PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Anästhesie-Aufklärung - Komplikationen



Seiten : [1] 2

Eilika
26.07.2012, 12:22
Liebe Anästhesie-Kollegen,
meine leitende Oberärztin hat mich gebeten, mal eine Liste mit all den möglichen Komplikationen aufzustellen, die bei der Prämedikation erwähnt und notiert werden sollten. Und zwar zum einen allgemeine Komplikationen als dann auch spezielle Komplikationsmöglichkeiten bei einzelnen Anästhesie-Verfahren. Am liebsten hätte sie das Ganze mit Quellenangaben.
Also daher zwei Fragen:
1) Gibt es für sowas irgendwo halbwegs evidente Quellen? Hat jemand einen Link oder so?
2) Über welche Komplikationen klärt Ihr explizit auf?
Nebenbei vielleicht noch, wonach ich das Ganze unterteilen soll. Ich dachte jetzt an Allgemeinanästhesie (Intubation/Larynxmaske), Spinalanästhesie/Periduralkatheter, Nervenblockaden (Interskalenuskatheter, Plexus-brachialis-Block, Ischiadicusblock/-katheter, Femoralisblock/-katheter), IVRA, LA-Mac, arterielle Druckmessung, ZVK.
Vielleicht musste ja auch schon mal jemand was ähnliches zusammenstellen...?
Herzlichen Dank und liebe Grüsse :-kaffee
Eilika

Sebastian1
26.07.2012, 21:19
NOch nie zusammenstellen müssen, aber ich kläre bei Allgemeinanästhesien immer auf: INtubationsschäden, PONV, Aspiration, Allergien, kardiopulmonale Komplikationen, MH. Das ist die Kurzfassung, die ich auch verschriftliche. Je nach PAtient noch um patientenspezifische Risiken. Die mündliche Aufklärung mache ich dann insofern umfassender, als das ich die Risiken, die ich oben subsummiert habe, einzeln aufzähle, also "Verletzungen an Lippen, Zähnen, Mundraum, Kehlkopf, Stimmbändern, Halsschmerzen etc" oder "Abfall von Herzfrequenz und Blutdruck. Rhythmusstörunge, Schock" etc.
Bei den anderen Sachen sieht es ähnlich aus. Ich will nicht jedes Mal einen Roman schreiben, es soll aber natüprlich nachvollziehbar sein, was aufgeklärt wurde.

Grombühlerin
27.07.2012, 08:13
Mach ich so in etwa wie Sebastian, nur MH kläre ich ich nie auf, is doch soooo selten. Muss man das echt? Interssant....

Dafür bei längeren OPs noch Lagerungsschäden.

Ich beschreibe immer den Ablauf und was jeweils passieren kann und sage gleich dazu, was wir machen um das zu verhindern, damit der Patient nicht allzu verschreckt wird.

So nach dem Motto "also man kann natürlich gegen alle Medikamente allergisch sein, aber wir überwachen sie ja die ganze Zeit und haben hier auch reichlich Gegenmittel, wenn sie wirklich eine allergische Reaktion haben sollten."

Sebastian1
27.07.2012, 09:50
Klar, dass so oder so. MH ist zwar super selten, aber halt Anästhesie spezifisches Risiko.das kläre ich dann ebenso auf wie den Querschnitt bei der SpA, der ist auch selten....

Grombühlerin
27.07.2012, 10:28
ich fürchte, einem Laien zu erklären, was eine MH ist sprengt meine Prämedikationszeit :-)

Kann man nicht sagen, dass das bei "Allergie" dabei ist?

Am liebten sind mir ja die, mit einer OP vor kurzer Zeit "soll ich Ihnen den ganzen Vortrag nochmal halten? Nein? Ok! Sie wissen ja, morgen früh nix essen, trinken, rauchen....."


.....keine erneute Aufklärung erwünscht.....

Ansonsten bei ZVK/Artierie: Infektion, Blutung/Hämatom, Pneu, Thoraxdrainage
bei Bluttransfusion: Infektionsrisiko
bei TEE: Wie Intubation
bei größeren Eingriffen: Nachbeatmung, I-Station

Sebastian1
27.07.2012, 10:45
ich fürchte, einem Laien zu erklären, was eine MH ist sprengt meine Prämedikationszeit .

Seltene genetisch bedingte Störung des Stoffwechsels, die in Zusammenhang mit der Gabe von Medikamenten bei der Narkose schwerwiegende Komplikationen bedeuten kann, aber extremst selten ist.reicht den meisten zu wissen. Im Zweifelsfall glaube ich nicht, dass ein Gutachter “Allergie “gelten lässt.

Miss
27.07.2012, 11:14
Ich schreib definitiv mehr auf, im Zweifelsfall ist man ja als Aufklärender genauso dran.
MH erwähne ich allerdings nicht, da würde ich mich auch für Quellen interessieren, ob das notwendig ist...

SPA: ein Kollege erzählte vor einiger Zeit, daß man sogar über das Risiko einer Hygrombildung aufklären müßte. Ich dachte, der spinnt, aber es gibt da wirklich ein aktuelles Urteil, seitdem kläre ich darüber auf.
http://www.bda.de/aktuelles/JUS-Letter-September.pdf
http://openjur.de/u/67198.html

Die Klage insgesamt wurde zwar wohl abgewiesen, allerdings mußte u.a. die aufklärende Anästhesistin ein Schmerzensgeld an die Klägerin zahlen. Und dann noch die Begründung, daß man das damals (2003) noch nicht unbedingt wissen mußte, weil noch nicht so weit im medizinischen Fachkreis verbreitet. Tja, und jetzt ist 2012 -und jetzt mal alle die Hand hoch, die darüber aufklären :-nix

außerdem klär ich bei SPA und PDA auf über:
Nerven- und Gefäßverletzung, Blutungen, Hämatom, Mißempfindungen, Lähmungen bis max. Querschnitt, Infektionen, Abszeß, Blasenentleerungsstörungen, Sehstörungen, Kopf- und Rückenschmerzen, Allergie, Kreislaufreaktionen, Krampfanfall, Sturzgefahr, unerwartete Komplikationen....

Kandra
27.07.2012, 12:51
Also wir haben für jede Art von Eingriff Zettel auf denen drauf steht was gemacht wird und was alles passieren kann. Und die gehen die aufklärenden Chirurgen und Anästhesisten mit den Patienten zusammen durch und unterschreiben den Zettel dann zusammen. Habt ihr sowas nicht?

FirebirdUSA
27.07.2012, 16:52
Bzgl. MH: Die Pflicht über MH aufzuklären ergibt sich z.B. aus der Urteilsbegründung des von dir genannten Urteils de BGH. Es ist über typische, eingriffsspezifische Risiken aufzklären die die weitere Lebensführung erheblich belasten können unabhänging von der Auftretenswahrscheinlichkeit... somit muss man über MH und Folgen informieren.

@Kandra: Diese Zettel sind nichts Wert wenn sie nicht personalisiert sind (nur Unterschrift reicht nicht!!!), personalisieren geht z.B. durch unterstreichen der besprochenen Risiken, diese nochmals extra schriftlich auf dem Bogen festgehalten, etc. Ggf. kann auf diesen Zetteln ja auch mal ein Risiko fehlen, dann muss ergänzt werden.

Kandra
27.07.2012, 17:01
Ah, gut zu wissen. Muss ich mal drauf achten, ob das bei uns so gemacht wird.

Relaxometrie
27.07.2012, 20:24
Wie mir einen Fachärztin für Anästhesie mal sagte, müsste man eigentlich auch noch über intraoperatives Awareness aufklären, was ich allerdings bisher noch nie getan habe.

Markus-HEX
30.07.2012, 17:52
@Kandra: Diese Zettel sind nichts Wert wenn sie nicht personalisiert sind (nur Unterschrift reicht nicht!!!), personalisieren geht z.B. durch unterstreichen der besprochenen Risiken, diese nochmals extra schriftlich auf dem Bogen festgehalten, etc. Ggf. kann auf diesen Zetteln ja auch mal ein Risiko fehlen, dann muss ergänzt werden.
Dazu kommt, dass die Zettel häufig mehrteilig sind - der Großteil verbleibt beim Patienten (Ablauf, Risiko, Nüchterngebot ....), nur ein abtrennbarer Bereich (Textfeld, Unterschriften) bleibt bei der Patientenakte - d.h. der personalisierte Zettel ist meist der Teil, den der Patient bekommt und ist damit nicht mehr zum "Nachweis" einer Aufklärung da - Abhilfe könnte hier eine Kopie bzw. doppelte Aushändigung der aufklärungsbögen sein - aber aufwendig...
Ansonsten verwende ich die Zettel gerne zum Aufklären für Regionalanästhesien, da man halt in die Schemazeichnung gut das OP-Gebiet und die Punktionshöhe (PDK) bzw. die Punktionsstelle (ISK, NFK...) markieren kann und auch erklärungen gleich in der Zeichnung festhalten kann (z.B. Lage des PDK....). Aber da der Zettel halt nicht mit in die Akte geht, verschriftliche ich es trotzdem.

Awareness: teils teils - schwangere, die elektiv zur Sectio eine Allgemeinanästhesie haben wollen, bekommen es auf jeden Fall zu hören. Sonst nur in einem Nebensatz bei Nachfragen erzähle ich da auch ausführlich was dazu.

MH: formuliere ich meist als "lebensgefährliche Stoffwechselstörungen bei sehr seltenen Vorerkrankungen oder genetischen Belastungen" - da sollte dann IMHO die Porphyrie mit drin sein ... sieht aber der Gutachter im zweifelsfall anders

Moorhühnchen
04.08.2012, 14:10
Dazu kommt, dass die Zettel häufig mehrteilig sind - der Großteil verbleibt beim Patienten (Ablauf, Risiko, Nüchterngebot ....), nur ein abtrennbarer Bereich (Textfeld, Unterschriften) bleibt bei der Patientenakte - d.h. der personalisierte Zettel ist meist der Teil, den der Patient bekommt und ist damit nicht mehr zum "Nachweis" einer Aufklärung da - Abhilfe könnte hier eine Kopie bzw. doppelte Aushändigung der aufklärungsbögen sein - aber aufwendig...
Bei uns gibt es keinen Durchschlag für die Patienten. In den letzten Wochen hatte ich mehrfach Patienten zur Aufklärung, die gerne ein Doppel haben wollten - ich hab sie jedes Mal auf Station zurückgeschickt, mit der Bitte, die Schwestern dort zu fragen, ob sie ihnen die Bögen kopieren... ich weiß nicht, wie ich es anders handhaben sollte, denn in der Prämedambulanz für jeden Patienten das 6-seitige Formular zu kopieren, kommt dem arbeitsabläufigen Selbstmord gleich... :-nix

Über MH hab ich bisher auch nie aufgeklärt, sollte ich mir angewöhnen!

Eine andere Frage: wir haben seit ein paar Wochen in der Prämedambulanz neben den standardisierten Aufklärungsbögen mehrere Stempel liegen, wo die gängigsten Kompliaktionen nochmal zusammengefaßt sind (Zahn-/WT-/Stimmbandschäden, Aspiration, Lungenversagen, etc...), die man dann am Ende in das freie Feld hauen kann. Schreibe seitdem zusätzlich eigentlich nur noch "Nüchternheit ab 0:00 Uhr" und "Lagerungsschäden bei Bauchlage/Beach Chair....", bzw. patientenspezifische Dinge drunter (zB. erhöhtes Risiko für.... weil.....), bin mir aber nicht sicher, ob ich damit dann wirklich auf der sicheren Seite bin.

Was für Risiken klärt ihr eigentlich für Doppellumenintubation auf?

Muriel
04.08.2012, 17:44
Ohne das juristisch fundiert zu wissen, kann ich mir kaum vorstellen, dass Stempel der Personalisierung genüge tun. Selbst Textbausteine wirklich immer und bei jeder OP immer wieder auftretender Tätigkeiten, die dann so im OP-Bericht auftauchen, sind ja schon schwierig. Dann kann ich mir kaum vorstellen, dass solche Stempel da ganz koscher sind. Auch wenn ich es eigentlich ein Unding finde, dass all das, was schon auf dem Bogen steht und was der Patient ja auch unterschreibt nochmals handschriftlich vermert werden muss. Denn nur, weil es dort handschriftlich steht, heißt das ja noch lange nicht, dass es dann auch tatsächlich erwähnt wurde, könnte ja sonstwann noch ergänzt worden sein.

Espressa
04.08.2012, 17:59
Ich hab gerade ein Gutachten auf dem Tisch liegen, da hat eine Anästhesistin vor der CatOP die Retrobulbäranästhesie gesetzt und damit eine Oculomotoriusparese verursacht.
Im allgemeinen Aufklärungsbogen (des Augenarztes) stehen "Doppelbilder" durchaus drin, handschriftlich ist nichts vermerkt. Ein extra Anästhesiebogen liegt nicht vor.
Summa summarum ist es kein Behandlungsfehler, sag ich mal, wenn auch äußerst selten, so kann es doch passieren...

Daher denk ich mal, selbst wenn es hart auf hart kommt, unterm Strich wird einem wohl kaum ein Strick draus gedreht werden, ob einzelne Punkte handschriftlich dabei stehen oder man irgendwie beweisen kann, sie erwähnt zu haben...

Eilika
05.08.2012, 07:29
Wie lange habt Ihr in der Prämed-Ambulanz Zeit pro Patient? Bei uns kommen die im 15-Minunten Takt. Bis ich da die wichtigesten Nebenerkrankungen erfragt und notiert, den Patienten auskultiert und in den Mund geschaut, den Ablauf der Narkose erklärt habe und zu den Komplikationen kommen will, sind die meistens schon rum...

Sebastian1
05.08.2012, 08:13
Keine definierte Zeit. Wir sind mit 2 Ärzten und einer Sekretärin (die super ist) in der Ambulanz, die bestellen die Patienten von den Stationen nach und nach runter. Prästationäre kommen dazwischen, dank Wartenummersystem bleibt dabei die Reihenfolge gerecht. Die Wartezeiten sind dabei doch recht überschaubar (sieht man im System, wenn man die Patienten aufruft).

Der große Vorteil ist es, mit 2 Leuten da zu sein. Der zweite kommt auch erst um 10 Uhr morgens und bleibt dann bis 18.30 Uhr. Das heisst, man hat auch genug Zeit, auf Leute zu warten, wo noch Betreuer/Angehörige kommen müssen oder die einfach auf Station gesehen werden müssen. Oder aber einer geht aus der Sprechstunde, wenn halt im Tagesverlauf ein Betreuer kommt und nicht viel Zeit hat, ohne dass alle anderen Patienten dann warten müssen.

Die Zeit, die ich pro Patient brauche, ist extrem variabel. Gerade, wenn in jüngster Zeit relevante Ereignisse waren oder aber in der Anamnese Dinge auffallen, die noch nicht abgeklärt sind. (Meist kardiopulmonale Ereignisse, da fischt man ja doch recht viel raus)

Mephistopheles
05.08.2012, 08:18
Ja die liebe Zeit beim Aufklären ist überall zu kurz, vor allem wenn's kein ASA 1 Pat ist im Alter von 20 Jahren ohne VE....
Was ich immer noch mit auklären würde ist die unsichere Kontrazeption nach Allgemeinanästhesie, es soll Kollegen geben die für Kinder zählen müssen die sie definitiv nicht selbst erzeugt haben...

Relaxometrie
05.08.2012, 09:00
Wir sind mit 2 Ärzten und einer Sekretärin (die super ist) in der Ambulanz
Diese beiden Ärzte machen an dem Tag also ausschließlich die Prämedikation?
Wieviele OP-Säle habe Ihr (nur, um das Patientenaufkommen in etwas abschätzen zu können)?

Wir haben 6 Säle + manchmal wird ein Anästhesist im Herzkatheterlabor oder in der chirurgischen Ambulanz benötigt. Ca. 2x wöchentlich läuft zusätzlich noch ein HNO-Saal, in dem dann wie am Fließband überwiegend Adenotomien und Tonsillektomien gemacht werden.
Jeden Tag (Mo-Fr) hat einer von uns Prämed-Dienst. Man kann es manchmal alleine schaffen, aber oft muß man irgendwann Verstärkung anfordern, was ich sehr unschön gelöst finde. Nachmittags müssen wir zusätzlich zur Prämedikation auch die tagesklinisch operierten Patienten entlassen, die Nachmittags-Sprechstunde der Prämedikationsambulanz abhalten und natürlich noch die restlichen stationären Patienten aufklären. Da soll man dann oft an 3 Stellen gleichzeitig sein :-(
Ach, und um die Mittagszeit soll der Prämed-Diensthabende dann auch noch einen Kollegen im OP auslösen, damit dieser essen gehen kann. Speziell dieses Auslösen ist dermaßen beknackt.....ich könnte jedesmal :-kotz

Miss
05.08.2012, 09:23
Das ist ja abteilungsspezifisch überall ein wenig anders. Bei uns ist man in der Prämed-Amb. so ausgelastet, daß man da nicht noch irgendwas Anderes machen kann...Normalbesetzung: 2 plus Sekretärin (und das wird zu Stoßzeiten schon anstrengend), man prämediziert morgens oft noch Patienten für den laufenden Tag, die der Dienst nicht mehr geschafft hat. Wenn dann die Sekretärin anruft und sagt, daß da schon 10 Patienten warten, hat man schon richtig Bock, weil sich das wahrscheinlich den ganzen Tag vor einem herstauen wird.
Realität ist nämlich meistens, daß nur ein Arzt da ist, weil der zweite irgendwelche Lücken woanders stopfen muß :-nix

Ansonsten: Zeit ist variabel - der DJ bei jungem ASA I Patient dauert dann halt wirklich nur 5min, bei ner großen OP bei schwer vorerkranktem Pat halt auch mal u.U. 45min. Denen ist ja oft gar nicht klar, daß das eine richtig große OP ist mit erheblichen Risiken, dann frag ich mittlerweile halt auch nach Patientenverfügung, Vollmachten oder laß sie für Tracheotomien einwilligen. Z.T. wird das nämlich von den Chirurgen ein bißchen runtergespielt, z.T. ist das auch einfach ein bißchen viel für die Patienten (wir sind ja dann schon die zweite Station, da kommen auf einmal doch Fragen auf ;-))