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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bedarfsmedis: Tipps für Berufsanfänger: Was gebt ihr wann?



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die Giraffe
02.03.2013, 11:02
Halloooo!
Ich bin frisch gebackene Ärztin und bin auch bald mit Diensten dran.
Da wollt ich euch mal fragen, was ihr denn so als Bedarfsmedis anordnet, wenn ein Patient Fieber, Schmerzen, Schlafstörungen etc hat. Als Denkanstoß wäre ich über Tipps sehr dankbar!

Vielen Dank und viele Grüße!
Giraffe

Kackbratze
02.03.2013, 11:10
Was gibts denn bei euch so in der Klinik? Frag mal die Nachtschwester, manchmal haben die schon "erstmal Baldrian" bei Schlafstörungen oder so in der Kitteltasche ;-)

WackenDoc
02.03.2013, 11:30
Oder mal die Kollegen fragen: Die meisten Kliniken (Chefs/Oberärzte) haben ihre Favoriten. Wäre doof, wenn wir was empfehlen, was deine Vorgesetzten als Teufelszeug erachten.

Schlafstörungen ist immer so ne Sache: Meiner Meinung nach, muss man die nicht immer sofort behandeln. Außerdem kommt das Problem der Bedarfsmedikation dazu: Wird in der Regel ja erst gegeben, wenn der Patient so gar nicht schlafen kann-aber bis man das rausfindet, ist es oft schon spät abends. Wenn man dann ne Bedarfsmedikation gibt, kommt es am nächsten Tag oft zum Überhang.
Bei der Fülle der vorhanden Schlafmittel ist es tatsächlich ne Frage was bei euch Standard ist.

Bei Fieber wäre Paracetamol/Perfalgan mein Favorit: Aber je nach dem würde ich als Arzt schon gerne wissen wollen, dass der Patient auffiebert- ggf. ergibt sich da auch Handlungsbedarf.

Leichte Schmerzen: Paracetamol oder Ibuprofen (je nach Kontraindikationen)
Bei mittleren kommt man mit Metamizol ganz gut hin.

Bei durchgängigen Patienten war immer Atosil mein Favorit-aber nicht in der neurologisch-homöopathischen Dosierung von 5 Tropfen oder so. Bei mir gab´s meist 1/2 Ampulle (=25mg)i.v.- je nach AZ und Gewicht des Patienten.

dreamchaser
02.03.2013, 11:32
Was gebt ihr bei:
- Schlafstörungen
- Fieber
- Leichte/ starke Schmerzen
- Durchgängiger Patient/ Unruhe/ Agitiertheit
-.... Was fällt euch noch so an Standart-Medis ein?


Natürlich ist das, was man im Einzelfall anordnet vom jeweiligen Patienten abhängig, es gibt also keine allgemeingültigen Empfehlungen und zudem gibt es ja von Haus zu Haus auch Unterschiede.
Zu überlegen wäre:
- bei Schlafstörungen: ggf. erstmal Baldrian, bei Unruhe (z.B. OP am Folgetag oder ähnliches) mal Tavor 1 mg, bei fitten, jüngeren Pat. kann z.B. Temazepam oder Oxazepam 10 mg genommen werden... (nach 1 Uhr würde ich kein Schlafmittel - ausser vielleicht Baldrian- mehr geben, da die Gefahr zu groß ist, dass es dann doch überhängt)
- bei Fieber würde ich mit Paracetamol 500 mg-1g beginnen (maximal 4g/d), falls das nicht ausreicht im Wechsel mit z.B. Novalgin (wichtig hier auch: Kulturen gewinnen, Fokus überlegen, Antibiose ggf. beginnen/überprüfen)
- Schmerzen: kommt auf den Schmerzfokus an...bei leichten Schmerzen Paracetamol 500 mg (oder 1g) oder Ibuprofen 400 mg (oder 800 mg) oder Novalgin 20 Tr (oder 30 Tr.) - sollte individuell ausgewählt werden, da ja auch immer mal Kontraindikationen bestehen.
- bei starken Schmerzen Erweiterung um ein Schmerzmittel der Stufe 2 oder Stufe 3 gemäß WHO-Stufenschema (unbedingt die Vormedikation beachten - wenn jemand schon 60 mg Morphin in der Medikation hat, dann nimmt man hiervon den Bedarf = 1/6 der Tagesdosis)
- durchgängiger Patient: bei älteren Patienten nehme ich mal gerne Melperon 25 mg (ggf. 50 mg) zur Nacht, aber auch hier sollte man den Patienten beachten und die Vormedikation - manche schlafen dann den ganzen Tag noch. Sonst gerne ein paar Tröpfchen Atosil (10 Tr., ggf. mehr).

Leider gibt es kein einfaches Schema, nach dem man einfach vorgehen kann, sondern man muss eben immer den Patienten sehen und die Vorgeschichte.

die Giraffe
02.03.2013, 15:01
Huhu! Danke für die vielen Tipps!

MissGarfield83
02.03.2013, 15:13
Hey !

Für die Bedarfsmed bei Schlafstörungen hab ich nen interessanten Artikel im Blog Psychiatrie to go gelesen :

guckst du hier http://psychiatrietogo.wordpress.com/2013/02/23/welches-schlafmittel-gebe-ich-wem/

EKT
02.03.2013, 17:36
Schlafstörungen ist immer so ne Sache: Meiner Meinung nach, muss man die nicht immer sofort behandeln.

Da wär ich als Pat. in der Somatik im fremdem Bett mit vielen Stationsgeräuschen und sowie so schon unter Streß aber anderer Meinung!

Zum sogenannten Durchgangssyndrom, was man medizinisch auch Delir nennt: ganz klarer Favorit ist Haloperidol je nach Alter und Schwere des Syndroms zwischen 1 und 10 mg.

morgoth
02.03.2013, 17:49
Haldol (+/- Benzo) beim (Prä)-delir kann ich auch nur befürworten, schon zig mal eine Konsilanforderung gehabt "25 mg Atosil/Melneurin gegeben, Patient immer noch durchgängig. Empfehlungen?"

hypnotel
02.03.2013, 17:53
Ich finde es etwas heikel, hier Pauschalitäten auszutauschen. Medikamentenverordnungen sollten klinikseigenen Standards (vorhanden?) genügen aber doch stets individuell getroffen werden (wie von dreamchaser erwähnt). Patentrezepte aus dem Internet mit der Intention, schnell 'dienst-fit' zu werden, haben einen zweifelhaften Wert.

just my 2 cents :-)

die Giraffe
02.03.2013, 18:09
@ Hypnotel: ich werde die Ratschläge natürlich nicht als ultimative Wahrheiten annehmen...sondern eher als Denkanstoß ;-)

Leelaacoo
02.03.2013, 18:29
...und gerade bei (Prä)delir auch mal Ursachenforschung betreiben! Nachts natürlich nicht komplett möglich, aber es ist schon gut, sich den Pat. vorher mal anzuschauen, bevor man telefonisch Haldol ansetzt...gerade im geriatrischen Bereich sind delirogene Zustände oft mit Infektionen (v.a. Pneumonie), aber auch ischämischen Ereignissen vergesellschaftet...

Ach ja, und die Schmerztherapie nicht vergessen...(oder die Schmerztherapie überdenken, unter Morphin habe ich schon häufiger ungute Dinge gesehen...).

Im Endeffekt..nur durch Dienste wird man dienstfit, also nur zu...wird schon werden!

LG Lee

Leelaacoo
02.03.2013, 18:30
...ups, Doppelpost...

LG Lee

Kackbratze
02.03.2013, 18:33
gerade im geriatrischen Bereich sind delirogene Zustände oft mit Infektionen (v.a. Pneumonie), aber auch ischämischen Ereignissen vergesellschaftet...

Klassisch. Einmal als Anfänger die Pneumonie beim Deliranten nicht sofort gesehen, seitdem wird jeder delirante Rentner angeschaut, bevor die Nachtschwester (die meist schon drängelt) irgendwelche Neuroleptika o.Ä. reinwerfen darf.

Jule-Aline
04.03.2013, 09:17
Und unbedingt darauf achten, dass alte Leute eine ausreichende Ausfuhr haben.Ich habe oft unruhige Pat erlebt,die eine sehr volle Blase hatten und teilweise Harnverhalt.Nach Legen eines DKs wurden die Leute oft ruhiger.

Hoppla-Daisy
04.03.2013, 11:51
Und unbedingt darauf achten, dass alte Leute eine ausreichende Ausfuhr haben.Ich habe oft unruhige Pat erlebt,die eine sehr volle Blase hatten und teilweise Harnverhalt.Nach Legen eines DKs wurden die Leute oft ruhiger.
In einem solchen Fall könnte auch der RR gut entgleisen, was man auch mal eben schnell aus der linken Hand mit Antihypertensiva runterwuppen möchte, dabei aber nicht an den Harnverhalt denkt, der ursächlich dahinter stecken könnte.

dreamchaser
04.03.2013, 16:08
Bevor man antihypertensiv tätig wird, sollte man sowieso sicher sein, dass der Patient keine Schmerzen hat!

Leelaacoo
04.03.2013, 17:24
Und unbedingt darauf achten, dass alte Leute eine ausreichende Ausfuhr haben.Ich habe oft unruhige Pat erlebt,die eine sehr volle Blase hatten und teilweise Harnverhalt.Nach Legen eines DKs wurden die Leute oft ruhiger.

Oh jaa...das ist der Peinlichkeits-Klassiker Nr.1 ...da schämt man sich mal (zu Recht) richtig, passiert aber fast jedem mal...guter Tipp.

LG Lee

yoann
04.03.2013, 19:30
neben harnverhalt auch ans fekalom denken,zb in der neuro bei parkinsonpatienten (aber auch allgemein bei allen betagten Patienten) ... kommt bei uns oefter mal, der blockierte oder auch fast delirante parkinsonpatient, der einfach nur ein riesenfekalom hat und dessen medikation gar nicht umgestellt werden muss. nachts werden die falls sie halluzinieren und delirant sind dann auch gerne mal von den nicht-neurologen mit neuroleptika abgeschossen und sind dann am naechsten tag voellig akinetisch. nie nie nie klassische neuroleptika einem parkinson oder lewy koerperchen demenz patienten geben! (die neurologen hassen einen dafuer dann;-))

Leelaacoo
04.03.2013, 19:35
Jetzt musste ich tatsächlich googlen, was ein Fekalom ist:-peng Man lernt nicht aus...habe ich noch nie gehört, dass das jemand so genannt hat...(ich hab ja erst irgendwas mit "Ferkel" gelesen:D ).

LG Lee (dann musst aber statt DK bei Harnverhalt mal manuell ans ferkel ran...urgs...)

Fr.Pelz
04.03.2013, 19:52
neben harnverhalt auch ans fekalom denken,zb in der neuro bei parkinsonpatienten (aber auch allgemein bei allen betagten Patienten) ... kommt bei uns oefter mal, der blockierte oder auch fast delirante parkinsonpatient, der einfach nur ein riesenfekalom hat und dessen medikation gar nicht umgestellt werden muss. nachts werden die falls sie halluzinieren und delirant sind dann auch gerne mal von den nicht-neurologen mit neuroleptika abgeschossen und sind dann am naechsten tag voellig akinetisch. nie nie nie klassische neuroleptika einem parkinson oder lewy koerperchen demenz patienten geben! (die neurologen hassen einen dafuer dann;-))

Die Schwestern hassen einen aber auch -wenn man nachts einen Schwenkeinlauf anordnet :-))