PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Notfälle: Ambulanz/ZNA des Krankenhauses oder KV-Bereitschaftsdienst?



Ehemaliger User 20130505
30.04.2013, 19:07
Der Titel sollte eigentlich so lauten, aber er war zu lang:

"Versorgung von Notfällen: In der Notfallambulanz/ZNA des Krankenhauses oder beim KV-Bereitschftsdienst/ in der KV-Bereitschaftspraxis in angemieteten KH-Räumen?"

Einige Beiträge aus einem anderen Thread haben mich motiviert, einen Thread zum Thema ZNA des Krankenhauses vs. KV-Bereitschaftsdienste zu starten.

Ich greife das Thema nicht aus Langeweile oder Freude am Diskutieren um des Diskutierens Willen auf, sondern weil ich mich 10 Jahre lang um ein an alpha-1-Antitrypsinmangel erkranktes Familienmitglied im Endstadium der Krankheit kümmern musste und dabei auch einige Male auf Notfallversorgung angewiesen war. Dabei habe ich auch Erfahrungen mit dem KV-Dienstsystem gemacht – leider nicht nur gute. Ist ja auch nicht erstaunlich, denn wieviel Erfahrung hat schon ein Gynnie oder ein Orthopäde mit einem alpha-1-Antitrypsinmangelpatienten?


Ich bin ja schon froh, das unser Pflegepersonal in der Ambulanz die Leute schon aussortiert und alle vorher in die Notfalldienstzentrale (also Vertretung für die Hausärzte vor dem Krankenhaus) schicken, damit der Ansturm dann vielleicht mal geringer bleibt.

Manchmal hat man aber auch da die A-Karte gezogen... Denn wenn man Pech hat, sitzt dann eben dort einer, der wirklich alles wieder reinschickt. Dann hat man natürlich wieder den Salat. Aber das kennt man ja. Das schlimme ist, in dieser Bereitschaftshaus sitzt nur sehr selten ein Allgemeinmediziner. Meistens schwankt es zwischen Augen- und HNO-Arzt und manchmal auch noch ein Radiologe. Der letzte Kracher war aber - das ist kein Scherz: ein Zahnarzt!

Das dann halt einfach nichts aussortiert wird, erklärt sich dann von selbst...


Das kann eigentlich nicht sein, denn Zahnärzte haben mit den KV-Notdiensten nichts zu tun, da sie keiner KV, sondern einer KZV angehören und diese eigene Notdienste hat. KV-Mitgliedschaft könnte ich mir höchstens bei einem MKGler vorstellen, aber ob der an KV-Notdiensten teilnimmt.....?


Auch Augenärzte haben ihren eigenen KV-Dienst und nichts mit den allgemeinmedizinischen zu tun.



In der Notfalldienstzentrale sind - jedenfalls hier - nicht ausschließlich Allgemeinmediziner. Man findet dort wirklich Ärzte aus allen möglichen Fachrichtungen. Aber es existiert - soweit ich weiß - auch keine Vorschrift, die besagt das in einer Notfalldienstzentrale (oder auch Bereitschaftsdienst, wie es so gern genannt wird) zwingend ein Allgemeinmediziner oder Internist sein muss.


Hat auch keiner behauptet, oft sind da HNOs oder Gynnies vertreten.
Nur eben gerade Zahnärzte bundesweit nicht. Und in vielen KVen (z.B. Bayern, Westfalen und Nordrhein) auch Augenärzte nicht.


Zumal er als Zahnarzt doch eigene Notdienste abzudecken hat.
Aber wer weiß........geht es bei manchen KVen mit der Notdienstplanung nicht relativ chaotisch zu, weil nicht genug Ärzte zur Verfügung stehen, die den Dienst machen können? Wenn absoluter Mangel herrscht, und sich ein MKGler findet, der Lust darauf hat, könnte die Verzweiflung manch einer KV vielleicht groß genug sein, um den Dienst an einen MKGler abzugeben.

Oder ein Arzt, der eigentlich für den Dienst vorgesehen war, hatte keine Lust und hat den Dienst inoffiziell an einem Kumpel abgegeben, der halt Zahnarzt ist.

Ich habe mal eine Freundin (mit einer, wie sich später herausstellte Salmonelleninfektion) in eine KV-Notdienstpraxis gefahren und bei diesem "Arzt", der uns erzählte, daß er den Dienst für einen Freund übernommen habe, wusste man echt nicht, ob es in Wirklichkeit ein Heilpraktiker, oder ein Pflanzenheilkundiger aus Papua-Neuguinea war. Der war so schräg, daß wir direkt in die nächste Notdienstpraxis gefahren sind, wo es letztlich zur stationären Aufnahme im angeschlossenen Krankenhaus kam.


Die KVen sind ja durch den Sicherstellungsauftrag gezwungen, die ambulante Patientenversorgung auch während der Zeiten außerhalb der Praxis-Sprechzeiten sicherzustellen.
Die KV (Versammlung) kann festlegen, welche Fachgruppen daran teilnehmen müssen. Prinzipiell könnte jeder Vertragsarzt von seiner KV zur Teilnahme verpflichtet werden (nach entsprechendem Beschluss der Vetreterversammlung – vermute ich mal).

Ich habe mal auf den Websites einiger KVen nachgesehen, wer als Nichtmitglied einer KV zur Teilnahme an deren Diensten zugelassen werden darf. Demnach ist Grundvoraussetzung immer die Approbation als Arzt. Damit fallen Zahnärzte, Psychologen, Heilpraktiker und (sonstige) nichtärztliche Esoteriker schon mal weg. Andererseits können KVen auch Nicht-Mitglieder zu den Bereitschaftsdiensten zulassen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Selbstverständich Approbation als Arzt (nicht ZA), geeignetes Fachgebiet, Berufserfahrung, bestimmte Zusatzqualifikationen.

Vor einigen Jahren, als die KV bei uns noch keine BD-Praxis in angemieteten Krankenhausräumen betrieben hat, stand immer die Telefonnummer der Praxis des jeweils diensthabenden niedergelassenen Arztes in der Zeitung. Aus dem Bekanntenkreis wurde mir damals berichtet, bei einigen (nicht allen!) dieser Praxen würden die Anrufe auf das Handy eines Arztes umgeleitet, der kein Niedergelassener unseres KV-Bezirks sei. Es sah aus, als habe er auf Honorarbasis den Niedergelassenen die Dienste abgenommen.

So, wie ich die KV-Websites verstehe, darf ein Vertragsarzt aber nicht jeden beliebigen Kumpel als Dienst-Vertretung in seine Praxis setzen, sondern muss ihn von der KV genehmigen lassen. Das, was Deine Freundin erlebt hat, dürfte eigentlich nicht sein. Aber wer weiß schon, welche schrägen Vögel doch mal von der KV abgesegnet werden. :-))


Ich kann auch nur das sagen, was ich mitbekommen und/oder erfahren habe. Über das wieso, weshalb und warum.. dürfen sich andere kümmern. Ist ja letztendlich nicht mein bzw. unser Problem. Von mir aus können die da auch einen Tierarzt reinsetzen, hätte ich auch kein Problem mit. Manchmal hat man genügend Gründe zu der Annahme, das es sich um solche handelt... Was da vielleicht runtergeschickt wird... Vor allem, mit V.a. XY ... Grausam...

Falls es bei Euch tatsächlich so zugehen sollte, wie Du es schilderst, sollte das aber sehr wohl auch Dein Problem sein. Wenn schon nicht aus Verantwortung gegenüber den Patienten, dann wenigstens im eigenen Interesse, denn Du beklagst Dich doch über zusätzliche Arbeitsbelastung durch inkompetente Kollegen in der eurem Krankenhaus angegliederten bzw. vorgelagerten KV-Notdienstpraxis.

Sollten da tatsächlich Zahnärzte (oder Tierärzte) Dienst tun, hätte die KV ihren Sicherstellungsauftrag nicht erfüllt. Da Du bereits Facharzt bist und sogar eine Niederlassung in Erwägung ziehst, solltest Du Dich eigentlich schon mal mit den Aufgaben der KVen und den Pflichten eines Vertragsarztes vertraut gemacht haben.

Und nun zum konstruktiven Teil:

Am KH meines Wohnorts hat die KV seit einigen Jahren für ihre Dienste Räume gemietet, die neben den Räumen liegen, in denen das Krankenhaus seine Notfallambulanz betreibt. Neben diesen beiden Bereichen gibt es eine Rezeption, an der man kurz sein Problem schildern kann. Dort erfolgt parktisch eine erste grobe „Triage“. Sieht das Problem deutlich nach einem Fall für den KV-Dienst aus, werden die Patienten gebeten, in deren Räume zu gehen.
Sieht das Problem nach einem Fall für die KH-Ambulanz aus, nimmt die Sekretärin an der Rezeption die Patientendaten auf und anschließend wird von einer speziell geschulten Schwester in einem Untersuchungsraum eine Triage gemacht, anhand derer über das weitere Procedere entschieden wird. Dieses System scheint hier ganz gut zu funktionieren.

Was haltet ihr von einem solchen System und wie könnte man es optimieren?

Fr.Pelz
01.05.2013, 05:48
Ein ähnliches System haben wir hier auch, etwas anders aber schon: Die KV-Praxis öffnet NUR zwischen 18-20 Uhr. (Und Samstags für wenige Stunden) Das ist so gedacht, dass die allgemeinärztliche Versorgung zeitlich noch etwas ausgedehnt wird über die Öffnungszeiten der meisten Hausärzte.
Diese KV-Praxis im Haus gibt es erst seit ca 1 Monat, daher kann ich noch nicht viel sagen ob es funktioniert. Böse Stimmen lästern allerdings bereits, dass die versorgungsbedürftigen Notfälle, die um 18 Uhr kommen, erst noch in KV-Praxis rumsitzen, dort von einem Arzt gesehen werden, der sie dann doch in ZNA schickt (Triage gibt es nämlich in der Praxis nicht) was zur Folge hat, dass die Notfälle in der ZNA einfach nur später am abends versorgt werden müssen...(und die Diensthabenden wenn dann, später zur Ruhe kommen können)

Peter_1
02.05.2013, 16:53
EinBöse Stimmen lästern allerdings bereits, dass die versorgungsbedürftigen Notfälle, die um 18 Uhr kommen, erst noch in KV-Praxis rumsitzen, dort von einem Arzt gesehen werden, der sie dann doch in ZNA schickt (Triage gibt es nämlich in der Praxis nicht) was zur Folge hat, dass die Notfälle in der ZNA einfach nur später am abends versorgt werden müssen...(und die Diensthabenden wenn dann, später zur Ruhe kommen können)

Wenn denn wirklich alle versorgungsbed. Notfälle erst mal in der KV Praxis auflaufen, dann ist das ja logisch und letztlich nicht zu beanstanden.
Die Triage kann in der KV ND Praxis gemacht werden, der Brustschmerz sollte halt nicht so lange rumsitzen wie der Schnupfen, aber das ist graue Theorie, erfahrungsgemäß stellen sich manche als harmlos vortriagierten Pateinten als einweisungswürdig und umgekehrt manche als Notfall triagierte als harmlose Bagatellen heraus.

Insgesamt ist halt zu sagen, dass die diagnostische Unsicherheit in einer KV Notdienstpraxis naturgemäß höher ist als in einem Krankenhaus. Der KV-dienst balanciert zwischen zwei Extremen:
Extrem Nr. 1: maximale (Pesudo)Sicherheit bedeutet letztlich alle Pat. einzuweisen, der Schnupfen könnte ja doch eine Pneumonie sein (-> dies führt zu Überdiagnostik/therapie und damit letztlich auch zum Schaden der Patienten und der diensthabende Kollege im KH wird sich über die fehlende ärztliche Kompetenz des KV Kollegen aufregen).
Extrem Nr. 2: Patienten die auf zwei Beinen in die Praxis kommen können nichts ernsthaftes haben, da reicht eine Anamnese und körperliche Untersuchung, da stützt man sich ganz auf seine Erfahrung (-> führt dazu, dass irgendwann doch mal eine ernsthafte Erkrankungen übersehen wird und evtl. großer Schaden entsteht, der diensthabende Arzt im KH wird dann ruhiger schlafen, aber sich später aufregen über den Kollegen der den Patienten mit der ernsten Erkrankung nicht sofort eingewiesen hat).

Die Kunst in der ambulanten Medizin liegt irgendwo in der Mitte und ist manchmal nur schwer vermittelbar wenn man nicht selber mal ambulant tätig war. Ich glaube auch dem gewissenhaftesten ambulant tätigen Arzt wird mal eine solche extreme Fehleinschätzung wie in Extrem 2 unterlaufen.
Ich persönlich bin aber davon überzeugt das Extrem Nr. 1 wesentlich häufiger vorkommt, alleine aufgrund der gestiegenen Ängste vor Klagen. Dass die Defensivmedizin wie in Extrem Nr. 1 auch Patienten schädigt liegt halt nicht von vornherein klar auf der Hand, während bei Extrem Nr. 2 ganz schnell die Klage ins Haus steht. Von Patienten/Medienseite wird häufig nur Extrem Nr. 2 beklagt, weil der Patient der unnötigerweise stationär aufgenommen wurde und dann einen Schaden durch Übertherapie/diagnostik erleidet in der Regel die initiale Indikation der Therapien/Diagnostik nicht hinterfragen wird.