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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Prozeßbeginn nach Zwischenfall in "Schönheitsklinik"



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Moorhühnchen
14.08.2012, 18:48
Gericht: Patientin nach Schönheits-OP in Mainzer Klinik im Wachkoma - Schadensersatz gefordert


„Restinfusion aus OP“. Für sich betrachtet ein harmloser Satz. Für eine 52-jährige Frau und Mutter zweier Teenager aber wurde er im Juni 2011 zum Verhängnis. Weil die Nachtwache einer Mainzer Schönheitsklinik, eine Medizinstudentin im 10. Semester, den Eintrag auf dem Anweisungsbogen für die Medikamentenvergabe falsch interpretierte und der Frau den vom Anästhesisten vergessenen Rest eines Narkosemittels anhängte, erlitt sie einen Herzstillstand. Die Patientin konnte reanimiert werden, seither aber liegt sie im Wachkoma (die AZ berichtete).

Der Ehemann der Frau, die damals zum Facelifting in die auf Schönheitsoperationen spezialisierte Fontana-Klinik in Finthen gegangen war, hat Klage vor dem Mainzer Landgericht erhoben. Dort fordern er und seine Anwältin Michaela Bürgle Schadensersatz in Höhe von knapp 864.000 Euro. Die Berufshaftpflichtversicherung der Klinik hat bisher jede Zahlung verweigert.

OP verlief ohne Komplikationen

Am Dienstag trafen sich die Parteien zum ersten Anhörungstermin vor der 2. Zivilkammer. Ob die Versicherung zahlen muss, hängt vor allem auch von der Frage ab, wer überhaupt verantwortlich ist für diesen verhängnisvollen Fehler. Eine Frage, die womöglich auch noch das Strafgericht beschäftigen wird.

Der Vorsitzende der Zivilkammer, Rüdiger Orf ließ sich den Ablauf von Operation und der Nachsorge für die Patientin von Chirurg, Narkosearzt und Nachtwache haargenau erzählen. Danach sei die achtstündige Operation ohne Komplikationen verlaufen. Die Patientin sei ansprechbar gewesen und habe von selbst vom OP-Tisch auf das Bett wechseln können.

Arzt: "Das Schlimmste, was passieren kann."

Der Narkosearzt habe die gegen 19 Uhr eingetroffene Nachtwache nach eigenen Angaben genau angewiesen, was sie tun solle, sollte es wider Erwarten Probleme geben. Er will ihr auch einen Schrank im OP-Saal gezeigt haben, aus dem sie eine Glukoseflasche nehmen sollte, sofern es der Patientin, die Diabetikerin ist, schlecht ginge. Die Studentin bestreitet das. „Mir wurde nichts von einer Glukoselösung gesagt.“

Der Narkosearzt drückte sein „tiefstes Bedauern“ für das Schicksal der Patientin aus. „Das ist das Schlimmste, was passieren kann.“ Dann sprach er von einer „Wahnsinnstat“. Er sei nur ab und zu in der Schönheitsklinik tätig. „Ich kannte die Nachtwache nicht und nahm an, sie sei eine examinierte Krankenschwester. Sie machte einen sachverständigen Eindruck.“

Griff nach falscher Flasche

Er räumte ein, dass er vergessen haben muss, beim Säubern des Operationssaals die Kochsalzlösung mit der Beimischung des Narkosemittels Propofol zu entsorgen. Sein Eintrag „Restinfusion aus OP“ habe sich auf die der Patientin angehängte reine Kochsalzlösung für die Nacht bezogen.

Als die Patientin gegen 21.15 Uhr über Übelkeit klagte und sich mehrfach übergeben musste, entschied die Nachtwache ohne telefonische Rücksprache mit einem der Ärzte, die „Restinfusion aus OP“ anzuhängen. Nach eigener Aussage griff sie nach der vergessenen Flasche mit dem Narkosemittel, im Glauben, es sei eine Nährlösung.

Ob es zu einer Fortführung des Prozesses oder zu einer Einigung zwischen den Parteien kommt, ist noch offen.Tragische Geschichte, wahrscheinlich wird man nie so genau erfahren, was wirklich passiert ist. Nach den ersten Berichterstattungen im Radio à la: "Medizinstudentin hat Patientin aus Versehen ein Narkosemittel verabreicht", denkt man ja erstmal "Oh, wie bescheuert"... Wenn man dann den oben zitierten Bericht liest, stellt sich das ganze dann doch schon wieder anders dar.

Aber mal ehrlich: mir war bisher nicht geläufig, daß man Propofol in einer NaCl-Lösung auflöst! Bin ich doof oder wird das anderswo standardmäßig gemacht?? Oder ist an dem Bericht einfach nix dran? :-nix

Relaxometrie
14.08.2012, 19:01
Der Fall ist tragisch. Trotzdem ziehe ich keine tieferen Schlüsse aus einem solchen Zeitungsartikel, da darin garantiert mehrere sowohl sachliche, als auch fachliche Fehler enthalten sind :-nix
Und die Behauptung, daß Propofol in NaCl aufgelöst wurde, ist bestimmt schonmal einer dieser Fehler.

WackenDoc
14.08.2012, 19:14
Entweder ist in dieser Klinik was ganz merkwürdig gelaufen, oder der Artikel ist einfach schlecht recherchiert.

Einzige Erklärung, die für mich annähernd Sinn macht, ist dass die Nachtwache ne Propofolflasche direkt an das Infusionssystem angehängt und laufen gelassen hat.

tsingtao2
14.08.2012, 19:19
Mir ist schon eine Klinik im Süden bekannt, in der zum Teil Propofol in eine NaCl-/Ringer-Infusion gespritzt und diese dann angehängt wird! Das ganze war mir aber immer ein Rätsel, da ich es als viel schwerer steuerbar halte, als zum Beispiel eine TIVA mit einem Propofol-Perfusor.

tsingtao2
14.08.2012, 19:22
Entweder ist in dieser Klinik was ganz merkwürdig gelaufen, oder der Artikel ist einfach schlecht recherchiert.

Einzige Erklärung, die für mich annähernd Sinn macht, ist dass die Nachtwache ne Propofolflasche direkt an das Infusionssystem angehängt und laufen gelassen hat.

Die Studentin im 10. Semester müsste doch wissen, dass man nach einer OP kein Propofol benötigt und erst recht nicht ein Propofol-Fläschchen als Infusion hinhängt! Oder liege ich da falsch?

Andererseits frage ich mich auch, was für eine mysteriöse "Rest-Infusion aus OP" der Anästhesist verordnet hat? Wir können über den Fall eh nur Mutmaßungen anstellen..

WackenDoc
14.08.2012, 19:26
Andererseits müsste auch die NaCl-Tüte, in dem das Propofol war, beschriftet gewesen sein.

Und ich kenn es eigentlich so, dass die Restinfusion aus dem OP einfach am Patienten bleib und leer läuft. Also an sich nix, was man holen müsste.

Wie gesagt- wahrscheinlich passt an dem Artikel so einiges nicht.

Coxy-Baby
14.08.2012, 19:28
Naja aber ne Restinfusion (wie auch immer gebastelt) mit Propofol wird doch eh zeitnah verworfen oder nicht???

Matzexc1
14.08.2012, 19:44
Ich kenne eine ganze Reihe Krankenhäuser,aber:

1.In welchem Haus holt man sich die Glukoselösung für Patienten aus dem OP-Saal? Vor allem ohne BZ-Kontrolle?

Wenn ich das in meiner Krankenpflegeausbildung oder danach gemacht hätte, wäre ich kurzerhand rausgeflogen.

2.Ich hab mehr als einmal den Eintrag Restinfusion gesehen,aber immer in der Spalte wo bereits was vermerkt war z.B. Tutto,Iono,etc.

Kennt jemand von euch es anders?

Keenacat
14.08.2012, 20:18
1.In welchem Haus holt man sich die Glukoselösung für Patienten aus dem OP-Saal? Vor allem ohne BZ-Kontrolle?

Vor allem, wo wird die Glukose bei einer wachen Patientin mal entspannt über iv anstatt klassisch oral (das gute Apfelsaft-Trinkpäcken oder zumindest Glukose-Ampullen) zugeführt?
I call bullshit. Der ganze Artikel ist Murks.
:-dafür

Moorhühnchen
14.08.2012, 20:27
Andererseits frage ich mich auch, was für eine mysteriöse "Rest-Infusion aus OP" der Anästhesist verordnet hat?Das ist DER Standardspruch, den viele meiner Kollegen in die AWR-Anordnungen schreiben!

Vor allem, wo wird die Glukose bei einer wachen Patientin mal entspannt über iv anstatt klassisch oral (das gute Apfelsaft-Trinkpäcken oder zumindest Glukose-Ampullen) zugeführt?In vielen Abteilungen ist es zum Teil Usus, daß die Patienten bis x Stunden post-op nix trinken dürfen....... einige unserer Stationsschwestern geben Patienten den gesamten post-op Tag NICHTS zu Essen und zu Trinken - da bin ich auch schonmal fuchsig geworden, als mir das eine Schwester so erzählt hat!!!! Ich wurde mal zu einer Patientin gerufen, die nachmittags über Schwindel geklagt hatte, nachdem sie morgens eine banale OP hatte (Radius oder sowas). Auf die Frage, wann sie denn zuletzt was gegessen habe, antwortete sie, sie habe seit dem Vorabend nichts zu essen bekommen. Auf Nachfrage sagte die Schwester etwas unreflektiert: "Aber die ist doch heute operiert worden, bei uns bekommen die Patienten nach der Narkose NIE was zu essen!" :-wand :-keule

Ändert nichts dran, daß der Artikel wahrscheinlich wirklich Murks ist.......
Trotzdem stinkt die ganze Sache, denn daß es sich um Propofol gehandelt hat, scheint offenbar unstrittig zu sein, oder wie sehr ihr das?

Giant0777
14.08.2012, 20:28
Egal was die Ursachenforschung ergibt, hat die Studentin nunmal für das Unglück gesorgt. An ihr wird es m.M. hängenbleiben. Und natürlich an der Patientin. Als Arzt haste wenigstens ne Haftpflicht für den schlimmsten Fall ( hoffe ich ), aber als Student gehste baden, wenn man "mal eben was anhängt"! Irgendwie auch schade, dass sich diese "Tathergänge" gefühlt sooft wiederholen :-nix

Meridion
14.08.2012, 20:41
Egal was die Ursachenforschung ergibt, hat die Studentin nunmal für das Unglück gesorgt. An ihr wird es m.M. hängenbleiben. Und natürlich an der Patientin. Als Arzt haste wenigstens ne Haftpflicht für den schlimmsten Fall ( hoffe ich ), aber als Student gehste baden, wenn man "mal eben was anhängt"! Irgendwie auch schade, dass sich diese "Tathergänge" gefühlt sooft wiederholen :-nix

Kommt drauf an wie gut sie nachweisen kann, dass sie auf Anweisung gehandelt hat. Wenn das zweifelsfrei feststeht ist eher der Kollege der Dumme.

Giant0777
14.08.2012, 20:48
Kann ich nicht einschätzen! Ich war im PJ auch immer sehr skeptisch, wenns um Medikamente ging. Hab mir immer alles abzeichnen lassen, was ich ansetzen wollte und mal eben was angehängt hatte ich auch nie. Ich wollte nie in Erklärungsnot geraten, denn Fakt ist, die Studentin hat die Infusion gegeben und in solchen Fällen ist sich jeder selbst der nächste ( was man auch durchaus verstehen kann )!

Espressa
14.08.2012, 21:14
Also ich denke der Eintrag "Restinfusion" bezog sich auf eine evt. bereits gegebene Flasche, und sollte keine Anordnung darstellen. Eine Patientin im Fall mit Glucose zu versorgen, wird ja auch nicht im Vorfeld angeordnet worden sein, sondern maximal mündlich weitergegeben, bei Bedarf. Die Studentin hat da weiß Gott was reinlaufen lassen, Propofol ist seit Michael Jackson nun mal in aller Munde und muss in so einem Zusammenhang eben herhalten.

Letztlich ist die Klinik für ihre Mitarbeiter - insbesondere für Hilfskräfte ohne entsprechende Ausbildung - bestimmt in irgendeiner Weise haftbar, wenn die schon am examinierten Personal sparen dann müssen sie es wohl ausbaden.

mainzer
14.08.2012, 22:14
1. am artikel ist wirklich einiges murks....aber so ist das, wenn fach-fremde bericht erstatten...oder die informationspolitik wie in diesem fall eher schlecht ist...
2. haftbar ist sicherlich der betreiber der klinik (zumindest haftpflichttechnisch) für seine angestellten
3. muss man als medizinstudent im 10.semester wissen, dass propofol weiß/milchfarben ist...ICH (sandmann) finde: JA...
mir fällt momentan nur noch eto ein und die bereits angesprochene nährlösung...wenn ich aber in einer TAGESklinik als aushilfe arbeite ist es doch m.M.n. eher unwahrscheinlich, dass patienten dort post-op. regelhaft mit nährlösungen versorgt werden, oder?!?!?!?

grüße aus dem urlaub

tsingtao2
15.08.2012, 06:23
Das ist DER Standardspruch, den viele meiner Kollegen in die AWR-Anordnungen schreiben.

Ja, kann sein. Aber die "Restinfusion aus dem OP" hängt doch wenn dann schon am Patienten, oder? Man stöpselt die NaCl doch nicht ab, nur um kurze Zeit später wieder die halb volle Flasche hinzuhängen?

Das verstehe ich nicht.

Miss
15.08.2012, 07:22
1. am artikel ist wirklich einiges murks....aber so ist das, wenn fach-fremde bericht erstatten...oder die informationspolitik wie in diesem fall eher schlecht ist...
2. haftbar ist sicherlich der betreiber der klinik (zumindest haftpflichttechnisch) für seine angestellten
3. muss man als medizinstudent im 10.semester wissen, dass propofol weiß/milchfarben ist...ICH (sandmann) finde: JA...
mir fällt momentan nur noch eto ein und die bereits angesprochene nährlösung...wenn ich aber in einer TAGESklinik als aushilfe arbeite ist es doch m.M.n. eher unwahrscheinlich, dass patienten dort post-op. regelhaft mit nährlösungen versorgt werden, oder?!?!?!?

grüße aus dem urlaub
Die Realität sieht leider anders aus, das wissen leider nicht alle Studenten.
Allerdings in der Tat mysteriös, aber man kann halt wirklich nur Mutmaßungen über den Hergang anstellen, das bringt ja nicht weiter.

Was lernt man allerdings daraus? Ich zumindest würde für jede noch so kleine OP in eine *richtige* Klinik gehen wollen. Für den Fall, daß man mal doch reanimiert werden muß, kann das vielleicht zeitnah erfolgen und nicht erst durch den alarmierten Notarzt. Und ich bekomm postop schnöde Ringer oder was anderes Ungefährliches.

StellaMaris
15.08.2012, 08:30
Ich frag mich beim Lesen auch gerade, ob die Studentin da die einzige anwesende Nachtwache war? War keine examinierte Pflegekraft mit zur Nachtwache eingeteilt, die da mal hätte draufschauen können oder mit der sie sich zumindest hätte absprechen können? Macht auch einen seltsamen Eindruck.

Ansonsten kenne ich aus der Pflegeausbildung "Restinfusion aus OP" auch nur in Bezug auf eine noch hängende NaCl/Ringer/Jono, die man halt noch reinlaufen läßt, danach startete dann entweder das postoperativ angeordnete Infusionsprogramm oder der Patient brauchte keine Infusion mehr. Flaschen, die Medikamente beinhalteten, wurden immer mit dem Namen des eingespritzen Medikaments beschriftet, kann mich aber nicht erinnern, dass jemals ein Patient nach Übergabe aus dem OP sowas mit hochbekommen hätte.

Auf jeden Fall eine höchst unangenehme Geschichte - für alle Beteiligten.

Evil
15.08.2012, 12:04
Wenn der Artikel stimmt, wird der Anästhesist zumindest eine Mitschuld bekommen:
1. schriftliche Anweisungen nicht eindeutig formuliert
2. Medikamentenmischung nicht korrekt beschriftet und entsorgt

Das kann ein Gutachter als mangelnde Sorgfalt werten, und wenn er Pech hat, greift dann die Beweislastumkehr und er muß auch noch nachweisen, daß er alles andere korrekt durchgeführt hat.

Logo
15.08.2012, 12:12
Unabhängig von den Details dieses Fall lässt sich IMO aber konstatieren:
"Restinfusion aus OP" ist ne Scheiß-Anordnung ohne genauere Bezeichnung. Man sollte sich immer ermahnen möglichst präzise zu sein.

Kürzlich passiert (etwas verallgemeinert/anonymisiert):
Patient kriegt Melperon zur Unterstützung der Nachtruhe gegen 22.00h. An einem nächsten Tag sagt Patient auf Visite es hätte zu spät gewirkt --> Anordnung in etwa: "Bitte in Rücksprache mit Pat. früherer Einnahmetermin bspw. um acht [ausgeschrieben] ausprobieren". Klar was passierte, er bekam das nächste mal morgens um 8.00h das Melperon...
Kein großes Ding, aber für 'ne interne CI-Runde hat es getaugt. Typische Schnittstellenproblematik.

EDIT: Evil war schneller.