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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum will niemand Spinalanästhesien machen?



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supernurse
25.06.2012, 22:29
Hallo

Also mir ist schon oft aufgefallen, dass die Spinalanästhesie einen sehr schlechten Ruf hat. Viele empfehlen einem grad ne Vollnarkose, auch bei einem Eingriff am Bein usw..Mit der Begründung, dass die Vollnarkose heute sehr sicher und schonend sei. Mir widerstrebt das aber sehr, denn eine Vollnarkose ist ja achon ein grösserer Eingriff in den Körper als eine Spinale.Finde ich. Und wenn ich die Anästhesisten frage was sie würde wollen bei einer OP sagten bis jetzt alle eine Vollnarkose.Ich verstehe das nicht.
Was meint ihr zu?

Coxy-Baby
25.06.2012, 22:38
Das Thema hier ist FACHSIMPELEI!!!!!! und nicht wie ist eure Meinung zu X-Y, anders kann man das hier nicht werten, natürlich werden auch viele Spinale gemacht, und woher hast du dieses "einen sehr schlechten Ruf"?

PS: Vollnarkose? ist das zweimal Halbnarkose? ;-)

gnuff
25.06.2012, 22:49
Einspruch Euer Ehren, Hörensagen...

Geht es noch oberflächlicher? Hast Du eine Statistik? Was soll der Blödsinn?

Sunflower
25.06.2012, 22:59
PS: Vollnarkose? ist das zweimal Halbnarkose? ;-)

Ich wunder mich ja auch über seine/ihre(?) Aussage bezügl. der SpA, aber hey ein bisschen Nachsicht (trotz smiley) sollte wohl drin sein, denn schließlich wird der Begriff "Vollnarkose" ständig gebraucht (v.a. in den Prämed-Gesprächen). Bitte keine Haarspalterei ;-)

supernurse
25.06.2012, 23:00
Na ja ich rede da vom Hörensagen ohne Statistiken.. Einfach Erfahrungen..

Coxy-Baby
25.06.2012, 23:02
Dieser Teil der Nachricht war auch mit Humor versehen, daher auch der Smiley, es sollte keine Haarspalterei sein.
(Auch wenn unsere Narkosekröten sich in der Prüfung einen Spaß draus machen, wenn jemand den Begriff "Vollnarkose" fallen lässt)
@supernurse: Wo sammelt man solche Erfahrungen? Im OP ja eher nicht oder?

Sunflower
25.06.2012, 23:18
Also ich kläre meine Patienten gerne für eine SpA auf.
Ingesamt ist das z.T. allerdings ein wenig aufwendiger als die normale ITN-Aufklärung, da die Konzequenzen von Komplikationen bei einer SpA insgesamt "dramatischer" sind als bei einer normalen Vollnarkose. Sobald man das Wort "Querschnittslähmung" in den Mund nimmt (ich weiß, das Risiko ist dafür eher gering, aber wir sind dazu verpflichtet die Patienten darüber aufzuklären), bekommen die meisten große Augen. Wenn man sich dann aber ein wenig mehr mit Ihnen darüber unterhält, und dreimal versichtert "Nein, auch bei dieser Art der Narkose können wir gewährleisten, dass sie kaum/nichts von der OP mitbekommen" sind meiner (allerdings doch eher kurzen) Erfahrung nach doch viele für eine SpA offen. Ich versuche auch immer den post-operativen Vorteil der Spa (sofort Trinken, erstmal null Schmerzen, viel wacher als nach einer AN) zu betonen. Und ich habe auch schon oft erlebt, dass die Patienten, wenn sie einmal gute Erfahrungen mit der SpA gemacht haben, auch von sich aus bei der nächsten Hüfte/ nächstem Knie nach einer SpA fragen.

Auch von der Chefseite aus, wird uns nahegelegt die SpA zu empfehlen, v.a. wenn die Patienten noch einige "extra" Indikationen dafür bieten (z.B. bei Lungenkranken (COPD, Asthma), OSAS-Pat., chron. SZ-Pat., Anästhesie-Ausweis, (starker) Reflux, ...). Nur bei ambulanten OPs wie z.B. Knie-ASKs werden AN bei uns bevorzugt (wieder mit Ausnahme bei entsprechenden Indikationen, s.oben)

Von älteren/erfahreneren Kollegen habe ich allerdings schon ab und an gehört, dass die manchmal einfach gar keine Lust mehr haben den Patienten doch die SpA "nahe zulegen", v.a. wenn es in der Prämed-Ambulanz brummt, da man sich doch i.d.R. etwas mehr Zeit nehmen muss.
Und natürlich gibt es auch immer Patienten die schlechte Erfahrung damit gemacht haben, oder es grundsätzlich ablehnen. Dann wird das von uns so notiert, und wenn eher Indikationen für eine SpA vorliegen, wird auch notiert, dass der Pat. sich trotz evtl. Nachteile durch eine AN sich gegen die SpA entschieden hat.

Übrigens ist gerade in der Ortho, zumindest bei uns im Haus, der Plan die SpA zukünftig als Narkose der Wahl einzuführen, bzw. durchzusetzten.

P.S. bei Patienten mit "teuerem" Zahnersatz die sich nicht zw. einer AN und SpA entscheiden können, und die einen "letzten" Vorteil bzw. kleinen Anreiz für die SpA brauchen, hat es manchmal auch einen großen Effekt, wenn man mal etwas betonter erwähnt, dass Zahnschäden bei einer Intubationsnarkose gar nicht so unrealistisch sind ;-)

Sorry, wenn meine Ausführungen etwas länger geworden sind als geplant, und vielleicht ein wenig an der Ausgangsfrage vorbei gehen. Deshalb als kurze Zusammenfassung: Spa hat m.M.n. keinen schlechten Ruf (zumindest keinen begründeten). Man muss sich eben, wie bei jeder Narkoseart, die Vor- u. Nachteile bewußt machen und auch die Kontraindikationen sowie z.B. die notwendigen zeitlichen Abstände zur letzten evtl. Clexane-/Fraxiparin-Gabe berücksichtigen.

Ich würde bei mir auch eine SpA machen lassen, aber ohne Dormicum, denn dann würde ich bestimmt wildes Zeug fasseln ;-)

Sunflower
25.06.2012, 23:20
Dieser Teil der Nachricht war auch mit Humor versehen, daher auch der Smiley, es sollte keine Haarspalterei sein.

Hab ich mir eigentlich auch gedacht, aber ich dachte einmal freundlich erwähnen, damit der Threaderöffner sich nicht ganz mies fühlt, schadet nicht. Und du hast mich ja auch entspannt verstanden und reagiert :-)

...aber das mit dem "zweimal Halbnarkose" merk ich mir ;-)

Evil
26.06.2012, 10:50
Na ja ich rede da vom Hörensagen ohne Statistiken.. Einfach Erfahrungen..
Ich habe gegenteilige Erfahrungen gemacht.
Aber frag doch einfach die Leute, die eine Spinale NICHT empfehlen nach den Gründen.

wjsl
26.06.2012, 19:12
Im Anästhesie-PJ hatte das eigentlich keinen schlechten Ruf an dem Haus, wo ich war; im Gegenteil hat man das besonders Patienten mit Lungenerkrankungen etc. sogar empfohlen, und in der Uro war es fast Standard bei den ganzen TURPs...

Elfene
12.07.2012, 20:16
interessantes Thema:
Als Student habe ich dir Erfahrung gemacht, dass es stark vom Haus abhängt und von den dortigen Gewohnheiten/ Gegebenheiten. Und auch letztlich auch von dem der aufklärt und was der dann empfiehlt bzw. ob er überhaupt beide Methoden erwähnt, einer der nicht von Fach is bzw. noch nie sowas hatte weiss ja meist nicht welche Methoden in Frage kommen und da kann man jemanden bei guter Aufklärung viele Ängste und Vorgeschichten nehmen.

Als Patient: Als ich vor nem Jahr mit ner Kniesache auf den Tisch musste, hatte ich mir vorher überlegt was ich gerne für ne Anästhesie hätte.
Na ja im Freundeskreis waren die Empfehlungen/ Meinungen untersch., irgendwie kam mir der viell. naive:) Gedanke, wenn man schonmal ne Möglichkeit hat für ne Spinale soll man sie ergreifen. Außerdem wusste ich nicht wie es bei mir Richtung PONV aussieht und dass is etwas, dass ich unbedingt vermeiden wenn es geht.
Gedacht, getan, so hab ich gleich bei der Aufklärung rausgequatscht, dass ich gern ne Spinale hätte und die Anästhesistin war recht angetan von dem Wunsch und so kam der Vermerk aufs Blatt, Pat. Wünscht SPA :).
Im OP war es dann recht amüsant, da man mich dort darauf hinwies, ob ich mir schon bewusst bin was ich ne SPA ist und ich da über knappe 2 h liegen müsste, bla bla....und ob ich das wirklich will, nachdem dann rauskam, dass ich med student bin, OA, ah okay ja dann :).
Im Nachhinein habe ich für mich genau das richtige Getan, SPA setzen null mitbekommen, keinen postspinalen Kopfschmerz, Post OP viel besser beisammen als alle die da um mich rumlagen und Schmerzmitteleinsparung Post op is was feines !!

Nachteil: Lange Liegezeit in der Aufwach kann fad werden, wenn die anderen nix reden :)

Fazit: Bei mir aufgrund positiver Erfahrung, wenn ich etwas brauchen sollte, immer wieder SPA
Ist doch oft so, dass man vortiele/nachteile abwiegen muss, schaun muss wie geht ein pat. damit um und ganz oft wie er aufgeklärt wird!!!! und da spielen oft auch Vorlieben des Anästesisten eine Rolle habe ich gemerkt. Aber ich kann über die Horrorgeschichten die man so über SPA hört nichts betstätigen.
Sorry der lange Post, das passte jetzt gerade so.

@ sunflower, hihi, ich wurde gefragt ob ich ein Dormicum haben möcht , hab aber nix genommen, war permanent am quatschen, die werden sich auch was gedacht haben :)

Eilika
12.07.2012, 22:05
Ich glaub wir machen fast so viele Regional-Anästhesien (und da neben IVRA zum grössten Teil Spinale) wie Allgemeinanästhesien. Neben den ganzen Knie-OPS, Leistenhernien analog Lichtenstein, Varizen-OPS, ggf. Hämorrhoiden sind das im Dienst vor allem die ganzen alten Damen mit ihren Schenkelhälsen. Da geh ich schon zur Prämedikation mit den Worten "Sie haben sich leider das Bein gebrochen und müssen operiert werden, aber das können wir wunderbar mit einer Teilnarkose machen". Und auch wenn dem alles radomisierte und evidenzbasierte fehlt, dann glaub ich doch, dass Patienten nach Regionalanästhesie weniger oft ein postoperatives Delir haben und auch sonst von der SPA profitieren im Vergleich zum Allgemeinanästhesie. Bei nem jungen ASA I oder II Patient ist der Unterschied bestimmt marginal, aber bei über 80jährigen mit diversen Begleiterkrankungen finde ich das persönlich schon sehr sinnig.

supernurse
12.07.2012, 22:33
Ja das mag sein, aber ich habe z.Bsp eine Rükenop gehabt im L3/4,und nun ists so, dass ich immer kämpfen muss für ne SPA... Ich meine, was ist daran so schwer, wenn man einfach den L5/S1nimmt oder den L4/5(dort müsste man halt durch die Narbe)..Und es gibt ja versch.Arten zum Zugangsweg, es gibt ja noch die seitliche Variante zwischen den Wirbeln durch(fragt mich nicht wie die heisst;))wenn man nicht mehr gut einen Katzenbuckel machen kann..Aber jedesmal wird vorgeschlagen ich solle doch die Allgemeinanästhesie wählen...verstehe das nicht!

WackenDoc
12.07.2012, 23:05
Warum haste nicht mal deinen Anästhesisten gefragt, warum die in deinem speziellen Fall keine Spinale machen wollen?

supernurse
12.07.2012, 23:09
Den hab ich schon gefragt, da hiess es, dass es zu gefährlich sei nach Rücken Op! Aber warum genau konnte er mir auch nicht argumentieren..

Sebastian1
12.07.2012, 23:20
Ganz einfach, weil auch Anästhesisten keinen Röntgenblick haben. Ich weiss im Zweifelsfall nicht, woran und in welchem Umfang du da genau operiert wurdest und wie die Anatomie da jetzt genau aussieht. Und das stechen eine Etage drunter oder drüber ist auch leicht gesagt: du orientierst dich an anatomischen Landmarken. Wie oft ein L2/3 in wirklichkeit ein 1/2 oder 3/4 geworden ist, kann man sich ausmalen.
Und ich bin ja nunmal gehalten, das möglichst risikoärmste Verfahren zu wählen. Warum also soll ich in den unbekannten Rücken stechen, wenn es keine Faktoren gibt, die gegen eine täglich tausenfach durchgeführte Allgemeinanästhesie sprechen?

Brutus
13.07.2012, 09:02
Tja, vielleicht hättest Du am ANFANG schon mal alle Fakten auf den Tisch legen sollen! Aber eine Frage: Warum hat die SPA so einen schlechten Ruf? / Warum will niemand mehr eine SPA machen? ... und dann, wenn alle dies wiederlegen, kommt man mit einer Vor-OP im LWS-Bereich um die Ecke... :-wand
DESWEGEN machen wir doch das Prämedikationsgespräch! Man erfragt eben Risikofaktoren und Vor-OPs, um mit dem Patienten das "beste" Anästhesieverfahren zu wählen. Das Stichwort heißt Risikoabwägung! Wenn Du irgendwann mit 80 Jahren und Lungenvorerkrankung vor mir sitzen würdest, würde ich wohl schon überlegen, ob auch ein voroperierter Rücken zu einer SPA einladen könnte... Wir haben in unserer wirklich gut brummenden Urologie gerade bei den Uro-Standard-Kleinschei$$-OPs (TURs) fast zu 90% SPA gemacht, eben auch bei kaputten, verdrehten, dicken, muskulösen, voroperierten und ängstlichen Rücken. Insofern würde ich sagen: Rücken angucken, überlegen, was bei der OP gemacht wurde, und wo ggf. Narbengewebe stören könnte oder ob man eben drüber / drunter stechen kann...
Und ansonsten hat Sebastian eigentlich alles gesagt. Wenn ich nach der Risikoabwägung bei Dir eine simple LaMa machen kann, wo Du nach 10 Minuten wieder selbst atmest bis die OP zu Ende ist, warum soll ich mir dann die Sorgen nach Risiken am Rücken machen, wo eben der Erfolg u.U. nicht gegeben ist. Mit einem anderen Begleiterkrankungsspektrum sähe es vll. wieder ganz anders aus.

wjsl
17.07.2012, 23:25
Das Problem mit dem Querschnitt hätte man aber doch eher bei einem PDK, und die werden bei großen OPs ja durchaus gern gelegt (zumindest war das mein Eindruck bisher).
In der Uro wurden an dem genannten Haus aber auch fast alle kleinen OPs mit Spinaler gemacht. Warum genau weiß ich allerdings auch nicht. Bei den ganzen Sectios übrigens auch, sofern es ging, aber da macht es ja sicherlich durchaus einen nachvollziehbaren Sinn.

Kackbratze
17.07.2012, 23:29
Oha, ein peridural gelegter Schlauch hat ein höheres Risiko für einen möglichen Querschnitt als ein intradural gelegter Katheter.
Interessant.
Wo findet man solche Informationen?

DanielOliver
18.07.2012, 16:25
Oha, ein peridural gelegter Schlauch hat ein höheres Risiko für einen möglichen Querschnitt als ein intradural gelegter Katheter.
Interessant.
Wo findet man solche Informationen?

In der gängigen anästhesiologischen Fachliteratur, wiederspricht aber auch nicht unbedingt dem gesunden Menschenverstand.

SPA doch fast immer in Single Shot, dünne, atraumatische Nadel im Bereich der Kauda Equina, also viel Liquor, wenig Nervenfasern.
PDA mit Katheter, dicke traumatische Nadel, Entfernung nach einigen Tagen mit dann ggf. postoperativ alterierter Gerinnung, meist thorakal mit wenig Platz falls epidurales Hämatom entsteht.