch schon aufs Wahltertial!

pinkpunch
26.02.2012, 08:55
Von mir auch vielen Dank für den Bericht!

Habe bei der LÄK angerufen und wegen der Ausbildung (speziell Frankreich) im Ausland nachgefragt: Sieht eher sehr schwierig aus, leider! Laut Aussage der Dame kann man es dort machen und wenn man dann wieder in Deutschland ist, soll man die Bescheinigungen einreichen und dann wir geschaut, ob das ok ist. Vorher gibt es keine konkrete Aussagen. Das finde ich schon sehr riskant...

Gibt es denn hier jemanden, der das schonmal versucht hat?

Finde das sehr schade, da ich mich interkulturelle Aspekte sehr interessieren und vor allem in der heutigen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen.
Außerdem schaue ich sehr gerne über den Tellerrand, um zu lernen, wie man in anderen Ländern therapiert und heilt.

Und auch gerade was die persönlichen Erfahrungen betrifft, was durch die Selbsterfahrung mitunter ja evaluiert werden soll, ist ein beruflicher Auslandsaufenthalt eine riesengroße Bereicherung.

VG