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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Geduld ist eine Tugend - Warten auf den Studienplatz



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Redaktion MEDI-LEARN
04.03.2012, 11:54
Seit vielen Jahren gibt es die Möglichkeit, durch Wartesemester seine Chance auf einen Studienplatz zu erhöhen. In den letzten Jahren ist die benötigte Anzahl hierfür deutlich gestiegen und liegt derzeit bei etwa 12 Wartesemestern. Die Entscheidung für oder gegen ein Studium, dessen Beginn in erwartungsgemäß weiter Ferne liegt, fällt nicht leicht. In unserem Informationsportal rund um die Zeit vor dem Studienbeginn (http://www.medi-learn.de/humanmedizin/medizinstudium-vor-dem-studium/index.php) findest du einen Artikel mit dem Thema:

Warten auf den Studienplatz - Geduld ist bekanntlich eine Tugend (http://www.medi-learn.de/humanmedizin/medizinstudium-vor-dem-studium/artikel/Warten-auf-den-Studienplatz-Seite1.php?sid_ml=98063b3486ab32d18c317fc991467e24 )


Wir würden gerne eure Meinung hören: Wartezeit = Vertane Zeit oder nicht? Inwiefern seid ihr bereit, auf einen Studienplatz zu warten? Gibt es eine "Schmerzgrenze" oder versteht ihr im Gegenteil sogar eine Chance unter der Wartezeit, eine Chance, sich weiter zu entwickeln und Dinge zu lernen, die man sonst nicht in Angriff genommen hätte? Was macht euch als "Späteinsteiger" die meisten Sorgen?
Teilt uns eure Meinung hier mit, wir freuen uns darauf :-)

Euer MEDI-LEARN-Team

schmuggelmaeuschen
05.03.2012, 09:41
Hallo,
dann schreibe ich hier mal als Erste.
Ich glaube, das Problem ist, dass die WZ so unkalkulierbar ist.
Als ich mich damals entschied dieses Weg zugehen, weil mein Traum eines Tanzstudiums aus gesundheitlichen Gründen zerplatze, waren es 8WS. Da ich schon nach dem Abi ein Jahr leerlauf hatte, hätte ich nur noch ne 3jährige Ausbildungen machen müssen und hätte nen Plätz gehabt. Nach der Ausbildung waren es dann 10 und jetzt 12WS, aber dann denkt man sich, komm jetzt habe ich schon so lange gewartet, jetzt ziehe ich es auch durch, zumal die durch meine Ausbildung (MTA-L) schon ziemlich viel ein Blick in die Studienfächer und den Arbeitsalltag bekommen habe.

Ob ich heute noch so entscheiden würde, weiß ich nicht, da die WS so extrem gestiegen sind und ich auch denke, dass sich die Politiker früher oder später Gedanken machen müssen wie es weiter gehen soll...
Ggf. würde ich aber im Ausland etwas anderes Studieren, was mich auch interessiert und mich dann noch mal in DT für Medizin bewerben, ich bin jedoch froh diese Entscheidung nicht treffen zumüssen.

Generell finde ich eine Ausbildung vor dem Studium sehr gut, ich bin um einiges reifer geworden und habe bereits meine eigene Wohnung, die ich Dank meines Einkommens auch schön einrichten konnte.
Ich glaube auch, dass ich dierekt nach dem Abi ein Medizinstudium nicht durch gezogen hätte, das ist aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich und natürlich gibt es auch jetzt keine Garantie, dass ich es schaffe.

Klar mache ich mir auch Gedanken.
was ich mache wenn ich es nicht schaffe, denn in meinem jetzigen Job möchte ich auf keinen Fall länger als nötig arbeiten.
Wie ist das mit meinem Alter, finde ich genug anschluss, oder wird man belächelt weil man schon so alt ist?
Wie schaffe ich das finanziell, da ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber nicht Teilzeit arbeiten kann , aber zum glück werden meine Eltern mich unterstützen.
Kann ich meinem Lebensstandart genug runterschrauben
Wie wird das später mit Kinder kriegen
Was ist wenn ich das Studium nicht schaffe...

Manchmal bekomme ich regelrecht Panik anfälle und dann freue ich mich wieder total. Derzeit überwieg die vorfreude, aber gerade am Ende scheint sich die Zeit total zuziehen, vorallem weil ich in meinem Job derzeit sehr unzufrieden bin.

Ich hoffe einfach es nie zubereuen diesen Weg gegangen zu sein, denn leicht war er nicht (immer). Vielleicht werde ich eines Tages dankbar sein, auch andere Bereiche zukennen. Ich werde im Studium wissen wie hart ich dafür gekämpft habe und das wird mir hoffentlich über die Durstphasen hinweghelfen.
Das wichtigste für mich ist jedoch, dass ich mir später nie vorwerfen möchte "Hätte ich doch mal ..."
Naja und jetzt wo ich bereits fast 2 Jahre arbeitsleben schnupper, werde ich die Studiumszeit doch sehr genießen und die Gedanken a la "ich bin ja dann 32+ wenn ich anfange" wische ich mit" das sind noch mind. 35Jahre Arbeitsleben" weg.

Ich zähle die Tage zum Beischeid, Geduld ist eine Tugend, Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, viele wege führen nach Rom

Absolute Arrhythmie
05.03.2012, 10:04
Hätte ich nach dem Abi gewusst dass ich 14 WS brauchen werde, hätte ich mich wahrscheinlich direkt für ein anderes Studium entschieden. Jetzt ist es okay für mich weiter zu warten. Auf der Zielgeraden entscheidet man sich nicht mehr für was anderes.

Joolz
05.03.2012, 17:20
Bei mir sieht es eigentlich ähnlich aus wie bei Schmuggelmäuschen. Ich habe auch angefangen zu warten, als es noch 8 Wartesemester waren und in dem Gedanken, dass das ja "nur" 4 Jahre sind.

Jetzt warte ich seit 6 Jahren und auch wenn hier alle sehr optimistisch sind, dass es für mich im nächsten Wintersemester reicht, will ich das wirklich erst glauben, wenn ich es schriftlich in den Händen halte. Die ZVS war die letzten Jahre einfach zu unberechenbar.
Ich hätte 4 Jahre für eine gute Zeitspanne gehalten. In dieser Zeit kann man eine Ausbildung machen und evtl noch ein FJS oder so. So war auch mein Plan: FSJ, RA-Ausbildung und dann noch 1 Jahr arbeiten (die RA-Ausbildung geht ja nur 2 Jahre) und dann ab ins Studium.

Leider war es für mich anfangs nicht ersichtlich, dass sich die Wartesemester so weit steigern würden. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mir vermutlich wirklich eine Alternative überlegt. Ich würde wohl kaum nocheinmal 6 Jahre (oder 7?) warten. Wenn man sich allerdings einmal dazu entscheidet zu Warten, dann sollte man das auch durchhalten, sonst wars wirklich für die Katz.

Ich muss leider zugeben, dass mich Medizin zwar schon immer interessiert hat (ich habe mit 10 Jahren im Jugendrotkreuz angefangen und bin bis heute dabei geblieben), leider habe ich mich aber nie ausreichend über den benötigten Abischnitt informiert und war so naiv zu denken, dass mein guter 2er-Schnitt (2,2) ja reichen müsste. Das war natürlich nie der Fall.. Vielleicht hätte ich mich sonst doch noch mehr angestrengt? Wer weiß, jetzt darüber nachzudenken bringt einem ja auch nicht mehr weiter.

Allerdings ärgert es mich wirklich, dass an den meisten Uni's das einzige Kriterium immernoch die Note ist. Das soll auf keinen Fall heißen, dass die 1,0er Schüler schlechte Ärzte wären, aber ich glaube gerade jemand, der einen medizinischen Beruf gelernt hat eben weiß, was einem erwartet und dass dort auch die Abbrecher-Quote sehr gering ausfällt. Eine abgeschlossene Ausbildung sollte definitiv deutlich höher gewertet werden. Vielleicht wäre auch eine extra "Berufs-Quote" sinnvoll. Außerdem finde ich, dass man die Abbruch-Quote verringern könnte, indem man als Voraussetzung beispielsweise ein Praktikum von mindestens 2 Wochen verlangt. Ich denke, dass sich immernoch viele Studenten bewerben, ohne sich im klaren zu sein, was sie später als Arzt erwartet.

Die meisten Sorgen machen wir uns vermutlich alle darum, zu scheitern. Wir sind schon lange aus dem "schul-lernen" raus und müssen uns daran erst wieder gewöhnen. Wenn wir scheitern sollten stehen wir zwar mit einer Ausbildung da, aber nicht unbedingt in einem Beruf, in dem man alt werden kann (Rettungsdienst als Frau bis ins hohe Alter halte ich körperlich für nicht machbar, selbst für Männer ist das sehr schwer). Das hinterlässt nicht gerade ein gutes Gefühl. Selbst wenn man dann nochmal ein anderes Studium anfängt ist man dort auch einer der ältesten. Und eine Ausbildung mit mindestens 25 anzufangen, die andere mit 16 machen, puh, wirklich keine schöne Vorstellung. Der Druck alles zu schaffen ist also schon enorm. Zumindest ist das mein aktuelles Gefühl. Mut machen einem da wirklich andere Wartezeitler, die einem eigentlich alle nur positives berichten.

Fazit:
Sicherlich ist Wartezeit keine vertane Zeit. Man wird erwachsen, ist verantwortungsbewusster. Man weiß wie es läuft im Leben. Ich sehe mich mittlerweile als einen ganz anderen Menschen im Vergleich zur Schulzeit. Dennoch bin ich der Meinung, dass es nach 4 Jahren einfach hätte losgehen sollen, denn da war einfach die Grenze erreicht wo aus Vorfreude immer öfter Frust wurde.

KeepWell
05.03.2012, 19:32
Ich gehöre zu den Menschen, die sich sagen, dass man vieles wenigstens mal ausprobieren muss, weil man es ansonsten später mal bereuen könnte, es nicht getan zu haben. Und daran ändert auch mein schlechter Abischnitt nichts.

Ich bereue es riesig, dass ich mich nicht richtig auf den Arsch gesetzt habe um einen besseren Schnitt hinzubekommen, aber was soll ich jetzt drüber weinen?

Jetzt hab ich schon zum WS 8 Wartesemester angesammelt, jetzt werde ich noch die nächsten vermutlich 6 Wartesemester stur weiter warten. Zwar wäre es mir lieber, direkt nach der Ausbildung studieren zu dürfen, aber ich möchte doch sehr gerne endlich meine eigene Wohnung haben und ich werde so oder so neben dem Studium arbeiten MÜSSEN, also muss ich auch Erfahrung sammeln und kann gleichzeitig auch noch vor dem Studium das Leben genießen und etwas Geld ansparen.

Ich glaube direkt nach dem Abitur, hätte ich es eventuell nicht geschafft, aber die Ausbildung und die Erfahrungen die ich bis dahin sammeln konnte, sind einfach unersätzlich und haben mir ein realistisches Bild des Arzt-Seins gezeigt, also wenn ich direkt nach dem Abitur studiert hätte. Ist halt nicht alles McDreamy ;)

Aber ab 12/14 Wartesemester wird dann auch meine Schmerzgrenze erreicht sein. Es ist okay zu warten, wenn man halt keine bessere Note hat.... aber ich wäre für eine Höchstwartezeit von 6 Jahren und nicht mehr. Alles andere ist doch wirklich nicht mehr vertretbar!

LG

schmuggelmaeuschen
06.03.2012, 08:37
ich bin irgendwie froh, dass ich damals nicht wusste was auf michzukommt, denn dann hätte ich mich wohl für etwas anderes entschieden und wäre nie wirklich froh geworden.
So im Rückblick würde ich evtl nach dem Abi ein Jahr ins Ausland gehen und danach evtl in Holland etwas studieren (Forensik [-::-] oder so), da kann man ja sogar schon nen Master machen, mich hat allerdings immer sehr viel an meiner Heimatstadt gehalten (Freund, Verein, Sport)

Plan B wäre ne GuK Ausbildung, statt MTA-L. Zwar ist die MTA Ausbildung super interessant und hat ein breites Sepktrum an Fächern, die zu 95% auch im Studium vorkommen, so dass man im Studium ne gute Grundlage hat, aber das arbeiten im Labor (Forschung) liegt mir nicht so, das mag aber zum Teil auch an der "Arbeitsgruppe" liegen. Da die AG genau aus meiner Cheffin und mir besteht.

Hätte ich GuK gemacht, bliebe mir das Kpp ersprat, da meins nicht mehr angerechnet wird, ich könnte verkürzt noch RA machen und ins Ausland gehen, naja dafür hätte mir die Ausbildung nicht so viel spaß gemacht.

Ein anderer Punkt ist, dass ich mich "ärgere" 1jahr "nichts" gemacht zuhaben, deshlab bekomme ich kein elternunabhängiges Bafög :-/

Also Fazit:
Wer sich heute noch entschieden den Weg über die WZ zugehen, der sollte bereits vorher gut planen

PeteBeat
06.03.2012, 20:04
Wie bei den anderen auch, war die schiere Unwissenheit darum, wie sich die Wartezeit entwickeln würde damals mein Glück aber auch Verderben.
Hätte ich gewusst, dass ich letztendlich 14 Wartesemester brauche...ich weiß es nicht, aber vielleicht hätte ich mich tatsächlich umorientiert.

Andererseits war und ist es mein Lebenstraum dieses Studium zu bestreiten und die lange Wartezeit hat aus dem Studienplatz auch etwas unendlich Bedeutungsvolles werden lassen. Ich glaube kaum jemand, wie wir die schon so lange warten, wissen am Ende ihren Studienplatz so zu schätzen!

Ganz davon ab, dass ich diese 7 Jahre als überhaupt nicht verloren ansehe.
Klar mag es rein biologisch ein Minuspunkt sein, dass man erst spät in den Beruf einsteigt. Aber die bereits abgeleisteten Arbeitsjahre und vor allem die immense Erfahrung wird hilfreich sein, das weiß ich schon jetzt.
Am Ende dieser Wartezeit kann ich sagen: Es sind viele Tränen geflossen, ich habe so manches mal geschimpft und geflucht, war halb verzweifelt und so manch einer hat meinen Weg angezweifelt. Aber die Worte des Zuspruchs, der Anerkennung und Mut machens waren stärker und da bin ich verdammt froh und vielleicht sogar ein bisschen stolz darüber, es durchgehalten zu haben ;)

Kiddo
06.03.2012, 22:40
Hallo,

bis kurz vor der Abizeugnisübergabe hatte ich Chemie studieren wollen. Da dies an meiner Wunschuni Marburg zum damaligen Zeitpunkt zulassungsfrei war, habe ich für die Klausuren und die Prüfungen so gut wie nicht gelernt. Dementsprechend ist es ein Wunder, dass ich es überhaupt geschafft habe.

Kurz vor der Zeugnisübergabe wuchs in mir der Wunsch, Medizin studieren zu wollen. Ich fing an mich zu belesen und musste feststellen, dass ich mit meinem Abschnitt nur über die Wartezeitquote eine Chance haben würde. Wenn ich mich rech erinnere, lag die Wartezeit zum damaligen Zeitpunkt bei acht Semestern. Mein Plan lautete FSJ und dann Ausbildung im medizinischen Bereich. Daraus wurde der OTA, den ich letztes Jahr im Oktober beendet habe. Wartezeit zum Examenszeitpunkt zwölf Semester. Ich lag bei gerade einmal acht. Also wieder Minimum zwei Jahre warten. Ich wollte im Lernen drin bleiben und habe mich entschlossen, nach dem OTA den ATA zu absolvieren. Das mache ich seit nun knapp einem halben Jahr. An manchen Tagen denke ich nicht daran, dass ich noch 932 Tage des Wartens vor mir habe (wenn es denn zum WS 2014/15 wirklich klappen sollte), an manch anderen Tagen ist es sehr deprimierend und ich kriege die Gedanken nicht aus dem Kopf.

Ich habe mich immer wieder und wieder und wieder darüber geärgert, so schludrig durch die Oberstufe gegangen zu sein. Ich könnte in einem Jahr fertig sein mit dem Studium. Doch alles hätte, wäre, wenn bringt mich nicht weiter. Also versuche ich nach vorne zu schauen, möglichst viel aus dem ATA noch mitzunehmen und die Wartezeit einigermaßen gut über die Bühne zu bringen.

Ob es verlorene Zeit war? Ich finde es schwer zu sagen. Ja und nein. Sieben Jahre sind sehr viel und ich denke, dass ein Teil dieser Zeit schon verlorene Zeit ist. Die ersten vier Jahre waren wirklich okay und ich denke, sie haben mich reifer werden lassen und mir auch ein expliziteres Bild von dem Arztberuf vermittelt. Ich mag sie nicht missen. Die Zeit nach dem OTA- Examen hätte es nicht mehr gebraucht, aber die habe ich mir selbst zuzuschreiben.

Irgendwann werde ich einen Platz bekommen und ich weiß schon jetzt, dass ich es dann kaum fassen können werde. Dann kann ich sagen, dass ich weiß, wofür ich gewartet habe. Und wer weiß, vielleicht wird sich mir irgendwann zeigen, wozu die Wartezeit gut war.

Mein Freund hat jetzt zum SS nach drei Wartesemestern einen Platz im AdH bekommen. Es ist schon ein stranges Gefühl, wenn man sich klar macht, dass er jünger ist als ich und dennoch früher anfangen kann. Er hat es durch das bessere Abi ohne Frage verdient und es freut mich für ihn. Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob man dann in ein paar Jahren einen Unterschied zwischen ihm und mir bemerken wird, was die Sicht auf das Studium, etc. angeht.

Liebe Grüße.
Kiddo

Kyutrexx
07.03.2012, 07:30
Dann oute ich mich hier mal als einer der ganz wenigen, der zwischen den älteren Wartern und den jungen, dynamischen Sofortzulassern steht.

Ich hab mit 23 mit dem Abitur (Abendgymnasium, neben der Arbeit) begonnen und bin mit 26 fertig geworden.
Das Abitur habe ich mit dem festen Ziel angestrebt, Medizin zu studieren.
Der Schnitt hat sofort für einen Platz gereicht.

Hätte allerdings auch 6 oder 7 Jahre gewartet (wäre dann wieder in meinen alten, nicht-medizinischen Beruf zurückgegangen).

GERADE wenn man etwas älter ist und den Wunsch fasst, ist man m.E. umso geduldiger.

Trianna
07.03.2012, 08:24
Ich gehöre zu denen, die das Warten nicht mehr ausgehalten haben. Als mein Abi gelaufen war, stellte ich mich auf 8 WS sein, die in meinen Augen und mit meinem Plan völlig vertretbar waren. Als ich die Entwicklung mitbekommen habe und aufgrund persönlicher Umstände auf einmal das Thema Uni im Raum stand, habe ich nach 7 WS "geschmissen". Denn mein Kopf hat einfach nach einem anderen Input verlangt. Jetzt gehe ich den riskanten und nicht planbaren Weg der Zweitstudiumsbewerbung nach dem Bachelor. Es gibt Tage, da hadere ich mit der Entscheidung, schlußendlich war es aber die richtige. Wenn ich es von Anfang an gewusst hätte, wie es von der WS Entwicklung her laufen würde, wäre ich direkt ins Ausland um etwas anderes dort zu studieren und mich dann danach hier in D zu bewerben. Daran denke ich oft, denn das wäre die Ideallösung gewesen. Schade, dass ich damals nicht so weit gedacht habe. Allerdings hätte ich dann auch noch nicht meine Tochter.

Absolute Arrhythmie
07.03.2012, 09:37
Dann oute ich mich hier mal als einer der ganz wenigen, der zwischen den älteren Wartern und den jungen, dynamischen Sofortzulassern steht.

Ich hab mit 23 mit dem Abitur (Abendgymnasium, neben der Arbeit) begonnen und bin mit 26 fertig geworden.
Das Abitur habe ich mit dem festen Ziel angestrebt, Medizin zu studieren.
Der Schnitt hat sofort für einen Platz gereicht.

Hätte allerdings auch 6 oder 7 Jahre gewartet (wäre dann wieder in meinen alten, nicht-medizinischen Beruf zurückgegangen).

GERADE wenn man etwas älter ist und den Wunsch fasst, ist man m.E. umso geduldiger.

Wow, gute Leistung! *thumbs up*

tk7
15.03.2012, 22:28
Toller Thread! :)

Ich hab' mit dem Abitur angefangen, weil ich nach der zehnten Klasse nicht wusste, was ich werden soll - ich dachte, dass ich mir in den zusätzlichen drei Jahren Schule schon darüber klar werden würde. Fehlanzeige. Ich war beim Entgegennehmen des Zeugnisses genauso schlau wie drei Jahre zuvor.

Also hab' ich mich aus blauen Dunst heraus für beinahe alles beworben: Augenoptikerin, Bäckereifachverkäuferin, Friseurin, Steuerfachangestellte etc. Ich bin Arzthelferin geworden. Die Ausbildung hat mir sogar Spaß gemacht aber mir wurde dann schnell klar, dass ich mehr will. Ich hab' die Ausbildung mit Auszeichnung bestanden und mich nach dem Ende Semster für Semster bei der ZVS und später bei HSS beworben - mit einem 3,0er-Durchschnitt natürlich wenig erfolgreich.

Ich hab' mich in all' den Jahren sehr über mich selbst geärgert: wenn ich schon früher gewusst hätte, was ich machen will, wenn ich ein bisschen häufiger in der Schule gewesen wäre, wenn ich ein bisschen was getan hätte, wenn ich die Abiturprüfungen ernst genommen hätte, wär' ich jetzt schon fertig mit dem Studium.

Ich hab' jetzt - fünfzehn Wartesemster später - endlich einen Studienplatz. Ich hab' oft an meinem Vorhaben gezweifelt, hab' mich zumindest nach den letzten zwei bis drei Ablehnungsbescheiden immer wieder gefragt, ob ich aufgeben soll, ob ich mich nicht doch damit arrangieren kann Arzthelferin zu sein und zu bleiben - was wäre schon so schlimm daran? Im Grunde hat mir die Arbeit ja Spaß gemacht. Was so schlimm daran gewesen wäre, ist der Umstand, dass ich mich in zehn Jahren mit Sicherheit über das mangelnde Durchhaltungsvermögen geärgert hätte.

Die letzte Ablehnung war besonders bitter: Wartezeit hat gereicht, 'nen Platz hab' ich aber dennoch nicht bekommen - Verteilung an anderen Orten hatte ich nicht zugestimmt. Ich hätt' mich ohrfeigen können. So einen hässlichen Ablehnungsbescheid mit 'ner halben Zusage wollte ich nicht noch mal bekommen.

Und hab' ich auch nicht. In zweieinhalb Wochen geht das Semester los. Natürlich hat man jetzt andere Sorgen: krieg' ich das mit dem Lernen auf die Reihe? Ich bin immerhin seit 2004 aus der Schule raus. Was, wenn ich das Studium einfach nicht packe? Wenn die Warterei und der Frust umsonst waren? Gibt es an der Uni noch jemanden, der schon so "alt" ist wie ich? Wird man Anschluss an die jüngeren finden? Oder werden sie mir mit ihrer "frisch-vom-Abi"-Sicht auf's Leben tierisch auf den Zeiger gehen? Tja, es wird sich zeigen. Wie finanzier' ich das alles? Hmm, ich bin mal vorsichtig optimistisch.

mathematicus
15.03.2012, 23:12
Gibt es an der Uni noch jemanden, der schon so "alt" ist wie ich?

Bedenke, dass 20% der zugelassenen Bewerber auch über Wartezeit reingekommen sind. Und um seine Träume zu verwirklichen, ist man doch nie zu "alt"! :-)

amy-mia
16.03.2012, 07:28
ich bin der ungeduldigste Mensch auf Erden, aber auf diesen STudienplatz KANN ich warten :) nein eigentlich muss... aber ich mach das beste drauß... (als hätten wir eine andere Wahl)

Medicus88
02.06.2012, 10:05
Es ist erstaunlich, in vielen Personen die eigenen
Gedanken, Gefühle, Ängste reflektiert werden.

Nach meinem Glauben hat jeder Mensch
ein Leben zur Verfügung. In diesem einen Leben
möchte Ich meinem absoluten Wunsch nachgehen.

Mein Grossvater sagte immer, dass der richtige Weg für
einen am Anfang immer schwieriger ist, mit vielen Rückschlägen
verbunden ist. Dafür wird es langfristig mit Erfolg gekrönt!

Garantie!
Kein Medizinstudent,- ob mit 1,0 oder mit 12 WS
hat die Garantie das Studium erfolgreich abzuschliessen.
Ja sogar gar kein Student hat diese Garantie.

Wisst ihr Ich bin im Kopf sehr oft eine eine Szene durchgegangen:
Wie Ich meinen ersten Patienten behandle. Dann sehe Ich eine Hoffnung,
eine Erwartung im Ausdruck des Patienten.
Das ist meine Motivation.

Als Arzt kann ich mitten in der Wüste jemandem in einer lebensbedrohlichen
Situation helfen.
Ein Jurist kann das nicht. Ein Ingenieur auch nicht.

Studium hat sehr viel mit Einstellung und Disziplin
zu tun. Wenn jemand ca. 6 Jahre auf ein Studienplatz
wartet, dann vereint dieser diese Eigenschaften und
ist für das Studium gerüstet.

Colourful
02.06.2012, 10:56
Ich hätte nicht gewartet. Und ich frage mich auch manchmal, ob es das richtige Studium für mich ist/war. Aber das ist wohl normal. *schulterzuck*

Nemesisthe2nd
02.06.2012, 11:11
bleibt zu hoffen dass du dann selbstreflektiert genug bist um mit wut, ärger und enttäuschung, die dann auf dich einprasseln umzugehen...

denn die hoffnung des patienten wieder ganz gesund zu werden und wieder wie ein junger hüpfer durchs leben zu springen wirst du höchst selten erfüllen können...

Medicus88
02.06.2012, 11:27
Das ist immer eine Unterschiedliche Auffassung.

Der Mediziner hat die Möglichkeit zu heilen. Das es nicht
immer klappt liegt auf der Hand.
Mediziner können nicht zaubern. Aber sie geben Hoffnung.
Stell dir vor es würde keine Ärzte geben. Dann könnte
nach deiner Auffassung keiner mehr enttäuscht werden und nach
meiner Auffassung gäbe es keine Hoffnung mehr.

Ich finde es ist besser eine Hoffnung zu haben
und dann enttäuscht zu werden, als von vorne herein
hoffnungslos zu sein.

Das ist der Unterschied.

schmuggelmaeuschen
02.06.2012, 13:21
ich finde das zu patetisch... In wüste kann ein Arzt nicht wesentlich mehr Hilfe leisten als ein Jurist und das man sich mehr Gedanken macht, ob es das richtige für einen ist, wenn man 6 Jahre warten muss liegt auf der Hand... Mit 19 2 Jahre studieren, abbrechen und was anderes machen hat eine andere Qualität als 6 Jahre warten, dann 2 Jahre studieren und dann wieder von Null anfangen, da sind zweifel normal...

Auch andere Berufsgruppe geben Hoffnung, du bist meiner Meinung nah zusehr auf den Götter in Weiß tritt... Auch Feuerwehr, Soldaten und Polizei helfen, eine Gesellschaft ohne Müllmänner möchte ich mir auch nicht vorstellen...
Hoffnung und Enttäuschung hat recht wenig mit Arzt sein zu tun...

Gesocks
02.06.2012, 14:19
Kurzer Einwurf, um die Familienehre zu verteidigen: Der Ingenieur könnte einen Brunnen bohren oder das Fahrzeug reparieren, der Jurist den Reiseveranstalter verklagen. Dem Problem wäre sogar nachhaltiger begegnet.