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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : hyperkaliämie



yoann
24.11.2012, 13:16
an die notfallerfahrenen...

ich hatte gestern eine patientin mit 7,2 kalium und niereninsuffizienz. keine ahnung ob die chronisch ist oder nicht. keine vorgeschichte nichts. im ekg enorme t wellen und ne bradykardie von 37.
wir sind ein ganz kleines haus, haben keine instensiv, nichtmal eine möglichkeit zum monitoring. auch keine möglichkeit um die kaliumwerte zu kontrollieren. labor schließt um 18 uhr. das heißt die konnte ich nachts nicht da liegen lassen und musste verlegen. was kann ich denn akut machen? insulin für kurzinfusion war nicht verfügbar...calciumglukonat iv einfach so? salbutamol inhalieren lassen? muss ich glukose und insulin immer unter monitoring geben oder einfach blind reinlaufen lassen? sind vielleicht dumme fragen, hab aber absolut keine notfallerfahrung...was hättet ihr denn gemacht? und hat irgendjemand vielleicht ein nettes flussdiagramm für hyperkaliämie?

//stefan
24.11.2012, 14:07
wir haben es in der anästhesie immer mit insulin/gucose gemacht... aber was ist das denn für ein haus in dem du da arbeitest? unter den bedingungen gehört eine solch symptomatische patientin zumindest auf eine IMC. wann äre denn der nächste reguläre dialysetermin gewesen? meiner meinung nach und ohne weitere rahmenbedingungen bei euch zu kennen würde ich sie in ein "geeigneteres" krankenhaus verlegen...

//stefan
24.11.2012, 14:09
ach ich les grad das die vorher noch gar nicht dialysepflichtig war! dann gehört sie auf jeden fall zügig therapiert, da von einer gewöhnung an hyperkaliäme zustande mit sicherheit nicht auszugehen ist! sie wird doch nicht wochenlang mit solchen frequenzen rumgelaufen sein, oder?

yoann
24.11.2012, 14:51
keine ahnung wer weiß wie lange die schon bradykard war... dialysepflichtig war sie nicht. und aufgenommen haben wir sie nur weil wir uns vom hausarzt verarschen lassen haben (angeblich parkinson mit fluktuationen), die frau war seit 5 tagen unter ldopa therapie...und hat wahrscheinlich nichtmal parkinson
ich hab sie sofort verlegt...
ab was für einem kaliumwert gebt ihr denn insulin-glucose und bis wann nur austauscher? und wenn ihr
insulin glucose gebt dann immer auch calciumglukonat?

Rico
25.11.2012, 01:28
ich hatte gestern eine patientin mit 7,2 kalium und niereninsuffizienz. keine ahnung ob die chronisch ist oder nicht. keine vorgeschichte nichts. im ekg enorme t wellen und ne bradykardie von 37. Wenn die so symptomatisch war, dann eher nicht chronisch.

wir sind ein ganz kleines haus, haben keine instensiv, nichtmal eine möglichkeit zum monitoring. auch keine möglichkeit um die kaliumwerte zu kontrollieren. labor schließt um 18 uhr. das heißt die konnte ich nachts nicht da liegen lassen und musste verlegen. [...] insulin für kurzinfusion war nicht verfügbar...Was ist denn das für ein Haus wo es kein Insulin gibt?

was kann ich denn akut machen?Wenn möglich als erstes die Ursache (sofern möglich) beheben und verschlimmernde Faktoren ausschalten, also z.B. kaliumsparende Diuretika, ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, etc absetzen.
Ne gute erste Maßnahme, v.a. wenn es dem Patienten noch einigermaßen geht, ist immer Resonium, CPS-Pulver, etc (geht zur Not auch als Einlauf - hab ich jetzt aber noch nie gemacht).
Insulin/Glukose ist eigentlich akut das beste, weil es praktisch immer tut und nicht von einem funktionierenden Darm (Resonium) oder einer ausscheidungsfähigen Niere (forcierte Diurese) abhängig ist.
Andere Möglichkeit, wenn die Niere noch halbwegs tut, ist ne forcierte Diurese mit sequentieller Nephronblockade, also z.B. Furosemid/Torasemid i.v. + Xipamid und dazu NaCl/G5-Infusionen.
Protonen von intrazellulär gegen Kalium von intravasal austauschen kann man auch, indem man die Protonen intravasal reduziert, z.B. mit NaBic, aber cave, das dabei entstehende CO2 muss über die Lunge raus, der pCO2 sollte nicht zu hoch sein und die Lunge intakt.

muss ich glukose und insulin immer unter monitoring geben oder einfach blind reinlaufen lassen? Naja... also Monitoring (bzw. wenigstens Telemetrie) braucht die Patientin wegen des Kaliumspiegels, nicht wegen der Insulin/Glukose-Infusion, da langt es völlig wenn man den Blutzucker (und das Kalium - logisch) regelmäßig misst.

was hättet ihr denn gemacht? 1. Bestimmung von Krea, Harnstoff, pH, klinisch Zeichen der Überwässerung, Anurie --> Dialyseindikation? Falls ja: Problem gelöst, falls nein:
2. Senken mit Insulin/Glukose, Resonium dazu. Wenn die Niere gesund ist und der Patient nicht exsikkiert noch 40 Lasix dazu und NaCl/G5 infundieren.
Kalzium, Betamimetika und Co gehen zwar auch, ich würd aber nicht an zuvielen Schrauben gleichzeitig drehen

Feuerengelchen
25.11.2012, 21:38
Was habt ihr denn zur Verfügung?
Andere Frage: Wenn das Labor um 18 Uhr schließt und man keine Werte mehr bestimmen lassen kann, woher kommt dann das hohe Kalium und auch die Feststellung der Rhythmusstörung ohne EKG/Monitor und wie alt sind diese Daten?
Habt ihr ein BGA-Gerät?

Bezüglich Flussdiagramm....ich habe in meinem PJ mit einem leitenden Arzt zusammengearbeitet, der das recht gut zusammengefasst hat, Quinessenz davon: Zuerst Zufuhr stoppen, dann bridgen, dann eliminieren

Zufuhr ist ja nicht schwer: gabs EKs, gibts Kalium i.v. oder eine andere Quelle? Wenn ja, dann mal weg damit

Bridgen kann man mit der Antagonisierung von Kalium-Wirkungen (z.B. am Herzen mit Calciumglukonat) und/oder durch Shiften nach intrazellulär (Katecholamine, Gluc/Insulin-Kombi, NaBiC). Hier gilt es auch zu überlegen wie schnell die einzelnen Maßnahmen greifen, welche Erfahrung man damit hat und auch, was verfügbar ist. Am schnellsten schlägt die Gabe von Calciumglukonat i.v. an (fast unmittelbar nach Injektion), hält aber nur eine knappe halbe Stunde. Wobei man beachten muss dass Calciumgluconat ja nicht das Kalium an sich senkt, sondern funktionell antagonisiert. Hier CAVE wg eventueller Digitalis-Therapie, dann ist es kontraindiziert! Damit wäre die immanente Gefahr maligner Rhythmusstörungen schon einmal deutlich reduziert.
Bis dahin fängt dann die kaliumsenkende Wirkung von zeitgleich verabreichten Katecholaminen (etwas variabel wg der verschiedenen Applikationsarten und Wirkprofile), NaBic und Gluc/Insulin an. Somit wäre die erste Krise schon mal abgedeckt.
Zur Elimination kann man nun entweder eine Notfallhämodialyse anstreben, den "normalen" Weg über die Niere wählen (forcierte Diurese, nur bei vorbestehender guter Nierenfunktion und anständigem Volumenstatus) oder den Darm nutzen z.B. mittels Resonium (wobei das schon eine gewisse Zeit dauert bis die senkende Wirkung anschlägt). Dazu noch schauen, dass alle störenden Medikamente vorerst abgesetzt werden.

Standardmonitoring ist unabdingbar parallel dazu.

Bei einem K-Wert von 7,2 mit entsprechender EKG-Veränderung (und Klinik dazu wohl auch) ist von einer akuten Bedrohung auszugehen und damit unmittelbar zu handeln, sprich Calciumglukonatgabe wäre bei fehlender KI sicher dabei. Die meisten Häuser, in denen ich gearbeitet hatte, hatten die Möglichkeit zur Hämodialyse und damit wurde meist auf Austauscher verzichtet. Also war eher das Bridgen gefragt, tendenzielle Neigung zu Insulin/Gluc und Beta-Mimetika, da NaBic dann doch recht vielfältige NW hat und eigentlich nur bei Pat mit metabolischer Azidose eingesetzt wurde. Mitbeachtet wurden bei der Auswahl der Bridging-Maßnahmen auch die von den Patienten bekannten Vorerkrankungen. Bei guter Niere auch noch Einsatz von Furosemid und Volumengabe.

Übrigens hat L-Dopa ein zusätzliches arrythmogenes Potential und Wechselwirkungen mit Sympathomometika beschrieben.... ich selbst wäre in Ermangelung fundierten Parkinsonwissens und damit des (Nicht-)Wissens um die Wahrscheinlichkeit und Schwere einer solchen UAW daher vorsichtig mit dem Betamimetikum.

Die Ausstattung des Hauses wirkt dann auf den ersten Blick doch eher spärlich, mutmaßlich hätte ich mir einen Primär-Notarzt angefordert und nach Antagonisierung und Bridging baldmöglichst wegverlegt.

WackenDoc
25.11.2012, 21:44
Wenn Resonium so lange dauert (und wahrscheinlich in dem Haus eh nicht zu finden gewesen wäre), Betamimetika wegen dem L-Dopa Probleme macht und kein Insulin vorhanden ist, bleiben an sich ja nur zuzusehen, dass man über die Infusion nicht noch weiter Kalium rein kippt und noch am ehesten Furosemid, bis der Notarzt kommt.

Miss
25.11.2012, 22:14
Kein Insulin? kein BGA-Gerät? *erschrockenguck* (so was ist man als in größerem Haus mit 3 ITS aufgezogener Assi ja gar nicht gewöhnt)

Auf ITS/OP/AWR hab ich bisher folgende Strategien angewendet:
Diuretika (Volumenstatus beachten, ggf. nachschütten -wie schon erwähnt) (wenn Niere noch ok)
Calciumglukonat als schnell wirksames Mittelchen bei Symptomatik bis zum Greifen etwas anderem
Insulin/Glukose-Infusion
Resonium (genau, ggf. auch via Einlauf)
Notfalldialyse (und selbst bei Dialysepatienten würde ich versuchen mit oben genannten Mitteln bis zum Morgen zu überbrücken, weil nachts Dialysepersonal von zuhause holen, ist nicht so nett, nur wenn nichts anderes geht)

und auf jeden Fall noch mal Zufuhr überdenken, Medikamente (manchmal läuft Kalium auch bei Dialysepatienten :-nix)

Rico
26.11.2012, 00:23
Mal ne andere Frage in die Runde:
Wie rührt Ihr denn das Insulin-Glukose-Gemisch an?
Das mach bei uns irgendwie jeder wie er lustig ist - witzigerweise gibt es in einem Haus wo sogar der Pantozolperfusor standartisiert ist dafür keinen Standard - und entsprechend kursiert da alles von 500ml G10 mit 10E über 200ml G20 mit 20E bis zu 50ml G40 mit 10E.
ich hab bisher immer das "insulinlastige" 200/20-Schema genommen - (wei mein simples Hirn sich das gut merken kann) halt aus der Überlegung, dass ich ja primär die Insulinwirkung will und im Zweifelsfall immer noch Glukose nachgeben kann.

Wie macht Ihr das und wieso? Oder ist gar jemand so differenziert, dass er das dem Kaliumspiegel oder dem Vorhandensein eines Diabetes anpasst?

Bille11
26.11.2012, 13:35
ja, rico, das ist witzig. auch bei uns sind nahezu sämtliche perfusoren standardisiert. wir haben nur noch 1 heparin-konzentration. aber unser glc-ins-perfusor ist ebenfalls rein freestyle. ich nehme 50ml g20/20IE alt oder g40/20IE alt über (meistens) 6h. mein standard. bin nicht mal sicher, ob das viele andere kollegen so machen. die OÄ die ich schätze, kommen damit klar. :-)

yoann
27.11.2012, 00:20
vielen dank schonmal für eure antworten! also zu unserem haus, ja, skandalös eigentlich, aber labor schließt um 18 uhr und wenn notfallmäßig was anfällt wird das im krankenhaus (großes haus) entfernt gemacht. in der tat bin ich da schon einige monate und bei unserem spektrum (polyneuropathien, parkinson, MS, chronische Schmerzen, Migräne, Demenz-haben keine stroke unit) brauchen wir akutmedizinisch äußerst selten was. wir haben zwar meinen monitor, aber natürlich ein ekg gerät und die blutabnahme wurde kurz vor 18 uhr gemacht.

die nierenfunktion war schlecht (clearance bei 18), furosemid alleine scheidet da ja wohl aus, hätte ich das denn bei gleichzeitiger gabe von nacl 0,9 geben können? dann würd ich doch kalium eliminieren und die niere trotzdem nicht belasten, weil ich nachspüle...

die salbutamollösung-habt ihr sowas schonmal inhalativ gegeben? und wenn ja wieviel gibts man da? hab jetzt was von 5 mg vernebelt gelesen

das insulin-glukose-schema was mir vorgeschlagen wurde war übrigens 250 ml G30 und 30 IU insulin in 30 minuten und das haben die notärzte auch gegeben und sie verlegt.

hab heute abend dann noch mitbekommen, dass sie wieder rückverlegt wurde, mittlerweile normales kalium. ursache war wohl exsikkiert und kombination von spironolacton und acehemmer plus chronische niereninsuffizienz. tja, und jetzt hat sie erstmalig vorhofflimmern...