PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : HCC und antivirale Therapie



Seiten : [1] 2

abi07
15.01.2013, 17:58
Keine Ahnung, ob das gerade eine total bescheuerte Frage ist, aber ich finde gerade irgendwie weder im Herold noch im Netz eine Antwort...

Es geht um einen Patienten, der primär mit hohen Leberwerten beim Hausarzt auffällig wurde, sonst gesund, keine Vorerkrankungen, unauffällige Anamnese in jeder Hinsicht.
Sono: 2 Raumforderungen (etwa 3 cm) in der Leber --> Histo: hochdifferenziertes Leberzell-CA, Milchglashepatozyten, kleinknotige Leberzirrhose; LK frei
Labor: HBsAG/anti-HBc/ant-HBc IgM/anti-HBe/anti-HBs positiv, HBV-DNA 7x10^6 copies/ml, HBeAG negativ

Die Annahme ist jetzt, dass die Tumoren aufgrund der Lokalisation nicht exzidiert werden können und man auf andere Therapiemöglichkeiten zurückgreifen muss. Soweit, so gut.

Das, was ich jetzt eigentlich dazu wissen will: Antivirale Therapie? Welche? Wann?

Kackbratze
15.01.2013, 18:24
Antiviral bei einem manifesten HCC?
Wären da eine Chemotherapie oder lokal-ablative Verfahren nicht besser?

abi07
15.01.2013, 18:36
Sorry, ich habe mich vielleicht unklar ausgedrückt - die primären HCC-Therapiemöglichkeiten werden natürlich angewendet. Es ging mehr darum, wie es darüber hinaus mit der antiviralen Therapie aussieht. Und Chemo bringt meines Wissens bei HCC gar nichts...

Gast26092018
15.01.2013, 18:39
Also Innere ist bei mir eine Weile her, aber ich kann dir allgemein ein wenig zu Hep. B Therapie sagen:
Man therapiert heute mit Nukleotid/Nukleosidanaloga, das sind DNS-Bausteine die anstelle der regulären DNS-Bausteine in das Virus eingebaut werden, dadurch wird die Virusreplikation unterdrückt (Bsp. Lamavudin).
Nach ca. 4 Wochen verschwinden, wenn keine Resistenz vorliegt ca. 99% des Virus. Problem: Es bleibt immer ein wenig Virus übrig! Mit den Jahren haben sich auch Resistenzen entwickelt, aber heute gibt es neure Mittel mit wenig Resisitenzen. Hep. B Virus wird aber nur in 5-10% der Fälle chronisch, und dann therapiert man auch, nicht bei einer akuten Hep.B. Es ist wichtig zu therapieren, obwohl der Virus nciht ganz verschwindet--> wegen dem HCC-Risiko, je mehr Viruskopien, desto höher das HCC-Risiko. Zielwert ist 1%, man hat gesagt, ein 1%iges HCC-Risiko akzeptiert man, hierfür muss man die Viruskopieanzahl auf ich glaub unter 10^4 Kopien/ml halten.
Heute verwendet man als Nukleosidanaloga: Baraclude und Viread, hier gibt es kaum Resistenzen, hohe antivirale Potenz und nebenwirkungsarm.
Es gibt auch Interferontherapie etc., aber das ist nicht so erfolgsversprechend.

Aber wenn er schon ein HCC hat, muss man andere Therapie erwägen wie Kackbratze gesagt hat, Chemo-->Palliativtherapie, Resektion, Listung/TPL etc.:-nix

WackenDoc
15.01.2013, 19:09
Ist bei HCC das Kind ned eh schon in den Brunnen gefallen was die antivirale Therapie angeht?

SuperSonic
15.01.2013, 19:14
Es ging mehr darum, wie es darüber hinaus mit der antiviralen Therapie aussieht. Und Chemo bringt meines Wissens bei HCC gar nichts...
Und was soll eine antivirale Therapie in dem Stadium bringen?

Bei fortgeschrittenem HCC besteht noch die Möglichkeit, die Überlebenszeit mit Sorafenib, einem Tyrosinkinaseinhibitor, um einige Monate zu verlängern.

abi07
15.01.2013, 19:21
Mhm, dachte eigentlich auch, dass es nicht mehr viel bringt...aber die Frage ist so formuliert, dass ich gezweifelt habe. Ganz wörtlich:

"Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, wenn aufgrund der Lokalisation die Tumoren nicht exzidiert werden können?"
--> Meine Antwort darauf wären die lokalablativen Verfahren, Transplantation und Palliativtherapie.

Nächste Frage: "Ist dann eine antivirale Therapie notwendig? Welche? Wann?"
--> Ihr würdet also einfach "nein" antworten? Und wie wäre das bei erfolgreicher Leber-Tx?

Gast26092018
15.01.2013, 19:46
Achso, ich dachte sie wollte Allgemeines zur Hep. B Therapie wissen:-blush

Das Problem nach TPL: Es besteht ein Risiko, dass die neue Leber mit dem Virus infiziert wird, da man den Virus wie gesagt durch die normalen Hep. B Therapiemöglichkeiten nicht zu 100% eliminieren kann, man muss halt versuchen die Reinfektion zu verhindern. Gibt man nicht HB-s Antikörper und zusätzlich ein Nukleosidanaloga um die Reinfektion zu verhindern?

Kackbratze
15.01.2013, 20:02
"Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, wenn aufgrund der Lokalisation die Tumoren nicht exzidiert werden können?"
--> Meine Antwort darauf wären die lokalablativen Verfahren, Transplantation und Palliativtherapie.

Bin ich auf dem falschen Dampfer oder ist ein multifokales HCC nicht eine Kontraindikation zur Transplantation?

abi07
15.01.2013, 20:12
@Bratze: Herold sagt, bei einem Herd mit max. 5 cm oder bis zu 3 Herden mit max. 3 cm ist es indiziert.

Zoidberg
15.01.2013, 20:55
Das HCC scheint ja mit 2 Knoten unter 3cm innerhalb der Milan Kriterien zu liegen, also sollte primär zur LTX gelistet werden, falls sonst nichts dagegen spricht. Das HCC würde dann als "Standard Exception" gelten mit entsprechenden Zusatzpunkten als MatchMeld. Um nicht auf der TX Liste zu versterben, sollte z.B. eine TACE angewendet werden, nebenbei ist das Downstaging auch sinnvoll, um nicht aus den Milan Kriterien herauszufallen. Falls eine Listung erwogen wird, ist eine Therapie der HBV nach Absprache mit dem Transplantzentrum sicherlich sinnvoll, um das Risiko eine Reinfektion geringzuhalten, am ehesten Baraclude oder Viread, von einer Peg-IFN Therapie würde ich bei HCC absehen.

Warum ist HbS und Anti HbS gemeinsam positiv??? Tippfehler?

Gast26092018
15.01.2013, 21:10
Und was ist mit HbS-Antikörper? gibt man das zusätzlich anfangs um das Reinfektionsrisiko zu minimieren? Wie hoch ist das Reinfektionsrisiko mit diesen Mitteln nach TPL?

abi07
15.01.2013, 21:44
@Zoidberg: Danke, das war ein sehr hilfreicher Kommentar. Nein, kein Tippfehler - jedenfalls nicht von meiner Seite. Steht so in den Angaben. Nur um nochmal nachzuhaken: Wann genau würde man im Fall einer Listung dann mit der antiviralen Therapie starten? Sofort? Nach TACE etc.?

abi07
15.01.2013, 21:54
Oh, und könntest du evtl. noch kurz erklären, warum kein PEG-IFN?

par
16.01.2013, 00:47
Coole Diskussion!
@abi: Interferone (die PEGylierung spielt diesbezüglich wahrscheinlich keine Rolle) sind laut Herold bei Immunsuppresion (AIDS, Z.n. OrganTX) und dekompensierter LZ (hepatotoxisch) kontraindiziert (weiss nicht warum; beim Ersten könnte ich mir Vorstellen, dass es weniger wirkt) vlt. deswegen ein prinzipiell alternativer Therapieansatz mit reinen Virustatika?!
Bin auch auf Zoidbergs Antwort gespannt!! :)

Gast26092018
16.01.2013, 03:48
Mit einer Interferontherapie würde man diesem Pat. mehr Schaden als Nutzen zufügen. Eine Interferontherapie ist nebenwirkungsreich, belastend für den Pat. und es ist eine langwierige Therapieund am Ende kriegt man allein damit den Virus eh nicht weg :-nix

abi07
16.01.2013, 05:00
Danke für eure zahlreichen Antworten - vielleicht meldet sich Zoidberg ja noch im Laufe des Tages, wäre super! Ansonsten kann ich gerne heute Abend von der "Auflösung" bzw. den Aussagen des OA zu dem Fall berichten - ist heute Mittag/Nachmittag Thema.

Nemesisthe2nd
16.01.2013, 07:32
das interferon stimuliert T-Zellen... im fall von Hepatitis B soll es die Virusabwehr verstärken...

aber was meint ihr werden aktivierte zytotoxische T-Zellen wohl mit einem Transplantat-Organ machen...

par
16.01.2013, 08:35
aber was meint ihr werden aktivierte zytotoxische T-Zellen wohl mit einem Transplantat-Organ machen... du hast recht! Klingt logisch! Gilt das dann für alle Fälle einer Immunsuppression (zB auch HIV) weil, dann die Balance gestört ist, wenn die KI nicht an der Wirkungslosigkeit unter den Umständen liegt? Die Hepatotoxizität ist wohl wenn, dann vor der Tx ein Gegenargument?

@ abi:
Ansonsten kann ich gerne heute Abend von der "Auflösung" bzw. den Aussagen des OA zu dem Fall berichten - ist heute Mittag/Nachmittag Thema.
Vielen Dank :)

CYP21B
16.01.2013, 09:49
@Abi: Habt ihr Innere-Blockseminar beim K.?