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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nach dem Dienst abschalten können



lvf90
17.08.2012, 11:43
Hallo Leute, zur Zeit bin ich noch dabei meine Krankenpflegeausbildung durchzuziehen, aber ich mache mir bereits jetzt Gedanken, wie mein Leben als Assistenzarzt aussehen könnte. Obwohl ich noch in der Ausbildung bin erwische ich mich schon manchmal dabei, wie ich mir zu Hause Gedanken mache, ob zum Beispiel der arterielle Zugang, den ich kurz vor Dienstende gezogen habe, jetzt noch heftig nachblutet oder ob das Bettgitter bei dem verwirrten Mann auch wirklich oben ist...

Mich interessiert nun, wie es euch nach eurem Dienst geht, also wie gut ihr "abschalten" könnt. Macht ihr euch noch zu Hause Gedanken ob ihr alles richtig gemacht habt und geht den Tag nochmal in Gedanken durch? Wie sehr belastet ihr euch damit einen Fehler gemacht zu haben unter dem vielleicht ein Patient leidet? Habt ihr Angst vor der am nächsten Tag anstehenden OP, Untersuchung, Visite etc.?

Die Fragen sind sicherlich recht intim, ich bin aber für ein paar ehrliche Antworten sehr dankbar :)

antonia123
17.08.2012, 12:46
ich kann das gott sei dank recht gut.. klar, manchmal ist man dann zu hause und denkt sich "hätte ich da jetzt doch noch mal schauen müssen" oder "was wenn der patient jetzt doch irgendwas hat?" etc. aber das gehört auch irgendwie dazu finde ich. angst vor dem nächsten tag hatte ich noch nie. und bisher ist zum glück auch noch nie was schlimmes passiert.. in meinem allerersten dienst war ich aber total überfordert, habe mir dann zu hause gedanken um eine patientin gemacht, zu der ich eigentlich noch mal gehen wollte, es dann aber total vergessen hatte.. am nächsten tag hab ich gesehen, dass die frau über nacht reanimationspflichtig wurde und auf die intensivstation musste. da hab ich mir schon tagelang gedanken gemacht ob das jetzt meine schuld war. im endeffekt konnte ich aber nichts dafür und dann war mein gewissen auch wieder beruhigt ;-)

Meridion
17.08.2012, 12:48
Ich brauch normalerweise die Heimfahrt und ungefähr ne halbe Stunde bis ich unten bin. Dann denk ich eigentlich nicht mehr an die Arbeit.
Und dann wieder morgens, wenn ich unter der Dusche stehe geh ich den Tag gedanklich durch, was ansteht.

Angst hab ich eigentlich keine, ich versuch halbwegs ordentlich zu arbeiten. Kleine Fehler passieren halt, aber in aller Regel ja ohne gravierende Konsequenzen. Ich denke die muss man hinnehmen, perfekt geht nicht. Ich schau bevor ich geh immer nochmal 10 Minuten über alle Kurven, ob die essentiellen Sachen stimmen (Antikoagulation, Antibiosen, Vitalwerte, Fixierungen)... Mir persönlich hilft das die möglichen Fehler auf "nicht gravierendes" zu begrenzen und problemloser abzuschalten...

M

LMD
17.08.2012, 19:09
Hatte das Gespräch zuletzt mit einer Kollegin, die nach einem Jahr in der psychosomatischen Reha davon berichtete manchmal auf station aus fadenscheinigen begründungen anzurufen und zu fragen ob alles klar... da habe ich mich wieder erkannt. habe das auch die ersten 3 monate gemacht und schlecht geschlafen. manchmal waren nachmittags noch infusionen mit antikörpern oder manche waren nicht wirklich stabil... zumindest hat sich das nach drei monaten gelegt. muss es auch.
klar schaltet man noch nicht 100% ab, aber das ist nötig um sich selbst zu evaluieren...aber ich schlafe gut und habe in den letzten 4 monaten einmal auf station angerufen, weil ich vergessen hatte, die antibiose anzusetzen... da war ich aber noch auf dem heimweg. wird alles besser.

teletubs
17.08.2012, 20:13
Also eigentlich kann ich gut abschalten vom Job...aber in manchen Träumen verfolgt mich nach meinem Stellenwechsel so manch eine Situation :-nix Keine Ahnung warum...aber mit den Jahren des Assi-Daseins lernt man eh abzuschalten!

Hoppla-Daisy
17.08.2012, 20:22
Damit hab ich Gott sei Dank noch nie Probleme gehabt. Ich kann wunderbar abschalten. Allerdings nicht sofort. Ich bin nach dem Heimkommen meist noch ein wenig aufgekratzt, vor allem nach einem bekloppten (sprich quasi schlaflosen) Dienst. Es ist schon maaaaaal vorgekommen, dass mir zuhause etwas einfiel, was ich vergessen hatte zu erledigen. Dann hab ich kurz die diensthabende Kollegin angerufen und das weitergegeben. Meist war es aber Pillepalle, ne Anordnung oder so. Also echt nix Gravierendes.

Wenn ich nach Hause komme, interessiert mich nur noch mein Privatleben ;-).

Bille11
17.08.2012, 22:28
Ich rufe nicht nach der arbeit/dem dienst von zu hause aus an. Meine nachfolgenden kollegen haben auch einen kopf, den sie zum denken einsetzen koennen, da bin ich ganz zuversichtlich...:-)

Eilika
18.08.2012, 08:49
Ich nehm auch eher selten was mit heim, so mental. Aber einzelne Fälle belasten einen eben doch, dann muss ich nach der Arbeit kurz mit jemandem sprechen, der nicht direkt beteiligt ist. Und dann ist meist gut.
Was ich schon hatte, war, dass ich in stressigen Zeiten nachts von "imaginären" Patienten geträumt habe. Also von Fällen, die gar nicht existiert haben. In der Nacht in der Klinik angerufen habe ich erst einmal. Aber da dachte ich mir, lieber schnell anrufen und den Nachtarzt fragen, ob ich das vergessen hatte, was ich zu vergessen geglaubt hatte. Besser als die halbe Nacht drüber nachdenken ;-)
Was mich am Anfang belastet hatte, waren die Rufdienste. Mit der Idee von zwei Telefonen daheim neben dem Bett, die jederzeit klingeln und mich ins Spital rufen könnten. Da war ich zu Beginn oft wach und hab nachgeschaut, ob die echt nicht geklingelt hatten. Das hat sich aber auch gegeben *grins*

Meridion
18.08.2012, 15:03
Auf Station angerufen weil mir noch was eingefallen war zuhause hab ich auch schon... DAs macht meine Kollegin immer noch hin und wieder, und die macht grade den zweiten Facharzt...

find ich nicht schlimm, solangs was relevantes ist was man vergessen hat und nicht pillepalle.

Meridion

Blauer Engel
18.08.2012, 15:16
Ich habe jetzt in meinen ersten Monaten auch schon zweimal abends angerufen, weil mir gerade beim "ins Bett gehen" dann doch noch etwas eingefallen ist, wofür ich verantwortlich war.
Ich schaue abends vorm Heimgehen auch noch mal im PC die Stationsliste durch und denke kurz nach ob ich bei allen Patienten heut alles erledigt habe. Damit fahre ich jetzt eigentlich recht gut.

Trotzdem merke ich, dass meine momentane Station mich mehr fordert als die davor, dass ich die Patienten viel mehr mit nach Hause nehme. Habe deshalb meinen Chef um ein verlängertes Wochenende gebeten, bin aus der Stadt raus und habe für zwei Tage eine Freundin besucht und merke jetzt bei der Heimkehr, dass ich die Patienten endlich mal aus dem Kopf bekommen habe. Was ich sagen will, wenn es dann doch mal intensiver wird, hilft auch mal ein Tapetenwechsel für ein paar Tage.