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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : NEF-Einsatz: Bewusstloser Patient



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*milkakuh*
28.02.2013, 19:28
Ich habe ein Fallbeispiel, was ich euch gerne mal vorstellen würde. Ich bin aktuell noch in der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin, gebe mir aber größte Mühe! Für Kritik bin ich natürlich offen! :-)

Dann mal los:

Ihr arbeitet als Notarzt in einer ländlichen Gegend, in der der gefühlte Altersdurchschnitt bei über 80 Jahren liegt. Um 15:42 wird euer gemütliches Kaffeetrinken durch den Melder beendet. Sofort besetzt ihr mit eurem RA das NEF. Einsatzmeldung: "86-jähriger Pat., bewusstlos". Eure Fahrzeit beträgt etwa 5 min mit Sonderrecht. Ihr werdet als erstes Fahrzeug die Einsatzstelle erreichen, der RTW hat eine deutliche längere Fahrzeit, da aktuell in der näheren Umgebung keiner verfügbar ist.

An der Einsatzstelle angekommen empfängt euch schon die aufgeregte Frau des Patienten und sagt, dass ihr schnell mitkommen sollt, ihrem Mann ginge es nicht gut, er würde irgendwie nicht mehr so richtig sprechen. In der Wohnung angekommen liegt der Patient im Ehebett des Schlafzimmers. Im Raum bedindet sich noch ein Sohn, der im gleichen Haus wohnt.

Was wollt ihr wissen/machen?

Sebastian1
28.02.2013, 19:49
Okay, aus der Erfahrung heraus, das "bewusstloser Patient" auf dem Melder so ziemlich alles bedeuten kann von "hat nix" über "schläft" bis zu "ist vor 3 Wochen verstorben"...(kein Witz, das ist so):
Ich schreite mal zum Äußersten und will als allererstes Mal den Patienten sehen. Ist da jemand offenbar unmittelbar reanimationspflichtig oder schon mit sicheren Todeszeichen gesegnet? Wenn nein, dann können wir mal weiter schauen :-)

*milkakuh*
28.02.2013, 19:59
Super Idee. Und genau so isses: "Bewusstloser Patient kann alles und nix bedeuten."

Der Patient liegt in Rückenlage im Bett, seine Augen sind geschlossen, auf den ersten Blick hat der Patient eine rosige Haut. Ihr seht, wie der Thorax sich hebt und senkt, da der Patient nur ein dünnes T-Shirt an hat.

Ihr sprecht den Patienten an, woraufhin er kurz unverständliche Laute vor sich hin brabbelt.

Und jetzt?

WackenDoc
28.02.2013, 20:07
Mal die Ehefrau fragen, was genau passiert ist.
Parallel mal schauen, ob wir den wach bekommen. Und der RA kann schonmal nen Pulsoxy dran bauen und RR messen.
Diabetiker?- dann gleich mal nen BZ.

*milkakuh*
28.02.2013, 20:16
Die Ehefrau erzählt euch, dass ihr Mann auf der Toilette zusammengesackt und auf den Boden gefallen sei. Sie hat dann sofort ihren Sohn gerufen, der gemeinsam mit ihr den Mann ins Bett geschafft hat. Ihr fragt auch gleich, ob der Patient "zuckerkrank" ist. Die Angehörigen verneinen dies. Der Patient ist auch eher von schlanker Statur, im Gegensatz zu den Angehörigen. :-))

Euer Patient reagiert auf Ansprache weiterhin mit komischem unverständlichem Gebrabbel, die Augen öffnet er nicht, auf Schmerzreiz zeigt er ungezielte Abwehrreaktionen. Die GCS ist summa summarum bei 6.

Der RA-bastelt parallel das Pulsoxymeter dran: spO2 94%, der Blutdruck ist 120/70 mmHg.

Und jetzt? Soll euer RA schonmal die Medikamente zum Intubieren aufziehen? Frei nach dem Motto: "Bei GCS von 8 gib Acht, bei 7 Tubus schieben!"?

el suenio
28.02.2013, 20:26
Okay, ich trau mich mal...Erst mal dem Pat. zuwenden. Ansprechen und Schmerzreiz setzen, um zu sehen, ob er tatsächlich bewusstlos ist (spricht nicht mehr so richtig, kann ja viel heißen). Puls ist palpierbar und Atmung ist vorhanden? Wie ist der Hautkolorit?
--> Erst mal stabile Seitenlage, Mundraum inspizieren, Monitor ran, Sauerstoffsättigung messen, BZ messen.
In der Zwischenzeit die Frau befragen. Seit wann befindet sich ihr Mann in diesem Zustand? Gab es irgendwelche Vorankündigungen/kam ähnliches schon einmal vor? Welche Vorerkrankungen hat der Patient?
Intubation ist dann ggf. notwendig, schon einmal bereit halten.
(So, ihr dürft gerne alles berichtigen, ich bin ahnungslos ;-) )
Edit: sorry, mein PC verars*** mich, da stand bei mir grad noch nix...:-))

*milkakuh*
28.02.2013, 20:32
Also gut: Euer RA bringt den Patienten erstmal in die Seitenlage und fragt euch nochmal, ob er nicht lieber alles für eine Intubation vorbereiten soll?! Die HF liegt bei 80 Schlägen/Minute.

Vorerkrankungen ist ein gutes Stichwort. Die Ehefrau macht sich auf die Suche nach dem letzten Arztbrief. Der Sohn erzählt euch, dass sein Vater eine "Thromboirgendwas" habe, den Namen kann er sich nie merken, schließlich ist er ja Automechaniker und kein Arzt. :-nix

Mittlerweile ist auch der RTW vor Ort. Die Besatzung: ein RA, ein RS und ein Praktikant, der letzte Woche erfolgreich seinen Sanitätskurs beim DRK abgeschlossen hat.

Coxy-Baby
28.02.2013, 20:38
Während Muttern den Arztbrief sucht, bau ich mir ein EKG.....

WackenDoc
28.02.2013, 20:39
Ne- mit dem Schnorchel warten wir noch.
Dafür schauen wir mal wegen neurologischem Status:
- Pupillen?
- Bewegt er alle Extremitäten?
- Macht er das seitengleich?

Und bevor wir nen Schnorchel schieben, hätte ich gerne ne Viggo und nen EKG. Ist im Pulsoxy schon was auffälliges am Rhythmus?

Edit: @Coxy: Also ich würd ja eins von den Autos nehmen. Wobei wir nach dem Physikkurs (zumindest nach meinem) in der Vorklinik das Ding womöglich auch selber bauen könnten.

el suenio
28.02.2013, 20:40
Okay, hört sich ja erst mal ziemlich nach einer (Lungen)-Embolie an. Zyanotisch ist er ja allerdings nicht, sonst irgendwelche Symptome dahingehend? Tachypnoe, gestaute Halsvenen?

*milkakuh*
28.02.2013, 20:47
Während Muttern den Arztbrief sucht, bau ich mir ein EKG.....

Wird gemacht, Doc! Der RA vom RTW bastelt euch ein 12-Kanal-EKG dran. Hier seht ihr eine Arrhythmia absoluta. In dem Moment kommt auch die Ehefrau winkend mit dem Arztbrief um die Ecke. Auf dem Diagnosezettel findet sich folgendes: "Essentielle Thrombozythämie und Niereninsuffizienz". Von einerArrhythmia absoluta steht leider nichts drin...:-? Ein kurzer Blick auf das letzte Labor vor 4 Wochen beim Hämatoonkologen zeigt euch eine unglaubliche Thrombozytenzahl: 1,8 Million/μl .


Ne- mit dem Schnorchel warten wir noch.
Dafür schauen wir mal wegen neurologischem Status:
- Pupillen?
- Bewegt er alle Extremitäten?
- Macht er das seitengleich?

Und bevor wir nen Schnorchel schieben, hätte ich gerne ne Viggo und nen EKG. Ist im Pulsoxy schon was auffälliges am Rhythmus?


Die Pupillen sind beidseits weit, keine Differenz. Die Extremitäten bewegt der Patient auf Schmerzreize weiter, genauer lässt sich das aktuell nicht untersuchen, da der Patient weiterhin somnolent ist.

Der RS vom RTW macht sich dran ne Braunüle zu legen. Nach mehrmaligem klopfen auf die Venen am Handrücken re. versucht er das Ding zu versenken und hat leider kein Glück. Zum Glück hat euer RA der mehr Erfahrung und versenkt die Braunüle beim zweiten Versuch am linken Handrücken auf Anhieb (18 G).


Okay, hört sich ja erst mal ziemlich nach einer (Lungen)-Embolie an. Zyanotisch ist er ja allerdings nicht, sonst irgendwelche Symptome dahingehend? Tachypnoe, gestaute Halsvenen?

Genau, keine Zyanose. SpO2 dümpelt zwischen 92 und 95% unter Raumluft. Keine lauten Atemgeräusche o.ä., keine gestauten Halsvenen und auch keine Tachypnoe. Damit der Praktikant auch mal was zu tun hat, darf er die Atemfrequenz zählen: er kommt auf ca. 15 x/Minute.

Coxy-Baby
28.02.2013, 20:50
Muttern fragen ob AA bekannt ist, was nascht er so an Medis?

Edit: Der Sani soll schonmal raus und den RTW anschmeissen....

*milkakuh*
28.02.2013, 21:00
Muttern fragen ob AA bekannt ist, was nascht er so an Medis?

Ne, von so einer komischen AA habe sie noch nie was gehört. Sie fragt euch, ob das was schimmes sei? Der Sohn unterbricht euch und fragt, ob ihr auch mal was machen wollt, schließlich liegt sein Vater ja immer noch genauso da wie vor 10 Minuten....

Er nimmt ein Medikament gegen die Thrombozythämie ein, sonst nimmt er keine weiteren Medikamente.

WackenDoc
28.02.2013, 21:03
Wie weit haben wir es denn in welches Krankenhaus?

*milkakuh*
28.02.2013, 21:08
Wie weit haben wir es denn in welches Krankenhaus?

Das Kreiskrankenhaus ist etwa 10 min mit Sonderrecht entfernt, hier liegt der Schwerpunkt auf der Psychatrie und der Geriatrie, 'ne Notaufnahm haben sie aber auch. :-))
Über die Autobahn erreicht ihr den nächsten Maximalversorger in etwa 20 min mit Sonderrecht, hier gibt es eine Stroke Unit und ein Bett auf der ITS wäre auch frei. Ein anderer Maximalversorger befindet sich in der anderen Richtung, ebenfalls Fahrzeit etwa 20 min, hier wisst ihr allerdings im Moment nicht, ob es ein freies Bett auf der ITS gibt.

Wollt ihr nichts mehr vor Ort machen? Was ist eure Verdachtsdiagnose?

Coxy-Baby
28.02.2013, 21:08
Ich spezifiziere mal, Wie weit haben wir es denn bis zu einem krankenhaus mit stroke und dem ganzen gedöns?

*milkakuh*
28.02.2013, 21:13
Ich spezifiziere mal, Wie weit haben wir es denn bis zu einem krankenhaus mit stroke und dem ganzen gedöns?

Das Kreiskrankenhaus ist etwa 10 min mit Sonderrecht entfernt, hier liegt der Schwerpunkt auf der Psychatrie und der Geriatrie, 'ne Notaufnahm haben sie aber auch.
Über die Autobahn erreicht ihr den nächsten Maximalversorger in etwa 20 min mit Sonderrecht, hier gibt es eine Stroke Unit und ein Bett auf der ITS wäre auch frei. Ein anderer Maximalversorger befindet sich in der anderen Richtung, ebenfalls Fahrzeit etwa 20 min, hier wisst ihr allerdings im Moment nicht, ob es ein freies Bett auf der ITS gibt.

Wollt ihr nichts mehr vor Ort machen? Was ist eure Verdachtsdiagnose?

Coxy-Baby
28.02.2013, 21:16
Hm kliegt ja schon ein bisschen nach schlaganfall,von daher evtl ein wenig Sauerstoff, Patienten eintüten (chipkarte nicht vergessen) und dann unter Überwachung Richtung KH mit Stroke....

el suenio
28.02.2013, 21:19
Hmm, Embolus war vllt. gar nicht so falsch, aber nicht in der Lunge. Das Vorhofflimmern in Verbindung mit der Thrombozythämie wirkt ja schon stark begünstigend in Richtung Thrombus. Apoplex wäre durchaus denkbar. Neurologisch ist sonst nichts auffällig?

*milkakuh*
28.02.2013, 21:20
Hm kliegt ja schon ein bisschen nach schlaganfall,von daher evtl ein wenig Sauerstoff, Patienten eintüten (chipkarte nicht vergessen) und dann unter Überwachung Richtung KH mit Stroke....

Während euer RA den Sauerstoff dran bastelt, fällt euch auf, dass der Patient weiter eintrübt. Der Patient antwortet gar nicht mehr auf Ansprache. Die GCS ist jetzt also nur noch bei 6. Die Angehörigen werden immer nervöser und fragen, ob sie dem Dorfpfarrer bescheid sagen sollen.


Hmm, Embolus war vllt. gar nicht so falsch, aber nicht in der Lunge. Das Vorhofflimmern in Verbindung mit der Thrombozythämie wirkt ja schon stark begünstigend in Richtung Thrombus. Apoplex wäre durchaus denkbar. Neurologisch ist sonst nichts auffällig?

Nein, keine weiteren neurologischen Auffälligkeiten/Ausfälle. Außer, dass der Patient jetzt nicht mehr auf eine verbale Kommunikation reagiert.

Aktelle Parameter:
spO2: 93%
RR: 115/70 mmHg
HF: 82 Schläge/min
GCS: 6
12-Kanal-EKG: weiterhin AA

Und jetzt? Wie viel Sauerstoff soll der RA geben? Doch ein Tubus oder noch irgendwelche weiteren Fragen/Untersuchungen? Oder Einpacken und schnellstmöglich mit Voranmeldung "Apoplex im Zeitfenster" in den Maximalversorger mit Stroke?