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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : gruseln im psychiatrie dienst...



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xxdanixx
03.05.2013, 06:00
ich hatte in meinem letzten dienst ein erlebnis, welches mich einfach nicht loslässt und mich sogar (auch wenn es sich lächerlich anhört) todesangst verspüren lässt.

geschichte dazu ist folgende:

ich arbeite im akuten-alkoholentzug und hatte dienst. es war 21h und ein patient den ich schon von einem aufenthalt kannte (er hatte damals gegen meine empfehlung den entzug nach einem tag abgebrochen...borderliner) und auch schon von einem langen telefonat nachts vor ca 8 wochen.

ich wusste auch, dass er zwischenzeitlich mal bei uns in der klinik vorbeigeschaut, weil er zu mir wollte. er hatte wohl nach dem letzten abgebrochenen aufenthalt einen selbstmordversuch hinter sich und war kurz auf der geschlossenen und wollte sich bei mir quasi entschuldigen, weil ich ja damals recht hatte usw. was ich damit zeigen will ist, dass er schon irgendwie seit dem ersten telefonat extrem auf mich fixiert war.

nun kam er halt zu besagtem dienst um 21h und ich hatte genug betten frei und habe ihn aufgenommen. er hatte 2 promille (wobei das bei uns nun wirklich nicht viel ist).
ich habe dann im aufnahmegespräch (weil es sonst recht ruhig war) ca 2 std mit ihm gesprochen. schon bei der letzten aufnahme hat er sich mir ziemlich geöffnet. es zeigte sich schon damals, dass er ein extremes gewaltpotential besitzt (war im afghanistan krieg und hat viel scheisse gesehen...und 20 jahre hooligan). mir gegenüber war er aber immer nett, höflich, zuvorkommend usw.

als sich das gespräch dem ende zu wandte drehte sich seine stimmung ein wenig... er fing an von seiner exfrau zu erzählen, die ihm viel -seiner meinung nach- angetan hat (zuviel um es aufzuführen). sie ist mittlerweile neu verheiratet und hat noch eine tochter mit dem neuen mann.

plötzlich schaut mich der patient grübelnd an und meint:
"was ich ihnen jetzt erzähle hab ich schon freunden erzählt und die haben sich dann endgültig von mir abgewandt. aber ich freue mich schon auf den tag an dem ich dem neuen mann meiner ex das antun kann, was er mir angetan hat."

ich war irritiert und fragte was er meine. darauf er:

"er hat mir einmal die familie genommen und ich freue mich es ihm gleich zu tun."

als ich dann erschrocken fragte, was er meine und ob er vorhabe der frau etwas anzutun antwortete er:

"ja, das wird noch ganz groß in der bild stehen. das werden sie noch sehen! ich werde meine ex frau und das kind umbringen."

ich war natürlich extrem schockiert, denn ich bin nicht geschult was solche situationen angeht (ich denke die wenigsten hier) und habe versucht ihm klar zu machen, was er da sagt. er meinte nur, dass das kind ohnehin kein recht zu leben hat und seine frau auch nicht. es sei keine rache sondern nur genugtuung. und ich hätte ja ein wenig recht mit dem kind...das würde er schnell töten, aber seine ex würde er 30std lang leiden lassen. und wenn man ihn morgen drauf anspricht würde er es ohnehin leugnen.

vielleicht könnt ihr euch ja vorstellen wie ich (bin nen kleines mädel) da um 23h allein im zimmer mit dem patienten gefühlt habe... habe ihm klargemacht, dass ich nur bis hier hin mit ihm reden kann...habe gesagt, dass ich das nicht als richtigen weg empfinde, aber konnte einfach nicht mehr weiter mit ihm reden.
dazu kommt, dass ich echt panik hatte. ich saß mit dem rücken zum fenster, er zur tür. ich hatte wirklich angst er tut mir was an, wenn ich sage, dass ich in so einem fall personen ausserhalb der klinik informieren muss.

habe das gespräch mit einem lächeln beendet und ihn auf station begleitet...dann habe ich meine oberärztin im hintergrund angerufen. sie wusste auch nicht was wir machen sollten... meinte nur, dass wenn er wieder abbrechen sollte wir anonym die polizei rufen sollen und erstmal fragen sollen was man in so einer situation macht.

als ich am nächsten morgen dem nächsten diensthabenden arzt die übergabe gemacht habe und alles geschildert habe meinte dieser nur: ja, wenn er abbricht und sich davon klar distanziert können wir nichts machen, sonst polizei rufen.

das schlimme an der ganzen sachen ist, dass ich angst habe, dass er sich (wenn das nochmal angesprochen wird von jd anderem) von mir hintergangen fühlt und sich rächen will...keine ahnung ob das echt zu krasser filmgedanke ist...aber er weiß mein autokennzeichen (hatte es damals gesehen, als er mich sprechen wollte nach dem selbstmordversuch) und ist eben unheimlich fixiert auf mich (ich sei DIE vertrauensperson für ihn)....

ich erfahre heute erst wie die situation im moment ist...ob er noch auf station ist oder schon weg.


ich musste das nur mal loswerden...vielleicht hat ja von euch etwas ähnliches erlebt... irgendwie lag ich gestern bis 2h nachts wach, weil ich dachte, dass er mich nachher auf dem parkplatz abknallt.... ich entwickel selber noch nen verfolgungswahn... :(


naja...für tipps und ideen u meinungen zu der geschichte (auch jegliche kritik) bin ich offen!

*milkakuh*
03.05.2013, 09:14
Das klingt echt gruselig.

Viel kann ich leider nicht beitragen nur, dass ihr euch vielleicht nochmal genauer die gesetzlichen Grundlage zur Schweigepflicht anschauen solltet. Nach § 138 StGB hat jedermann die Verpflichtung zur Anzeige von bestimmten geplanten Verbrechen. Die Pflicht trifft auch den Schweigepflichtigen. Dabei handelt es sich um gravierende, einzeln aufgeführte Straftaten (Vorbereitung eines Angriffskrieges, Hochverrat, Geldfälschung, Menschenhandel, Mord und Totschlag, Raub, u.Ä.). § 139 StGB ist aber auch noch interessant in dem Zusammenhang. Eventuell kann man ja erstmal Kontakt mit der Rechtsabteilung der Klinik aufnehmen und mit einem spezialisierten Anwalt darüber sprechen. Vorher sollte man sich natürlich im Team über das weitere Vorgehen einig sein. Wirklich eine blöde Situation!

Dass du Angst hast, kann ich sehr gut verstehen!

WackenDoc
03.05.2013, 09:28
Erinnert mich glatt an einen meiner Patienten- zum Glück war bei dem die Drohung nicht so konkret.

Ich hab aber noch einen Hinweis, der nicht direkt mit deiner Fragestellung zu tun hat, aber für den Patienten wichtig sein könnt:
Sollte der Verdacht bestehen, dass das Krankheitsbild mit seinem Einsatz zu tun hat, solltet ihr versuchen herauszubekommen, ob da schon irgendwas in Richtung Wehrdienstbeschädigung gelaufen ist und ob schon eine Traumatherapie gelaufen ist.Einige traumatisierte Soldaten haben während ihrer Dienstzeit nie gesagt, wie schlecht es ihnen ging oder haben die Symtpome erst nach ihrer Entlassung entwickelt.
Sollte in diese Richtung noch gar nichts gelaufen sein, besteht die Möglichkeit mit dem PTBS-Zentrum im Bundeswehrkrankenhaus Berlin aufzunehmen. Dort gibt es sogar eine Sprechstunde für ehemalige Soldaten.
Für akute Fragen haben die auch eine Hotline, die 24 Stunden erreichbar ist.
Hier gibt´s alle relevanten Infos: http://www.angriff-auf-die-seele.de/ptbs/

So und jetzt zu deiner Frage: Ich denke, dass du alles richtig gemacht hast, indem du den Patienten in der Lage nicht hast eskalieren lassen und du den Rat deiner Oberärtzin eingholt hast. Mich wundert allerdings, dass sie nicht wusste, wie weiter zu verfahren ist.
Ich hätte jetzt gedacht, dass vergleichbare Lagen nicht so selten in der Psychiatrie sind.

Es ist unheimlich schwierig, wenn solche Patienten Vertrauen zu einem gefasst haben oder dies zumindest vorgeben und dann Entscheidungen treffen muss, die für den Patienten unangenehm sind. In solchen Situationen zeigt sich dann aber auch, wie tragfähig diese therapeutische Beziehung überhaupt war. Wahrscheinlich schlägt das Vertrauen umso heftiger in´s Gegenteil um. Letztendlich muss aber irgendjemand die Angst und das Wegschauen überwinden.
Rein objektiv hast du es ja schon gut erkannt: Das Gewaltpotential ist da, die Fähigkeiten hätte er auch, in seinen Augen hat er wahrscheinlich nichts mehr zu verlieren- eine ganz üble Mischung.
Wie konkret die Gefahr für sein Kind und seine Frau wirklich sind, müssen wohl die Experten abschätzen.

Letztendlich hat das ja auch nichts mit "Fallenlassen" im Sinne von moralisch verurteilen zu tun, sondern es geht um den Schutz seiner Familie.

ehem-user-02-08-2021-1033
03.05.2013, 09:32
Ich glaube hier vermischen sich gerade 2 Aspekte.
Einerseits deine verständliche Angst und der etwaige Konflikt mit der ärztlichen Schweigepflicht.


Über deine Angst kann ich leider nichts schreiben. Das klammere ich aus, da ich dich und die Situation nicht kenne.

Im Strafgesetzbuch heißt es folgendes:

"§ 138
Nichtanzeige geplanter Straftaten.(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung

1. einer Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80),
2. eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
3. eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
4. einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
5. eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches),
6. einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5, des § 233 Abs. 3, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
7. eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
8. einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c

zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1. von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
2. von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,

zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 gilt im Fall der Nummer 2 entsprechend.

(3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
."

Weiter heißt es:

"§ 139
Straflosigkeit der Nichtanzeige geplanter Straftaten.(1) Ist in den Fällen des § 138 die Tat nicht versucht worden, so kann von Strafe abgesehen werden.

(2) Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist.

(3) Wer eine Anzeige unterläßt, die er gegen einen Angehörigen erstatten müßte, ist straffrei, wenn er sich ernsthaft bemüht hat, ihn von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden, es sei denn, daß es sich um

1. einen Mord oder Totschlag (§§ 211 oder 212),
2. einen Völkermord in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder ein Kriegsverbrechen in den Fällen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder
3. einen erpresserischen Menschenraub (§ 239a Abs. 1), eine Geiselnahme (§ 239b Abs. 1) oder einen Angriff auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c Abs. 1) durch eine terroristische Vereinigung (§ 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1)

handelt. Unter denselben Voraussetzungen ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger, Arzt, Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist. Die berufsmäßigen Gehilfen der in Satz 2 genannten Personen und die Personen, die bei diesen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind, sind nicht verpflichtet mitzuteilen, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist.

(4) Straffrei ist, wer die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet. Unterbleibt die Ausführung oder der Erfolg der Tat ohne Zutun des zur Anzeige Verpflichteten, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg abzuwenden.
."


--> Das ist, wie es milkakuh bereits beschrieben hat.
Auch der Rat mit der Rechtsabteilung...

Das andere ist die Frage, ob man nicht vielleicht versucht, auch wenn der Patient "freiwillig" bleibt, einen Unterbringungsbeschluss zu bewirken. Das kann ja jeh nach Draht zum Richter werktags auch "ganz schnell" gehen.

Aber halt uns auf dem Laufenden!

gk#3
03.05.2013, 09:50
Aber ist das nicht ne Sache der Rechtsgüterabwägung!?
Wenn ich mich da dunkel an meine Rechtsmed-Lernerei für die mündliche erinner (Dezember 2012 und schon wieder über die Hälfte vergessen), dürfte man den Patienten anzeigen und seine Schweigepflicht verletzen, weil man damit das Leben des Kindes und der Mutter retten kann...

Relaxometrie
03.05.2013, 11:21
@ xxdanixx :

Das ist wirklich eine unangenehme Situation.

Zunächst schreibe ich mal über zwei Dinge, die mir beim Lesen spontan aufgefallen sind:

1.
Der Begriff "Selbstmord" ist falsch, da Mord immer eine heimtückische, hinterhältige Komponente beinhaltet. Dahar ist es besser, das Wort "Suizid" oder Selbsttötung zu verwenden.

2.
Ich habe auch 2 Jahre in der Psychiatrie gearbeitet, davon ein Jahr in der Suchtabteilung, und hatte ebenfalls Kontakt zu vielen komischen Gestalten. Spätestens, wenn einem das Bauchgefühl sagt, daß man mit diesem Patienten, den man gerade vor sich hat, nicht alleine im Raum sein will, sollte man dem stattgeben und sich eine Person vom Pflegedienst dazuholen. Das muß auch nachts und in der Notaufnahme gewährleistet sein.
Und bei Gesprächen mit potentiell gefährlichen Patienten solltest Du IMMER darauf achten, daß Du türnah sitzt, und nicht der Patient zwischen Dir und der Tür.
Selten habe ich die Tür beim Gespräch offen gelassen, wenn mir ein Patient gefährlich vorkam. Das ist aber auch eine blöde Situation, weil man dann immer darauf achten muß, daß es keine Mithörer gibt. Aber für kurze Gespräche, für die ich nicht extra jemanden von der Pflege dazu holen wollte, habe ich halt selten auf die "offene Tür" zurückgegriffen.
Mit Borderlinern umzugehen, fand ich immer schwer. Was teilweise an der Erkrankung und an der daraus folgenden Art und Weise der Patienten lag. Teilweise natürlich auch daran, daß ich noch nicht sonderlich erfahren mit diesen Patienten war, aber leider auch fast keine Schulung bekommen habe.


Was jetzt den konkreten Fall angeht, so würde ich mich da auf gar keinen Fall von der ahnungslosen Oberärztin abspeisen lassen. Es wurden ja schon einige Paragraphen erwähnt, die Dir zeigen, wie relevant das Problem ist.
Ich würde die Sache also nicht versacken lassen, sondern -die Kaskade der Höflichkeit einhaltend- erst mit einem weiteren Oberarzt sprechen, dann den Chef einschalten, aber auch bei der Rechtsabteilung nachfragen.

Was ich für mich aus der Psychiatrie mitgenommen habe: die Patienten sind krank und hätten wohl auch lieber ein normaleres und besseres Leben. Sie sollen auch alle Hilfe und Unterstützung bekommen, die möglich ist. Aber einige Patienten sind über das Kranksein hinaus auch gefährlich für die Allgemeinheit, und da darf man meiner Meinung nach keine falsche Rücksichtnahme an den Tag legen. Selbst wenn die Gefahr für die Allgemeinheit einer Erkrankung entspringt, sollte man sich und andere Personen schützen.
Im vorliegenden Fall also nicht sagen "ach, der arme Borderliner", sondern -wie WackenDoc schrieb- vielleicht Kontakt zur Bundeswehr aufnehmen und außerdem noch die Rechtslage klären, ob man die geplante Straftat anzeigen kann.

PsychoFan
03.05.2013, 16:32
Vor allem Ruhe bewahren und im Falle eines Entlassungswunsches zurückhalten. Den Rest kann man dann tagsüber mit den OÄ und CA klären. Tiefenpsychologisch könnte man sich fragen, was da gerade sich in der Beziehung zwischen Patient und der Diensthabenden abspielt und ob dieses gefühl der riesiegen und alleinigen Verantwortung, die die Diensthabende verspürt auch tatsächlich logisch nachvollziehbar und gerechtfertigt ist. Die Oberärztin im Hintergrund scheint das Spiel leider mitzuspielen. sie ist jetzt dran zu handeln, nicht der Vordergrund.

flotze
03.05.2013, 18:54
ohhhh ja. Ich kenne diese Situationen. Nur bin ich männlich und nicht ganz unkräftig... aber habt ihr denn keinen Notknopf am Telefon, den Du betätigen kannst, wenn z.B ein Patient sich verbal nicht begränzen lässt??

Ich muss Psychofan zustimmen, oft es eine Frage der Verantwortung, die Du ja in diesem Falle an deine OA weitergespielt hast.
Ich finde ebenfalls, dass das Kommentar Dir nicht weitergeholfen hat. ich denke in diesen Situationen immer zuerst an meine Sicherheit. hab Patienten auch schonmal alleine im Aufnahmezimmer sitzen lassen weil mir es zu bunt wurde oder wie oben beschrieben meinen Alarmknopf am Telefon gedrückt. im nu sind dann die Pflegekräfte da...

Was mir wirklich geholfen hat war mein OA. Dieser riet mir, mich immer zu hinterfragen ob die zu fällenden Entscheidungen auf meinen Schultern lastet oder ob die Last nicht verteilt werden kann. z.b. Rücksprache mit dem OA bzw Kollegen.

Dr. Glucosidase
06.05.2013, 22:19
Ist der Pat. noch da? Wie ist es weitergegangen? Bist du immer noch in der Idealisierung bei ihm oder auch schon in die Entwertung gerutscht? Wird einer deiner Kollegen von ihm stark entwertet? Habt ihr mal über ein Gespräch zu dritt nachgedacht? Wie hoch strukturiert bzw. wie schwer/früh gestört ist der Pat., wie gut kann er reflektieren? Kann man mit ihm gut therapeutisch arbeiten oder nur ganz niederschwellig?

Ich habe bei deiner Beschreibung an eine Pat. gedacht, die prinzipiell 2 Minuten vor Ende der Therapie-Sitzung mit Suizid gedroht hat. Ich bin da auch drauf angesprungen und hab ihr jedes Mal bis zu 10 Minuten mehr geschenkt. Kurz vor Ende der Verlängerung wieder eine Suiziddrohung... Seltsamerweise war niemand im Team geneigt, ihr die f60.31 zu diagnostizieren. Dafür hat sie aber die F60.4 UND F60.5 gekriegt.

Zusammenfassend: wie gut könntest du das mit dem Pat. aufarbeiten (also die Idealisierungstendenz und die Suizid- bzw. Morddrohung)? Was hat dein Supervisor gesagt?

xxdanixx
07.05.2013, 08:59
da ich nur dienste mache, hatte ich bisher noch keine chance mit einer der oberärztinnen zu reden. heute bin ich wieder halb im tagdienst und werde dann genau erfragen was jetzt passiert ist.

am sonntag hatte mir die pflege gesagt, dass der patient ein langes gespräch mit der oberärztin und stationsärztin hatte. dort hat er wohl abgestritten so etwas gesagt zu haben.

mir wurde nur gesagt, dass man prinzipiell bei patienten die sich klar von so einer aussage (welche im alkoholisierten zustand getätigt wurde) distanzieren können nichts zu machen braucht.

der patient hat jetzt auch am sonntag keine abneigung mir gegenüber gezeigt. es gab aber auch keinen gesprächswunsch mit mir. der pflege hatte er wohl gesagt, dass er viel von mir hält...aber auch, dass er es nicht gut findet, dass das publik gemacht wurde. bei der nachtschwester mit der er gesprochen hat hatte er aber wohl diese andeutung erneut gemacht...dass er seiner ex frau solange nichts antun wird, wie die tochter auf sie angewiesen ist....(sie ist 13j)....

ich melde mich nochmal, wenn ich mit der oä gesprochen habe!

aber danke für alle eure antworten! die haben mir sehr geholfen!!!! da sieht man mal, dass das internet auch wirklich einen sinn haben kann ;)

FirebirdUSA
07.05.2013, 14:36
mir wurde nur gesagt, dass man prinzipiell bei patienten die sich klar von so einer aussage (welche im alkoholisierten zustand getätigt wurde) distanzieren können nichts zu machen braucht.


Das ist leider auch richtig so, da die Pflicht und das Recht die Schweigepflicht zu brechen ja auf eine tatsächlich bestehende Gefährdung ("glaubhaft erfährt") beruht. Wenn sich der Patient anschließend davon wieder distanziert (zumindestens offiziell) hast du tatsächlich wegen Schweigepflichtsverletzung ein Problem, beweis mal dass die Gefährdung glaubhaft ist. Deswegen in so einem Fall immer die Rechtsabteilung einschalten bevor man eine Entscheidung fällt, es sei den es besteht tatsächlich Gefahr im Verzug (und dann ist anonym anrufen natürlich auch Blödsinn imo).
Ich denke das in diesem Fall auch die Polize nichts machen wird, da ja keine nachweisbare offensichtliche Gefährdung vorliegt. Der Fall würde anders liegen wenn der Patient die Klinik verlässt und sagt er bring jetzt seine Frau/Kind um...

Befriedigend oder beruhigend ist das aber natürlich nicht...

Relaxometrie
07.05.2013, 14:50
mir wurde nur gesagt, dass man prinzipiell bei patienten die sich klar von so einer aussage (welche im alkoholisierten zustand getätigt wurde) distanzieren können nichts zu machen braucht.
Naja......2 Promille sind für einen Alkoholiker ja nicht viel. Ich würde eine Aussage, die er unter 2 Promille macht, schon ernst nehmen.
Wer hat Dir gesagt, daß man die Aussage unter Alkohol nicht ernst nehmen muß? Also...ich meine....bis zu welcher Ebene ist der Fall in der Klinik vorgedrungen?



bei der nachtschwester mit der er gesprochen hat hatte er aber wohl diese andeutung erneut gemacht...dass er seiner ex frau solange nichts antun wird, wie die tochter auf sie angewiesen ist....(sie ist 13j)....
Das zeigt ja, wie "eindeutig" er sich von seiner Aussage distanziert hat :-nix
Ich würde an Deiner Stelle so lange nicht locker lassen, bis entweder die Rechtsabteilung, der Chef, oder besser beide, eindeutig geklärt haben, daß man nichts machen kann.
Sich in solchen Fällen auf halbgare Aussagen zu verlassen, ist meiner Meinung nach äußerst schlecht und würde einen im Fall der Fälle -wenn vielleicht auch nicht rechtlich- aber trotzdem gewissenstechnisch extrem belasten.

WackenDoc
07.05.2013, 15:06
So pauschal halte ich die Aussage deiner OÄ auch für Quatsch.
Klar ist es schwer, herauszufinden, ob er sich davon wirklich distanziert, aber so eine Drohung einfach als alkoholbedingt abzutun finde ich ein Unding.

Es sieht ja schon fast so aus, als ob sich keiner so wirklich an den Patienten ran traut.

Was mich auch noch interessieren würde: Stimmt die Borderline-Diagnose überhaupt?

Dr. Glucosidase
07.05.2013, 17:53
Was mich auch noch interessieren würde: Stimmt die Borderline-Diagnose überhaupt?

Auch wenn die Diagnose nicht in der Akte steht, klingt die Beschreibung schon sehr nach einem Borderliner - wie ich finde, nach einem ziemlich heftigen: er spaltet die Mitarbeiter, idealisiert die einen und entwertet die anderen, ist hochmanipulativ und schafft es, massiv Druck aufzubauen. Und er scheint sich bei jedem ganz anders zu verkaufen.

WackenDoc
07.05.2013, 18:15
Ja das schon- mich wundert nur, warum er damit 1. bei der Bundeswehr genommen wurde und 2.damit auch noch nen Einsatz überstanden hat.
Kann ja sein, dass er eine entsprechende Veranlagung hat und ggf. auch narzisstische Züge (ist nicht gerade selten in der Bundeswehr) hat und der Rest Traumafolge ist.

Thomas24
07.05.2013, 22:39
Sag mal Wacken, wie ist das denn in deiner Firma? Wird man überhaupt für die Truppe rekrutiert, wenn man "20 Jahre lang" Hooligan war? Das hat mich auch etwas gewundert.

WackenDoc
08.05.2013, 06:58
Schwer zu sagen. Kommt drauf an in welcher Gruppe er war und was er dort getan hat bzw. ob er dabei mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen oder anderweitig aufgefallen ist.
Hin und wieder fällt so eine Mitgliedschaft im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung auf.

Evl ist er ja auch Mitglied in einem normalen Motorradclub und bauscht das Ganze etwas auf.

Relaxometrie
08.05.2013, 07:43
Evl ist er ja auch Mitglied in einem normalen Motorradclub und bauscht das Ganze etwas auf.
In die Richtung, daß der Patient so gestört ist, daß er in seinen eigenen Lügengeschichten lebt, habe ich auch gedacht.

Erinnert mich -abgesehen von den Borderline-Patienten, die ich in meiner Psychiatriezeit erlebt habe- speziell an einen Patienten (m.,ca. 55 Jahre alt), der einem im Aufnahmedienst auch immer wieder von seinen (angeblichen?) Kriegseinsätzen erzählt hat. Dabei war er immer laut, aggresssiv, fordernd, ideenflüchtig, zerfahren, zwischendurch aber auch immer wieder in Tränen aufgelöst. Viele Tätowierungen, ein Schrank von Mann.
Niemand wusste, was man mit ihm machen sollte, es gab keine Handlungsanweisungen der Oberärzte, und wenn man den Patienten stationär aufgenommen hat, hat man öfter mal wütende Anrufe der Station bekommen, was man denn mit "DEM" machen solle. Meist ist er eh nicht lange geblieben und hat sich dann wieder entlassen lassen.
Solche Fälle zeigen, wie konfus es leider oft in der Psychiatrie abgeht: den Patienten ist nicht geholfen, die Mitarbeiter sind entweder guten Willens, aber verunsichert, oder direkt abweisend und haben keinen Bock auf solche "Störfälle".
Dabei ist es meiner Meinung nach die Aufgabe der Psychiatrie, sich von solchen Patienten nicht aufmischen zu lassen, sondern zu klären, ob man helfen und Probleme lösen kann, oder ob man hinter einen maximal gestörten Patienten und dessen Geschichte einfach nicht durchblicken kann, und dann "nur" so etwas, wie palliativmedizinische Psychiatrie anbietet; dem Patienten also bis zu einem gewissen Grad Hilfe anbietet, wenn er das möchte. Den Mitarbeitern aber zu verstehen gibt, daß der Fall als unlösbar gilt, und daß sich nicht jeder Neuling im Dienst immer wieder stundenlang den Kopf über den Patienten zerbricht.
Aber einmal richtig hinter die Fassade und in die Geschichte eines Patienten gucken zu wollen, kostet ja Zeit und Interesse am Patienten. Statt einmal das Chaos zu lichten, ist es für die Ober-/ und Chefärzte einfacher, solche Patienten 100x antanzen zu lassen, damit sie das Team so richtig schön spalten können, und jeden Dienstanfänger wieder zu unfruchbarem Grübeln zwingen :-(

Autolyse
08.05.2013, 10:19
Schwer zu sagen. Kommt drauf an in welcher Gruppe er war und was er dort getan hat bzw. ob er dabei mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen oder anderweitig aufgefallen ist.
Hin und wieder fällt so eine Mitgliedschaft im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung auf.

Evl ist er ja auch Mitglied in einem normalen Motorradclub und bauscht das Ganze etwas auf.
Nun ja. Auffallen würde das ja erst bei einer Ü3. Hast du dir in den letzten Jahren nichts zu Schulden kommen lassen wird das auch bei der Ü2 nicht auffallen und eine Ü3 brauchen nun mal die wenigsten.

Du warst zur Einstellung ja selbst in Köln. Man, zumindest ich, wird im Gespräch zwar ganz schön durch die Mangel gezogen, aber auch das ist machbar und bei den restlichen Tests weiß man ja was die hören wollen, wenn man nicht ganz doof ist.

ehem-user-02-08-2021-1033
02.12.2013, 19:22
Eine ähnliche Problematik wird nun vor Gericht verhandelt:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/prozess-aerztin-soll-spaeteren-moerder-aus-psychiatrie-entlassen-haben-a-936864.html