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FirebirdUSA
03.03.2013, 12:05
Auch von mir mal ein Fallbeispiel, wir befinden uns in der ZNA eines kleinen peripheren Krankenhauses. Der Notarzt schiebt euch die Patientin mit folgenden Worten in die Notaufnahme: "65 Jährige Patientin, V.a. erstmaligen generalisierten Krampfanfall, bei Ankunft noch somnolent, auf der Fahrt stabil, keine bekannten Vorerkrankungen" und ist mit den Worten "wir haben schon einen Folgeeinsatz" wieder auf dem Weg nach draußen.

Und nun?

Miss_H
03.03.2013, 12:33
Dann schauen wir uns die Patientin mal an. Wie geht es der Patientin? Was hat sie mitbekommen? Wie sind ihre Vitalwerte?
Liegt schon ein Viggo? Wie ist RR, BZ? Hat der Notarzt schon Medikamente gegeben?
Einfach einen Überblick über die Situation machen.

Lizard
03.03.2013, 12:48
GCS ?
Pupillenstatus ?
Hat die Patientin eingenässt ?
Äussere Verletzungen ?
Zungenbiss ?

WackenDoc
03.03.2013, 13:27
Hat der Kollege denn wenigstens nen Protokoll ausgefüllt, wo die Anamnese drin steht- wenigstens das, was überhaupt passiert ist? Oder können wir die Patientin befragen?

Brutus
03.03.2013, 15:48
^^ Selbst wenn es der Kollege nicht getan hat... Die Rettungsassistenten des RTW dürften ja noch da sein. Die haben doch sicher auch was gesehen / gehört und können ein bißchen was erzählen? :-nix

Ansonsten wie oben schon geschrieben...

FirebirdUSA
03.03.2013, 18:25
Also, ihr hab ein Notarzt-Protokoll darin sind durchgehend regelrechte HF + Blutdruckwerte verzeichnet, der BZ war bei 86 mg/dl, ein grüner venöser Zugang liegt und nicht beschriftete Blutabnahmeröhrchen (gefüllt) kleben an der laufenden Ringer-Lösung. Die Patientin ist soprös aber gut erweckbar, auf Ansprache äußert sie Kopfschmerzen und kann sonst nichts wegweisendes Beitragen (bzw. gibt immer nur ihre Kopfschmerzen an). Laut den Rettungsassistenten hat der Ehemann wohl beobachtet das die Frau gekrampft hat ("wie wild mit den Armen und Beinen gewackelt"). Die Patientin scheint eingenässt, einen Zungenbiss könnt ihr nicht erkennen. Die Pupillen sind weit, isokor und gut lichtreagibel. Äußere Verletzungen sind ansonsten nicht zu erkennen.

Ergänzung: Außerdem bewegt die Patientin alle vier Extremitäten spontan.

Hellequin
03.03.2013, 18:33
@Rettungsassistenten: Sturzereignis im Rahmen des Anfalls?
@Patientin: Sind epileptische Anfälle bekannt? Seit wann hat sie die Kopfschmerzen? Wie fühlen sich die Kopfschmerzen an, wo lokalisiert, wie stark? Sind derartige Kopfschmerzen bekannt?
Untersuchung: Neurologisches Defizit? Temperatur?
Labor: Kleines Blutbild, CRP, Krea, CK, TSH, GPT. Als nächstes dann zeitnah ein CCT.

Nessiemoo
03.03.2013, 19:41
Ich traue mich auch mal! Wenn die Patientin kein Auskunft geben kann, dann den Ehemann fragen:
Sind frühere Traumata/ Stürze aus letzte Woche bekannt?
Vorerkankungen? (Neurologische/ Psychische/ Onkologische/ Endokrinologische/ Kreislauf?) Medikamente, die sie sonst einnimmt? Oder auch der Ehemann? Reiseanamnese?
Fieber? Sehstörungen? Sauerstoffsättigung?

Neurologische Untersuchung (wurde ja schon erwähnt) mit Hirnnervenausfällen? Motorische Reflexe?

FirebirdUSA
03.03.2013, 19:53
Also in Kombination mit dem Ehemann und dem Rettungsdienst erhaltet ihr folgendes Bild:
Die Patientin hat seit 2-3 Tagen Kopfschmerzen, aktuell sagt diese sie sind vorallem bifrontal betont. Sie nimmt schon seit 2 Tagen Paracetamol bis zu 1,5g/Tag, Aspirineinnahme wird verneint. Keine endokrinologischen oder onkologischen Vorerkrankungen bekannt, auch keine bekannten Kreislauferkrankungen, eine bekannte Epilepsie liegt nicht vor, postpartale Depression beim zweiten Kind seitdem aber keine weitere Episode, ansonsten keine psychiatrischen Vorerkrankungen.
Temperatur: 36,8°C, orientierend kein fokal neurologisches Defizit aktuell erkennbar, Sehstörungen lassen sich schlecht testen bei fehlender Patientencompliance. SpO2 96% unter Raumluft, auf der Fahrt ins KH laut Protokoll unter 6l O2 bei 100%.
Labor wie von Hellquin gewünscht ist auf Notfall weg und ihr seit (nach telefonischer Rücksprache mit dem teleradiologisch zuständigen Radiologen) auf dem besten Weg zum nativen CCT.
Noch andere Wünsche oder gleich das CCT?

ycr83
03.03.2013, 20:09
unter der Annahme, dass die Ergebnisse der orientierenden KU vom Notarzt noch gelten, direkt CCT

WackenDoc
03.03.2013, 20:11
Irgendwas eingeworfen? Bzw. gibt es da Hinweise drauf?
Hat der Notarzt schon nen EKG geschrieben? Und/oder habt ihr EKG-Monitoring dran?

Sonst irgendwelche Auffälligkeiten? Komisches Atemmuster? Komische Gerüche?

Und vom Ehemann möchte ich ganz genau wissen, was passiert ist? Bei was für einer Gelegenheit war das? Was war unmittelbar davor? Wie lange hat sie "gezappelt"
Sturz?

FirebirdUSA
03.03.2013, 20:30
EKG: Normaler Sinusrhythmus, 85/sek, kein Blockbilder, keine ST-Streckenveränderungen.
Atmung aktuell Normopnoe, außer die eingenässte Hose riecht aktuell nichts komisch. Nach dem ihr den Ehemann auf dem Weg zum CT nochmals genauer befragt habt gibt es folgende Antworten auf die Fragen: Die Frau sei heute morgen im Bett liegen geblieben wegen ihrer Kopfschmerzen, plötzlich hätte er komische Geräusche gehört und wer in das gemeinsame Schlafzimmer gerannt, da wär sie dann im Bett gelegen, hätte die Augen komisch verdreht und sie hätte mit Armen und Beinen gezappelt. Wie lang es gedauert hat kann er nicht genau sagen, er hätte gleich den Notarzt gerufen und es wäre ihm ewig vorgekommen. Der Notarzt hätte ja auch ewig gebraucht. Als es mit dem Zappeln aufgehört hat hätte die Frau ganz tief und röchelnd geatmet und hätte auf nichts reagiert. Als der Notarzt dann da war habe sie zumindestens schon wieder mit Stöhnen auf Ansprache reagiert.

Ihr seid jetzt beim CT angekommen, in ein paar Minuten gibt es das nativ CT...

FirebirdUSA
03.03.2013, 21:11
Hier zwei relevante CT-Schichten (Das blöde Wasserbild ist dafür da, dass andere nicht meine schönen Fallbilder weiterverwenden, alles wichtige ist aber sichtbar), der teleradiologisch zuständige Radiologe am nächsten größeren Haus steht gerade im Schockraum und lässt telefonisch ausrichten, dass er frühstens in 30 Minuten auf die Bilder sehen kann, ihr müsst also selbst erstmal weiter entscheiden. Was seht ihr und was macht ihr weiter mit dem Patienten? Weitere Diagnostik, Therapie, Verlegung?

25805

Carina2
03.03.2013, 21:31
Wie siehts mit Meningismus und Fieber aus? Ja und ansonsten Verlegung Richtung Neurochirurgie/Neurologie aufgrund des hyperdensen Areals links frontal?! Vorher evtl je nach Verfuegbarkeit MRT oder Kontrastmittel CT?

FirebirdUSA
03.03.2013, 21:33
Temp. war vorne erwähnt normal, kein Meningismus.
Hyperdenses Areal links frontal, um was handelt es sich den deiner Meinung nach, bzw. was sagst du dem Neurologen/Neurochirurgen? MRT/KM-CT mit welcher Fragestellung?

Carina2
03.03.2013, 21:42
Fragliche Raumforderung, Kontrastmittelaufnahme? Verlegung bei erstmaligem symptomatischen Epileptischen Anfall aufgrund Intrazerebraler Raumforderung?!

FirebirdUSA
03.03.2013, 21:45
Inzwischen ist auch das Labor da:
kl. BB - normwertig
CK - 456 U/l (erhöht)
Krea - 1,0 mg/dl (grenzwertig)
TSH - 0,2 mU/l (leicht erniedrigt), fT3 und fT4 normwertig
GPT - 50 U/l (leicht erhöht)

Hellequin
03.03.2013, 21:57
Sieht für mich auf der einzelnen Schicht eher nach einer Blutung aus. Sieht nach nach einer Subarachnoidalblutung aus, beschwören würde ich es aber nicht.:-))
Soweit beurteilbar auf einer Schicht kein wesentlicher raumfordernder Aspekt oder Umgebungsödem. Kein Ventrikeleinbruch.
Ich hätte gern noch ein Angio-CT mit der Frage nach einem Aneurysma. Post-KM kann man sicher noch machen, halte ich aber nicht zwingend für erforderlich.

Ok, damit haben wir eine strukturelle Genese des epileptischen Anfalls. Das heißt ich würde ihr schon was antiepileptisches geben. Falls vorhanden Levetiracetam i.v. 500mg, falls nicht vorhanden niedrigdosiert ein langwirksames Benzodiazepin (z.B. Lorazepam).

Sobald die Angio gelaufen ist telefonische (falls möglich auch teleradiologische) Vorstellung in der nächstgelegenen Neurochirurgie.

Nessiemoo
03.03.2013, 22:05
Also ich würde sagen, dass die Mittellinie ist schon etwas verschoben? Frontal?

Also was wir irgendwannmal kurz gelernt haben in einem ähnlichen Fall: wenn Patient jetzt stabil ist, dann eventuell Entlassung und Wiedervorherstellung in die Ambulanz (oder Überweisung in einer grössere Klinik mit Neurologie, Neuroradiologie und - chirurgie? Wenn du schon sagst, dass es ein kleines peripheres Haus ist)

Hellequin
03.03.2013, 22:13
Also was wir irgendwannmal kurz gelernt haben in einem ähnlichen Fall: wenn Patient jetzt stabil ist, dann eventuell Entlassung und Wiedervorherstellung in die Ambulanz (oder Überweisung in einer grössere Klinik mit Neurologie, Neuroradiologie und - chirurgie? Wenn du schon sagst, dass es ein kleines peripheres Haus ist)
Du willst einen Patienten mit einer akuten Blutung und einer daraus resultierenden strukturellen Epilepsie nach Hause entlassen? Das ist vorsichtig ausgedrückt "mutig". Ich würde die Patientin entweder direkt mit Notarzt in die nächsten Neurochirurgie verlegen oder stationär zur weiteren Überwachung aufnehmen.

Nachtrag: Aufgrund des Kreas, der erhöhten (und sicher noch steigenden CK) und dem Kontrastmittel wäre Flüssigkeit i.v. sicher auch indiziert.:-)