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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Miniumfrage: Was haltet ihr von Fremdjahren während der Weiterbildung?



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Redaktion MEDI-LEARN
18.04.2012, 19:27
In manchen Ländern ist es im Rahmen der Facharztweiterbildung üblich, dass ein sogenanntes Fremdjahr in einem anderen Fachbereich eingelegt werden muss. In Deutschland ist das derzeit nur bei den Neurologen und Psychiatern verpflichtend vorgeschrieben. Was hieltest du von einer generellen Einführung eines Fremdjahres in der WBO jeder Fachrichtung? Sinnvoll ja oder nein? Wir würden uns freuen, wenn wir von euch ein paar Eindrücke hierzu bekämen. Nehmt an unserer Umfrage teil und/oder schreibt uns eure Meinung dazu in den Thread.

Vielen Dank euch allen :-)

Kackbratze
18.04.2012, 21:48
Wirkliche "Pflichtjahre" würden am Thema vorbeigehen, gerade in Bereichen mit hohen Pflichtzahlen in der Weiterbildung würde das potentielle die Weiterbildungszeit verlängern (Chirurgie). Zusätzlich sind die Weiterbildungszeiten schon so lang, da wäre das nur eine weitere Verlängerung der Assistenzzeit ohne Facharzt.
Verbesserte Anrechnungsbedingungen wären da besser.

McBeal
19.04.2012, 08:24
Ich habe auch "2" angekreuzt. An sich finde ich Fremdjahre sinnvoll und hätte auch Lust dazu, z.B. in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Inneren oder der Anästhesie eine gewisse Zeit zu verbringen, allerdings ist es mir mit Familie jetzt gerade Recht, dass mein Weiterbildungs-Vertrag bis zum Facharzt läuft und ich hätte Sorge, bei einem Wechsel mehr Probleme hinsichtlich Teilzeitstelle, familienfreundlichen Arbeitszeiten etc. zu bekommen. Sowas ist nunmal (leider) einfacher, wenn man beim selben Arbeitgeber bleibt.
Prinzipiell wäre ich aber wie gesagt dafür, die Anrechnung zu erleichtern und den Assistenten somit ohne die Weiterbildung zu verlängern mehr Blicke über den Tellerrand zu ermöglichen.

LG
Ally

eXiland
19.04.2012, 12:40
Wirkliche "Pflichtjahre" würden am Thema vorbeigehen, gerade in Bereichen mit hohen Pflichtzahlen in der Weiterbildung würde das potentielle die Weiterbildungszeit verlängern (Chirurgie). Zusätzlich sind die Weiterbildungszeiten schon so lang, da wäre das nur eine weitere Verlängerung der Assistenzzeit ohne Facharzt.
Verbesserte Anrechnungsbedingungen wären da besser.

Das amüsiert mich, schließlich müssen die Pflichtzahlen ja trotzdem erreicht werden ^^

Kackbratze
19.04.2012, 12:58
Ja, aber dann geht derjenige freiwillig in eine andere Abteilung und weiss, dass es seine Weiterbildung trotz Anrechnung verlängert, wenn die Zahlen nicht stimmen.
Wenn ich jetzt sofort gezwungen werden würde, ein Jahr in z.B. der Gastroenterologie oder Neurologie verbringen zu müssen, hätte ich ein Problem mit meinen Zahlen und wüsste, dass ich mir die Zeit zwar anrechnen kann, mein OP-Katalog aber trotzdem dafür sorgen wird, dass ich länger bis zum FA brauchen werde, als initial gedacht.
Und statt 6 dann mindestens 7 Jahre für den FA zu brauchen ist schon ein Wort. Besonders wenn man es nicht will und nicht einsieht, da ja andere Facharztausbildungen (z.B. Urologie) schon kürzer sind.

Relaxometrie
19.04.2012, 13:08
Ein Pflichtfremdjahr halte ich für kontraproduktiv. Ein erzwungener Blick über den Tellerrand ist meiner Meinung nach nicht zielführend und eine Qual sowohl für den Ausbilder, als auch für den Assistenten, der sich in dieser Zwangsmaßnahme befindet. Dem Gedanken des Pflichtfremdjahres haftet ein wenig an, daß jeder Arzt ein Generalist sein soll, was inzwischen schlicht und ergreifend nicht mehr der Fall sein kann, weil man mit seinem eigenen Fachgebiet ja schon ein großes Spektrum abdecken muß.
Damit möchte ich nicht sagen, daß ich ein/einige Fremdjahr(e) für sinnlos halte. Aber wer das nicht freiwillig machen möchte, und sich stattdessen lieber auf sein "Hauptfach" konzentriert, sollte halt nicht gezwungen werden.

LasseReinböng
19.04.2012, 14:32
Ein Pflichtjahr macht ja nur in bestimmten Fächern Sinn, in den konservativen Fächern würde es dann wohl auf Innere hinauslaufen, in operativen Disziplinen auf Allg.-Chirurgie...oder evtl. auch Innere, wenn das Ganze überhaupt einen Nutzen haben soll.

Denn was hat ein Psychiater von einem Pflichtjahr, daß er einfach irgendwo absolviert hat, z.B. in Augenheilkunde ?

Wo sollen die vielen Stellen herkommen und werden Assistenten, die für den Ausbilder erkenntlich das Pflichtjahr absolvieren, überhaupt ausgebildet ?

Ich habe das im PJ so erlebt, daß Assistenten aus der Kardiologie, die wegen der WBO zur Rotation in die Onko geschickt wurden, dort dann eher als störend empfunden wurden und die OÄ eben nur darauf geachtet haben, daß die FremdAssis ihre Stationsarbeit gewuppt bekamen. Ausbilung eher mau...

Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß sowas jemals eingeführt wird, dafür geht es doch im Gesundheitssystem zu sehr um Geld, Effizienz, Verschlankung, als daß der Generalist zurückkehrt.

Ich spiele jedenfalls mit dem Gedanken, FA für Neurologie der rechten Hirnhälfte zu werden. Die linke Hemisphäre kann mir dann wurscht sein. Oder ich mache Kardiologie und mache die PTCA ausschließlich bei der RIVA. Man muß sich heutzutage entscheiden.

Evil
19.04.2012, 15:06
Die linke Hemisphäre kann mir dann wurscht sein.
Ist sie das nicht jetzt schon? ;-)

Zum Thema: wie die anderen schon sagten, sinnvoll ist ein Fremdjahr sicherlich, aber nicht zwangsweise. wobei den Kliniken damit natürlich auf einen Schlag ein Haufen Stellenanwärter für Assistentenstellen beschert würden, insofern wären die natürlich dankbar.

Kackbratze
19.04.2012, 18:20
Die dann aber woanders wieder fehlen, oder werden die Rotationsassistenten gesondert ausgebrütet?
Bisher kenne ich solche Rotationsassistenten nur aus dem osteuropäischen Raum mit mangelhaften Sprach- und Medizinkenntnissen, die selbstständig von Abteilung zu Abteilung wandern ohne dabei Medizin oder die Sprache zu erlernen.

snowfairy
19.04.2012, 18:44
Ich fände es besser, wenn man sich mehr anrechnen lassen könnte - aber ein Pflichfremdjahr fände ich alles andere als gut. Der FA dauert eh schon 6 Jahre und den OP-Katalog muss man ja auch noch voll kriegen. Wenn man dann noch in ein anderes Fach rotieren muss, wann soll man denn dann in den OP? Dann dauert der FA mindestens 7 Jahre und bis man dann soweit ist, dass man eine OA-Stelle bekommt.....

Evil
19.04.2012, 19:27
Die dann aber woanders wieder fehlen
Eben nicht, das ist ja der Witz dabei: wenn jeder Assi vor dem Facharzt ein Jahr zusätzlich machen muß, gibt es neue Frischfleisch.
Du hast doch bestimmt Kollegen, die gerade die FA-Prüfung machen oder gemacht haben, oder? Wenn die jetzt jeder noch 1 Jahr Innere oder so dranhängen müssen, habt Ihr zwar weniger FÄ oder OÄ (oder wo immer die dann auch hinwollen), dafür freut sich dann eine internistische Abteilung. Und Ihr habt auch nicht weniger Assis.

Die Leidtragenden sind die Weiterbildungsassistenten.

Muriel
20.04.2012, 17:51
Ich glaube auch, dass Version 2 wohl am sinnigsten wäre. Verpflichtend etwas vorzuschreiben, worauf ggf. eine Mehrzahl absolut keine Lust hat und dementsprechend unmotiviert an die Sache herangeht, wäre wohl der falsche Weg. Andererseits sehe ich es bei mir in meinem Nischenfach schon so, dass dem Großteil meiner Kollegen (mich absolut eingschlossen) ein paar mehr grundlegende internistische Kenntnisse/Fähigkeiten wahrscheinlich gut täten. Mal den Herold interessiert gelesen zu haben oder aber internistisch zumindest mal für begrenzte Zeit tätig gewesen zu sein, sind ja doch zwei unterschiedliche Paar Schuhe. In Irland, wo ich PJ gemacht habe, gibt es ein Internship nach dem Studium, wo jeder verpflichtend 6 Monate Innere und 6 Monate Chirurgie machen muss. Mir kam das damals in etwa so vor wie ein PJ mit etwas mehr Befugnissen. Keine Ahnung, ob das wirklich was bringt oder tatsächlich einfach Zeitverlust ist. Zudem verfallen ja eh Kenntnisse je länger man aus dem Fach raus ist. Ich hätte keine Lust dazu gehabt, aber gut hätte es mir sicher getan, mal etwas Anderes ("Richtiges" ;-) ) gesehen zu haben.

Kackbratze
20.04.2012, 18:32
Man müsste einen älteren irischen Kollegen fragen, was er /sie davon mitgenommen hat.

Evil
20.04.2012, 18:44
Die Iren haben ja kein PJ. Während des Internship machen die bloß Stationsarbeit und Aufnahmedienst in der Nacht, daher glaube ich nicht, daß der Effekt größer ist als der unseres PJ.

LasseReinböng
20.04.2012, 18:59
Man müsste einen älteren irischen Kollegen fragen, was er /sie davon mitgenommen hat.

Ja. Selbst wenn die Ausbildung gut war...was weiß und kann man davon noch nach 10 Jahren ? Vermutlich eher wenig bis nichts.

stennadolny
21.04.2012, 08:03
In Österreich z.B. ist das Pflicht"fremdjahr" freilich in die normale WB-Zeit integriert und auch durch den AG garantiert (!!!), da der sonst nicht die volle WB-Befugnis bekommt. Wird in der Praxis auch eingehalten. Freilich ist in Ö die Zahl der WB-Stellen pro Abteilung (NICHT pro WB-Befugten, dieses steinzeitliche deutsche System haben noch nicht mal die Schluchtens****.....) durch die ÄK (eng) begrenzt und dadurch ist die reine Anarchie wie in D (gerade in Psychiatrie-Neuro) ausgeschlossen.

In Österreich sind die "Kern"-WB-Kataloge naturgemäß auch auf die Fremdjahrzeit abgestimmt und können eingehalten werden. Es gibt, wie ich durch meine Bekannten erfahren habe, in Ö sogar Tendenzen etwa in der Anästhesie, die volle WB in Grundversorgungshäusern nicht mehr zuzulassen, da diese best. Spezialbereiche nicht abdecken können. Damit würde aber der FA-Mangel gerade in der Peripherie noch viel schlimmer als er ohnehin schon ist.

Im übrigen halte ich jemanden, der NACH dem Studienabschluß nicht mind. zwei Jahre Grundversorgung (allgemeinmed. bzw. in der Klinik mit internist./chirurgischer/pädiatrischer Notfallversorgung) GUT (!!!) erlernen kann und MUSS, für keinen Arzt, sondern allenfalls - je nach Fachenge (etwa Augen, HNO, aber auch Psychiatrie bzw. Pädiatrie....) allenfalls für einen hochqualifizierten Fachpfleger/Fachpraktiker, der eigentlich kein Grundstudium, sondern bloß eine FH gebraucht hätte, dann aber auch nicht "Arzt" genannt sein sollte.

"Ärzte" sollten, um diesen Titel tragen zu dürfen, regelmäßig und engmaschig (also mind. alle 2 Wochen) in der allgemeinmed. Primärversorgung sowie in der allg. Notfallversorgung für die Allgemeinheit da sein, alles andere ist, was die breite med. Basis angeht, Augenauswischerei, auch in der Bezahlung. Mag einer noch so dolle Hüften ein und ausbauen - mit ärztlicher Breitbandarbeit hat das garnichts zu tun.

Leider ist aufgrund der Möglichkeit der Fachidiotie gleich vom Studium weg in Deutschland med. Allgemeinwissen oftmals erschreckend dürftig oder schlicht nicht (mehr) vorhanden (so etwa, wenn ein psychiatrischer CA bei einer hochkomplexen Borderline-Pat. noch nicht mal weiß, was das HELLP-Syndrom ist, das sie kürzlich erlitt oder aber bei schwierigen Schmerzpat. einfach die gefinkelt woanders eingestellte Schmerzmedikation wegläßt - incl. Opiate -, weil er nur die "Depression" kann......ganz zu schweigen davon, daß er mit dem Lesen eines Routinelabors überfordert ist)

Habe auch mal eine spezialisierte internist. OÄ gesehen, die keine Ahnung von einfachsten Parkinson-Symptomen bei ihren hauptsächlich geriatrischen Pat. hatte oder einen Neurologen, der einen akuten Kleinhirninfarkt mit brutalster Symptomatik als Entzugserscheinungen abgetan hat.

Kackbratze
21.04.2012, 08:43
Ist Österreich jetzt gut oder schlecht? Du bist da ein bischen ambivalent...und das Argument "Arzt ist nur jemand der auch AllgMed beherrscht" ist schon recht plakativ und passt nicht mehr zu den aktuellen Anforderungen.
Warum sollen hochspezialisierte Fachkräfte sich fächerfremd betätigen?
In anderen Branchen würde ein Statiker auchnicht plötzlich in die Bauausführung gesteckt werden oder ein Finanzbuchhalter an der Kasse stehen. Klar, das haben die mal gelernt oder theoretisch besprochen, aber was für eine Abwertung erfährt die Grundversorgung, wenn auch da "fachfremdes Personal" eingesetzt wird?
Oder glaubst Du, dass ein Humangenetiker oder Pathologe einen guten Allgemeinarzt parallel abbilden könnten?
(nix gegen die 2 genannten Fachrichtungen, das sollen nur Beispiele sein!)

Relaxometrie
21.04.2012, 08:57
"Ärzte" sollten, um diesen Titel tragen zu dürfen, regelmäßig und engmaschig (also mind. alle 2 Wochen) in der allgemeinmed. Primärversorgung sowie in der allg. Notfallversorgung für die Allgemeinheit da sein, alles andere ist, was die breite med. Basis angeht, Augenauswischerei, auch in der Bezahlung. Mag einer noch so dolle Hüften ein und ausbauen - mit ärztlicher Breitbandarbeit hat das garnichts zu tun.
Warum überhöhst Du den "Generalisten" so? Ein solcher ist doch inzwischen, bei der Wissensexplosion in allen Fachbereichen, Wunschdenken.
Es gibt ja den Allgemeinmediziner, der für die nicht hochspezialisierte (das ich NICHT abwertend gemeint), aber breite Basisversorgung zuständig ist. Hier ist eine breite Ausbildung in mehreren Fachbereichen selbstverständlich wichtig und sollte durch die Weiterbildungsordnung gefördert werden. Da ist eine Änderung der WBO dringend nötig, so daß der Allgemeinmediziner eben nicht nur ein "kleiner Internist" ist, sondern auch andere Fachbereiche kennt.

Die Forderung, daß ein Unfallchirurg, oder ein anderer Spezialist, sich alle 2 Wochen zurück in die Basismedizin begibt und Schnupfen, Heiserkeit und Blutdruckentgleisungen therapiert, halte ich hingegen für völlig realitätsfern.









Leider ist aufgrund der Möglichkeit der Fachidiotie gleich vom Studium weg in Deutschland med. Allgemeinwissen oftmals erschreckend dürftig oder schlicht nicht (mehr) vorhanden (so etwa, wenn ein psychiatrischer CA bei einer hochkomplexen Borderline-Pat. noch nicht mal weiß, was das HELLP-Syndrom ist, das sie kürzlich erlitt oder aber bei schwierigen Schmerzpat. einfach die gefinkelt woanders eingestellte Schmerzmedikation wegläßt - incl. Opiate -, weil er nur die "Depression" kann......ganz zu schweigen davon, daß er mit dem Lesen eines Routinelabors überfordert ist)

Habe auch mal eine spezialisierte internist. OÄ gesehen, die keine Ahnung von einfachsten Parkinson-Symptomen bei ihren hauptsächlich geriatrischen Pat. hatte oder einen Neurologen, der einen akuten Kleinhirninfarkt mit brutalster Symptomatik als Entzugserscheinungen abgetan hat.

Ach stennadolny, was Du nicht schon alles gesehen und erlebt hast. Du weist ja durchaus auf tatsächlich bestehende Mängel hin, aber leider wird es Fehldiagnosen immer geben. Um diese zu minimieren, muß nicht jeder Arzt zum Generalisten ausgebildet werden, sondern eher ein Gefühl dafür bekommen, wann er mit seinem Wissen nicht mehr weiterkommt, um dann rechtzeitig die Kollegen anderer Fachgebiete ins Boot zu holen.

EKT
21.04.2012, 09:05
Ach stennadolny, was Du nicht schon alles gesehen und erlebt hast.

*gefaelltmir*

LasseReinböng
21.04.2012, 10:51
Die Forderung, daß ein Unfallchirurg, oder ein anderer Spezialist, sich alle 2 Wochen zurück in die Basismedizin begibt und Schnupfen, Heiserkeit und Blutdruckentgleisungen therapiert, halte ich hingegen für völlig realitätsfern.


Eben...ist das etwa in Österreich so ? Ich glaubs kaum. Und der Turnus ist ja nun auch nicht gerade sehr beliebt dort, weswegen hauen wohl so viele Ärzte nach dem Studium aus Ö ab ?!