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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ausland die einzige Möglichkeit der Routinefalle zu entkommen?



Kairos
13.07.2012, 20:31
Hi

ich bin Assistenzärztin der Inneren Medizin im 3. Jahr und habe Medizin immer mit sehr viel Spaß und Euphorie verfolgt. Seit einigen Monaten habe ich jedoch das Gefühl das ich keine Freude mehr am arbeiten habe. Ich bin körperlich und psychisch erschöpft und hab kein Privatleben mehr. Ich bin mir sicher das es nicht am Fach liegt. Meine Versuche kurze Auslandsaufenthalte zu planen scheiterten weil mein Chef kein Ersatz für die Zeit organisieren konnte. Ich ünerlege mittlerweile das amerikanische Staatsexamen (USMLE) zu machen und nach Amerika oder Australien zu ziehen. Ich weiß nicht ob die Arbeitsbedingungen in der USA oder Australien ähnlich sind oder nicht? Vielleich habt Ihr diese Phase auch durchgemacht? Falls jemand Erfahrungen aus früheren Auslandsaufenthalten hatt würde ich mich über eine Antwort freuen.

Gruß
Kairos

Relaxometrie
13.07.2012, 20:39
Ich verstehe Dein Anliegen :-)
Guck mal hier (http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=78079). Vielleicht ist das ein Anfang für Deine Informationssuche. Und stöber mal ein bißchen im Forum, denn Deine Frage wurde schon häufiger diskutiert.

Kairos
13.07.2012, 21:29
Danke für deine Antwort. Wie ich sehe stehst du vor derselben Entscheidung. Das große Problem ist, dass auch der Facharzt in Amerika nicht anerkannt wird. Ich weiß nicht wie es in Australien ist. Ich persönlich finde es vernünftiger nach dem Facharzt auszuwandern weil man dann weniger zu verlieren hatt und außerdem hatt man nicht das Problem der Anerkennung zurück in Deutschland. Laut Ärztekammer gibt es keine festen Angaben inwieweit die Arbeít in einem ausländischen Krankenhaus hier anerkannt wird.Dies wird im nachhinein , erst nach Abschluss des Aufenthaltes und Einreichung der Unterlagen entschiden. Tatsache ist dass die Arbeitsbelastung in den deutschen Krankenhäusern immer größer wird und ich nicht weiß wie lange man das noch aushält.

Evil
14.07.2012, 09:29
Bevor Du gleich in ein anderes Land auswanderst, schau Dich doch erstmal in anderen Kliniken um. Es gibt auch in D Krankenhäuser, in denen man vernünftig arbeiten kann UND Freizeit hat, da kenne ich mindestens 2 Beispiele.

Leelaacoo
14.07.2012, 11:10
Das "verflixte" 3te Jahr...kenn ich in der Inneren...ich würde aber auch erst Mal dazu tendieren, sich entweder eine neue Klinik zu suchen, vielleicht mit einem anderen Schwerpunkt? Gibt in der Inneren ja diverse Möglichkeiten...ich könnte Onko oder Endokrinologie auch keine 3 Jahre am Stück machen...oder man setzt sich mit dem Cheffe noch mal auseinander und, so er/sie denn willig ist, macht einen Plan, wie man dich an einen schwerpunkt heranführt (ich mache auch nicht den Klinikschwerpunkt, sondern v.a. ITS, andere sind eher sonographisch tätig etc.)...vielleicht kann man auch in einer Klinik, in der man sich sonst wohl fühlt, ein Nischchen finden, um aus der Routine zu kommen? Wenn es generell ein Problem in der Abteilung gibt...mit fast 3 jahren Innere dürfte dir so ziemlich alles offen stehen in den Fach!

LG Lee

Relaxometrie
14.07.2012, 23:42
Es gibt auch in D Krankenhäuser, in denen man vernünftig arbeiten kann UND Freizeit hat, da kenne ich mindestens 2 Beispiele.
Eins davon ist das früher bereits mehrfach erwähnte KH in Oberbayern. Und das zweite? Oder meinst Du die beiden Kliniken, die da in Oberbayern zusammengehören?

god0t
14.07.2012, 23:52
Nur kurz: Das erste Jahr in den USA ist absolutes Buckeln. Du bist wirklich der Fußabtreter. Mit Beginn der Residency wird es dann zwar ein wenig besser, aber die ersten 5 Jahre muss man auch hart arbeiten. Danach wird das Leben dort als Consultant wahrscheinlich schon angenehmer als hier als Oberarzt, aber Garantien gibt es sicherlich nirgendwo. Und USMLE ist auch lange noch keine Eintrittskarte ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten..

test
15.07.2012, 13:25
Hallo,

das würde ich auch zu bedenken geben. In den USA arbeitet man am Anfang wie ein Berserker. Zwar weniger Verwaltung und mehr Hilfsberufe (Blutabnahme, Abbos, bessere Schwestern) sowie wesentlich mehr und intensivere Weiterbildung. Aber im 1. Jahr sind 80-100h/ Woche eher normal und je nach Haus hat man teilweise nur 4 freie Tage Pro MOnat und hat jeden 3.-4. Tag Dienst. Und Dienst sind dort nicht 24h sondern 30-36h.

Als attending wird es besser, aber auch da kommt es auf den Bereich an, am WE muß man häufig auch mal rein. Also in der Inneren ist das auch kein Zuckerschlecken, wenn man nicht z.b. Gastro Endoskopie oder Nephro Dialyse macht, wo man weniger mit stationären akuten Dingen zu tun hat.

Anders sieht es in den sogenannten Lifestyle Fächern aus (Radio, Derma, Auge, teilweise Anästhesie). Da ist das nicht ganz so übel. In der Derma z.b. extrem gut. Das Gehalt ist meist höher als bei uns.
Also, wenn es dir um die ARbeitsbelastung geht und du in der Inneren bleiben willst, weiß ich nicht, ob du in den USA glücklich wirst. Da lebst du für deinen JOb, wobei dein Job dich deutlich besser ernährt als hier, wenn du im richtigen Fach dann endlich (dauert auch 5-7 Jahre mit subspezialisierung) attending bist.

Felicitas
17.07.2012, 15:42
Hallo, mache gerade die Erfahrung mit dem Ausland, bzw. habe einen Teil vor mir den anderen hinter mir.

Ausland hat wirklich seine Reize, je nach dem wo Du eben bist. Der deutschen Routine Falle entkommst Du in diesem Sinne bestimmt, aber ich möchte zu bedenken geben, dass Du im Ausland möglicherweise plötzlich vor Problemen stehst, an welche Du hier in Deutschland noch nicht einmal denken konntest, egal wie gut die Vorbereitung war...

Ich kann also nur sagen... wenn es die Arbeitsbelastung speziell in Deiner derzeitigen Abteilungen ist, die Dir nicht mehr passt, wann währe vielleicht wirklich ein Klinikwechsel an der Zeit, wie oben von den Kollegen bereits geschrieben.

Wenn es wirklich der Reiz ist, gaaanz was anderes zu machen, möglicherweise in einem Exotischen Land (!!!), dann kann ich Dir aus Erfahrung sagen: Bevor Du hier kündigst, oder Entscheidungen triffst,etc. informiere Dich so genau es nur geht. Am besten bei den Leuten, die im dem System sind, in das Du hinein möchtest. Hören sagen reicht nicht. Oder fahre dort hin, hospitiere und schau genau. Google weiß eben doch nicht alles. Milch und Honig fließen derzeit sicherlich im Garten Eden, aber sonst ist mir kein Ort bekannt. Ansonsten hast Du Ärger an allen Ecken und Enden, und der Frust könnte am Ende noch größer sein als in Deutschland.

In Deutschland hast Du als Deutscher Arzt immer noch die problemlosesten Karrierechancen...und die größte Rechtssicherheit. Du wirst auch nicht wegen Deiner Nationalität diskriminiert, weil Du ja wahrscheinlich dieser Nation angehörst oder zumindest daran adaptiert bist. Ausland hat dafür jedoch möglicherweise mehr, oder eben eine andere Lebensqualität als Deutschland (aber dafür musst Du sicherlich einen Preis bezahlen) ...

EVT
17.07.2012, 22:30
wei groß sind denn die chancen, als facharzt in den usa eine stelle zu bekommen? ist sicherlich von fach zu fach unterschiedlich, aber ich bin davon ausgegangen, dass es sehr, sehr schwer ist. wenn man ein in den usa beliebtes fach machen will, so gut wie unmöglich?

Kackbratze
18.07.2012, 07:45
USMLE ist die Eintrittskarte. Egal, was Du vorher gemacht hast.

EVT
18.07.2012, 22:26
klar, aber das machen ja so viele. ist auch kein garant für eine stelle oder?

Felicitas
18.07.2012, 22:32
Nein, einen Granat für eine Stelle hast Du ja eigentlich nirgends... in einer unattraktiven Area bekommst sicherlich relativ einfach einen unattraktiven Job.

Die guten Jobs sind - wie überall abhängig von Deiner eigenen Leistung vom Vit. B und vom Glück. Im Ausland ist es auf jeden Fall sehr viel schwieriger in eine attraktive Position zu kommen als in Deiner Heimat. Die guten Jobs sind erst einmal für die Lokals, die Ausländer haben das nachsehen. Überall auf der Welt. Jede Nation schützt normalerweise sein Volk, ist auch fair und OK.

Thomas24
18.07.2012, 22:35
Gilt nur bedingt für Deutschland...

Wir exportieren lieber weiter unseren eigenen ärztlichen Nachwuchs in nahe und ferne Länder und importieren dafür aus Osteuropa, dem nahen Osten...

Felicitas
18.07.2012, 22:54
Wenn Du unbedingt in die USA möchtest ist es sicherlich einfacher, wenn Du direkt nach dem 2. STEX dort hin abwanderst und dort Deinen Facharzt machst. Dann bist Du im System schon akzeptiert bzw. an das System adaptiert.
Macht es einfacher. Warst Du denn schon einmal länger in den Staaten? Guck es Dir an, mach eine Famulatur oder auch einen Teil vom PJ dort. Dann kannst Du besser entscheiden. Das Leben ist sehr hart und arbeitsreich dort...

Du solltest nur nicht vergessen, Deine deutsche Approbation zu beantragen... sonst kannst Du fies in die Falle tappen, wenn Du die Approbation ein Jahr später haben möchtest und bösen Papierkram hier hast....

Bin ja zum Glück auf einem andren Kontinent....

EVT
18.07.2012, 23:05
ja ich war schon oft da, hab auch die 11. klasse dort gemacht wie so viele. famulaturen und pj dort versuche ich zu machen, ist aber gar nicht so einfach zu kriegen, selbst über bekannte..
naja ich hab noch viel zeit, mir das zu überlegen. ist nur eine möglichkeit unter vielen.
jetzt geh ich wohl erstmal ein jahr nach afrika für meine diss :-) (wenn die ethikanträge durchgehen)

Eilika
18.07.2012, 23:09
@ Felicitas: wohin hat es Dich denn verschlagen?

Felicitas
18.07.2012, 23:14
Naja, der ärztliche Nachwuchs würde ja sicherlich sehr viel lieber in Deutschland bleiben, wenn nicht... aber nicht nur der ärztliche Nachwuchs geht... die Fachkräfte hauen hier ab, die Ein-Euro-Job Bevölkerung bleibt. Überhaupt sehe ich sehr viele Menschen gehen, wenn sie nur können.... aber da könnte man Stunden nonsens diskutieren....

Bin seit 4 Monaten wieder hier, aber nur für wichtigen Papierkram, etc, etc. bin also im im Transit. Was kann ich sagen, ich will wieder fort???

Ich sehe sehr viele Vorteile in Deutschland, was die Facharztausbildung und die eigenen Rechte auf (whatever....) betrifft. Aber was die Lebensqualität betrifft (so wie ich sie mir vorstelle) sehe ich eben Nachteile ohne Ende.

Natürlich importieren wir aus dem Osten... die Leute freuen sich das sie kommen können ein bisserl mehr verdienen als im eigenen Land. Und andere freuen sich auch, denn wieder wird alles billiger für die, die diese Leute beschäftigen. Es scheint ja allgemeines Bestreben zu sein, dass die Leute hier möglichst billig arbeiten sollen.

Habe das eben gerade selber erlebt. Verdinge ich mich zZt. Fachfremd als Aushilfe. Gleich bei der Gehaltsverhandlung wurde ich vom von Klinikträger unglaublich billig abgespeist ... no comment...

Würden Gehalt und Lebensqualität besser zusammenpassen, würden die Leute sicherlich nicht davonlaufen. Geht jedenfalls mir so. Kann nur sagen: Schade drum... obwohl ich weiß, es gibt auch in D schöne Nischen, nette Kliniken und angenehme Teams... sind aber eben die Nischen und dementsprechend selten...