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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wozu noch Horrorfilme: Chirurg im Bereitschaftsdienst auf Phoenix TV



netguru
22.07.2003, 11:12
Zur Aufmunterung in die Ferien einer Respektsbekundung für alle Bereitschaftsärzte in deutschen Krankenhäusern. :-))

Ich habe nicht alles gesehen. In dem Dokufilm ging es also darum, daß man als Arzt im Bereitschaftsdienst anwesend sein muß (wenn es gut kommt einige Zeit in so einer Art Gefängniszelle, dem persönlichen Aufenthaltsraum), die Zeit aber großteils als Freizeit gilt (wohl die Hälfte der eigentlich 24h).

In tatsächlich aber 25 Stunden allein im Krankenhaus ohne Schlaf für so einen Bereitschaftschirurg kamen unter anderem (neben Dutzenden Anderen) ein Kind mit einer harmlosen Verbrennung, Einer mit lebensgefährlicher Verletzung am Kopf eingeflogen (nach Check weitergeflogen in anderes Krankenhaus zum Neurochrirurgiespezialisten),

Unabhängig voneinander zwei (!) Leute, die sich mit einer Brotmaschine ernsthaft verunstaltet hatten, ein Besoffener der die ganze Zeit rumgequieckt hat als wenn er gleich stirbt (hatte nur einen Nasenbeinbruch, sehr agressiv und unsympathisch halt). Dann ist der schon Behandelte und als versorgt geltende Brotmaschinenbediener (Finger) plötzlich umgefallen und hatte "keinen Blutdruck mehr", hätte beinahe die Mücke gemacht, die Bereitschafter mußten also gleich wieder hellwach sein.

Man kann sich auch ansehnlichere Gebäude als das Krankenhaus (innen wie außen) vorstellen, mal abgesehen von dem komischen Licht - allein schon Folter genug.

Also jedenfalls war die 25 Stunden, an dem Samstag als gedreht wurde, fast immer und permanent was los. Wird nie langweilig.

Der Tag war abgesehen davon, daß auch wegen der Verantwortung antrainierte Dinge bei dieser Überforderung schief gehen können, komplett im Eimer und dann muß der Langarbeiter sich ja erstmal ausschlafen, so daß aus den Offiziellen 12 Stunden ein WE geworden ist.

Wenn ich das jetzt mal mit einer ähnlich langen Ausbildung vergleiche: Mein Vater ist Patentanwalt (benötigt Ingenierstudium, 3 Jahre Praxis ("egal" wo), habilitiert (muß natürlich nicht sein, bringt aber in der Branche sehr viel), eher kleine juristische Zusatzausbildung), ist Mo-Do 8-19:30/20:00 in der Kanzlei (ich würde nicht unbedingt sagen, daß er die ganze Zeit arbeitet, man kann einen Schwatz und Arbeit da schwer auseinanderhalten, er macht auch schonmal seine fünf Aquarien sauber oder geht ne reichliche Stunde spazieren, natürlich nicht jeden Tag aber oft. Nun ist er schon älter und hat für alles jemand, er könnte auch mal ne Woche fehlen, macht aber kaum längeren Urlaub) und Freitag fährt er allerspätestens 17:30 (aber schon von der Wohnung aus) ins Wochenende, kommt erst Monatg früh wieder, auch im Winter.

Das Gehalt (Freiberufler mit einigen Hilfsanwälten für verschiedene Technikfelder, die aber alle nur kurze Teilzeit da sind) ist allein durch die Anwalttätigkeit signifikant höher als bei dem Chirurg, der eine vergleichbare Ausbildung hat, zeitlich wesentlich mehr arbeitet, und auf jeden Fall psychisch weniger gesund lebt. (ich könnte mir sowas auf keinen Fall vorstellen und kann nur den Hut ziehen).

Dagegen wohnen bei mir zwei Ärzte im Haus, die eine ist älter und Psychologin (östliches Dipl.med., nicht promoviert, aber bekannt) mit eigener Praxis und die andere (seit kurzem promoviert) arbeitet in der Säuglingsabteilung der Uniklinik. Bei beiden habe ich das Gefühl, (nur so vom Sehen, ich kenn sie nur vom Small Talk), daß sie tatsächlich zumindest allerallermeist mit einem 8 Stunden-Tag hinkommen, teils auch geringfügig kürzer, inklusive Schreibarbeit und Lernen. Man bekommt die Freizeitgestaltung ja etwas mit.

Der arme Mensch in dem Krankenhaus muß sich vorkommen wie der Trottel der Nation, also der lebt eigentlich gar nicht, der wurde zum Roboter versklavt - mit ensprechenden Spätfolgen, Rechts überholen und dann Schuldgefühle haben oder sowas in der Art, komisches Stottern oder Langssamsein beim Guten Tag-Sagen.

Auch wenn man ein Helfersyndrom hat oder irgendwann mal besonders ausgeprägt hatte (hat ja jeder Mensch irgendwie, aber bei Ärzten war das oft die Motivation für die Berufswahl) - irgendwann gehen einem die ganzen Kranken (sehr oft ja selbstverschuldet) doch auch mal zumindest einen Teil des Tages unheimlich auf den Sack - könnte ich mir vorstellen, , und man darf es dann nicht zeigen, was ja eigentlich besonders ungesund ist.

Zur Aufmunterung in die Ferien einer Respektsbekundung für alle Bereitschaftsärzte in deutschen Krankenhäusern. :-))

hibbert
22.07.2003, 11:16
Verdammt! Das hab ich nicht gewusst! :-)) :-)) :-)) :-))