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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Psychiatrie oder Innere-Arbeitszeiten Aussichten, Verdienst?



christina79
06.03.2013, 23:04
Hallo,
ich will gerade Bewerbungen schreiben, aber davor kommt erst mal die Frage, für welches Fach.
Ich wollte eigentlich immer Allgemeinmediziner werden und habe daher mein PJ in der Psychiatrie gemacht. Im Gegensatz zum Rest meines PJ war es dort einfach super, ich wurde eingearbeitet und angeleitet, hatte eigene Patienten, schrieb "meine" Briefe. Dazu entdeckte ich, dass ich sehr gut mit den Patinten zurechtkam, schnell zugang fand, brenzlige Situationen entschärfen konnte. Innere hingegen war ein einziges Chaos, immer unterbesetzt, meine Assis selbst nicht eingearbeitet bzw. nicht ohne meine Hilfe zur Kommunikation oder Briefe schreiben fähig (mangelnde Deutsch- und Computerkenntnisse).
Könnte an beiden PJ-Stätten anfangen, jedoch kommt Innere an der Uni eigentlich kaum noch infrage.
Meine Frage an alle "Erfahrenen":
- Hatte ich nur Pech oder ist Innere grundsätzlich so (Unterbesetzt, Chaosverwaltung, >12h-Tage)?
- Was kostet mich in der Psychiatrie die Therapeutenausbildung? Wieviel Zeit muss ich dafür einplanen? Wie ist der Verdienst als Facharzt/Niederlassung? Ist der wirklich so schlecht, wie man überall hört? Oder eher Jammern auf hohem Nivaeu?
Bin nicht übermäßig anspruchsvoll, aber arbeite nicht nur aus Freude daran oder um Menschen zu helfen, sondern um selbst zu leben. Ich habe auch noch einen kleinen Zwerg von 2 Jahren, den ich auch außerhalb des WE mal sehen möchte.

Freue mich auf eure Erfahrungen

erdbeersoda
07.03.2013, 12:50
warum fängst du nicht erstmal in der Inneren an? (dann würde ich allerdings an ein anderes Haus gehen, als das wo du selbst die schlechten Bedingungen erlebt hast). WEnn es dir nicht gefällt, kannst du Psychiatrie machen, dir aber ein halbes Jahr anrechnen lassen (und Innere-Erfahrung ist sicherlich nicht schlecht). Andersrum kannst du es dir nicht anrechnen lassen. Ausser du willst Allgemeinarzt werden und nicht Internist. Darf ich fragen, was dich von der Allgemeinmedizin abgebracht hat?
Insgesamt ist Psychiatrie sicherlich familienfreundlicher und körperlich weniger stressig, schon allein durch die fehlenden oder wenigen somatisch akuten Fälle, allerdings kann das Reden auch sehr anstrengend sein und auslaugen, aber du hast da ja schon Erfahrung gesammelt. Die Psychotherapiefortbildung ist halt schon auch Zeitintensiv (je nach Organisation oft auch am Wochenende Seminare oder Selbsterfahrung, ambulante Therapiefälle oft nach der Arbeitszeit), mittlerweile decken die Kosten meist die Kliniken oder zumindest zum Teil, so dass dies nicht der ausschlaggebende Punkt sein sollte Psychiatrie nicht zu machen.

kassandra1986
07.03.2013, 18:18
Mir gings ziemlich ähnlich- ich fand beide Fächer gut, war in der Psych im PJ und hab mich dann entschlossen Innere erstmal zu machen. Ehrlich gesagt, ist es ziemlich zum Abgewöhnen. Ich bin täglich 10-12 h auf Station und habe das Gefühl nie fertig zu werden. Das Team ist echt nett auf Assistentenebene, aber ansonsten herrscht ziemliches Chaos. Durch viele dringliche Fälle, Telefonate, usw. und dergleichen ist man ständig rausgerissen sodass strukturiertes Arbeiten schwierig ist. Außerdem ist man häufig auch mehr Sekretär als Arzt.

Ich will deshalb in die Psychiatrie wechseln und muss nur noch eine geeignete Klinik finden. Leider isses aktuell im Raum Leipzig nicht so einfach, wie ich dachte.

Fr.Pelz
07.03.2013, 18:44
Mir ging es zunächst ähnlich. Hatte auch Innere, Allgmed und Psychiatrie in der engeren Auswahl. Das Psych-PJ war großartig: viel Teaching, "eigene" Patienten, wahnsinnig nettes Team, kaum Hierarchien, wahnsinnig kompetente "Pflege" (Psychiatrie-Pflege hat ja nicht viel mit der "Krankenschwester" zu tun).
Das Innere-PJ war auch grauselig. Kein nettes Team, dafür für mein Empfinden eine zu übertrieben betriebene Diagnostik mit vielfach ohne Konsequenzen, ewige nervige Visiten, ewig lange Epikrisen... dabei hatte ich vorher 3 Famulaturen in der Inneren gemacht, aber das ist ja dann doch mehr das Reinschnuppern. Im PJ bekommt man den Arbeitsalltag nochmal besser mit.

Ich hab mich überraschend in Chirurgie verliebt und zum wiederholten Mal erlebt, dass die "richtige" Entscheidung nicht unbedingt eine ist, bei der Vernunftgründe die größte Rolle spielen. Ich hab im Studium immer gedacht: ich will ordentliche Arbeitszeiten, keine Hierarchien, in der ersten Zeit noch an die Hand genommen werden - und das ganze noch heimatnah. Jetzt hab ich das genaue Gegenteil und bin glücklich :-)

Es ist sicher aufwändig, aber vielleicht hospitierst du einfach an verschiedenen Fächern und Häusern, redest mit den Assistenten dort und hörst auch auf dein Bauchgefühl. Klar muss man grade mit Kind auch harte Faktoren wie Arbeitszeiten und Vergütung von Diensten etc in Betracht ziehen... aber immerhin verbringt man 8h mindesten täglich dort- am wichtigsten ist da, dass man sich in dem was man tut, wohlfühlt.

christina79
07.03.2013, 21:06
Danke für eure Antworten.

Bin von der Allgemeinmedizin per se gar nicht abgekommen sondern hab sie unter Innere gefasst, weil man ja meist erstmal in der Inneren beginnt. Oder?
Denke mir auch, dass Innere-Kenntnisse nie schaden werden. Bin aber wirklich ein gebranntes Kind vom PJ. Habe nämlich in der Inneren vorher nie famuliert, sondern zweimal in einer Hausarzt-Praxis, und somit auch wenig Vergleichsmöglichkeiten.
Außerdem wäre ich gern ein somatisch bewanderter Psychiater (wenn ich denn einer werde), da ich keine Lust habe jedes EKG als internistisches Konsil befunden zu lassen.
Psychiatrie wäre im Moment wahrscheinlich der einfachste Weg, weil das Angebot besteht und ich dort die Strukturen und Wege kenne.
Nur der Verdienst als Facharzt? Ist der echt so schlecht?

christina79
07.03.2013, 21:23
Glaube das Saarland ist für die meisten tiefste Provinz, aber wenns ganz schlimm wird: hier sind im Moment Psychiatriestellen in mehr als 5 KH ausgeschrieben

kassandra1986
07.03.2013, 21:28
In der KLinik sind erstmal alle nach Tarif gleich... egal ob du Facharzt Visceralchirurgie bist oder Psychiater, dann ggf. AT als Oberarzt. Im ambulanten Bereich mag Psychiatrie wohl nicht DIE "Geldgrube" schlechthin sein- aber trotzdem ein Fach mit besten Arbeitszeiten und Stellenaussichten (vor allem peripher, fernab von Uni-Städten wird händeringend gesucht).

Ich war letztes Jahr auf dem DGPPN Kongress und da sprach eine nette Psychiaterin, die mit 2 KOllegen eine Gemeinsschaftspraxis hatte (irgendwo in einer mittelgroßen Stadt in Westdeutschland)... sie hat es insgesamt mal beziffert... es war gar nicht so schlecht (wie alle erwartet hatten). Wenn ich mich recht entsinne 70-80.000 Brutto pP.

kassandra1986
07.03.2013, 21:31
@christina79

Dank dir für das sympathische Angebot im Saarland, bin aber hier in Mitteldeutschland verwurzelt :)
(oder sagen mir mal so... wenn ich hier gar nichts finde, dann erinner ich mich wieder dran)

christina79
07.03.2013, 21:49
So gehts mir mit dem Saarland.
Kann auch alle "Auswärtige" verstehen, die hier erstmal nen Kulturschock bekommen. Meine Kommilitonen haben die ersten Semester alle Register gezogen um zu tauschen. Es fand sich nur leider meist kein Williger.

Aber nochmal zur Inneren: Deine Erfahrungen hören sich so an, wie ichs mir vorstelle. Deprimierend...

flotze
08.03.2013, 17:29
hey, ich stand vor der gleichen Frage und habe mich zunächst für die Psychiatrie entschieden.

Die ersten Wochen waren nicht so wirklich nett. (Aus dem Pj kannte ich das Haus schon, aber der Ärztemangel ist deutlich zu spüren). War dann nach kurzer Zeit alleine auf Station und kam wirklich ins schwimmen. Nun nach ca 2 Monaten ist es langsam dabei Ok zu werden. Grosser Vorteil: ich komme immer pünktlich raus.

Aller Anfang ist schwer. Das gute ist jedoch, wenns Dir nicht gefällt mach neu ( Peter Fox). kündigen kann man immer noch und wird überall mit Kusshand genommen.

Ich bereue die Entscheidung mittlerweile nicht mehr erst in die Psychiatrie gegangen zu sein.Mal schauen ob es FA Psychiatrie,Allgemeinmedizin oder doch Radiologie wird .

Gruss

EKT
09.03.2013, 20:37
... es war gar nicht so schlecht (wie alle erwartet hatten). Wenn ich mich recht entsinne 70-80.000 Brutto pP.

Ist nicht dein Ernst, daß du diese Summe als "gar nicht so schlecht" bezeichnest, oder?

Kandra
09.03.2013, 20:59
Ist nicht dein Ernst, daß du diese Summe als "gar nicht so schlecht" bezeichnest, oder?

ist dir das zu wenig? ^^

milz
09.03.2013, 22:34
ist dir das zu wenig? ^^

Als angestellter Arzt o.k., aber für Praxis viel zu wenig.

EKT
10.03.2013, 19:24
Auch für einen angestellten Facharzt viel zu wenig!
Es ist schäbig, sich so unter Wert zu verkaufen (vorausgesetzt, man ist fachlich etwas wert...)

Für mich sind Jahresgehälter unter 100k€ nicht mehr akzeptabel.

christina79
11.03.2013, 09:20
Dann mal meine Frage: Gibts denn auch genug OA/FA-Stellen in der Klinik, wenn ich denn nicht unbedingt in die Niederlassung will? Oder sind immer nur Assis gesucht?

Muss auch sagen, dass 70-80.000 BRUTTO wirklich mäßig finde. Wenn ich mal überschlage habe ich als Assi im letzten Jahr ohne Dienste (12 x ca. 5000) 60.000 brutto . Oder sehe ich da was falsch?

EKT
11.03.2013, 09:42
Muss auch sagen, dass 70-80.000 BRUTTO wirklich mäßig finde. Wenn ich mal überschlage habe ich als Assi im letzten Jahr ohne Dienste (12 x ca. 5000) 60.000 brutto . Oder sehe ich da was falsch?

Nein, da siehst du nichts falsch.


Dann mal meine Frage: Gibts denn auch genug OA/FA-Stellen in der Klinik, wenn ich denn nicht unbedingt in die Niederlassung will? Oder sind immer nur Assis gesucht?

Ja, es gibt Facharztstellen ohne Ende; bei Oberarztstellen wird es etwas enger, aber auch da ist große Auswahl, wenn man örtlich flexibel ist.

christina79
18.03.2013, 12:28
Bin schon mal dankbar für die Infos und Vorschläge.

Hätte aber gerne noch ein paar Innere-Infos gehabt( auch Psych natürlich). Gibt es auch zufriedene Assis in der Inneren?

Meint ihr, dass man auch erstmal mit 70-80% anfangen kann, um dann (mit gutem Gewissen den Kollegen gegenüber) nicht über 40h/Wo zu kommen. Ist die Personalnot groß genug, sodass sich die Kliniken auf solche reduzierten Stellen einlassen?