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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Assistenzärztin - neue Ziele?



kikki.k
13.09.2012, 15:51
Hallo,

irgendwie bin ich nach dem Examen (Mai 2012) in einem Motivationsloch gefallen. Ich arbeite noch nicht (aber werde in meinem PJ Haus bald anfangen) und obwohl ich mich auf meine Stelle vorbereiten könnte, bin ich doch zu faul. Kennt ihr das?

Seit der Schule war mein Ziel: Medizin studieren, Ärztin werden. Es schiem mir auch immer unmöglich - jetzt bin ich so weit...und nun? Ich bin fast 27, verheiratet und möchte irgendwann Kinder, ich strebe keine große Karriere an... und mir fällt es schwer jetzt weiter zu machen ohne riesigen Ziel vor Augen.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?

Gruß
Kikki

Angina
13.09.2012, 21:14
Die Lernmotivation kommt schon wenn's los geht bei der Arbeit - mit dem Druck. Bis dahin lass ruhig alles mal liegen.
Was verstehst du denn unter einem riesigen Ziel? Facharzt oder "Familienarbeit" (in Sachen Kinderwunsch) sind doch auch welche... je nachdem was dir vorschwebt.
Persönlich kenn ich die Sehnsucht "nach mehr"... sind eben doch recht eingefahrene Straßen die man so abfährt.

med_in_1
14.09.2012, 10:15
Ich finde es beinahe normal, dass man nach einem langen Studium und einer anstrengenden Examensphase am Ende in ein Loch fällt und dann vielleicht reaktiv nicht wirklich Lust hat sich für den Job nochmal reinzulesen und dann ein schlechtes Gewissen u.s.w. bekommt.
Ich denke auch, dass du für dich selbst definieren musst, wie du gern arbeiten / Leben möchtest. Als Ärztin hast du im Vergleich zu anderen Fächern, wo sich derartige Fragen nicht stellen, ja alle Möglichkeiten.

Meine Erfahrung:
- die Arbeit nimmt man als Arzt/in ganz anders wahr, als im PJ/lerin
- von dem ersten "Wissenstief" nach Arbeitsbeginn nicht abschrecken lassen, man wird schnell besser
- alle Optionen (Reha/Akutmedizin, Niederlassung, öffentlicher Gesundheitsdienst, alternative Felder) offen betrachten
- neue Situationen kann man als stressige Katastrophe oder als Herausforderung wahrnehmen - es liegt an dir!

Mein Rat:
Nutze die Zeit für einen Urlaub (allein / mit Mann) um Abstand zu kriegen und Kraft zu tanken. Der Arbeitsbeginn ist nicht ohne, da brauchst du einen freien Kopf und all deine Kraft. Nach dem ersten Jahr, denke ich, ist dann das gröbste überstanden und du kannst "froh" zurückblicken und gewinnst Sicherheit.
Reinlesen würde ich mich rückblickend nicht mehr. Ich selbst habe viel Zeit darin investiert, um nach Arbeitsbeginn festzustellen - 90% des Gelesenen waren umsonst. Am Ende hat eh jede Klinik ihre eigenen Standarts für die "basics" - die man mit freien Kopf und nachlesen immernoch am besten aufnimmt.

netfinder
14.09.2012, 17:46
Vorbereiten? Mach Urlaub!

Fr.Pelz
15.09.2012, 09:14
Wenn du in dem PJ-haus anfängst, muss es dir dort ja gefallen haben. An deiner Stelle würde ich den Urlaub genießen, möglichst ohne Schuldgefühle, und mich auf die Arbeit freuen. Ich hab mich vor Arbeitsbeginn vor allem darauf gefreut, die netten Kollegen wiederzusehen und wieder in den OP zu dürfen. Reingelesen hab ich mich auch nicht, hätte auch nicht so viel gebracht, denk ich. Und am Anfang verlangt ja auch niemand unmenschliches von dir. Ich denke für die ersten Tage/ Woche sind die Bascics wichtig: sich vorstellen (auch ruhig bei den Leuten) wach sein und gucken, was man schon tun kann und sich anbieten.
Und wenn man erst mal "drin" ist, kann man immernoch abends nachlesen, was da am Tag gemacht wurde. Und versteht es dann eh besser, als wenn man nur das Buch gelesen hätte.

smurfonline
16.09.2012, 17:15
Hey du zurück,

Ich glaube ich kenne deine Situation gut. Mir geht es selbst genauso. Es war immer mein Ziel und jetzt hab ich es erreicht...und statt wie ein strahlend gut gelaunter Mediziner durchs Leben zu laufen, hänge ich durch. Keine Motivation...lebe jeden Tag...und irgendwie läuft soviel an mir vorbei.
Aber mach dir keinen Stress. Du weisst doch vom Studium: wenns dann drauf ankommt, dann laufen wir zu Hochtouren auf.
Bis dahin, Denk nicht soviel...es kommt irgendwie und so wir wie oft zu Semesterbeginn dachten, wir schaffen das nicht, so ging es besser, als gedacht :knuddel:

blackcat86
16.09.2012, 21:06
Das Tief kenne ich genau. Bei mir ist es sogar noch schlimmer; wegen einer psychischen Krankheit bin ich irgendwie stigmatisiert, habe aktuell den Stempel "keine Nachtdienste" vom Betriebsarzt, und der Druck dass der möglichst bald vom Gegenteil überzeugt werden muss kommt noch dazu. Ich durfte ohne wirkliche Einarbeitung auf einer chaotisch organisierten Intensivstation anfangen, wo keiner wirklich fest zugeteilt war, außer mir, die natürlich keine Erfahrung hatte, noch dazu in dem speziellen Bereich.

Die Kollegen geben mir das Gefühl, inkompetent zu sein, mir scheint sogar sie verachten mich. Sogar die PJlerin behandeln sie respektvoller und übertragen ihr mehr, das heißt zeigen ihr mehr. Inwieweit das meine Schuld ist weiß ich nicht, vielleicht bin ich tatsächlich unfähig. Aber es nagt eben an mir.

Außerdem machen sie mir Angst vor dem Chef, vor der Hierarchie dort. "Stell am anfang bloß keinen vor, du hast keine Ahnung, das gibt nur Ärger, sieh zu wie wir es machen"; aber wenn ich keine Patienten vorstelle, was soll der Chef von mir denken? Ich kriege es derzeit nicht hin, mich vorzudrängeln, obwohl ich meine dass ich es müsse. Die Kollegen tun es jedenfalls. Werden aber ständig zusammenstaucht, selbst die, obwohl mir die unerreichbar gut scheinen in ihrem Fach. Da würde er mich erst Recht zusammenstauchen, und aus irgendeinem Grund kann ich das nicht freiwillig auf mich nehmen, nur wenn ich es muss. Denn irgendwie kommt das doch noch früh genug. Nur wann? Das ist die große Frage.

Kein Wunder, dass viele da Hemmungen haben anzufangen. Ich kann dich sehr gut verstehen. Habe derzeit das Gefühl nichts von dem, von dem ich je meinte es zu können anwenden zu können. Bin froh, wenn ich mal eine Weile nur Intensivtransporte begleite, Betten durch die Gegend schiebe, möglichst von eigentlich stabilen Patienten, nur als Auszeit, wo man nicht unter Beobachtung zu stehen meint.

An der Uni, in meiner Arbeitsgruppe, da war man noch wer; dann all die Feiern, Promotionsurkunde, Abschlussurkunde mit Anerkennung von der Stadt, das ruhige Leben während dieser Zeit zu Hause. Und jetzt das. Will gar nicht mehr drüber schreiben, da dreht es mir nur den Magen um und ich habe noch mehr Angst vor morgen. Ich will einfach nur nicht mehr versagen...

Thomas24
16.09.2012, 21:25
Bist du sicher, dass du in dieser Abteilung und unter diesen Umständen bleiben möchtest?

Coxy-Baby
16.09.2012, 21:36
...du hast als Berufsanfänger auf einer ITS angefangen?

Kackbratze
16.09.2012, 21:40
..und bist in einer so toll organisierten Abteilung geblieben?!?

WackenDoc
17.09.2012, 17:33
Du hast als Anfänger auf ner ITS angefangen und solltest nach 2 Wochen schon Dienste machen???
Sieh zu, dass du da weg kommst.

Espressa
17.09.2012, 18:26
Seit der Schule war mein Ziel: Medizin studieren, Ärztin werden. Es schiem mir auch immer unmöglich - jetzt bin ich so weit...und nun? Ich bin fast 27, verheiratet und möchte irgendwann Kinder, ich strebe keine große Karriere an... und mir fällt es schwer jetzt weiter zu machen ohne riesigen Ziel vor Augen.

Kikki

Ich denke, zum Teil kommt der Appetit beim Essen. Sprich, wenn du erstmal was arbeitest, wirst du dich schon an der einen oder anderen Stelle in die Materie vertiefen und wirst immer mehr Sachen entdecken die du gern machst und die du noch besser machen könntest.
Ich strebe auch keine große Karriere an, aber dennoch hab ich den Anspruch, in meinem Beruf gut zu sein, und somit muss man zusehen dass man möglichst viel lernt, um später einfach gute Arbeit abliefern zu können. Selbst wenn du Kinder bekommst, wirst du den Arztberuf wohl nicht komplett an den Nagel hängen wollen, denk ich, und umso wichtiger ist es, sich beruflich ein wenig zu entwickeln, besonders wenn längere Pausen anstehen.
Außerdem - such dir ein erfüllendes Hobby, um dann neben dem Job auch ausreichend Ausgleich zu finden.

kikki.k
18.09.2012, 08:17
Vielen Dank für eure Antworten. Ich denke, mir fällt die Decke auf dem Kopf hier zuhause! Urlaub kann ich mir aber leider nicht leisten. Ich glaube Hausfrau sein ist nichts für mich, ich brauche einen geregelten Alltag ;-)

Gruß Kikki

Kackbratze
18.09.2012, 09:08
Hausfrauen haben einen sehr straff geregelten Alltag, oder glaubst Du, eine komplette Familie + Haushalt managen sich von alleine? ;-)

Anne1970
23.09.2012, 12:24
Hausfrauen haben einen sehr straff geregelten Alltag, oder glaubst Du, eine komplette Familie + Haushalt managen sich von alleine? ;-)

:grins:

Colourful
23.09.2012, 12:56
Kikki hat ja noch keine Kinder, oder?
;-)

Und ja, ein Krankenhaus wo ein Anfänger erstmal auf Intensiv ist und das halbwegs allein - vor dem sollten alle, auch die Patienten, schreiend davonlaufen!

Anne1970
23.09.2012, 13:00
... ein Krankenhaus wo ein Anfänger erstmal auf Intensiv ist und das halbwegs allein - vor dem sollten alle, auch die Patienten, schreiend davonlaufen!

Kaum glaublich, dass es sowas heute noch gibt...