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dlu20
17.05.2012, 14:56
und damit meine ich nicht die Angehörigen, die den Patienten besuchen kommen, die man zumindest vom Sehen kennt und bei denen man auch halbwegs abschätzen kann, wie das Verhältnis ist und was man sagen kann (bzw. bei denen man mit dem Patienten abgesprochen hat, welche Angehörigen Auskunft bekommen sollen und welche nicht).

Ich meine völlig unbekannte Personen, die bei mir anrufen und die Behandlung ihrer Tante/Großtante/ihres entfernten Verwandten Herrn XYZ jetzt sofort in aller Ausführlichkeit mit mir besprechen wollen bzw. eine Liste an Forderungen haben, die natürlich sofort!!!! umgesetzt werden müssen.

Dass ich unter Schweigepflicht stehe (auch Angehörigen gegenüber), kommt oft gar nicht an bzw. scheint sich deren Kenntnis zu entziehen. Meine Standardantwort "ich bespreche solche Dinge nicht gerne am Telefon, kommen Sie doch bitte vorbei, so dass wir darüber reden können" wird gerne mit "wie stellen Sie sich das vor? Ich lebe in Hamburg/Wien/Monaco, da kann ich nicht einfach so vorbeikommen!!!" quittiert oder einfach ignoriert.
Und dass ich nicht mit einer mir völlig fremden Person über den Kopf des betr. (durchaus noch geschäftsfähigen) Patienten hinweg irgendwas planen kann, scheint vielen Angehörigen auch nicht klar zu sein oder sie einfach nicht zun interessieren. Oder dass Dinge wie "Onkel Peters Tee war zweimal nur lauwarm/kalt/zu heiß, ich möchte, dass das sofort geändert wird und niemals wieder vorkommt!!!!" nicht in meinen Arbeitsbereich fällt und ich da der falsche Ansprechpartner bin, ...

Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Weist ihr deutlich darauf hin, dass ihr unter Schweigepflicht steht und keine Informationen am Telefon rausgebt? Oder wimmelt ihr die Angehörigen in so einer Situation einfach ab? Wie verhalte ich mich in so einer Situation richtig?

Verweis auf die Beschwerdenstelle o.ä. geht gar nicht (hausinterne Gründe - beschwert sich tatsächlich jemand oder geht zum Chef, habe ich ein Problem).

Sebastian1
17.05.2012, 15:00
Freundlich, aber bestimmt auf die Schweigepflicht und die Möglichkeit, sich mit dem Patienten selbst/anderen Angehörigen auszutauschen. Ggfs den Patienten nach Einwilligung fragen, war auf ITS allerdings eher selten möglich (wohingegen der INformationsbedarf von Angehörigen da natürlich umso höher ist).
Das ist schon doof, spätestens, wenn man selbst mal Angehöriger eines (schwerkranken) Patienten war, weiss man, dass da wirklich eine enorme Diskrepanz zwischen INformationsbedarf und - möglichkeit besteht.

Kackbratze
17.05.2012, 15:29
Das mag wahr sein, aber wenn das KH einmal auf einen falschen Angehörigen reingefallen ist, sind alle extrem vorsichtig.
Ich lehne solche Gespräche ab und biete einen Rückruf an, wenn mir der Patient (!) die Telephonnummer und Namen gibt.

stennadolny
17.05.2012, 15:38
Kein Rückruf (warum soll das dem eigenen KH etwas kosten ?), aber z.B. Codewort mit Pat. absprechen, das dann der Angehörige mir sagt.

Entfernung ist kein Grund für gelockerte Schweigepflicht. Abgesehen davon: Wie kann es überhaupt sein, daß man ungefiltert "einfach so" Angehörige dranhat ?

dlu20
17.05.2012, 15:41
Ich lehne solche Gespräche ab und biete einen Rückruf an, wenn mir der Patient (!) die Telephonnummer und Namen gibt.

Das ist eine gute Idee. Dann weiß ich zumindest, dass ich wirklich mit der richtigen Person spreche und der Patient einverstanden ist.

@Sten: nicht nur Geld, sondern auch Zeit, das ist meist das größere Problem. Aber bei Kackbratzes Lösung kann man den Zeitpunkt des Rückrufs wenigstens selbst bestimmen.

Ungefiltert, naja. Meistens rufen die Leute auf dem Stationstelefon an, reden erstmal mit jemandem von der Pflege, und wenn derjenige mich sieht, gibt er das Telefon eben an mich weiter. Ich habe mir schon überlegt, denen zu sagen, dass ich am Telefon keine Auskunft gebe und sie das auch so weitergeben sollen. Das wäre vermutlich das Einfachste.
Man kann sich aber auch einfach über die Pforte durchstellen lassen und landet dann direkt im Arztzimmer. Das passiert auch gelegentlich.

Kackbratze
17.05.2012, 15:42
Man geht selbst ans Telephon oder man hat ein Spitzenmodell der Schwestetnschaft neben sich stehen, das gleich den Hörer weitergibt.
Das KH hat eine Telephonflatrate bei uns, da ist das egal, wer wen wann anruft.

WackenDoc
17.05.2012, 16:16
Zu meinen Klinikzeiten hab ich das mit Anrufen genauso gehandhabt wie persönlichen Besuchen von Angehörigen: Bei wachen und orientierten Patienten meist direkt an den Patienten verwiesen eben mit dem Hinweis, dass dieser im Besitz seiner geistigen Kräfte ist und über seine Krankheit aufgeklärt wurde und selber Auskunft geben kann.

Mit Beschwerden nach dem Motto "der Tee ist zu kalt", hab ich zwar nicht so viel Erfahrung, da wäre aber die einfachste Lösung, zu sagen, das man es weiterleitet (und dann ignoriert)

Eine Patientin wollte nach Angaben der Angehörigen unbedingt verlegt werden, weil sie mit der Behandlung nicht zufrieden war und wir sollten das gefälligst sofort organisieren (irgendeine juristisch angehauchten Niche in dem Tross dabei)- nur wusste die Patientin nichts davon.

Dr-Pizza
17.05.2012, 16:17
Das ist auch auf unserer Intensivstation ein Thema: Viele Angehörige erkundigen sich telefonisch nach dem Operationsergebnis und wollen wissen, wie es ihrem Verwandten geht: Klar: einerseits verstehe ich den Informationsbedarf, andererseits darf ich am Telefon eigentlich gar keine Auskunft geben. Manchmal ein Dilemma.

Hinzu kommt, dass diese Gespräche teils ziemlich zeitraubend sind und unsere Pflegekräfte generell selbst keine Auskunft geben wollen und lieber immer direkt "an den Arzt weitergeben", da sie selbst meinen, dass es ihnen sowieso nicht erlaubt wäre, Informationen weiterzugeben.

Es kann also gut sein, dass ich an einem durchschnittlichen Tag rund 10-20 Angehörigengespräche am Telefon führe und zwar teils mit unterschiedlichen Flügeln der Verwandschaft ein und desselben Patienten. Manchmal sind die Gespräche nett, oft sind die Angehörigen aber auch über die Maßen informationsbedürftig und die Angst um den Patienten lassen manchmal die üblichen Regeln der Höflichkeit vergessen.

Als ich selbst mal wissen wollte, wie es meiner Oma nach einer OP geht, habe ich z.B. keine Information bekommen und durfte auch nicht mit ihr sprechen "Wir dürfen das Stationstelefon nicht weitergeben". Das fand ich dann wiederum selber nicht so optimal.

Heute ist man auch ein bisschen Dienstleister und die Zeiten von strengen Besuchszeiten oder Abschottung auf der Intensivstation sind vorbei.

Insofern muss man wohl immer einen Kompromiss finden zwischen Informationsbedürfnis der Angehörigen und Schweigerecht. Dass der Patient beispielsweise den Eingriff gut überstanden hat und im Moment stabil ist, ist eine Info, die von mir jeder Angehörige bekommt. Auch finde ich es unproblematisch den üblichen weiteren Ablauf zu erklären. Bei Fragen nach Details zu den intraoperativen Befunden o.ä. verweise ich aber dann auf das persönliche Gespräch.

dreamchaser
17.05.2012, 18:20
Ich halte mich am Telefon mit Auskünften sehr bedeckt, sage nur, dass der Zustand stabil ist, aber keine Details. Mehr Informationen gibt es nur, wenn der Patient fragt, ob der und der mal bei mir anrufen kann - und natürlich im persönlichen Gespräch (wenn sie zu den von mir/uns angegebenen Zeiten kommen, gibts mehr Infos als wenn sie einfach reinschneien, wenn es gar nicht passt). Mit dem Verweis auf die Schweigepflicht kommt man leider nicht so weit bei den meisten, nicht mal bei ärztlichen Angehörige, die sich dann oft sehr echauffieren.

LMD
17.05.2012, 18:34
Meine erste Frage ist immer, wer waren sie nochmal und zu wem gehören sie? wenn der verwandtschaftsgrad nicht 1. grades ist verweise ich auf die schweigepflicht. wenn es 1. grades ist, gibt es nur spärliche informationen, also stabil und nichts weiter, wenn sie mehr wissen wollen, vorbeikommen.

ich hatte eine situation, die ich unangenehm empfand, eine patientin war verstorben, da rief ein paar tage später der enkel an, der auskunft wollte. der hatte sich mit den enltern zerstritten und somit nur spärlichste infos...am ende habe ich trotzdme auf die schweigepflicht verwiesen...

Meridion
17.05.2012, 20:09
Bei uns gibts Rückrufzettel, die die Stationssekretärin ausfüllt und die dann im Fach liegen, da ruf ich dann post-rush-hour, also so gegen 16 Uhr, zurück...

Infos gibts für Richter, gesetzlich bestellte Betreuer, betreuende Angehörige und Leute die vom Betreuer auf die "Whitelist" gesetzt wurden. Für alle anderen sind meine Sprechzeiten Montags ab 15:00 Uhr und Donnerstags ab 15:30 Uhr; Da kann ich dann vorher schnell beim Betreuer checken ob Auskünfte ok sind, bzw. bei den Pat., sofern sie denn (eher seltener) einwilligungsfähig sind. Fachgebiet Psychiatrie.

M

PS: Extern-Nummern, die direkt auf mein Handteil kommen und nicht meine Kollegen oder mein Oberarzt sind, drücke ich weg. Die Rufnummer die überall steht ist die Durchwahl zur Sekretärin. Abkürzungen gibts nicht.

Miss
17.05.2012, 20:22
Wir machen vor allem einen Ansprechpartner aus (Ausnahmen bei besonderen Fällen), der Rest soll sich doch bitte an den wenden. Für größeren Gesprächsbedarf machen wir Termine aus.
Da es auf ITS oft ja um kritischere oder akut kritischere Fälle geht, nehm ich mir dann auch die 5min Zeit, auch wenn die Leute jeden Tag anrufen und sich oft einfach nichts geändert hat...aber die machen sich halt Sorgen.

Leelaacoo
17.05.2012, 20:55
Jaa...auf ITS ist das leider schwierig, die Angehörigen auf den Patienten selbst zu verweisen...es bleibt immer eine Restunsicherheit. Und man kann sich auch nicht alle Verwandtschafts-und Bekanntengrade bei einem Patienten merken, geschweige denn, alle Stimmen am Telefon auseinanderhalten...auch bei persönlichen Besuchen kann ich mir ja nicht hunderprozentig sicher sein, dass die Person tatsächlich den angegebenen Grad ausfüllt...bei Sedierten kanns mir ja nicht mal der Pat. bestätigen. hatten schon "Brüder", die keine waren und so weiter. Am Telefon halte ich mich an die Schweigepflicht, außer, es wurde ein Gespräch oder generell telefonische Gespräche vorher vereinbart (d.h. Familie war da und muss verreisen oder wohnt weit weg). Aber manchmal muss man sich halt in die Grauzone wagen, sonst muss ich von jedem den Perso verlangen und dann auch prüfen, ob das angegebene Verhältniss stimmt...müssen ja nicht alle den gleichen Nachnamen haben..wie soll ich das denn machen? Ahnenforscher wollt ich nicht werden ;-) Komplett abblocken macht manchmal große Spannungen, die man schwer wieder aus dem Arzt-Angehörigenverhältnis bekommt und die sich gerne auswachsen...schwieriges Thema. Ist es denn tatsächlich rechtlich irgendwo festgeschrieben, dass z.B. eine Ehefrau/ ein Ehemann/ Verlobte/ Mütter/Väter/Kinder Auskunft erhalten können und die anderen nicht. Eigentlich darf ich ja strenggenommen auch im persönlichen Gespräch nicht mal nächsten Verwandten Auskunft geben, sofern keine Generalvollmacht/ Betreuung vorliegt und der Pat. nicht zustimmt...wenn man das knallhart durchziehen würde....ui ui...oder greift hier der mutmaßliche Pat.wille? Tricky...

LG Lee

WackenDoc
17.05.2012, 21:14
Auf Intensiv ist das natürlich nochmal was anderes, vor allem, wenn der Patient vorher fit war und jetzt auch noch sediert ist.
Ich glaub, man geht einfach davon aus, dass die Informationsweitergabe bei nahen Angehörigen (z.B. welche,mit denen der Patient auch zusammen wohnt) eher im Sinne des Patienten ist, als bei Nicht-Verwandten oder fernen Verwandten.

Keenacat
17.05.2012, 21:59
Es kann also gut sein, dass ich an einem durchschnittlichen Tag rund 10-20 Angehörigengespräche am Telefon führe und zwar teils mit unterschiedlichen Flügeln der Verwandschaft ein und desselben Patienten.

Es muss doch möglich sein, dass die Verwandschaft einen Ansprechpartner bestimmt (idealerweise natürlich den Betreuer) und sich dann intern informiert. Ich finde, das kann man von erwachsenen Menschen schon erwarten und es ist nicht die Aufgabe des Arztes, fünf Angehörige gleichzeitig auf dem Laufenden zu halten. Selbst auf Palliativstationen, auf denen weitaus mehr Zeit für Angehörigengespräche vorhanden ist, wird das so gehandhabt.



Insofern muss man wohl immer einen Kompromiss finden zwischen Informationsbedürfnis der Angehörigen und Schweigerecht.
Schweigerecht gibts nicht, sondern eine Schweigepflicht. Da kanns einem schonmal an den Kragen gehn, wenn man Pech hat. Verletzung des Privatgeheimnisses ist ein Straftatbestand und kann mit Geld- oder sogar Freiheitsstrafe geahndet werden. Sind wirklich keine Peanuts.


Wir machen vor allem einen Ansprechpartner aus (Ausnahmen bei besonderen Fällen), der Rest soll sich doch bitte an den wenden. Für größeren Gesprächsbedarf machen wir Termine aus.
Da es auf ITS oft ja um kritischere oder akut kritischere Fälle geht, nehm ich mir dann auch die 5min Zeit, auch wenn die Leute jeden Tag anrufen und sich oft einfach nichts geändert hat...aber die machen sich halt Sorgen.
:-dafür


Ist es denn tatsächlich rechtlich irgendwo festgeschrieben, dass z.B. eine Ehefrau/ ein Ehemann/ Verlobte/ Mütter/Väter/Kinder Auskunft erhalten können und die anderen nicht.
Im §203 StGB (http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__203.html) gibt es keine Einschränkung der Schweigepflicht, das bedeutet:
Rechtlich betrachtet darf erstmal nur der Patient selbst Auskunft erhalten, die Schweigepflicht gilt explizit auch gegenüber Angehörigen. Selbst Erziehungsberechtigten, Vormündern oder Betreuern gegenüber kann eine Schweigepflicht gelten, nämlich dann, wenn das Kind/Mündel/der Betreute verständig genug ist, eine Entscheidung selbst zu treffen - zum Beispiel relevant beim Verschreiben von hormonellen Kontrazeptiva an Jugendliche.
Laut §7 der Muster-BO (http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=2.49.1758) ist eine Offenbarung aber möglich,
soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist.
Wenn du also den mutmaßlichen Patientenwillen eines Bewusstlosen eruieren willst und dafür einem Familienangehörigen Auskunft erteilst, von dem du glaubst, dass er dir dabei helfen kann, geht das. Rechtlich wirklich abgesichert bist du, wenn du z.B. für einen sedierten Pat auf ITS eine Betreuung einrichten lässt oder wenn der Patient selbst dich von der Schweigepflicht entbunden hat, indem er dir zu verstehen gegeben hat, dass und welche Angehörigen informiert werden dürfen.


Jaa...auf ITS ist das leider schwierig, die Angehörigen auf den Patienten selbst zu verweisen...es bleibt immer eine Restunsicherheit. Und man kann sich auch nicht alle Verwandtschafts-und Bekanntengrade bei einem Patienten merken, geschweige denn, alle Stimmen am Telefon auseinanderhalten...auch bei persönlichen Besuchen kann ich mir ja nicht hunderprozentig sicher sein, dass die Person tatsächlich den angegebenen Grad ausfüllt...bei Sedierten kanns mir ja nicht mal der Pat. bestätigen. hatten schon "Brüder", die keine waren und so weiter.
Um so wichtiger, dass es einen Ansprechpartner gibt und nicht zehn. Da kann ja keiner den Überblick behalten.

wjsl
18.05.2012, 00:05
Man bräuchte da vermutlich wirklich die Ruhe eines Verwaltungsbeamten; die sagen auch "dafür bin ich nicht zuständig" oder "das geht leider nicht, da müssen sie persönlich vorbeikommen"(natürlich nur innerhalb sehr eng definierter Zeiträume) oder "so sind die Regeln nunmal, da kann ich auch nichts machen", scheinbar seelenruhig, und wenn der auf der anderen Seite der Leitung auch noch so tobt.

Das Grundproblem, dass man den Willen eines bewusstseinsgetrübten oder dementen Patienten nie wirklich rausfinden wird löst das natürlich nicht. Aber auch hier finde ich sollte man erwarten können, dass die Leute persönlich vorbeikommen. Anderenfalls kann es mit der persönlichen Nähe ja auch nicht allzu weit her sein. Auf ITS haben die damals nur persönlich Ort Informationen weitergegeben, und erst dann wenn sie die Leute schon gesehen hatten und kannten auch am Telefon. Sogar bei Ehepartnern wurde das durchgezogen, und letzten Endes haben die es alle dann doch geschluckt. Da standen aber auch OÄ und Chef hinter diesem Prozedere; vermutlich wäre es deshalb gut, das mal mit den deinen zu besprechen auf die Schweigepflicht hinzuweisen, und dass du es unverantwortlich fändest derartige rechtliche Risiken am Telefon einzugehen. Wenn das geklärt wäre würden die auch auf eventuelle Beschwerden von besonders malignen Angehörigen vermutlich ganz anders reagieren.

Dr-Pizza
18.05.2012, 08:43
Schweigerecht gibts nicht, sondern eine Schweigepflicht. Da kanns einem schonmal an den Kragen gehn, wenn man Pech hat. Verletzung des Privatgeheimnisses ist ein Straftatbestand und kann mit Geld- oder sogar Freiheitsstrafe geahndet werden. Sind wirklich keine Peanuts.


Ja, war auch so gemeint, kleiner Flüchtigkeitsfehler...

Leelaacoo
18.05.2012, 09:24
Es muss doch möglich sein, dass die Verwandschaft einen Ansprechpartner bestimmt (idealerweise natürlich den Betreuer) und sich dann intern informiert. Ich finde, das kann man von erwachsenen Menschen schon erwarten und es ist nicht die Aufgabe des Arztes, fünf Angehörige gleichzeitig auf dem Laufenden zu halten. Selbst auf Palliativstationen, auf denen weitaus mehr Zeit für Angehörigengespräche vorhanden ist, wird das so gehandhabt.

Um so wichtiger, dass es einen Ansprechpartner gibt und nicht zehn. Da kann ja keiner den Überblick behalten.

Das ist die Wunschvorstellung, die auch wir versuchen, umzusetzen...aber in der Realität ist es weit schwieriger...nur ein kleiner Prozentsatz der Angehörigen ist wirklich "maligne" (ich mag das Wort in Zusammenhang mit Menschen eigentlich nicht). Die Meisten sind aufgeregt, voller Sorge, manchmal kopflos, ungeduldig, mit Selbstvorwürfen beladen etc. etc. Und gerade in Familien, wo Spannungen herrschen (gerade bei geriatrischen Pat. nicht sooo selten bei deren Kindern) ist es halt auch notwendig, mit mehr als einem ein Gespräch zu führen...oft verstehen Leute Dinge falsch oder gar nicht oder es fällt ihnen noch was ein...ich kann mir schon vorstellen, wie ich drauf wäre, wenn ich arbeiten gehen müsste und meine Mutter auf einer ITS läge und ich könnte mich kaum konzentrieren...ob ich nun meine Schwester davon abhalten könnte, anzurufen, obwohl ICH der Ansprechpartner bin...das würde ich garnicht hinbekommen. Die Konstellation verheiratet, aber getrennt, neuer Partner...ist auch spannend. Wer ist denn dann der Ansprechpartner, wenn dir alle versichern, der Pat. würde auf jeden Fall wünschen, dass man beiden eine Auskunft erteilt...ich will damit nur sagen, dass Idealvorstellungen manchmal gegenüber der Realität angepasst werden müssen...sonst kann man nicht arbeiten. Wir richten bei absehbar nicht kommunikationsfähigen Pat. oder notwendigen Eingriffen stets eine vorläufige gesetzliche Betreuung ein (meist Familienmitglieder)...aber das dauert je nach Notariat (hier in BaWü machen die das) zwischen 3 Tagen und 2 Wochen (wenn der liebe Notar nämlich im Urlaub ist...die Vertretung schiebt das meist weiter)...so lange kann man ja auch nicht warten.

LG Lee

Maja85
18.05.2012, 09:57
Bei uns auch schwierig... Da die Patienten häufig aphasisch/bewusstseinsgetrübt etc sind. Bei wachen, zurechnungsfähigen Patienten hole ich mir zunächst die Erlaubnis ein. Bei stabilen Patienten beschränke ich mich meist auf die Aussage "stabil" und verweise desweiteren auf Visitenzeiten.

Im Notfall gehe ich vom mutmaßlichen Patientenwillen aus. Wenn ich ne Lyseentscheidung fällen muss, würde ich ja schon auch gern jemanden die Kontraindikationen abfragen, und wenn der Patient eben nicht antworten kann, versuche ich Angehörige zu erreichen. Und *irgendwen* über die geplante Therapie aufzuklären, die ja auch unter Umständen lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben kann, ist ja auch ganz schön. (letztens erst erlebt, keine Angehörigen verfügbar, Pat nicht einwilligungsfähig, im Rahmen einer Notfallindikation lysiert und an Lysekomplikation verstorben...)

dreamchaser
18.05.2012, 18:16
Besonders schön war auch folgende Situation auf unserer Intensiv: Geliebte gibt sich als Lebenspartnerin aus und lässt ihre Telefonnummer da, sie ist also unsere Ansprechpartnerin. Kurz darauf erscheint eine weitere Dame - die Ehefrau des Patienten (dieser intubiert) ... das war keine schöne Situation, weil die Ehefrau auch komisch guckt, da einige bei ihrem Erscheinen stutzten.