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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aus der Kirche austreten - in unserem Job besser nicht?!



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Miyu
30.09.2013, 19:42
Wie kann es denn eigentlich in einem säkularisierten Staat sein, dass überhaupt es (noch) so viele christliche Krankenhäuser gibt?

http://de.wikipedia.org/wiki/Wohlfahrtsverband

Deswegen vielleicht? Sind übrigens nicht nur christliche Traeger dabei.

Miss_H
30.09.2013, 19:50
Wie kann es denn eigentlich in einem säkularisierten Staat sein, dass überhaupt es (noch) so viele christliche Krankenhäuser gibt?

Und es werden immer mehr. Es ist für den Staat total egal, so lange die Versorgung halbwegs passt. Und es ist für den Statt günstiger.

Rettungshase
30.09.2013, 21:41
Ich empfinde das als falsch.

Es kann doch nicht sein, dass ein Patient - gerade in ländlichen Regionen, wo es weit und breit nur ein Haus gibt - gewissermaßen gezwungen ist, in einem Zimmer zu liegen, in dem er mit irgendeinem Glauben konfrontiert wird, mit dem er mitunter gar nichts zu tun haben will.

Miyu
30.09.2013, 21:43
Ich empfinde das als falsch.

Es kann doch nicht sein, dass ein Patient - gerade in ländlichen Regionen, wo es weit und breit nur ein Haus gibt - gewissermaßen gezwungen ist, in einem Zimmer zu liegen, in dem er mit irgendeinem Glauben konfrontiert wird, mit dem er mitunter gar nichts zu tun haben will.

Ich kann ja nur fuer mein (diakonisches) Haus sprechen, aber bei uns trifft einen, außer in Form eines Aushanges im Flur, dass es eine Seelsorge gibt und eines Sinnspruches des Namensgebers im Eingangsbereich, nirgendwo die konfessionelle Traegerschaft der Klinik (gut, im Namen der Klinik noch). Wir haben auch keine Nonnen. Dementsprechend wird bei uns auch niemand mit irgendwas konfrontiert, was er nicht moechte.
Und bevor das, wie du sagst, einzige Haus weit und breit zumacht und es gar keine Versorgung mehr gibt, ist es doch immernoch besser, wenn ein Wohlfahrtstraeger das Haus uebernimmt.

Miss_H
30.09.2013, 21:58
Das sehe ich anders. Das größere Problem haben doch die ganzen Beschäftigten. Wer hat sich denn bitte seine Religion ausgesucht? Wieso wird jemand ohne Religionszugehörigkeit vor jemandem mit ehemaliger Religionszugehörigkeit bevorzugt? Und wieso kann der kirchliche Träger bestimmen, obwohl das Krankenhaus zu 80 % oder mehr vom Staat finanziert wird. Ich hätte kein Problem in einem solchen Haus zu arbeiten, wenn meine Kirchensteuer wieder zu meinem Arbeitgeber zurück kommt. Dieser Anteil ist aber nur dafür da um damit Männer zu finanzieren, die Dinge vorschreiben wollen von denen sie keine Ahnung haben. Sollte es sich vermeiden lassen werde ich für so einen Verein nicht arbeiten.

Kackbratze
30.09.2013, 22:37
Bei uns merkt man die Kirche am Tarifvertrag. Alles Andere ist an der freien Wirtschaft orientiert und entsprechend erbarmungslos.
Die Tarifverträge übrigens auch, aber immerhin mit Kirchenlogo und ohne echtes Streikrecht...

Christoph_A
01.10.2013, 09:45
Letztlich ist es doch eine Frage des Einzelnen. Der eine ist religiös, der anderer nicht, der eine zahlt Kirchensteuer, der andere tritt aus. Und genauso ist es mit einem konfessionellen Krankenhaus: Der eine kann die Bedingungen da akzeptieren, der andere nicht und arbeitet dann halt woanders, where´s the Problem?
Das einzige, das mir an dieser Diskussion grad nicht gefällt, ist dieses permanente Kirchenbashing, das von einigen betrieben wird. Auch ich bin mit manchen Dingen, die ein paar alte Männer im Vatikan oder sonstwo (die Evangelen sind da auch nicht wirklich besser) beschließen, nicht einverstanden. Aber deshalb gleich ne ganze Religionsgemeinschaft anzugehen finde ich persönlich too much. Bei weitem nicht jeder Christ ist ein reaktionärer, weltfremder Intoleranzling.

Miss_H
01.10.2013, 10:47
Das Problem für mich ist, dass es in einigen Regionen Deutschlands kein Krankenhaus gibt, welches nicht in kirchlicher Trägerschaft ist. Dann ist es mit der freien Entscheidung nicht so einfach. Natürlich kann man umziehen, aber manchmal ist das halt aus bestimmten Umständen (Familie etc.) nicht möglich. Und dann hat man halt keine Wahlfreiheit mehr.
Ein anderes Problem für mich ist, dass es für mich keinen Unterschied macht, ob ich nie in einer Kirche war oder austrete. Was kann die Person denn dafür, dass die Eltern einen getauft haben?! Für mich wäre es "kein" Problem an einem kirchlichen Haus zu arbeiten, wenn ich keine Kirchensteuer bezahlen muss.
Mir geht es nicht darum, dass Religionen böse sind sondern viel mehr darum, dass ein kirchlicher Träger viele Sonderrechte hat, obwohl das Krankenhaus hauptsächlich staatlich finanziert ist. Das will nicht in meinen Kopf.

Strodti
01.10.2013, 11:13
Für die Patienten macht das i.d.R. keinen Unterschied. Die medizinische Versorgung ist die gleiche und es wird niemanden eine Seelsorge oder Teilnahme am Gottesdienst aufgeschwatzt... ok, Freitags gibts Fisch, aber das wars auch schon, was der Patient merkt.
Die Ungleichbehandlung des Personals ist allerdings problematisch und ich erwarte hier in den nächsten Jahren längst fällige Korrekturen. Zum Glück wurde gerichtlich inzwischen eine Einbindung der Gewerkschaften auch in Tendenzbetrieben bestätigt. Das kann aber nur ein Anfang sein. Warum soll ein Arbeitnehmer in der Diakonie weniger Rechte haben als ein Arbeitnehmer bei der Stadt. Arbeitsrechtausnahmen für die Kirchen gehören abgeschafft.

McBeal
01.10.2013, 11:22
Dazu fällt mir gerade ein (Sorry, OT), dass bei uns wirklich jemand im Vorstellungsgespräch gefragt hat, ob wir wirklich nicht streiken dürfen. :-D

LG
Ally (bei der Diakonie beschäftigt)

Stan.
01.10.2013, 11:35
Letztlich ist es doch eine Frage des Einzelnen. Der eine ist religiös, der anderer nicht, der eine zahlt Kirchensteuer, der andere tritt aus. Und genauso ist es mit einem konfessionellen Krankenhaus: Der eine kann die Bedingungen da akzeptieren, der andere nicht und arbeitet dann halt woanders, where´s the Problem?


Das Problem liegt daran, dass die "Bedingungen" von denen du sprichst eindeutig Antidiskriminierungsgesetze unterwandern. Man muss sich nur mal vorstellen, ein Unternehmen wie Siemens finge an, niemanden mehr einzustellen (oder jemanden zu feuern) der Moslem, geschieden und wiederverheiratet, Atheist ist oder seine Homosexualität frei auslebt.
Das gäb völlig zurecht einen großen Aufschrei, aber wenn die Kirche das macht, obwohl die Häuser zu 99% vom Staat finanziert werden, dann sollen die Bewerber sich halt andere Häuser suchen, wo keine Diskriminierung stattfindet??

In anderen Feldern ist es außerdem noch viel schlimmer. Immerhin gibt es einige Krankenhäuser mit nichtkirchlicher Trägerschaft.
Wenn man z.B. Soziale Arbeit studiert hat, muss man schon ganz schön suchen... Schließlich sind Caritas und Diakonie (nach dem Staat) die größten Arbeitgeber in Deutschland. Und auch die werden zu 98,2% vom Staat und damit auch den Steuergeldern der Konfessionslosen (in Dtl. über 30%) getragen.

Btw, ich hab mir jetzt nicht den ganzen Thread nochmal durchgelesen aber wo ist denn jemand die Christenheit als Ganzes angegangen?

Brutus
01.10.2013, 11:38
Für die Patienten macht das i.d.R. keinen Unterschied. Die medizinische Versorgung ist die gleiche und es wird niemanden eine Seelsorge oder Teilnahme am Gottesdienst aufgeschwatzt... ok, Freitags gibts Fisch, aber das wars auch schon, was der Patient merkt.
Naja, das stimmt so nicht ganz. Wie war das noch mit der Pille danach? Von dem Abort mal gar nicht zu reden! Insofern ist die medizinische Versorgung nicht die gleiche. :-nix


Die Ungleichbehandlung des Personals ist allerdings problematisch und ich erwarte hier in den nächsten Jahren längst fällige Korrekturen. Zum Glück wurde gerichtlich inzwischen eine Einbindung der Gewerkschaften auch in Tendenzbetrieben bestätigt. Das kann aber nur ein Anfang sein. Warum soll ein Arbeitnehmer in der Diakonie weniger Rechte haben als ein Arbeitnehmer bei der Stadt. Arbeitsrechtausnahmen für die Kirchen gehören abgeschafft.
Es gibt ja mittlerweile auch durchaus Urteile, die die Kirche in die Schranken weist! Und zwar nicht nur im Tendenzbetrieb Krankenhaus, sondern sogar in deren innersten Strukturen. Die Kündigung eines Kirchenmusiker wegen Scheidung / Wiederheirat wurde ja auch kassiert. Ich denke, dass mittlerweile die Hürden für die "kirchenbezogenen" Rügen / Abmahnungen / Kündigungen so hoch sind, dass die Arbeitgeber sich schon sehr sicher sein müssen, dass sie damit Recht bekommen...

Christoph_A
01.10.2013, 12:08
Naja, dieses Antidiskrimnierungsgesetz war ja auch mit der gröbste gleichmacherische Unfug der letzten Jahre, damit ist einer Klagenflut und Reglementierungswut Tür und Tor geöffnet, aber das würde jetzt zu weit vom Thema wegführen.
Die Religionsgemeinschaften, übrigens nicht nur die christlichen, auch die jüdischen und neuerdings auch muslimischen siehe Beschneidungsdebatte, haben in D, auch aus historischen Gründen, siehe Onkel Adi und Co, von den Vätern der Republik einige Sonderrechte eingeräumt bekommen, die durchaus ihre Berechtigung haben und auch im von Dir angeführten Antidiskrimierungsgesetz eingeflossen sind (s. kirchenklausel).
Daß manche dieser Sonderrechte mittlerweile nicht mehr der Zeit entsprechen (fehlendes Streikrecht, Verbot der Pille danach, etc) ist vollkommen richtig und sollte auch geändert werden, allerdings ist das nicht das Problem der Kirchen, sondern der Legislative, da die die Spielregeln in unserem schönen Land aufstellt.
Btw waren genug pauschalkirchenkritische Posts dabei, die brauch ich jetzt sicher nicht alle aufzählen @Stan :-top
Bin sicher kein Freund der krichlichen Arbeitgeber, dafür bin ich viel zu lange in kirchlichen Häusern angestellt gewesen und habe deren "Umgang" mit verdienten Mitarbeitern erlebt, mich hat nur die Pauschalkritik an "den Kirchen" dabei gestört.
nuff said.

Stan.
01.10.2013, 13:11
Hm, also wie man das AGG auch sehen will, es ist doch schon gut, dass es eine gesetzliche Grundlage gegen Diskriminierung gibt oder findest du nicht?

Trotz, und eigentlich sogar gerade wegen der Geschichte Deutschlands in Bezug auf Diskriminierung etc., finde ich es gelinde gesagt nicht gut, einzelne Institutionen von diesen Richtlinien auszuklammern und ihnen die Möglichkeit zu staatlich legitimierter Diskriminierung in die Hand zu geben.

Ich kann halt diese "hach, sollen sie halt nen anderen Arbeitgeber wählen, wenn sie nicht diskriminiert werden wollen"- Haltung nicht ganz verstehen.




Daß manche dieser Sonderrechte mittlerweile nicht mehr der Zeit entsprechen (fehlendes Streikrecht, Verbot der Pille danach, etc) ist vollkommen richtig und sollte auch geändert werden, allerdings ist das nicht das Problem der Kirchen, sondern der Legislative, da die die Spielregeln in unserem schönen Land aufstellt.

Die Tatsache, dass diese Form von Diskriminierung legal ist finde ich furchtbar und diesbezüglich besteht auch dringender Handlungsbedarf, allerdings bin ich schon der Meinung, dass der Arbeitgeber Kirche das eigene Verhalten auch von selbst ändern könnte und nicht unbedingt darauf warten muss, bis das bisherige Vorgehen verboten wird.... Vor allem da sich die Kirchen ja als moralische Instanz sehen.. Nicht alles was gemacht werden darf, muss ja auch gemacht werden...

So wie ich das sehe waren die Posts -wie du auch sagst- kirchenkritisch und nicht christenkritisch, glaub es ging immer um die Institution und ihr Verhalten und nicht um das Verhalten einzelner Christen, aber ich versteh schon was du meinst!:-party