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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dienstmodelle im Vergleich!?



spaceflight81
27.01.2013, 16:50
Hallo zusammen!

Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen. Z.z. bin ich noch in einer Klinik mit altem 24h-Schichtmodell. Davon musste ich zu best Zeiten 4 Stück im Monat machen, zu den beschissensten Zeiten sogar 7x24h inkl Oberarztviste nach den 24h *würg*. Da ich evtl. bald die Stelle wechseln möchte in der ein komplett anderes System läuft, würde ich gerne wissen ob jemand von euch evtl. schon beide Modelle mitgemacht hat und somit vergleich kann. Die neue Klinik hat keine 24h Dienst mehr. So wie ich das verstanden habe, machen die Assistenzärzte dort 12h Dienst, davon 2x am Wochenende und dann alle 2 Monate jeweils 7 Tage am Stück 12h Nachtdienst. Angeblich hat man danach erst mal frei.

Welches System ist denn besser, wo sind die vor und Nachteile? Danke für eure Antworten!

WackenDoc
27.01.2013, 17:10
7x12 Stunden Nachtdienst ist richtig böse- hängt aber u.a. davon ab, ob du morgens sicher pünktlich raus kommst, wie die Nächte arbeitstechnisch aussehen und wie lange dann die Erholungsphase ist.
Ich kann dir schon gleich sagen: Nach 7x Nacht brauchst du ca. 3-4 Tage bis dein Tag-Nacht-Rhythmus wieder halbwegs im Lot ist.

Muriel
27.01.2013, 17:18
Wenn Du wirklich eine Woche Ausgleichsfrei hast, wäre das ok. Die Woche wird dann extremst beschissen werden, aber Du hast etwas, auf das Du Dich freuen kannst. Ohne Ausgleichsfrei oder eben nur ein normales Wochenende ist es schlicht die Hölle und wäre für mich ein Grund, dort nicht anzufangen. Ich habe ein Schichtmodell mitgemacht mit sieben ND am Stück, Samstag aus der Nacht raus, Sonntag frei, ab Montag dann fünf Spätdienste alleine im Haus, es war zum Kotzen. Und das sage ich in einem Fach, wo sich das nächtliche Patientenaufkommen in Grenzen hält.

schmapie
27.01.2013, 18:16
In dem Haus wo ich anfangen möchte gibt es zwei verschiedene Nachtdienstblöcke:
einmal von Montag bis Donnerstag 12h nachts und dann Fr-So frei, der andere von Freitag bis Sonntag und dann Mo-Di frei. Das sollte doch noch gehen, oder? Man hat wohl 1-2 Blöcke im Monat.

John Silver
27.01.2013, 22:00
Meinungen und Erfahrungen zum Schichtdienst gibt es viele.
Meine lautet wie folgt: NIEMALS SCHICHTDIENST! Nie wieder.
Erstens ist die "Schichtarbeitermentalität" nicht nur nicht gut, sondern auch etwas, womit Chefs und Oberärzte i.d.R. wenig anfangen können. Man kennt die Patienten nicht allzu gut, und das führt wiederum häufig dazu, dass man Operationen und sonstige Interventionen nicht machen darf, weil die Oberärzte erfahrungsgemäß (zurecht) nicht mögen, Operationen zu assistieren, wenn der Assi den Patienten nicht kennt.
Zweitens ist Schichtdienst erheblich schlechter für das soziale Leben. Wenn man Nächte und Spätdienste schiebt, hat man immer dann frei, wenn Ehepartner, Freunde und Familie arbeiten.
Drittens sollte man sich darüber im Klaren sein, dass mehrere Nächte am Stück eine verdammt anstrengende Kiste sind. Wenn das Arbeitsaufkommen gering ist und man viel schlafen kann, mag es passen - bloss ist es meistens so, dass Schichtdienst eher in Kliniken angestrebt wird, wo man abends und in der Nacht viel zu tun hat; und dann kann man sich auf eine ahrte Zeit gefasst machen. Nach der ersten Nacht ist man noch ganz fit. Ein Paar Stunden Schlaf, und man kann wieder Bäume ausreißen. Nach der zweiten Nacht wird ist man schon etwas müder und braucht schon 2-3 Stunden mehr Schlaf. Nach der dritten Nacht ist man auch nach 8 Stunden Schlafnoch recht müde, und die Nacht zieht sich ganz schön hin. Nach der vierten Nacht schläft man den ganzen Tag und ist trotzdem fertig. Man kann sich gar nicht mehr richtig erholen. Jede weitere Nacht, und die Zeit dazwischen, sind einfach nur quälend. 7 Nächte am Stück machen einen so fertig, dass man danach mindestens 3-4 Tage braucht, um überhaupt wieder geradeaus schauen zu können.
Ferner sollte man ich den Gehaltsunterschied vorrechnen lassen. Bei mir waren es locker 1000 bis 1500 € im Schnitt, und zwar netto.

Relaxometrie
27.01.2013, 22:08
inkl Oberarztviste nach den 24h *würg*
Das finde ich das Krasse an den 24-h-Diensten, die ja durch die größere Sozialverträglichkeit der Arbeitszeiten ansonsten auch Vorteile haben. Aber wenn man nach den 24 h dann IMMER noch nicht gehen darf, finde ich es nicht mehr akzeptabel. Darf man als Arzt nicht müde sein, oder auch mal nach Hause wollen :-kotz

Brutus
27.01.2013, 22:21
^^ Gut, aber das ist ein Organisationsproblem. Entweder der OA bekommt es hin, mit der Visite nach pünktlich fertig zu werden, oder aber er macht sie alleine! Nach 24h ist Schluß, Arbeitszeitgesetz lässt grüßen. Und da ist auch nix zu diskutieren bzgl. Notfall oder ähnliches. Da ist die Ablösung / Tagdienst da und man selbst geht nach Hause...

Fr.Pelz
28.01.2013, 12:36
Das finde ich das Krasse an den 24-h-Diensten, die ja durch die größere Sozialverträglichkeit der Arbeitszeiten ansonsten auch Vorteile haben. Aber wenn man nach den 24 h dann IMMER noch nicht gehen darf, finde ich es nicht mehr akzeptabel. Darf man als Arzt nicht müde sein, oder auch mal nach Hause wollen :-kotz

Das ist bei uns auch so, wenn ich Dienstag Dienst hab, komm ich um 6.30, mach ich das normale Tagesprogramm inkl Station und Op, dann Bereitschaftsdienst ab 15 Uhr bis morgens um 7, dann leite ich durch die Chefvisite, sitz in der Frühbesprechung und düfte dann theoretisch um 8 nach Hause, meist ist aber noch was wichtiges zu klären/zu organisieren, etc

Das ist anstrengend, aber ich hätte nie und nimmer lieber Schichtdienst. Du bekommst je nach Modell kaum etwas von den Patienten mit, machst nur die Bereitschafts-OPs... bist halt wirklich nur der Affe vom Dienst und kannst kaum irgendwas beeinflussen was Diagnostik und Therapie angeht.

spaceflight81
28.01.2013, 13:49
Hm, wie ich das jetzt so überblicke scheint die überwiegende Mehrheit ja nicht besonders begeistert von dieser Schichtarbeit zu sein. Ich finde zwar, das was ich die letzten 3 Jahre gemacht habe (bis zu 6x24h/Monat) auch schon beschissen genug ist, aber anscheinend gehts ja noch schlechter.

Vor was es mich auch graust ist, dass das finanziell echt massiv weniger werden könnte. Im 4 Jahr mit 5x24h Dienstenhab ich bisher fast 3100€ Netto verdient. Glaubt ihr das wird tatsächlich so gravierend weniger im Schichtmodell?

Wenn ich ehrlich bin hab ich die letzten 3-4 Jahre so ziemlich alles an sozialen Background mit meiner Arbeit zunichte gemacht, weil ich einfach keine Zeit und Kraft hatte mich um Freunde etc. zu kümmern. Wenn das tatsächlich mit der Schichterei noch beschissener ist, dann muss ich mir das ganze wirklich gründlich überlegen. Habe keine Lust mein Leben vollends aufzugeben.

spaceflight81
28.01.2013, 14:31
Also, so wie ich das überblicke scheint ja das Schichten nicht wirklich beliebt zu sein. Ne andere frage ist auch, ob ich tatsächlich solch gravierende Verdiensteinbussen haben werden. Ich habe bisher ca. 3100€ Netto mit 5 Diensten a 24h im Monat verdient. Wird das im Schichtmodell tatsächlich so deutlich weniger werden? Klar, ich habe keinerlei Lust sozial unverträglicher zu arbeiten und dazu auch noch weniger Kohle zu bekommen. Dann kann ich auch bei meiner alten Stelle bleiben.

Ich habe die letzten Jahr soviel soziales Umfeld durch meinen Job verloren, dass ich echt keinen Bock habe noch mehr unter sozialer Isolation zu leiden und dann auch noch weniger Geld in der Tasche zu haben.

John Silver
28.01.2013, 15:29
Bist Du in einem kirchlichen Haus? Du verdienst nämlich recht wenig. Ich hatte im Schichtdienst im 4. Jahr und mit Steuerklasse I ca. 3200 netto - aber mit 5 24-h-Diensten pro Monat hatte ich 3800-4000; und wenn ich Wert darauf gelegt hätte, mehr Dienste an und vor Wochenenden und Feiertagen zu schieben, hätte ich locker noch 300-500 mehr gehabt. Im Schichtdienst bekommt man sein Grundgehalt und ggf. noch etwas Wechselschicht- und Nachtzulage; das bringt aber höchstens 300 € mehr netto pro Monat, eher weniger.
Man darf auch eine Sache nicht vergessen: Man kann nicht darauf vertrauen, dass die Dienste gleichermaßen verteilt werden. Meine Erfahrung zeigt, dass man als "Erfahrener" tendentiell deutlich mehr Spät- und Nachtdienste macht als ein Anfänger, weil Anfänger aus "Welpenschutz" ausgespart werden. Da erfahrene Kollegen wiederum tendentiell durch Anfänger ersetzt werden, weil man einfach kaum erfahrene Bewerber auf Weiterbildungsstellen bekommt und meistens zwischen Uniabgängern und ausländischen Kollegen wählen muss, kann es schnell passieren, dass man kaum noch Frühdienste machen kann, weil diese für Anfänger reserviert werden. Und dann macht die Arbeit überhaupt keinen Spaß mehr.

spaceflight81
28.01.2013, 18:23
Nö, arbeite in nem Haus mit privatem Träger ( griechischer Gott der Heilkunst!). Dachte eigentlich das ich ganz gut verdiene!? Zumindest mehr als Kollegen in christlichen Häusern und auch teilweise mehr als in kommunalen Häusern. Klar nicht so viel wie in der Uni oder mit Spezialverträgen wie in Stuttgart. Nun ja!

Thomas24
28.01.2013, 18:28
Ne, das Gehalt geht völlig in Ordnung. Hab vor ein paar Jahren (Uni) auch in der Größenordnung verdient-

McDreamy
28.01.2013, 18:41
Ist der Schichtdienst eigentlich billiger für den Arbeitgeber?

THawk
28.01.2013, 18:45
Soweit ich weiß: Nein. Du brauchst mehr Ärzte für den 3-Schichtdienst als für einen 24h-Bereitschaftsdienst.

Relaxometrie
28.01.2013, 22:08
Das ist bei uns auch so, wenn ich Dienstag Dienst hab, komm ich um 6.30, mach ich das normale Tagesprogramm inkl Station und Op, dann Bereitschaftsdienst ab 15 Uhr bis morgens um 7, dann leite ich durch die Chefvisite, sitz in der Frühbesprechung und düfte dann theoretisch um 8 nach Hause, meist ist aber noch was wichtiges zu klären/zu organisieren, etc
Bist Du noch in der Probezeit, oder warum machst Du das mit? Durch jeden Arzt, der freiwillig gegen das Arbeitszeitgesetz verstößt, werden die bisher erreichten Verbesserungen wieder in Frage gestellt, bzw. weitere Verbesserungen immer schwerer.
Nach 24 h Arbeitszeit sehe ich mich nicht als unabkömmlich an. Da ist der normale Tagdienst anwesend, der die Arbeit dann übernimmt.

Hoppla-Daisy
28.01.2013, 22:17
Ohne jetzt jemandem zu nahe treten zu wollen, aber ich bin der Meinung, dass sich zuviele Ärzte einfach zu wichtig nehmen bzw. meinen, sie seien unersetzlich. Sind sie aber nicht! Und wenn man sich kaputt macht, dankt es einem niemand.

Ich hab eines am Wochenende gelernt: Wenn es mir das nächste Mal dreckig gehen und ich eigentlich notfallmäßig stationär aufgenommen werden sollte, so werde ich auch danach handeln. Oder aber zum Arzt gehen und mir einen "Gelben" holen. Wenn man sich nämlich wider alle Vernunft zusammenreißt und irgendwann der Zusammenbruch - oh welch große Überraschung! - da ist, gucken sich alle doof an ... und organisieren auch, dass es irgendwie trotzdem klappt - ohne einen!

Wir haben alle nur ein Leben! Das sollten auch Ärzte nicht vergessen, auch wenn es schwer fällt ;-).

John Silver
29.01.2013, 10:36
Hm... Ich bin an einem kommunalen Haus, und ich kann nicht sagen, dass unsere Dienste überdurchschnittlich bezahlt seien - im Gegenteil, alles streng nach Tarifvertrag. Über die letzten 6 Monate habe ich, das habe ich gerade schnell überschlagen, ca. 800 € durchschnittlich mehr bekommen, als auf der ITS im Schichtdienst. Netto, versteht sich. Sicher, die Dienstbezahlung schwankt stark, je nach Dienstart (Spätdienst unter der Woche von 14 Uhr bis zum nächsten Morgen vs. 24 Stunden am Samstag), dennoch kommt man im Schnitt auf eine recht ordentliche Summe, die den Lebensstandard etwas hebt. An einem kirchlichen Haus mit ähnlicher Dienstbelastung hatte ich noch weniger als hier auf der ITS im Schichtdienst. Alles ist relativ.
Fairerweise muss man sagen, dass ich Kollegen und Kolleginnen kenne, die mit einem Schichtsystem glücklicher sind und es vorziehen. Man kann also keine pauschalen Aussagen treffen. Die wichtigen Variablen heißen Lebensstil, Tagesrhythmus, soziales Umfeld und Fachrichtung. Meiner Meinung nach ist Schichtdienst nichts für chirurgische Fächer, das kann man knicken. Aber wenn man bspw. fest in einer Notaufnahme arbeitet, die richtig brummt, und man es sicher nicht auf einen OP-Katalog oder Interventionen abgesehen hat, dann kann Schichtdienst durchaus attraktiv sein.

Rumpelstilzchen
29.01.2013, 12:43
Nach einem knappen Jahr Schichtdienst auf einer Intensivstation sehe ich als Vorteile:
- mehrere Tage am Stück frei (bei mir bis zu 7 Tage nach Wochenendnachtdienst)
- wechselweise vormittags und nachmittags frei
- keine 24-Stunden-Dienste, nach maximal 12 Stunden ist Schluß

Als Nachteile sehe ich:
- Nachtdienst ist nicht sozialverträglich, ich habe das Glück, daß meine Familie das trägt, weil sie es nicht anders kennen
- weniger Gehalt, wenn ich nicht gelegentlich NEF fahren würde, wäre es echt bitter, ich verdiene jetzt gerade mal soviel wie vor 2 Jahren mit 5 Diensten im Monat

Die 24-Stunden-Dienste andererseits sind hart. Wenn meine Kollegen nachts um 3 einen Patienten auf die Intensiv schieben und seit 18 Stunden durcharbeiten ... hmmm, ich weiß nicht. Wochentags sind die Bereitschaftsdienste kürzer, da gibt es allerdings netto knapp etwas mehr als den Gegenwert einer Familienpizza ohne Getränke ausgezahlt.

Und wenn ich die Wahl hätte, einen halben oder einen ganzen Tag von zuhause weg sein zu müssen, müßte ich nicht lange überlegen.

Fr.Pelz
29.01.2013, 20:13
Bist Du noch in der Probezeit, oder warum machst Du das mit? Durch jeden Arzt, der freiwillig gegen das Arbeitszeitgesetz verstößt, werden die bisher erreichten Verbesserungen wieder in Frage gestellt, bzw. weitere Verbesserungen immer schwerer.
Nach 24 h Arbeitszeit sehe ich mich nicht als unabkömmlich an. Da ist der normale Tagdienst anwesend, der die Arbeit dann übernimmt.

Das ist bei uns so bekloppt (bzw gerissen vom Arbeitgeber) geregelt, dass man an dem Tag an dem man Bereitschaftsdienst hat, therotisch 45 min später kommen soll, um dann am nächsten Morgen 45 min länger zu bleiben. Das Später-Kommen macht aber kaum jemand, weil man ja so die Visite und damit den nöchsten Informationsfluss verpasst.