PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : EKG-Interpretation



el suenio
28.04.2013, 16:17
Hallo, Freunde der EKG-Interpretation! ;-)
Seitdem ich in der Notaufnahme eingesetzt war, bin ich im EKG-Fieber :-)) Ich hab aber gerade ein Verständnisproblem und hoffe, dass mir jmd. behilflich sein kann. Ich bin gerade beim kompletten Rechtsschenkelblock. Bei den Kriterien eines kompletten RSB steht in "EKG endlich versändlich" unter anderem "Diskordanz der Nachschwankung bezogen auf die Richtung des verspäteten Potentials". Das heißt also, dass in den Ableitungen V1 und V2 eine ST-Senkung und eine präterminale T-Negativierung vorliegen, während der Kammerkomplex hauptsächlich positiv ist? Also der erste Teil der Aussage dürfte stimmen, aber ich weiß nicht so richtig, ob ich den zweiten Teil richtig verstanden habe.
In den Ableitungen V5 und V6 liegen dann also eine ST-Hebung und eine präterminale T-Postivität vor. Jetzt kommt mein Problem, denn laut meinem Verständnis der Begriffe konkordant/diskordant herrscht in diesen Ableitungen eine Konkordanz. Die ST-Strecke ist angehoben und der Kammerkomplex zeigt eine hohe und schlanke R-Zacke, beide Vektoren zeigen also nach oben (=Konkordanz).
Meine Frage ist also, was "bezogen auf die Richtung des verspäteten Potentials" in dem Satz genau ausdrückt? Liegt das verspätete Potential in den ersten beiden Brustwandableitungen in den breiten R-Zacken und bei den letzten beiden Ableitungen in der breiten S-Zacke? Dann geht es also nicht um den höchsten Ausschlag? Das verstehe ich nicht ganz...
Und dann würde ich noch gerne was zu den Lagetypen wissen wollen. Entspricht der Indifferenztyp dem Mitteltyp? Und wie erkenne ich eine Querlage? Ich habe bisher mit der Tabelle gearbeitet, aber da steht keine Querlage drin:
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=285270238244236&set=pb.229858177118776.-2207520000.1367160622.&type=3&theater
Ich habe übrigens diese Brustwandableitungen (Anhang) aus dem oben genannten Buch als Beispiel genommen. Für mich sieht das übrigens in diesem Beispiel auch eher nach einer terminalen T-Negativierung aus oder sollte ich mir mal eine Brille kaufen? :-))
Vielen Dank!

SuperSonic
28.04.2013, 17:23
Für ein Buch mit "endlich verständlich" im Titel hört sich das unnötig kompliziert an. :-nix
In der Praxis betrachtet man eher den oberen Umschlagspunkt + M-förmige Deformierung des QRS-Komplexes + QRS-Dauer, um nach einem Schenkelblock zu suchen.
Kompletter RSB: OUP in V1 später als in V6, M-förmiger QRS-Komplex in V1/V2, QRS-Dauer >120 ms.

In deinem Beispiel ist die T-Welle in V1 diskordant negativ (diskordant, da in derselben Ableitung QRS positiv), in V6 konkordant positiv.


Und dann würde ich noch gerne was zu den Lagetypen wissen wollen. Entspricht der Indifferenztyp dem Mitteltyp? Und wie erkenne ich eine Querlage?
"Mitteltyp" ist mir als Lagetyp im EKG nicht bekannt, vermutlich ist damit der Indifferenztyp gemeint?!
Eine Querlage des Herzens, z. B. im Rahmen einer Schwangerschaft, äußert sich durch Linksdrehung der elektrischen Herzachse --> Linkstyp statt Indifferenztyp.

el suenio
28.04.2013, 17:52
Vielen Dank für deine Antwort!

Für ein Buch mit "endlich verständlich" im Titel hört sich das unnötig kompliziert an. :-nix
Wollte schon sagen, dass das mit dem "endlich verständlich" bei mir nicht geklappt hat. Aber nein, ich muss sagen, dass es schon ganz gut ist, nur das hab ich nicht ganz kapiert.

In der Praxis betrachtet man eher den oberen Umschlagspunkt + M-förmige Deformierung des QRS-Komplexes + QRS-Dauer, um nach einem Schenkelblock zu suchen.
Das hab ich in der Praxis schon geübt, aber ich war gerade dabei, alle (theoretischen) Kriterien zusammenzutragen. Dabei ist mir eben dieser mysteriöse Satz über den Weg gelaufen.

In deinem Beispiel ist die T-Welle in V1 diskordant negativ (diskordant, da in derselben Ableitung QRS positiv), in V6 konkordant positiv.
Okay, dann war meine Vermutung ja schon mal nicht ganz falsch, vielen Dank für die Information!

"Mitteltyp" ist mir als Lagetyp im EKG nicht bekannt, vermutlich ist damit der Indifferenztyp gemeint?!
Ich vermute es auch. Irgendwo war mir die Bezeichung über den Weg gelaufen und als Beschreibung dazu "Alle drei Ableitungen sind positiv und Ableitung II ist am größten". Als ich allerdings mit dem Funktionsoberarzt das EKG ausgewertet habe, meinte der zu mir, es wäre keine Mittellage, sondern ein Indifferenztyp. Das hat mich ein bisschen verwirrt.

Eine Querlage des Herzens, z. B. im Rahmen einer Schwangerschaft, äußert sich durch Linksdrehung der elektrischen Herzachse --> Linkstyp statt Indifferenztyp.
Also hat eine Querlage die gleichen Merkmale wie der Linkstyp? Ableitung I und II sind positiv, Ableitung III negativ?

WackenDoc
28.04.2013, 18:20
Der Begriff Querlage ist mir ehrlich gesagt noch nicht unter gekommen.
Aber nach der Beschreibung von SuperSonic vermute ich, dass es sich dabei um eine physikalische Drehung des Herzens- eben weil ne Schwangerschaft dagegen drückt- handelt.
Sonst haste ja eher die Vergrößerung der rechten oder linken Herzkammer und nicht ne Drehung des Herzens an sich.

Für ein Buch "leicht verständlich" fand ich die Beschreibung allerdings auch ziemlich kompliziert.
An sich ist es nämlich viel einfacher: Verbreiterter QRS-Komplex, in V1/V2 sieht der wie nen "M" aus und in V4-6 normal- RSB.

SuperSonic
28.04.2013, 18:35
Das hab ich in der Praxis schon geübt, aber ich war gerade dabei, alle (theoretischen) Kriterien zusammenzutragen. Dabei ist mir eben dieser mysteriöse Satz über den Weg gelaufen.
Vielleicht findet sich hier ja noch ein EKG-Experte, der den besagten Satz aufdröseln kann.



Also hat eine Querlage die gleichen Merkmale wie der Linkstyp? Ableitung I und II sind positiv, Ableitung III negativ?
Die Formulierung "gleiche Merkmale" passt hier nicht so recht, weil du versuchst, eine anatomische Lage genauso wie eine elektrische Achse zu beschreiben.
Ohne weitere Informationen aus dem EKG lässt sich nicht sagen, ob ein Linkstyp aufgrund Zwerchfellhochstand, Hypertrophie oder Infarkt besteht. Aber man kann ja in der Regel zusätzlich ST-Strecke, T-Welle, Sokolow-Index etc. betrachten.

el suenio
28.04.2013, 19:52
Sonst haste ja eher die Vergrößerung der rechten oder linken Herzkammer und nicht ne Drehung des Herzens an sich.
Eben, aber so ergibt das ja durchaus Sinn, hört sich gut an.

Die Formulierung "gleiche Merkmale" passt hier nicht so recht, weil du versuchst, eine anatomische Lage genauso wie eine elektrische Achse zu beschreiben.
Ohne weitere Informationen aus dem EKG lässt sich nicht sagen, ob ein Linkstyp aufgrund Zwerchfellhochstand, Hypertrophie oder Infarkt besteht. Aber man kann ja in der Regel zusätzlich ST-Strecke, T-Welle, Sokolow-Index etc. betrachten.
Aha, jetzt hab ich es verstanden. Eine Querlage äußert sich, wenn man nur die Ausschläge der Kammerkomplexe in den besagten Ableitungen betrachtet, wie ein Linkstyp. Um dann tatsächlich eine Querlage festzustellen, muss man das weitere EKG aber auch noch interpretieren, richtig? Und wie erkenn ich das dann? :-)) Sorry für meine ganzen Fragen ;-)

Für ein Buch "leicht verständlich" fand ich die Beschreibung allerdings auch ziemlich kompliziert.
An sich ist es nämlich viel einfacher: Verbreiterter QRS-Komplex, in V1/V2 sieht der wie nen "M" aus und in V4-6 normal- RSB.
Das stand da ja auch drin, aber das hab ich ja auch verstanden (ist ja auch nicht schwer). Ich wollte aber gern alles verstehen :-))

Coxy-Baby
28.04.2013, 20:12
Lagetypbestimmung ist etwas mehr als Befundung positive/negative Ausschläge in den Ableitungen ansonsten einfach mal in einem nem Cabrera Kreis genau abtragen....

ehem-user-02-08-2021-1033
28.04.2013, 20:16
Lagetypbestimmung ist etwas mehr als Befundung positive/negative Ausschläge in den Ableitungen ansonsten einfach mal in einem nem Cabrera Kreis genau abtragen....

Sehe ich ähnlich!

Im übrigen ist es so, dass wenn man den Cabrera Kreis begriffen hat, kann man sich diese ganzen Zacke hoch, Zacke runter et al. Tabellen zur Lagebestimmung sparen.

el suenio
28.04.2013, 20:23
Okay, dann schau ich mir den Kreis an. Mir wurde nur empfohlen, mir den Kreis zu sparen, denn es würde auch so gehen. Einfach ist es so ja tatsächlich, zumindest stimmt es fast immer. Aber eben nur fast. Querlage zeigt die Tabelle eben nicht.

THawk
28.04.2013, 20:31
Suenio, es geht auch wirklich gut ohne Cabrera-Kreis. Es ist sicherlich vernünftig, sich das mal anhand des Kreises ableiten zu können (v.a. für die wenigen Grenzfälle, in denen die kurzen Merkverfahren nicht funktionieren weil sich z.B. 2 Ableitungen kaum von ihrer R-Zacken-Höhe unterscheiden), aber beim schnellen EKG-Auswerten auf Station kann ich mir den Lagetyp nicht ständig über den Cabrera-Kreis herleiten. Da gibt es genügend kurze und schnelle Verfaren, die i.d.R. vollkommen ausreichend, aber stets schneller, sind.

ehem-user-02-08-2021-1033
28.04.2013, 20:48
aber beim schnellen EKG-Auswerten auf Station kann ich mir den Lagetyp nicht ständig über den Cabrera-Kreis herleiten. Da gibt es genügend kurze und schnelle Verfaren, die i.d.R. vollkommen ausreichend, aber stets schneller, sind.

Ok, einigen wir uns darauf, dass es auf den Lerntyp ankommt.

Persönlich vergesse ich die Tabellen und wäre mir nach einiger Zeit auch unsicher, über deren Inhalt...
Den Kreis verstehe ich als logisches System und er findet sich auf fast jedem EKG-Lineal. Deswegen tue ich mich mit ihm relativ leicht.
--> Einfach selber ausprobieren und schauen, welche Methode einem besser gefällt.

Edit: Trainer: http://www.docmock.de/Lagetyp-Trainer/

Brutus
28.04.2013, 20:56
Zu der Ausgangsfrage vielleicht ein kurzer Merkspruch:

Unterscheidung RSB vs LSB

WILLIAM => Wenn der QRS-Komplex in V1 W-förmig und in V6 M-förmig ist, dann ist es ein Linksschenkelblock

MORROW => Wenn er in V1 M-förmig und in V6 W-förmig ist, dann ein Rechtsschenkelblock

THawk
28.04.2013, 22:18
Ach, die Tabellen konnte ich mir auch nie merken. Aber es gibt ein nettes Schema was visuell sehr eingänglich ist. Das kann man nur nicht im Forum als Text wiedergeben. Das konnte ich mir gut merken.

Für ein EKG-Lineal habe ich keinen Platz im Kittel, da kommen andere Sachen rein, die ich häufiger brauche. Meines Erachtens gehört es zu den überflüssigsten Sachen, die man sich als Student in den Kittel steckt. Die Zeiten zählt man anhand der Kästchen schnell aus, die Amplitude ebenfalls. Und den Lagetyp muss man eben im Kopf hinkriegen.

el suenio
29.04.2013, 14:15
Mit der Tabelle komme ich super klar. Hab mir nur die Pfeile gemerkt, die jeweils nach unten gehen und das sind eigentlich nur 3, weil es dann beim Linkstyp und beim überdrehten Linkstyp genau andersherum abläuft. Ich hab mir auch jedes EKG geschnappt, was ich geschrieben habe und habe die Frequenz ausgezählt und anhand der Tabelle den Lagetyp ermittelt. Also es hat fast immer gestimmt, wenn ich mit dem automatischen Ausdruck verglichen habe. Für die Frequenz habe ich nach folgendem Schema gezählt:
300-150-100-75-60-50-40
Das funktioniert auch super und geht vor allem sehr schnell.
Ich gestehe, dass ich das EKG-Lineal nicht verstanden habe...Ich habe jetzt keins hier, aber wir hatten in der Notaufnahme einige rumliegen. Mir war irgendwie nicht ganz klar, wo ich das Ding anlegen soll, aber es ging auch so ganz gut.
Den Merkspruch finde ich gut!