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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : die leidige Suche nach dem "perfekten" Thema



papiertiger
12.03.2013, 08:23
Tag allerseits,

ich hätte gerne mal den einen oder anderen Denkanstoß.



Theoretisch hab ich Anfang des Jahres eine Doktorarbeit angefangen. Praktisch tu ich mir gerade mehr und mehr schwer damit.


Das Problem:

1. mir läuft die Zeit davon. Theoretisch bin ich im 10. Semester und mittlerweile so gut wie scheinfrei. Praktisch werd ich noch ein Semester dranhängen aus diversen organisatorischen Gründen. Aber Anfang nächsten Jahres geht es ins PJ, Punkt.

Es ist nicht realistisch, die Arbeit zum Ende des Studiums abgeschlossen zu haben, soweit klar. Aber ich habe die Illusion, wenn ich mich jetzt ranhalte, zumindest den Löwenanteil bis Arbeitsbeginn schaffen zu können.

daher: gut, dass ich jetzt endlich eine Arbeit angefangen habe.


2. Im Grunde ist mir mittlerweile relativ klar, was mich (fachlich) interessiert und in welche Richtung es kurz- und mittelfristig gehen soll.

daher: schlecht, denn damit hat meine aktuelle Arbeit leider wenig bis garnichts zu tun.



Letzteres war mir nun zwar auch klar, als ich die Arbeit zugesagt habe - aber, ich war unheimlich frustriert nach über einem Jahr erfolgloser Suche im entsprechenden Interessenbereich, so dass ich, als mir im Rahmen einer Pflichtveranstaltung im Blockpraktikum unerwartet ein Thema aus einer völlig anderen Ecke zugetragen wurde, spontan zugegriffen habe.

Nun bin ich dabei, mich da einzuarbeiten, prinzipiell finde ich das Thema zwar nach wie vor spannend, aber ich fange eben mehr und mehr an zu zweifeln, ob es so eine gute Idee ist, etwas zu machen, was eigentlich mit meinem angestrebten späteren Tätigkeitsbereich so wenig zu tun hat.

Aktuell läuft es recht schleppend an, was zum Teil meine Schuld ist weil ich mich wegen eben jener Zweifel gerade nicht so wirklich dahinterklemme, zum Teil aber auch daran liegt, dass da von Seiten der Betreuung auch nich so wirklich viel kommt.

Kurzum.. ich überlege, ob JETZT nicht der Zeitpunkt wäre, das Ganze ohne größere Verluste auf beiden Seiten abzubrechen.

Probleme dabei -

1. das schlechte Gewissen meinem Doktorvater gegenüber.. er hat zwar augenscheinlich auch noch nicht soo wirklich viel Arbeit in das Thema gesteckt, aber irgendwo rechnet er ja mit mir und ich hab ihm das Ganze ja eigentlich fest zugesagt

2. und dann? dann steh ich wieder komplett ohne da, kann nochmal neu auf die Suche gehen, und ob ich dann wirklich die "perfekte" Arbeit finde, sprich, interessant, nett betreut UND thematisch passend zur weiteren Planung?


Prinzipiell möchte ich gerne eine Doktorarbeit machen - aber nicht um jeden Preis, keinesfalls "irgendwas" nur um des Titels willen.

Die aktuelle Arbeit wäre zwar nicht "irgendwas", interessant (auch aus persönlicher Motivation heraus) ist das Thema schon, aber: Sie berührt eben leider kaum den Bereich, in dem ich mittelfristig arbeiten möchte, und langsam frage ich mich, ob das dann den Aufwand noch lohnt/ob nicht die Gefahr groß ist, dass ich irgendwann im Verlauf doch komplett das Interesse dran verliere und es nur noch Quälerei wird, mich damit zu beschäftigen.

Jetzt abbrechen wär relativ schmerzlos, wenn das ganze aber erstmal so richtig angelaufen ist.. schlecht.

Hätte ich ein Alternativangebot mit "passenderem" Thema wäre das garkeine Frage.. aber andererseits.. weitersuchen und die andere Arbeit für den Fall der Fälle auf kleiner Flamme warmhalten finde ich auch einigermaßen stillos.



Was meint Ihr? Irgendwelche Gedanken dazu?


edit, Ergänzung: Mir ist schon klar, dass viele später nicht in dem Bereich arbeiten, in dem sie ihre Doktorarbeit gemacht haben - sicher bin auch ich nicht davor gefeit, dass sich meine Interessen im PJ oder noch später nochmal ändern. Aber ich frage mich eben, ob es klug ist, auch vor dem Hintergrund, dass eine Uniklinik-Karriere zwar nicht das primäre Nonplusultra-Ziel ist, aber ich das für mich nicht völlig ausschließen möchte, willentlich und wissentlich ein Thema aus einem Bereich zu beackern, in dem ich mit hoher Wahrscheinlichkeit später nicht arbeiten möchte (und der mit meinem Ziel auch kaum Berührungspunkte hat).

par
12.03.2013, 08:47
Ich finde es erstmal wichtig, dass du das Thema spannend findest! Gibt es denn Techniken, die du hier anwenden/lernen wirst und die später auch nützlich sein könnten? Bei der Doktorarbeit geht es ja auch darum, "wissenschaftliches Arbeiten" zu "üben": Projekt strukturieren, Fragestellungen formulieren, Lösungsansätze suchen, Arbeitsplan erstellen, Frustrationstoleranz entwickeln, Diskutieren, etc.: Diese Fähigkeiten sind "universell". Eine schön durchgeführte Arbeit sagt doch einiges über den Doktoranden aus (u.a. darf man davon ausgehen, dass du dich (später) auch in ein anderes Thema strukturiert zurechtfinden wirst)
Wenn du keine Alternative gefunden hast und dieses Thema dich interessiert (!!) würde ich das machen. Es kann sogar (je nach dem, was du machst) bereichernd sein, jmd. mit einem anderen Blickwinkel im Team zu haben.
Was denken die anderen?

Zünder
12.03.2013, 08:55
Ich würde mir einen Zeitrahmen von 8 Wochen setzen, in dieser Zeit würde ich alle Vorbereitungen für die jetzige Arbeit treffen und keine Zeit verschenken. Während dieser Zeit kannst Du dann aber auch nach einem für Dich schöneren Thema suchen, also e-mails schreiben, Oberärzten auf Klinikgängen auflauern etc.. Wenn da in den 8 Wochen nichts bei rausgekommen ist, würde ich die begonnene Arbeit zu Ende machen. So hast Du keine Zeit verschenkt und es wenigstens nochmal versucht. Wenn Du dann die perfekte Arbeit gefunden hast, kannst Du die aktuelle ja einfach in den Wind schiessen.

Muriel
12.03.2013, 09:04
1) Arbeit generell: Wenn Du gerne eine machen möchtest, auch wenn Du sagst "nicht um jeden Preis", dann mache es. Mir war das nie so wichtig, habe das Ding nur anderen Leuten zu Liebe fertig gemacht (damit keiner mehr nerven kann :-D), hätte mich auch nie geärgert, wenn ich ohne die beiden Buchstabden dagestanden hätte. Das klingt bei Dir schon anders und es wäre schade, wenn Du immer denken würdest, da fehlte was.
2) Thema: Das Thema muss eins sein, dem Du was abgewinnen kannst (scheint ja so zu sein). Alles Andere gerade auch in Hinblick auf die spätere Tätigkeit ist wirklich egal. Ich schließe mich da par an.
3) Betreuung: Der allerwichtigste Punkt. Es nützt Dir nichts, wenn Du Dich reinhängst aber stecken bleibst, weil Zuarbeiten von anderer Stelle in welcher Art auch immer (Bestellungen, Einarbeitung, MTA-Mitarbeit, Korrekturen/Besprechungen mit Dr-Vater etc) nicht stattfinden. Dann wird das Ganze maximal unbefriedigend und frustran.

Schau jetzt, wieviel Du an Vorarbeiten etc. schaffen kannst, wie die Mitarbeit der beteiligten Leute funktioniert und dann entscheide. Wenn Du jetzt merken solltest, dass Du da alleine auf weiter Flur stehst, was aber nicht möglich ist aufgrund des Arbeitsdesigns, dann cancel es. Wenn Du voran kommst (langsam wird eh realsitisch sein ;-) ), dann hau rein!

Viel Erfolg!

papiertiger
12.03.2013, 09:25
Danke Euch schonmal.

Was eben den Stein gerade auch ins Rollen gebracht hat - ich habe ab nächste Woche Wahlfach in meinem langfristig angestrebten Bereich, und da hat sich nun eben die Überlegung aufgetan - was wäre eigentlich, wenn sich DA jetzt eine Möglichkeit für eine Arbeit auftäte?

Bin prinzipiell geneigt, zu sagen, ok, ich halte da die Augen offen, frage auch aktiv nach, und wenn sich was anbietet was vergleichbar attraktiv auch hinsichtlich Betreuung, zeitlichem Rahmen etc. wäre, wäre das sicher die bessere Alternative.

Nun hab ich nur das Problem, dass ich mich diese Woche mit meinem Doktorvater treffen muss - Hinhaltetaktik mit Treffen verschieben finde ich nicht fair (zumal ich das eig. für Anfang letzter Woche geplante Treffen schonmal verschoben hab wg. Angriff der Grippewelle, letzte Woche gings wirklich nicht, aber nochmal verschieben käm jetzt auch einfach nicht gut).

Auf der anderen Seite lüg ich nicht gerne/kann es auch nicht gut, wird mir schwer fallen, da jetzt uneingeschränktes Interesse an Fortführung der Arbeit zu heucheln, während ich mit einem Auge schon nach möglichen Alternativen schiele und die ggf. auch greifbar sind. Wäre aber wirklich maximal bescheuert, da jetzt ehrlich zu sein, solang ich mir prinzipiell vorstellen kann, die Arbeit bei Mangel an guten Alternativen zu Ende zu bringen - oder?

Peter_1
12.03.2013, 12:41
Es gibt so gut wie keine "perfekte" Arbeit. Es gibt Arbeiten die realistisch schaffbar sind und welche die es nicht sind. Was realistisch schaffbar ist hängt am eigenen Interesse (Motivation), an der Unterstützung (Betreuung), an der Methode (etabliert, nicht etabliert, überschaubar, evtl. Hindernisse?) und das war es auch schon.

Professorale Unichefarztkarriere geplant? Da ist wichtig: die Methode, evtl. dann schon Fach/Bereich der Arbeit, Publikationen und die Note der Arbeit.
"Normale" Unikarriere (bis OA) dürfte ausser in einigen wenigen Fächern auch mit "normaler" Diss. (irgendein Fach, irgendwie zu Ende gebastelt) und guter "ärztlicher" Quali (die sollte man halt auch haben) möglich sein.

THawk
12.03.2013, 18:36
Das Themengebiet muss wirklicht nicht mit deinem späteren Arbeitsgebiet übereinstimmen. Aus der Diss kannst du eher die methodischen Kenntnisse mitnehmen und später einsetzen und erweitern. Bspsw. habe ich mit klinischer Studie promoviert, habe jetzt auch weiterhin was klinisch gemacht (und bin da im Studiendesign und -durchführung auch nicht ganz schlecht, denk ich), habe mir aber für die nächste Zeit etwas mehr im Grundlagenbereich gesucht.
Wenn sich für dich eine besonders gute Chance in deinem Gebiet ergibt, why not? Es wird deinen Dr.vater sicher nicht freuen, aber besser jetzt am Anfang aufgeben als später. Auch für den steckt schließlich Arbeit drin. Aber wichtiger als das Thema ist, wie von anderen bereits gesagt, die Betreuung.

Viel Erfolg u. Spaß!