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Espressa
10.04.2012, 06:50
Also, wenn man sich noch NIE um eine BU bemüht hat (wichtig, sonst ist man evt. schon im "Ausschlussregister"), dann gibt es immer wieder mal Angebote von Versicherungen, 1000,- EUR BU abschließbar OHNE Gesundheitsfragen.

@epeline - sinnvoll ist der Abschluss BEVOR man irgendwie krank oder verletzt ist (weil zum einen billiger, und zum anderen evt. schon der zu versichernde Fall eintreten könnte...). Wenn du sicher gehen kannst diesen Zustand noch ne Weile aufrechtzuerhalten dann kannst du auch bis ins 3. WBJ damit warten. Irgendwann wenn man dann "alt" ist wird es aber auch teuer.

Kackbratze
10.04.2012, 08:59
Eine Versicherung mit solche einem Angebot würde ich mir ganz genau durchlesen. Am Ende sind so viele Fussangeln in den Bedingungen, dass man sogar besser ohne sowas dasteht.

Muriel
10.04.2012, 12:08
In meinem Semester haben damals recht viele zu PJ-Zeiten eine BU abgeschlossen. Damals machte das noch insofern Sinn, als dass es das letzte Jahr war, in dem eine dann abgeschlossene reine BU noch bei der Steuer Vorteile brachte (auch auf Dauer). Einen anderen Sinn kann ich sonst auch nicht in einer früh abgeschlossenen außer den erwähnten Gesundheitszuständen sehen.

Hoppla-Daisy
10.04.2012, 12:26
Also, wenn man sich noch NIE um eine BU bemüht hat (wichtig, sonst ist man evt. schon im "Ausschlussregister")
Nicht ganz richtig, denn es gibt noch immer die Möglichkeit der "anonymen Anfrage". Wer sie mir nicht anbietet, den frage ich danach ;-).

Kyutrexx
11.04.2012, 09:34
Eine BU nützt nur was, wenn man einen Beruf erlernt hat.

Eine Versicherung wiederum kann pauschal versichern, dass heißt wenn man nach den Standards der Pflegeversicherung als berufsunfähig gilt ODER als berufsunfähig für den erlernten Beruf.

Ersteres ist sinnlos ... da Berufsunfähigkeit heißt, dass man nicht mehr kriechen kann.

Wenn man jedoch z.B. Assistenzarzt in der Chirurgie ist, dann sieht das schon ganz anders aus. Da kann bereits ein verletzter Finger oder extreme Verschlechterung der Sehkraft eine Berufsunfähigkeit bedeuten.

Alles in allem ist das rausgeschmissenes Geld vor Ende des Studiums.
Ausnahme sind alle, die schon einen Beruf erlernt haben. Die können dann nämlich später die Versicherung auf den neuen Beruf anpassen.

Zudem möchte ich behaupten, dass der Durchschnittsdeutsche (Student hin oder her) ohne unparteiliche Hilfe die Feinheiten der Versicherungsbedingungen nicht versteht.
Ich hab in meiner Zeit vor dem Studium viele Jahre unter Winkeladvokaten verbracht und trotzdem sind Versicherungsbedingungen nachwievor ein großes Machwerk, dass viel Arbeit und Mühe bedarf, um jede juristische Feinheit (oft sind es ja eben gerade die Feinheiten, die letztlich den Unterschied ausmachen) zu erfassen.

Miss_H
20.04.2012, 17:57
Was ist an dem Argument: Gerade Studenten sollten sich um eine BU kümmern, denn sollten sie berufsunfähig werden, dann erhalten sie kaum Leistungen vom Staat. (Nur Hartz4?)
Gilt das auch ohne Berufstätigkeit und einem abgeschlossen Bachelor?

Kyutrexx
20.04.2012, 19:08
Kommt drauf an ...

Die meisten Bachelor-Abschlüsse qualifizieren de facto für Tätigkeiten am Schreibtisch (dabei spielt es keine Rolle, was für eine Tätigkeit das ist).
Bevor man da eine Berufsunfähigkeit oder eine Erwerbsunfähigkeit anerkannt bekommt, muss man schon scheintot sein.

Einzige Ausnahme sind Verletzungen der Augen. Da kriegt man das meistens durch.

Nichtsdestotrotz wehren sich die Versicherungen mit Händen und Füßen gegen jeden einzelnen Anspruch.

Kackbratze
20.04.2012, 19:51
Freuen sich aber einen Ast, wenn Du erstmal unterschreibst...

Miss_H
20.04.2012, 20:36
Draus folgt für mich, dass es für mich gar keinen Sinn macht jetzt eine BU abzuschließen. Da ich als irgendetwas schon arbeiten werden kann, auch wenn mir etwas passiert. Und wenn ich dann mal mit meiner Facharztausbildung anfange habe ich auch Geld für die Versicherung und dann ist sie sinnvoll?!

Kackbratze
20.04.2012, 21:02
50€ kostet die Versicherung und ja, ab dem Punkt ist sie sinnvoll, da du dann eine Tätigkeit ausübst, aus der sich eine Versicherung nicht rauswinden kann, wenn Du das nicht mehr machen kannst. Im Studium kannst Du mit Medizin ja alles werden und Du kannst schlecht argumentieren, dass Chirurgie schon seit dem 2. Semester dein Traum war, wenn Dir (gottbewahre) kurz vorm PJ die Hände spontan abfallen.
Da sagt die Versicherung, dass Du als Arzt dann eben zum MDK gehen musst als Gutachter und den PC mit den Füssen bedienen musst.
Und das sie deswegen nicht zahlen müssen.

Anders sieht es nur aus, wenn Du weisst, das Dir die Hände abfallen werden und Du jetzt schon päventiv eine BU abschliesst, damit Du dann auch noch versichert bist bei deiner späteren MDK-Tätigkeit, wenn die Füsse auch abfallen.
Ohne Hände würdest Du nämlich nach dem Studium keine so günstige Versicherung mehr bekommen.

Ich weiss, das o.g. Beispiel ist ein wenig drastisch, aber ich hoffe, es ist dadurch verständlich.

Martini
02.05.2012, 07:51
Moin! Ich hänge mich hier mal mit rein:
Suche zur Zeit eine BU und tendiere mittlerweile zur Deutschen Ärzteversicherung. Die Bedingungen sind gut, nur finde ich nirgends Erfahrungen zu deren Zahlungsmoral. Die dahinterstehende Axa schneidet zumindest in den Bewertungsportalen ziemlich mies ab. Kennt jemand einen Fall in dem die DÄ tatsächlich zahlen musste?

Kyutrexx
02.05.2012, 12:47
"Die Bedingungen sind gut" kann man nicht sagen.
Wie gut sie sind, weiß man erst, wenn ein Haftungsfall eintritt.

Bei Berufsunfähigkeitsversicherungen ist die Zahlungsmoral gar nicht mal das Problem.
Das Problem setzt schon viel früher an:
Die meisten Versicherungen erkennen die Schadensfälle entweder nicht an oder bewerten sie WEIT unter dem, was eigentlich zu zahlen wäre.
Meist kommt es dann zu langen Haftungsprozessen (Stichwort "Gutachterschlacht").
Gewinnt der Kläger am Ende, dann kommen so kleine aber feine Spielchen wie "wir zahlen nicht am Stück, sondern in Raten". Dann klagt man wieder und das Spielchen geht von vorne los.

Manchmal zahlen Versicherungen auch gar nicht, obwohl ein rechtskräftiges und nicht mehr revisionsfähiges Urteil vorliegt!
Dann hat man richtig die A-Karte gezogen, weil die Rechtsmittel in dem Falle dann sehr stark eingeschränkt sind.

Solche Haftungsfälle gelangen selten bis gar nicht an die Presse, sodass es keine frei zugänglichen Zahlen zu der Thematik gibt.

Kackbratze
02.05.2012, 12:51
"Negative Internetbewertungen" sind gleichzeitig aber auch mit Vorsicht zu geniessen, da auch da nur die einseitige, enttäuschte Seite dargestellt wird.
Ich persönlich bin da immer skeptisch, da Papier/Webserver geduldig sind und auch nur eine subjektive Seite abbilden.

Kyutrexx
02.05.2012, 13:33
Ich hab in meinem Berufsleben vor der Medizin mit solchem Haftungskram zu tun gehabt (von anwaltlicher Seite).

Man hört äußerst selten von positiven Erlebnissen mit Versicherungen.
Aus gutem Grund:

Ein BU-Haftungsfall kostet eine Versicherung irgendwo ab 50.000 Euro aufwärts. Das geht bis in die Million(en) rein.

Die Beiträge belaufen sich im Monat im Schnitt auf 50 Euro.
Bei 10 Jahren einzahlen macht das rund 7000 Euro.

Es gibt eben eine breite Masse an Zahlern - und die Menge an Haftungsfällen, die durchkommen, ist über ein Kontingent begrenzt. Wird das überschritten, ziehen die Versicherungen (i.d.R. mit eigenen Justiziaren) vor Gericht.
Das kostet lediglich einen Bruchteil der Kosten.

Zudem zahlen die Versicherungen Beiträge in den Einlagensicherungsfond ein.
Ist die Anzahl ihrer durchgewunkenen Haftungsfälle zu hoch, kostet sie das extra.

Zudem werden Haftungsfällen in der Bilanz an völlig anderer Stelle aufgeführt, als die Kosten für die eigenen Anwälte.
Das hat Auswirkungen auf die GuV und damit auf die Besteuerung des Unternehmens.

Evil
02.05.2012, 13:49
Schön und gut, aber diese Informationen helfen Martini nicht wirklich weiter ;-)

Ich persönlich kann (bisher) nichts Schlechtes über die DÄV sagen, allerdings bin ich auch parteiisch, da die DÄV offiziell mit MEDI-LEARN zusammenarbeitet.

Kyutrexx
02.05.2012, 14:32
Doch.

Die Take Home Message ist: eine BU lohnt als Student SOWIESO nicht und selbst als fertiger Doc nur insoweit, als man damit sein Gewissen beruhigt.

Skalpella
02.05.2012, 15:24
Das Problem setzt schon viel früher an:
Die meisten Versicherungen erkennen die Schadensfälle entweder nicht an oder bewerten sie WEIT unter dem, was eigentlich zu zahlen wäre.
Meist kommt es dann zu langen Haftungsprozessen (Stichwort "Gutachterschlacht").
Gewinnt der Kläger am Ende, dann kommen so kleine aber feine Spielchen wie "wir zahlen nicht am Stück, sondern in Raten". Dann klagt man wieder und das Spielchen geht von vorne los.

Manchmal zahlen Versicherungen auch gar nicht, obwohl ein rechtskräftiges und nicht mehr revisionsfähiges Urteil vorliegt!
Dann hat man richtig die A-Karte gezogen, weil die Rechtsmittel in dem Falle dann sehr stark eingeschränkt sind.

Solche Haftungsfälle gelangen selten bis gar nicht an die Presse, sodass es keine frei zugänglichen Zahlen zu der Thematik gibt.
Genau aus dem Grund hab ich keine BU. Ein Restrisiko bleibt. . .

Gesocks
02.05.2012, 17:05
Die DÄV zahlt für einen Bekannten, niedergelassener Unfallchirurg mit Hemiparese nach Schlaganfall. Keine Ahnung wie viel, und keine Ahnung, mit genau welcher Begründung; er ist nach wie vor geschäftsführend, aber nicht mehr operativ/sprechstundenmäßig tätig. Ich schätze ihn auf Ende 50. Kann nicht schlecht gelaufen sein, fand er nämlich alles höchst lobenswert. Ist natürlich genauso wenig repräsentativ und hilft dem gemeinen Vorkliniker erst recht kein bisschen.

Es scheint so zu sein, dass man für den Abschluss einer BU kein Gesundheitszeugnis o.ä. benötigt. Wenn ein chronisches Leiden bekannt ist, aber noch niemals "offiziell" ärztlich befundet wurde - wie sieht es dann mit Mitteilungspflicht aus?

Evil
02.05.2012, 17:20
... und selbst als fertiger Doc nur insoweit, als man damit sein Gewissen beruhigt.
Gewagte These, der ich nicht zustimme.
Mach Dich mal selbstständig und erleide dann einen Unfall mit schwerwiegenden Folgen. Viel Spaß beim Abbezahlen der Kredite, wenn Du eine Familie mit kleinen Kindern hast.

Kyutrexx
02.05.2012, 17:53
Es scheint so zu sein, dass man für den Abschluss einer BU kein Gesundheitszeugnis o.ä. benötigt. Wenn ein chronisches Leiden bekannt ist, aber noch niemals "offiziell" ärztlich befundet wurde - wie sieht es dann mit Mitteilungspflicht aus?
Kommt auf die Versicherungsbedingungen an.


Gewagte These, der ich nicht zustimme.
Mach Dich mal selbstständig und erleide dann einen Unfall mit schwerwiegenden Folgen. Viel Spaß beim Abbezahlen der Kredite, wenn Du eine Familie mit kleinen Kindern hast.
Ich war schonmal selbstständig ne Weile lang. Ne BU hab ich damals trotzdem nich abgeschlossen aus bereits vorgenannten Gründen.

Die Pflegeversicherung greift nämlich trotzdem (bzw. BG, Künstlerkasse usw. - je nachdem, womit man sich gewerblich niederlässt oder ob man, wie bei Ärzten, selbstständig ist*), Gewerbebetrieb hin oder her.

Mag ja einzelne geben, bei denen die Versicherung gezahlt hat - dann lagen die mit ihrem Fall noch unter der Quote.

Ich kanns hier nur noch mal betonen: ich hab die Realität erlebt, wie es um die Willigkeit der Anerkennung von Haftungsfällen geht. Ist nicht rosig.

Im Übrigen gibt es auch einen riesigen Unterschied zwischen dem Versuch die Leistungen einer BU zu bekommen und dem Versuch, die Pflegeversicherung für ne Pflegestufe bzw. ne Rente in Anspruch zu nehmen.

Das Verfahren gegen die Versicherung ist Zivilrecht und läuft vor den Landgerichten.
Das Verfahren gegen die PV ist Öffentliches Recht und läuft vor dem Verwaltungsgericht.
Letzteres hat den überragenden Vorteil, dass der Mastab die Verwaltungsprozessordnung ist und nicht die Zivilprozessordnung.

Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen: das hat Einfluss auf die Beweislast(umkehr), die Anerkennung von Beweisen, die Kostenverteilung beim Verlieren in 1. Instanz usw.
Zudem zahlt die PV bei einem verlorenen Verfahren sofort.

Bei einem Zivilgerichtsverfahren lässt sich die Zahlung der beurteilten Summe noch Ewigkeiten rauszögern (gibt da Mittel und Wege).


*Gewerbebetrieb: jeder, der ein Gewerbe betreibt (§ 15 Einkommensteuergesetz) = jeder, der keinen freien Beruf ausübt
*Selbstständigkeit: jeder, der einen freien Beruf ausübt (§ 18 Einkommensteuergesetz) = freie Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater usw.