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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Instabiler Pat. in der internistischen Notfallaufnahme



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Mondschein
21.04.2012, 11:55
Ich versuch auch mal einen Fall. Muss dazusagen, dass es was ist, bei dem sich keiner so richtig mit Ruhm bekleckert hat, aber ging letztlich trotzdem glimpflich aus…

Ihr habt als kleiner Assi Dienst auf der internistischen ITS, als euch die internistische Notaufnahme anruft. Sie hätten da ein kleines Problem und ihr sollt mal schnell vorkommen und guggen und am liebsten sofort übernehmen. Der parallel angerufene Kardiologe (Kardio ist eine eigene Abteilung) kommt auch mal kurz mit, sagt aber gleich, das klingt nicht nach Herz. Angerufen wurde er wegen Tachykardie…

In der Notaufnahme liegt ein älterer (Ende 70) Mann auf einer Liege, ein bisschen gekrümmt und vor allem mit Atmen beschäftigt. Reden kann er nicht, die AF liegt so bei 35/min., Sättigung ist 100%, respiratorisch ist das für den kurzen Moment erst mal tragbar. Ansonsten pfeift der Monitor wegen RR 90:60 und HF 120.

Der Notaufnahmekollege sagt, der Mann ist intensivpflichtig und einer von euch (also der Kardiologe oder ihr) sollt ihn schnellstmöglich mitnehmen, da wär so nicht machbar und eigentlich will er mit dem Fall nicht so richtig was zu tun haben, das übersteigt die Versorgungskapazitäten der Notaufnahme. Da hat er auch recht, weil unsere Notaufnahme eher sortiert, denn diagnostiziert oder therapiert. Wir ärgern uns wieder kurz alle gemeinsam über die schlechte Notaufnahmeorganisation, aber jetzt müssen wir erst mal den Patienten irgendwie anschauen.

Ihr seid nämlich erst mal gar nicht so sicher, wo der Mann hinsoll (gibt verschiedene Intensivstationen) und wollt natürlich trotzdem erst mal noch kurz schauen, was Sache ist. Für den Fall der Fälle ruft ihr schon mal eure Pflege an, sie sind also vorbereitet und können notfalls sofort alle nötigen Maschinen, Drähte und Medikamente zur Verfügung stellen. Somit lasst ihr euch nicht zur sofortigen Übernahme drängen, sondern könnt ihr erst mal noch kurz in der Notaufnahme bleiben.

Was macht ihr? Was wollt ihr wissen?

Keenacat
21.04.2012, 12:06
Gibts ne Option zur Fremdanamnese, Vorbefunde oder irgendwas?

WackenDoc
21.04.2012, 12:09
Wesewegen ist er überhaupt da? Weiss man was über Vorerkrankungen und Vormedikation?
Wie sieht das EKG aus?
Auskultationsbefund von Herz und Lunge?
Ist die Sättigung unter RL so oder unter O2-Gabe? Wie war die Sättigung initial?

Mondschein
21.04.2012, 12:41
Also der Notarzt ist leider schon wieder weg, aber er wurde vom Patient selbst wegen Bauchschmerzen angerufen. Während des Transports war der RR auch noch tragbar (muss man dazusagen, sonst kommt der NA schlecht weg). Ein bisschen Fenta hat der Patient während des Transports schon bekommen und jetzt scheinen die Schmerzen auch nicht mehr ganz so schlimm zu sein.
Vorbefunde haben wir nicht, Angehörige auch nicht.
Der Patient kann äußern, dass er allein lebt und es ihm zuletzt eigentlich gut ging. Bei der Frage nach Vormedikamenten kann er immerhin den Kopf schütteln. Recht viel mehr kriegen wir nicht aus ihm raus.

Die Sättigung war immer normal, aktuell hängen 2 l O2, aber wirklich brauchen tut er den Sauerstoff nicht (hängt eher, weil Pflegeautomatismus).

Auskultation: Pulmo: Tachypnoe, aber soweit nichts, was man raushört, keine RGs, keine Spastik. Cor: tachykard, sonst unauffällig.
EKG: Gibt einen Ausdruck von Notarzt und jetzt aktuell eben den Monitor, 12-Kanal wird grad erst verstöpselt, sieht aber genauso aus. Soweit immer Sinustachykardie. Ansonsten Indifferenztyp und die ST-Strecke ist auch in Ordnung.

Keenacat
21.04.2012, 12:44
Ich möchte gern eine BGA abnehmen und den Patienten soweit schmerzbedingt möglich untersuchen: Cor, Pulmo, Abdomen auskultieren, Abdomen soweit möglich palpieren.

Edit: Sorry, Cor und Pulmo war ja schon.

Brutus
21.04.2012, 12:45
Wie ist er denn in die Notaufnahme gekommen? So wie Du das schreibst, garantiert nicht auf den eigenen 2 Füßen und vorher mit den eigenen 4 Rädern...
Fieber? Bauchschmerzen? Ansonsten kann man ja mal zügig NACH den Vitalwerten Blut entnehmen INCL. einer BGA. Am liebsten zwar arteriell, aber venös ist für den Anfang auch nicht schlecht... Da vor allem Interessant: BE, HCO3, Laktat, pCO2, pO2...

WackenDoc
21.04.2012, 12:50
Genau- wie sieht der Untersuchungsbefund des Bauchs aus?
Parallel befragen wir den Patieten, wie die Schmerzen angefangen haben. Und wann war der letzte Stuhlgang?

Parallel legen wir noch nen 2. Zugang (ich nehm mal an, dass es vom Notarzt nur einen gab.) Mit dem Druck kann er aktuell auch grad noch so leben. Aner den sollten wir weiter im Auge behalten?

Haben wir evtl. schnell nen Sono-Gerät zur Verfügung mit dem man mal orientierend auf den Bauch schauen kann?

Relaxometrie
21.04.2012, 12:55
Genau- wie sieht der Untersuchungsbefund des Bauchs aus?
Den Untersuchungsbefund hätte ich auch gerne. Abwehrspannung? Schmerzen eher links/rechts? Ausstrahlend? Vielleicht in die Schulterblätter? In der Vorgeschichte schonmal ähnliche (leichtere) Symptomatik gehabt?
Oder ist der Patient inzwischen nicht mehr befragbar?

Mondschein
21.04.2012, 13:18
Ihr seid aber schnell...
Also venöse BGA: Uh, Laktat 20 mmol/. Hilfe. Ansonsten pH 7.18, E'lyte ok, BZ ok, Hb 13 mg/dl. Alle Werte weiß ich nimmer auswendig.
Ihr wollts nochmal genau wissen und stecht arteriell, aPo2 ist da 100 mmHg, aPCO2 24 mmHg, Bikarbonat erniedrigt auf ca 15 mmol/l.
Bauch: Hm, palpatorisch diffus druckschmerzhaft und leichtes Gegenspannen, aber nicht bretthart. Schmerzen lokalisieren kann man nicht groß, ihm tuts überall weh. Größere Resistenzen tastet ihr nicht. Aber hören - hm, hören tut ihr erst mal auch nichts. Das glaubt euch erst mal keiner, der Notaufnahmedok. hört auch nochmal drauf, aber nee, da ist nichts.
Als ihr fragt, ob er so sowas schon mal gehabt hat, schüttelt er den Kopf, lokalisiert auszustrahlen scheints auch nicht, aber recht viel mehr kriegt ihr nicht aus ihm raus, Stuhlanamnese geht somit nicht. Er ist mit Atmen und Schmerzen haben beschäftigt.
Ihr legt einen zweiten Zugang und hängt an beide Arme Jonos im Schuss. Der Druck wird daraufhin auch etwas besser. Daher riskiert ihr auch noch mal ein bisschen Piritramid.
Der Notaufnahmearzt sagt, ihr sollt ihn endlich mitnehmen... Ihr diskutiert kurz rum, euer Bauchgefühl schreit nein (warum, erfahrt ihr, falls ihr noch was untersuchen wollt ;)) und ihr sichert das mal kurz mit eurem OA ab. Der ist beruhigenderweise eh noch im Haus, gibt telefonisch Tipps und wäre im Notfall auch sofort zur Stelle. Das beruhigt euch erst mal.
PS:
Sono: Ja, das ist einer der Punkte, der mich ärgert im Nachhinein. Gehabt hätten wirs schon, aber benutzt haben wirs nicht. Das lag an den Gesamtumständen, wenn ich Zeit gehabt hätte, hätte ich gern mal orientierend geguggt, aber es ging dann alles schneller, als gedacht mit dem Gesamtmanagement (ich hatte es sogar schon hochgefahren).

Keenacat
21.04.2012, 13:26
Erbitte einmal digital rektale Untersuchung bei V.a. Mestenterialinfarkt. Und vllt schonmal en Chirurgen anrufen...? (Oder wollen die erst ne CT-Angio?)

Relaxometrie
21.04.2012, 13:29
Wenn für eine Sonographie keine Zeit mehr bleibt, würde ich den Patienten direkt ins CT verfrachten: CT Abdomen mit der Fragestellung nach Perforation (perforierte Sigmadivertikulitis? perforierte Appendizitis?), Spiegeln, Embolien.

Mondschein
21.04.2012, 13:29
Hm, ich muss sagen, dass ich mir die DRU ob der Gesamtsituation gespart habe, hätten den Patienten dann zu mehreren auf der Liege drehen müssen.
Den Chirurgen hab ich angerufen. Auch, weil ich zusätzlich noch eine komische Beule in der linken Leiste ertastet habe...

Relaxometrie
21.04.2012, 13:31
eine komische Beule in der linken Leiste ertastet habe...
Das erhöht die Anzahl der Fragestellungen für das CT um "inkarzerierte Leistenhernie?"

Keenacat
21.04.2012, 13:32
Hatten wir schon Temperatur gemessen? Mal das Stethoskop auf die Beule halten, hört man da was? Anzeichen für einen entzündlichen Prozess?
Sodann auf ins CT. Mag auch Kontrastmittel für ne Angio-Darstellung der Mesenterialgefäße haben.

Mondschein
21.04.2012, 13:32
Hm, erst mal kam noch das Labor ein.
CRP normal. Leukozyten 11.000. Gerinnung, Thrombos ok. Lipase normwertig, Leberwerte ok. LDH hoch.
Mein Oberarzt hat vorher - neben den Jonos - noch was anderes hingehängt haben wollen, würdet ihr da noch was machen?
Sono hab ich übrigens nicht gemacht, weil da auf einmal der Chirurg schon in der Tür stand. Und DER wollte dann nicht schallen...

WackenDoc
21.04.2012, 13:33
Oh Shit- dem Patienten geht es also richtig schlecht. Und Lunge und Herz scheinen aktuell nicht das Problem zu sein.
Er ist schockig, hat keine Darmgeräusche und irgendein Bauchproblem.

Könnt ihr irgendwie raus bekommen, ob die Schmerzen plötzlich gekommen sind?
Haben wir einen auffälligen Auskulatationsbefund der Aorta? Irgendwelche Auffälligkeiten an Armen und Beinen?
Wie wach ist unser Patient denn aktuell?
Ansonsten rufen wir mal ganz schnell die Aufschneider und die Sandmännchen an.

Achso- ganz so viel Blutdruck will ich grad gar ned haben. Nicht dass das was unkontrolliert rumblutet.

(Edit:Mist- etwas langsam heute)

Mondschein
21.04.2012, 13:33
Hören tut man über der Beule nichts.

Miss
21.04.2012, 13:33
Hört sich wirklich erstmal nach nix kardiopulmonalem an :-nix

Ergab den das Labor irgendwas? Hat er Temperatur? Da würde ich persönlich wirklich mal jemand mit dem Sonogerät draufschauen lassen. Wie sieht der Darm aus? Ileus? Ischämie? Freie Flüssigkeit?
Das Laktat fällt einem auf jeden Fall schon mal ins Auge...

Keenacat
21.04.2012, 13:34
Mein Oberarzt hat vorher - neben den Jonos - noch was anderes hingehängt haben wollen, würdet ihr da noch was machen?

Wie sieht denn die Kreislaufsituation aus? Ne HES 6% würd ich anhängen und ne NaBic?

Relaxometrie
21.04.2012, 13:35
Mein Oberarzt hat vorher - neben den Jonos - noch was anderes hingehängt haben wollen
NaBic?
Sorry, Keenacat war schneller.