PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Intensiv nach weniger als einem Jahr im OP?



SushiMan20
01.02.2013, 10:59
Hi Leute,

ich würde gerne mal eure subjektiv/objektive Meinung zu dem ganzen hören, was mit tierisch gegen den Strich geht.

Ich bin seit knapp nem Jahr in ner kleinere Anästhesie tätig. Man macht bei uns ne Menge eingriffe durcheinander durch die Bank. Gyn, AllgChir, Gefäßchirurgie, UnfChir/Ortho, ab und zu mal Kinder, Geburtshilfe, ein haufen ambulanter Geschichten...

Jetzt ist es aber so, dass wir personell ziemlich unterbesetzt sind und wir schon genausoviele Honorarkräfte wie Assistenzärzte haben (ca. 8/8). Das sorgt schon dafür, dass ich ziemlich viele Dienste machen muss, anstatt tagsüber Erfahrung im OP zu sammeln, find ich nicht ganz so schlimm, das arbeiten nachts gefällt mir irgendwie mehr...

Jetzt ist es aber so, dass die mich so schnell wie möglich auf die Intensivstation schiffen wollen, damit ich Dienste auf der ITSA mache. Ich bin nicht mal ein Jahr Vollzeit da, und ich steh plötzlich schon im Dienstplan für Ausbildung Intensiv.

Mal abgesehen davon, dass ich erst frühestens in einem Jahr auf den Notarzt kann, find ich mich noch überhaupt nicht bereit für die Intensivstation. Ich hab durch die Dienste nicht so megaviele Narkosen gesammelt bisher (vielleicht 500 oder so um den Dreh) und würde eigentlich gerne noch viel lieber im OP weiter Erfahrungen sammeln.
Ich weiss, dass wenn ich auf Intensiv bin, ich nicht mehr in den OP zurückkomme, weil der durch Honorarkräfte abgedeckt ist.

Ich finde es einfach nur furchtbar, ich hab das angesprochen, mich beschwert usw. usw. aber es wird einfach weiter gemacht, als ob ich nichts gesagt hätte...

Für mich steht schon fest, dass ich da weggehen werde, aber ich wollte gerne mal eure Meinung hören... Wie ist das bei euch? Geht das überhaupt? Das ist doch nicht verantwortungsvoll?!?

Viele Grüße!

Kackbratze
01.02.2013, 11:59
Die Frage ist eigentlich nicht die Zeit (Rotationsassistenten kommen nach 6 Monaten auf die ITS) sondern die Einarbeitung und Supervision.
Wenn beides gut ist kann man sogar Berufsanfänger rein theoretisch auf die ITS packen.
Pauschal kann man das so nicht beurteilen.

Brutus
01.02.2013, 12:03
Naja, alles halb so schlimm. Ich bin nach 6 Monaten OP auf die Intensiv gekommen. Danach 3 Monate Einarbeitung und dann hatte ich meinen ersten Dienst. Ich hatte damals wohl auch Schiss, dass das zu früh sein könnte. Aber erstens hatten wie einen FA-Dienst zusätzlich als Anwesenheit, der den OP und die Stationen abgedeckt hat, und den man jederzeit hätte anrufen können, wenn was gewesen wäre. Andererseits war die Einarbeitung wirklich gut. Und die ersten Dienste eines Neuen waren grundsätzlich mit Altassistenten oder OÄ als FA-Diensthabende...

Ich würde mir angucken, wie es läuft. Nimm die Intensivzeit mit und guck Dir schon während der Zeit an, wie es sich personaltechnisch entwickelt. Wenn absehbar ist, dass man Dich danach nur noch auf der Intensiv verheizen wird und Du den OP nicht mehr aus der Nähe siehst, dann macht es weiterbildungstechnisch keinen Sinn, zu bleiben. Aber Du hast dann zumindest den Vorteil, die Intensivzeit zu bescheinigt zu haben. Denn es soll Kliniken geben, in denen es an der Intensivzeit hinterher fehlt zum FA-Zeugnis...

Dr. Glucosidase
01.02.2013, 14:16
Worüber sich manche hier so alles beschweren... Meine Partnerin wurde im Innere-Jahr für ihren FA Psychosomatik im 3. Monat auf ITS eingesetzt, damit sie ab dem 4. Monat Dienste für alle Stationen der Med. Klinik inkl. ITS machen "konnte" oder besser gesagt nicht konnte, aber trotzdem musste :-kotz Hoch lebe das Patientenwohl!

Zur Erklärung: In der Psychosomatik sammelt man so viel Vorerfahrung für Innere wie in Auge / Uro / u. ä. Mit anderen Worten, man hat eigentlich null Ahnung und vor allem auch null Interesse - schon gar nicht an ITS... Man freut sich mehr so auf seine Zukunft als ärztlicher Psychotherapeut. Aber dafür interessieren sich wiederum die Internisten null (also für die Lage ihrer Fachfremden WBA)...

LMD
01.02.2013, 18:04
Ich bin nach 5 Monaten normalstation (Rheuma) auf ITS, und habe es auch überlebt- oder überlebe es gerade. Wie Kakcbratze schon sagt, es kommt auf die Superviion und die Ansprechpartner an. Und wenn du eh weg gehst, warum machst du dir Gedanken, dass du nicht mehr zurück in den OP kommst? Kann dir dann ja egal sein, trifft dich erst im neuen KH wieder.

LasseReinböng
01.02.2013, 18:10
Worüber sich manche hier so alles beschweren... Meine Partnerin wurde im Innere-Jahr für ihren FA Psychosomatik im 3. Monat auf ITS eingesetzt, damit sie ab dem 4. Monat Dienste für alle Stationen der Med. Klinik inkl. ITS machen "konnte" oder besser gesagt nicht konnte, aber trotzdem musste :-kotz Hoch lebe das Patientenwohl!

Zur Erklärung: In der Psychosomatik sammelt man so viel Vorerfahrung für Innere wie in Auge / Uro / u. ä. Mit anderen Worten, man hat eigentlich null Ahnung und vor allem auch null Interesse - schon gar nicht an ITS... Man freut sich mehr so auf seine Zukunft als ärztlicher Psychotherapeut. Aber dafür interessieren sich wiederum die Internisten null (also für die Lage ihrer Fachfremden WBA)...



Falls die tiefenpsychologische Gesprächstherapie so doll reinhaut, daß der Patient beim Bewußtwerden von verdrängten Gedächtnisinhalten beatmungspflichtig wird, oder wie ?! ;-)

Sebastian1
01.02.2013, 19:35
Ich muss gestehen, das anders zu sehen. Wir haben die komfortable Lage, als (Uni-)großstadtnahes Lehrkrankenhaus gut besetzt zu sein und ohne Honorarkräfte arbeiten zu können. Anästhesiedienste nach frühestens einem Jahr, Intensiv in der Regel nicht vor dem 4. Jahr. Und ich finde das gut so. Ich liebe die Arbeit auf Intensiv und kann mich auch über die Einarbeitung dort nicht beschweren, ich wollte eigentlich auch früher hin, aber nach einem Jahr (oder weniger) finde ich nicht sinnvoll. ICh habe chirurgische Rotationsassis auf ITS gesehen, die erstmal ein halbes Jahr Common Trunk, dann ein halbes Jahr Ambulanz und dann ihr halbes Intensivjahr gemacht haben, bevor sie überhaupt mal auf ihre "eigene" Fachabteilung losgelassen wurden - das kann's meines Erachtens nach nicht sein.
Klar - man überlebt das irgendwie, aber ist ja auch eine Frage des Dienstmodells. Was denn, wenn man nach dem 1. Jahr 2 Monate auf ITS mehr schlecht als recht eingearbeitet wird und dann im dritten Intensivmonat auf einmal im ITS-Nachtdienst alleine ist? Da kann man weder genug organisieren noch den wirklich kritisch kranken Patienten adäquat versorgen.
Und wenn der Assistent dann noch anmeldet, sich für diese Dienste noch nicht erfahren genug zu fühlen, halte ich es für dreist, das zu ignorieren. Denn wenn es da mal zu einem relevanten Schadensfall kommt, darf man sich fragen, wer denn dafür wohl über die Klippe springen darf....

SushiMan20
01.02.2013, 20:27
Das Problem ist ja tatsächlich, dass die Supervision mäßig ist! Ich mach hier teilweise 10 Dienste im Monat im OP, davon 3 - 4 24h Dienste, und in den Diensten ist die Supervision halt auch so quasi minimal.

Eigentlich wird man als Assi auf der Intensiv nur als Stationsbüttel benutzt, Kurven schreiben, Briefe schrieben usw usw. Aber ne richtige Ausbildung findet nicht statt. Und ich muss den "jüngeren" Kollegen im OP Backup geben, wenn die Nachts alleine sind und ich ggf. Nachts auf Intensiv. Wir haben also keinen FA-Dienst als Anwesenheit. Wenns hart auf hart kommt, bin ich der "erfahrenere" - wenn ein junger Kollege im OP ist.
Mein Oberarzt hat auch nur abgewunken als ich gesagt habe, ich dürfte doch erst nach zwei jahren Notarzt fahren, er meinte "ach, das regelt sich schon, wir haben hier doch den ÄLRD". Krass oder, also das find ich schon fahrlässig!

Das mit der Uni-Klinik kenn ich auch so von meiner Heimatuni [-::-], ich hab mittlerweile auch schon ein Jobangebot von denen bekommen und werd wahrscheinlich früher oder später dorthin zurückkehren. Ich finde es schon richtig, dass man erstmal nur im OP ist, dann auf ITSA kommt, dann eingerettet wird, und dann die richtige Intensivmedizin macht. Sonst könnt ich mir vorstellen, steht man immer so halb in allem drin...

VG

Schlafmützchen
01.02.2013, 22:36
Was hat denn das Notarzt fahren damit zu tun?
Wenn du dich unwohl fühlst dann wechsle, aber prinzipiell finde ich auch, dass man nach einem knappen Jahr auf die Intensivstation kann, kommt natürlich auf die Bedingungen an. Und es stimmt tatsächlich, dass es noch viele Kliniken gibt, in denen die Intensivzeit das Nadelöhr ist. Das heist natürlich nicht, dass man das Intensivjahr um jeden Preis mitnehmen sollte, man sollte sich schon halbwegs wohl dabei fühlen, aber man sollte es bedenken.

John Silver
02.02.2013, 10:52
Kurven und Briefe zu schreiben, gehört auf jeder ITS dazu. Wichtig ist, ob immer ein OA anwesend und für Fragen und Anleitung zuständig ist. Wenn ja, dann kann man das schon machen. Als Anästhesist ist man nach 500 Narkosen genauso auf die ITS vorbereitet, wie nach 5000. Hauptsache, man kann intubieren. Alles andere muss man sich beibringen und von erfahrenen Kollegen beibringen lassen.
Die Tatsache, dass es im Vordergrund keinen erfahrenen Facharzt gibt, wenn zwei Anfänger den OP und die ITS abdecken, ist allerdings schon sehr bedenklich. Gerade nachts auf der ITS kann es ganz schön rund gehen, und da ist häufig auch eine klinische Einschätzung des Patienten und die richtige Therapie gefragt - alles Dinge, von denen ein Anästhesieneuling wenig bis gar nichts versteht. Nun ja, dann muss eben der Hintergrund dran glauben, und wird alle halbe Stunde geweckt.

Miss
02.02.2013, 13:27
Bei uns kommt man erst später in der Weiterbildung auf ITS (variabel zwischen dem 2.+4. Jahr), bei mir wars das dritte, und das fand ich auch passend. Davor hat man einfach noch zu wenig Erfahrung insgesamt (bei uns ist zwar immer ein FA im Haus anwesend, wenn das aber ältere Kollegen sind, die seit 10-20 Jahren nicht mehr auf ITS arbeiten plus einen OA im RD, der nur im OP ist, dann ist das aber wenig hilfreich -und man ist ziemlich auf sich alleine gestellt - mittlerweile ist das okay, aber im 2. Jahr wäre das nicht so lustig gewesen)

Wir haben immer chirurgische Kollegen für ihr ITS-Halbjahr bei uns, die sind unterschiedlich fit, z.T. lassen wir die aber noch nicht mal am Wochenende arbeiten (weils dem 2. Schichter nicht wirklich zuzumuten wäre), Nachtdienst schon mal gar nicht.

Und irgendwie gehs halt schon um ein bißchen mehr als Intubieren, im Frühdienst, wenn bei uns noch OA anwesend ist (meistens) und regelmäßiger Chefvisite vielleicht kein Problem, aber bricht eins der Rädchen weg, fällt die Supervision schon flach. Und das merkt man in der Patientenversorgung dann schon.


Ich würde an Deiner Stelle mal nochmal nachhaken, ob das wirklich jetzt sein muß, hinterfragen, wann man Nachtdienste bzw. selbstverantwortliche Dienste macht. Parallel würde ich mich aber auch schon mal nach einer Ausweichmöglichkeit umsehen :-meinung Wenn es definitiv eine andere Stelle gäbe, würde ich unter Umständen auch noch mal den Chef unter Druck setzen. Als dienstfähiger Assi hat man dann schon wieder andere Trümpfe auf der Hand als als blutiger Anfänger, aber das muß vom Chef und der Situation abhängig machen, ob das mutig oder eher doof ist.

Miss
02.02.2013, 13:31
Ehrlich gesagt finde ich NEF-Fahren auch erst angebracht, wenn man eine ITS adäquat versorgen kann.