PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das neue Patientenrechtegesetz



Seiten : [1] 2

Fr.Pelz
18.10.2012, 20:20
Hi,
wir hatten gestern eine gute Info-Veranstaltung zu dem Thema von einem Anwalt. Das Gesetz wird ja ab 1.1. in Kraft treten und so richtig hat sich zumindest unsere Klinik noch keine Strategie überlegt, wie damit umzugehen ist.
Neu ist ja z.B dass wirklich für jede Maßnahme bis hin zur Blutabnahme aufgeklärt werden muss und die Einwilligung dokumentiert werden muss. Weiterhin müssen die Patienten Kopien von allem erhalten, was sie unterschreiben. Es muss außerdem sichergestellt sein, dass der aufklärende Arzt die nötige Fachkunde hat (ich darf als Chirurgie-Assistentin z.B nicht mehr für CTs aufklären)

Wie macht ihr das, gibts bei euch schon Handlungsanweisungen? Wenn ja, welche?
LG
Fr. Pelz

Logo
18.10.2012, 20:58
Das wird der Horror. Noch mehr Paperwork, muss ich halt einmal mehr am Patientengespräch sparen...

Profitiert der Patient richtig von :-top

Miyu
18.10.2012, 20:59
Hab ich dich richtig verstanden, dass ich eine Blutentnahme aufklaeren und unterschreiben lassen muss? Ich finde Patientenrechte ja richtig und wichtig, aber bin ich die Einzige, der das....uebertrieben vorkommt?

Feuerblick
18.10.2012, 21:06
Nee, ganz sicher nicht. Völligst plemplem... als ob das irgendwelche Rechte von Patienten schützen könnte. Ich höre die Ömchen immer sagen "Ach, sie werden das schon richtig machen, ich unterschreib das, sie brauchen gar nix mehr zu erzählen"... :-wand

Kackbratze
18.10.2012, 21:09
Frag mal einen doppelnamigen Lehrer, ob er "mal eben" für die Blutentnahme unterschreiben will.

blackcat86
18.10.2012, 21:16
Besonders lustig wirds dann auf Intensiv, wenn man jedesmal den Berufsbetreuer für eine BGA einbestellen muss...naja, dann haben die wenigstens auch mal eine Aufgabe...

Moorhühnchen
18.10.2012, 21:20
An unserer Klinik sind dafür 3 Termine für eine Fortbildung zum Thema Arzthaftung vorgesehen. Man darf sich aussuchen, an welchem der Samstage man mehrere Stunden in der Klinik zubringen möchte - die Fortbildung ist für alle Assistenten Pflicht, für Ober- und Chefärzte fakultativ..........

An sich hätte ich mir eine Fortbildung zum Thema "Wie kläre ich richtig auf" oder so ähnlich schon eher gewünscht, aber unter oben angesprochenen Gesichtspunkten... naja, ich glaube, wir wissen alle, was wir persönlich davon halten. :-wand

Rico
18.10.2012, 21:38
Neu ist ja z.B dass wirklich für jede Maßnahme bis hin zur Blutabnahme aufgeklärt werden muss und die Einwilligung dokumentiert werden muss. Steht das da echt so drin? Mit der BE ausdrücklich genannt?
Sowas bescheuertes kann man sich ja kaum vorstellen. :-notify
Ich kann ja gerade am Rande meines unjuristischen Verstandes nachvollziehen, dass Vorgänge, die zumindest theoretisch ein nicht ganz konstruiertes Risiko bergen aufgeklärt werden müssen - wie z.B. die leidigen Thrombosepropylaxespritzchen (an ner HIT kann man ja immerhin sterben), aber ne BE???
Gut, die Risiken sind grob die gleichen wie bei der Whipple-OP (unbeabsichtigte Verletzung anderer Strukturen, Blutung, nfektion, Allergie) aber der masstab ist doch schon ein ganz anderer.
Was kommt als nächstes? Aufklärungsgespräch vor jeder Blutdruckmessung nach Riva-Rocci (arterielle und venöse Thrombose, Nervenschäden, Parästhesien) - ist ja ungefähr genauso gefährlich.

Weiterhin müssen die Patienten Kopien von allem erhalten, was sie unterschreiben. Das hat mich schon immer gewundert, dass das nicht schon immer so war. Schließlich kann ich ja mit dem Aufklärungsbogen nachträglich alles mögliche machen, incl. den geforderten Individualisierungen um ihn rechtsgültig zu machen.

Desiderius
18.10.2012, 21:44
Das hat mich schon immer gewundert, dass das nicht schon immer so war. Schließlich kann ich ja mit dem Aufklärungsbogen nachträglich alles mögliche machen, incl. den geforderten Individualisierungen um ihn rechtsgültig zu machen.

Das ist ja immer Patienten abhängig, der der eine Kopie will der bekommt sie. Die meisten wollen es ja nicht einmal lesen bevor sie es unterschreiben!! Die wollen garantiert auch keine Kopie.
Rechte hin oder her, es ist albern... was der schlimmste Teil ist, was ich so verstanden habe das die Operateure selber auch die Patienten aufklären müssen, nicht so wie bisher. Wie soll das gehen in der Chirurgie oder Anästhesie? Wir hatten das mal angeschnitten.

Miyu
18.10.2012, 21:48
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass fuer jede CT/MRT-Aufklaerung ein Radiologe auf Station auflaeuft.

WackenDoc
18.10.2012, 21:51
Also eure Kliniken dürfen mich dann gerne als Aufklärungsarzt einstellen. Ich hab mein Büro dann auch noch vor der Eingangstür- man muss ja wegen der Infektionsgefahr und so aufklären. Macht man sinnigerweise bevor der Patient das Haus betritt.

Ich durfte übrigens "damals" immer von der Inneren aus auf die Derma für die Aufklärung für Gastro und Colos- obwohl die Kollegin da vorher bei uns in der Abteilung tätig war und dementsprechend ausreichend fachkundig und ich noch nie ne Colo gesehen hatte.

Janny
18.10.2012, 21:58
Und so als diensthabende Rettungsstellenschnalle kläre ich dann einen einzigen Pat jeweils schriftlich auf über
- Sono
- Blutentnahme
- Röntgen
- chir. Wundversorgung

Geht's noch????? :-wand

Rico
18.10.2012, 22:06
Und so als diensthabende Rettungsstellenschnalle kläre ich dann einen einzigen Pat jeweils schriftlich auf über
- Sono
- Blutentnahme
- Röntgen
- chir. Wundversorgung

Geht's noch????? :-wandNee, Röntgen darfst Du nicht aufklären, bist ja nicht aus der Radiologie.... :-D

Und die Fachkunde langt da bestimmt nicht...

Janny
18.10.2012, 22:15
Nee, Röntgen darfst Du nicht aufklären, bist ja nicht aus der Radiologie.... :-D

Und die Fachkunde langt da bestimmt nicht...

Oh ich vergaß.....Bloß blöd, dass wir eine der Kliniken sind, in der nachts gar kein Radiologe vor Ort ist....Tja, liebe Radiologen, wir machen euch auch ein Bettchen im Bereitschaftsgang frei....

Haben die sie eigentlich noch alle???

Kandra
19.10.2012, 06:21
Ich könnte mir vorstellen, dass man zB bei Blutentnahmen beim Aufnahmegespräch eine allgemeine Aufklärung darüber macht, die dann für den gesamten Krankenhausaufenthalt gilt. Ansonsten wär das ja wirklich total behämmert. (Auch für den Patienten. Wir nehmen den Leuten bei Bedarf täglich Blut ab, der bewirft mich doch mit irgendwas wenn ich dem jeden Tag wieder den Wisch vor die Nase halte bzw. der Arzt das macht ;) ).

FirebirdUSA
19.10.2012, 13:19
Oh ich vergaß.....Bloß blöd, dass wir eine der Kliniken sind, in der nachts gar kein Radiologe vor Ort ist....Tja, liebe Radiologen, wir machen euch auch ein Bettchen im Bereitschaftsgang frei....

Haben die sie eigentlich noch alle???

Wenn nachts keine Radiologen da sind brauchst du auch eine Fachkunde (z.B. Notfallmedizin) und darfst dann natürlich auch aufklären :)

FirebirdUSA
19.10.2012, 14:32
Hi,
wir hatten gestern eine gute Info-Veranstaltung zu dem Thema von einem Anwalt. Das Gesetz wird ja ab 1.1. in Kraft treten und so richtig hat sich zumindest unsere Klinik noch keine Strategie überlegt, wie damit umzugehen ist.
Neu ist ja z.B dass wirklich für jede Maßnahme bis hin zur Blutabnahme aufgeklärt werden muss und die Einwilligung dokumentiert werden muss. Weiterhin müssen die Patienten Kopien von allem erhalten, was sie unterschreiben. Es muss außerdem sichergestellt sein, dass der aufklärende Arzt die nötige Fachkunde hat (ich darf als Chirurgie-Assistentin z.B nicht mehr für CTs aufklären)

Wie macht ihr das, gibts bei euch schon Handlungsanweisungen? Wenn ja, welche?
LG
Fr. Pelz

So, hab mir das Gesetz jetzt mal selbst durchgelesen. Die Aufklärung hat mündlich zu erfolgen und muss für alle Tätigkeiten, insbesondere invasive (und somit auch BE) erfolgen. Die Einwilligung kannst du aber auch in der Patientenakte dokumentieren, ich denke nicht dass du jetzt immer mit einem Aufklärungszettel zum Patienten rennen musst.
Die Aufklärung muss von dem selbst durchführenden erfolgen oder von einer dazu fähigen Person (das war im übrigen in Haftungsfällen vor Gericht schon seit langem so!), d.h. der Assistenzarzt darf in der Chirurgie auch nicht über einen Whipple aufklären den er noch gar nicht operieren kann und der Radiologe muss natürlich mit seinem Patienten selbst reden, eine Fachkunde z.B. für die Aufklärung zum CT ist nicht explizit gefordert und ich denke das auch ein Assistenzarzt in der Radiologie ohne Fachkunde aufklären darf sofern er den Grundkurs und entsprechende Erfahrung hat. Der Chirug darf es aber nicht ... so meine Interpretation. Ist aber eigentlich auch nichts neues, ich kläre als Radiologe ja auch nicht über eine Appendektomie auf.

Jetzt warten wir mal ab wie es wirklich wird und wie dann auch die Gericht das ganze interpretieren.

Lava
19.10.2012, 15:07
Die Aufklärung muss von dem selbst durchführenden erfolgen oder von einer dazu fähigen Person (das war im übrigen in Haftungsfällen vor Gericht schon seit langem so!), d.h. der Assistenzarzt darf in der Chirurgie auch nicht über einen Whipple aufklären den er noch gar nicht operieren kann

Muhahaha! Jetzt mal Hand hoch, bei wem sich tatsächlich DARAN gehalten wird.

Fr.Pelz
19.10.2012, 18:43
Das hätte was für sich, ich finde es nämlich auch bescheuert über Whipple aufklären zu müssen, wenn ich die OP nur aus Büchern und "mal zugucken" kenne (und vermeide es dementsprechend). Hab aber auch noch keine Fachkunde Strahlenschutz und dürfte deswegen noch nicht mal für CTs aufkären (das läuft bei uns eh meist unter "Sie wissen ja, sie könnten allergisch auf KM reagieren und es ist ne Strahlenbelastung, unterschreiben sie hier").
Finde die Idee vom Aufklärungsarzt aber spannend.
Das könnten doch z.B alte Chirurgen kurz vor der Rente sein, die mal n Schritt kürzer treten wollen. Dann schickt man die Patienten vor der Anästhesie-Sprechstunde in die "OP-Sprechstunde" wo einer den ganzen Tag aufklärt... (zumindest über elektiv-OPs) Dann müsste das nicht im hektischen Stationsalltag zwischen Tür und Angel geschehen.
Mütter, die nach Babypause wieder langsam reinkommen wollen, könnten das auch machen. Und wenn die Klinik keine Aufklärungsärzte einstellt, müsste man halt rotieren.

Miyu
19.10.2012, 19:15
Lustiger- oder besser passenderweise hab ich gerade von einem Urteil des Landgerichtes Heidelberg gelesen, dass eine Aufklaerung vor Blutentnahme nicht noetig ist weil unpraktikabel fuer aerztliches und nichtaerztliches Personal mit "aeusserst weitreichenden Konsequenzen fuer Alltag und Praxis".

http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/recht/article/665940/risikoaufklaerung-blutentnahme-nein-sagt-gericht.html

Ist allerdings schon ein Jahr alt, das Urteil.