PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Examen frisch bestanden-arbeiten in Wirtschaft oder Klinik?



JVVV
10.05.2012, 13:57
Hallo liebe Leute,

ich habe vor ein paar Wochen die Schriftliche und mittlerweile auch die Mündliche hinter mir.
Die Mündliche ist sicher bestanden und bei den Ergebnissen der schriftlichen brauch ich
mir auch keine Sorgen zu machen (laut Dozenterergebnisse von Medilearn, offizielle Ergebnisse komme
ja noch).
Ich habe seit dem ersten Semester Medizin und Informatik auf Bachelor parallel studiert weil
ich von Anfang an sicher im Bereich der Medizintechnik/informatik oder im Bereich der Medizinischen
Beratung in der Industrie tätig sein wollte. Mittlerweile habe ich beides abgeschlossen (in Informatik muss ich noch die Bachelorarbeit schreiben).
Als ich mein PJ gemacht habe, habe ich Neurochirurgie als Wahlfach belegt weil mich das adhoc am ehesten interessiert hatte. Ehrlich gesagt, habe ich
mir auch einfach alle Klinik-Fach-Skripte angesehen und Neurochirurgie hatte
das Kürzeste, deswegen hatte es schon mal Bonuspunkte :-)

Im PJ zeigte sich bzgl. dieses Faches ein überraschendes Interesse von mir, auch
generell was die Klinik angeht, wo ich noch in den ersten Semestern dachte: "Klinik: ganz schön zeitaufwendig,
wenig kreatives Arbeiten, ständige Hinternkriecherei während der Facharztausbildung, und: man lebt quasi nur
fürs Krankenhaus".
Während meines PJs in der Neurochrirurgie empfand ich das Arbeiten u.a am OP-Mikroskop als sehr interessant ich durfte sogar kleinere Eingriffe selbständig durchführen (Extraventrikuläre Drainage mit Bohrlochtrep., Neurinomentfernung an der Wade)
auch die stationäre Arbeit am Patienten mit interventionellen kleinen Eingriffen wie Lumbaldrainage
und auch das überwiegend positive Feedback und der Respekt vom Patienten haben den Spass an
an diesem Fach in mir erweckt.
Nun habe ich das Examen hinter mir und weiß überhaupt nicht als was ich in den nächsten Wochen arbeiten soll. Mein eigentlicher Plan war es in England noch meinen Master in Informatik zu machen, einen Studienplatz in Manchester dafür habe ich sogar schon.
Im folgenden möchte ich einfach mal meine von mir empfundenen Vor/Nachteile der Klinik/Wirtschaft auflisten:

Klinik (Neurochirurgie)
-Vorteile:
1)großes Interesse an mikrochirurgischen Eingriffen am ZNS, generelles Interesse an der Chirurgie
2) ich kann sofort loslegen und endlich Geld verdienen!!
-Nachteile:
1) insbesondere in Neurochirugie: sehr lange Arbeitszeiten, körperliche Anstrengung, man bleibt
"nur" und lebt nur fürs Krankenhaus. Enorme Kriecherei während man sich nach und nach, nach oben
arbeitet
2) wozu habe ich Informatik studiert?

Wirtschaft (Medizin und Informatik)
-Vorteile, zumindest das, was ich gehört habe, viel praktische Erfahrung habe ich selbst noch
nicht sammeln können.
1) kreatives Arbeiten möglich, man kann wirklich neue Ideen bzw. Algorithmen entwickeln,
welche die Menschheit auch vorran bringen
2)man komm mal "raus aus dem Krankenhaus", man arbeitet im
Team mit unterschiedlichen "nicht-medizinischen" Fachrichtungen
3) Karrieremöglichkeiten weit aus diverser.
-Nachteile
1) im Prinzip könnte ich auch sofort loslegen mit der Arbeit, jedoch wäre es besser sich in Informatik noch
Richtung Master zu spezialisieren, das heißt ich würde meinen Masterplatz in England nutzen
und müsste nochmals 1 Jahr weiterstudieren. Ist zwar nervig, aber andererseits auch eine
große Chance...

2) ne kleine murmelnde Stimme, die mir sagt: "werde einfach Neurochirurg, in der Klinik ist das Ansehen
doch viel besser"

Was die Bezahlung angeht, ist mir diese nicht so wichtig, ich denke die ist auch in der Klinik nicht schlecht,
auch wenn man dafür hart rangenommen wird. Ich habe v.a Sorge, dass aufeinmal 6 Jahre Facharztzeit
zu Ende sind, man etwas selbstständiger arbeiten kann, aber im Endeffekt die letzte Zeit in der man noch
jung war, sich nur abgerackert hat :-heul.
Ich würde sehr gerne eure Meinung dazu mal hören, wie gesagt: Interesse herscht für beide
Sachen, beide Sachen haben auch was sehr schönes soweit ich das beurteilen kann, gerne lasse
ich mich von Meinungen der Art "Mach ruhig dies... das ist besser, das weiß ich"
inspirieren als Beiträge wie "das kannst nur du selbst wissen, schau dir deine Vor/Nachteile nochmals an..."

Habt herzlichen Dank :-winky

WackenDoc
10.05.2012, 14:02
Naja- wenn du eh im Lernen drin bist und die Möglichkeit hast: Warum machst du nicht den Master in Informatik und schaust dann, was sich ergibt?

JVVV
10.05.2012, 14:05
klar wäre ne Möglichkeit, jedoch ist man nach dieser Lernphase erstmal gänzlich gesättigt, außerdem heißt 1 Jahr länger auch wieder 1 Jahr länger kein Geld und noch mehr Studiengebühren...

WackenDoc
10.05.2012, 14:09
Wäre es denn finanziell ein großes Problem oder mehr eine Unannehmlichkeit?
Und mit der Lernerei: Ist ja nen anderes Fachgebiet und so wie ich den Unterschied zwischen Medizin und anderen Studiengängen verstanden habe, auch ne andere Art des Lernens.

StellaMaris
10.05.2012, 14:28
Wann würde dein Studium in Manchester denn anfangen? Sonst schau doch, wenn es zeitlich paßt, ob du vorher noch ein Praktikum in einem wirtschaftlichen Bereich machen kannst, in dem du dir auch vorstellen könntest zu arbeiten. Vielleicht erleichtert es deine Entscheidung, wenn du die praktischen Erfahrungen aus beiden Bereichen vergleichen kannst.

JVVV
10.05.2012, 14:37
Studium in England würde im September anfangen...
Finanziell sehe ich dafür keine Probleme.

LasseReinböng
10.05.2012, 14:48
Ein zusätzliches Jahr für den Master macht den Kohl nicht fett. Und so anstrengend ist das Lernen ja nun auch nicht.

PsychoFan
10.05.2012, 15:19
Mach zuerst den Master, ist doch nur ein Jahr, wenn Du den jetzt nicht machst und in der Klinik anfängst, wirst Du den nie machen.

In der Zwischenzeit kannst Du ja alle Dokumente, die für die Registrierung beim GMC notwendig sind, sowie ein paar schriftliche Referenzen aus der Studienzeit sammeln und ein Sprachzertifikat machen.

Falls Geld keine Rolle spielt - kannst du alternativ 2 Monate irgendwo in Entwicklungsländern ärztlich tätig werden - macht Spaß und bringt medizinisch viel - gerade frisch nach dem Studium. Oder einen Kurs in Public health machen - in den Niederlanden gibts viele interessante Angebote.

Doch letztendlich kannst nur Du selbst wissen, schau dir deine Vor/Nachteile nochmals an und entscheide! :-p

JVVV
10.05.2012, 15:38
Das hast du wohl recht,
von wem hast du nur diesen letzten weisen Satz? ;-)

EKT
10.05.2012, 18:06
Falls Geld keine Rolle spielt - kannst du alternativ 2 Monate irgendwo in Entwicklungsländern ärztlich tätig werden - macht Spaß und bringt medizinisch viel - gerade frisch nach dem Studium.

Du meinst, die warten dort auf deutsche Absolventen, die keine Ahnung, aber mal eben etwas "Spaß" haben wollen?:-keks

wjsl
11.05.2012, 00:50
Es gibt auch einige Chefs und Oberärzte, die einen Abschluss in einem anderen Fach dazu gemacht haben (vor allem auch MBAs sind heute relativ häufig in den CVs zu lesen, und die dauern sogar meist mehr als ein Jahr). Sofern du diese Vorqualifikation in Informatik schon hast, warum solltest du das dann nicht nutzen? Auch wenn du danach in die Klinik gehst und nebenbei forschen willst, ist das sicher von großem Wert; finde es stark, nebenher so ein Zweistudium durchziehen zu können. Und wenn du es finanziell auch leisten kannst, dann sowieso. Arbeiten wirst du danach wirklich noch genug in deinem Leben. Das mit dem Lernen ist wohl tatsächlich etwas hart nachdem wir jetzt schon monatelang fast nichts anderes mehr machen, aber immerhin hättest du mehr als ein Viertel Jahr dazwischen, danach fühlst du dich vielleicht auch wieder anders.

JVVV
11.05.2012, 10:33
Ich denke auch, dass ich noch den Master machen sollte, nur befürchte ich, dass wenn ich ihn mache, ich mich damit auch automatisch gegen Neurochirurgie entscheide.
Mal im Ernst, warum hätte ich dann einen kompletten Master-Studiengang in Informatik abgeschlossen um im Nachhinein in der Klinik zu arbeiten, das entspricht einem Diplom in Informatik. Das ist nicht nur so eine 2-Jahres Fortbildung, wo sich viele OÄ und CÄ aus Titelgier mit schmücken und man am Ende "nur" nen MBA oder Master of Public Health erhalten, was man nebenher machen kann. Es ist schon ein Master of Science, wo ein einzelner dafür 5 Jahre nach Abi studieren muss.
Aber mal schauen, sind ja npaar Monate hin... jetzt wird erstmal gefeiert, vielleicht kommt dann die Inspiration :-party

Traumjaegerin
11.05.2012, 10:46
Umgekehrt müsste an sich aber dann auch fragen, wozu du Medizin studiert hast? Wenn man zwei volle Studiengänge stemmt und erfolgreich abschließt, ist das sehr beeindruckend und sicherlich nützlich, aber es muss einem auch klar sein, dass man nicht beide Studiengänge gleichwertig in seinen Beruf einbringen können wird.
Wenn du in die Wirtschaft gehst, wird dir dein medizinisches Wissen von Nutzen sein, aber früher oder später bist du kein "Mediziner" im eigentlichen Sinne mehr, sondern hast nur noch ein Vorwissen, das du für deinen Bereich brauchen kannst. Genauso wird es mit der Informatik sein, wenn du dich für eine klinische Tätigkeit entscheidest.

Um dauerhaft in zwei kompletten Fächern up to date und wirklich GUT zu sein, braucht man so ein Zeitumkehrdings oder zwei Leben.

JVVV
11.05.2012, 11:07
Absolut richtig, man kann sich nur in einem Bereich gut spezialisieren. Aber in Wirtschaft/Industrie ist es möglich
von beiden Bereichen "etwas" miteinzubringen.
In der Klinik wird man sich auf ein klinisches Fach konzentrieren,
da würde ich aber Informatik im akademischen Sinne 0% einbringen können

Mano
11.05.2012, 11:23
Und wenn du jetzt erstmal 2 Jahre Neurochirugie machst und dann weiter schaust?
- Vielleicht macht es dir Spaß auch über das PJ hinaus - dann bleibst du halt dabei. Informatik-Kenntnisse kann man auch in der Klinik einbringen. Sicherlich nicht wie als "reiner" Informatiker, aber in vielen Forschungsprojekten usw. gibt es ja durchaus auch konkrete Anwendungen (Algorithmen zur Hypothesentestung, Brainmapping...) die über die Bedienung von Word und PP hinaus reichen.
- Wenn dich die Klinik dann langweilt/ stresst kannst du immer noch den Master machen. Bis dahin hast du ein wenig Geld zurück gelegt und musst nicht noch weiter ein Jahr auf Kante leben. Und die 2 Jahre klinische Erfahrung sind dann sicher auch nicht verschenkt: Direkt nach dem Studium hat man zwar eine gewisse Ahnung aber ich glaube wirklich "Arzt werden" tut (sic!) man erst wenn man auch eine gewisse Zeit als solcher gearbeitet hat (und z.B. die Verantwortung wirklich selber getragen hat) - das ist dann denke ich schon ein entscheidener Vorteil in der Wirtschaft (du hast dann eben nicht nur Medizin studiert sondern sie auch praktiziert).

Noch so am Rande: Wirtschaft ist ja ein sehr weites Feld - denkst du da eher an die eigentliche Entwicklung, den Vertrieb, die Beratung, ....? Soweit ich das beurteilen kann arbeitet man dort ja auch nur in den Entwicklungs/ Forschungsabteilungen wirklich "akademisch"...

hiddl
11.05.2012, 12:33
Ich kenne zumindest einen Neurochirurgen, der auch Informatiker ist. Ich denke, gerade Richtung Stereotaxie kann es da durchaus synergistische Effekte geben und würde daher auch erstmal den Master machen, an Deiner Stelle.

LasseReinböng
11.05.2012, 12:44
Wenn man erst mal im Berufsleben ist und sich an seine monatlichen 2k+ auf dem Konto gewöhnt hat, wird man nur ungern wieder auf Studentenstatus downgraden wollen. Im Grunde nur dann, wenn man merkt, daß man auf keinen Fall als Arzt arbeiten will und unbedingt den Beruf wechseln muß.