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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rektale Glucocorticoid-Gabe bei Kindern



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Ross-Geller
03.05.2013, 13:00
Hallo!
Bin bei der Behandlung der subglottischen Laryngitis bei Kindern darauf gestoßen, dass Glucocorticoide rektal verabreicht werden könne/sollen. Hat dies, außer Compliance, noch einen anderen Grund/Vorteil?
Besten Dank!

McBeal
03.05.2013, 13:52
Einfach und schnell zu applizieren, schnelle Resorption und schneller Wirkbeginn, Kind muss nichts schlucken.

LG
Ally

Brutus
03.05.2013, 16:01
Und noch ein ganz wichtiger Aspekt: Kind wird nicht so gestresst wie bei einem iv-Zugang...
Zäpfchen werden eben eher akzeptiert als so eine olle Nadel. :-))

THawk
03.05.2013, 16:58
Ja, stresst wenig. Aber es gibt auch die Möglichkeit der oralen Gabe: Celestamine.
Wir bevorzugen es, weil genauer zu dosieren.

Ross-Geller
05.05.2013, 11:11
Super, danke euch!

Brutus
05.05.2013, 12:45
Ja, stresst wenig. Aber es gibt auch die Möglichkeit der oralen Gabe: Celestamine.
Wir bevorzugen es, weil genauer zu dosieren.
Wobei ich die rektale Gabe gerade bei Kindern mit Krankheiten im Mund-, Hals- Kopfbereich der oralen Gabe bevorzuge. Denn gerade in dem o.g. Fall ist es ja die Frage, ob das Kind wirklich noch schluckt / schlucken kann... Und wenn das Celestamine hinterher auf dem Teppich liegt, ist die genaue Dosierung auch dahin...

THawk
05.05.2013, 13:07
Sicher, es kommt drauf an. Das Rektodelt kann's Kind auch gleist postwendend wieder auskackern.

Ich richte mich im Zweifel nach den Eltern: Wenn die schon sagen, dass das Kind kein PCM-supp nimmt, aber Nurofensaft kein Problem ist, dann gibts auf jeden Fall Celestamine. Und andersrum halt Rektodelt.

Dass ein Kind mit Pseudokrupp den Celestamine-Saft, auf dem Schoß der Mutter sitzend und von ihr verabreicht, nicht schlucken kann habe ich noch nicht erlebt.

Brutus
05.05.2013, 14:56
Weißt Du zufällig, wie schnell der Wirkeintritt beim Celestamine ist? Und der Preis? Und die Flaschengröße?
Weil das ist ja bei uns immer das Argument gegen ein bestimmtes Medikament. Und ob es gekühlt werden muss...
Ansonsten würde ich ja unseren ÄLRD auch mal drauf anhauen, ob das nicht eine Alternative zum Rektodelt ist.

THawk
05.05.2013, 16:32
Oh, viele Fragen:
1. Kühlung: Nein, nur "< 25 °C"
2. Wirkeintritt: Habe keine Daten dazu, aber meines Wissens nach kein Unterschied zu Rektodelt
3. Packungsgröße: 30 ml (entsprechend 15mg Betamethason)
4. Preis: Lt. Roter Liste ca. 21 Euro. Damit leider schon deutlich teurer als Rectodelt (2 für 18 Euro, 6 für 27 Euro). Ist mal wieder klassisch für Uniklinik, dass wir uns darüber (zumindest auf der "Anwenderebene") wenig Gedanken machen.

WalterSobchak
05.05.2013, 17:50
Ich würd ehrlich gesagt im RD weder das eine, noch das andere nehmen... Wirkeintritt Rectodelt nach ca. 1h, Wirkmaximum nach 5h, bei Celestamine keine Ahnung (wahrscheinlich wie Dexamthason p.o.) in der Zeit ist man ja locker im KH... Lieber mit Infectokrupp (Epinephrin/NaCl-Gemisch) inhalieren lassen. Ist m.E. die im Akutfall wichtigere, weil schneller wirkende Therapie und wenn man im KH angekommen ist, kann man den Leuten dort das Problem der Steroidgabe überlassen... ;-)

JJ*
05.05.2013, 18:37
Oh, dafür haben sich Kollegen schon Anpfiffe anhören müssen, zumindest das Kinderkrankenhaus Altona nimmt diese Kinder dann zwangsläufig mindestens für die Nacht auf, wobei die meisten Pseudokrupp-Kinder nach kurzer Zeit und Wirkeintritt des Kortikoids wieder nach Hause entlassen werden... ;-)
Nicht falsch verstehen, wenn es indiziert ist dann sollte es natürlich auch durchgeführt werden und die Befindlichkeit des aufnehmenden Krankenhauses ist egal, aber nach meiner Erfahrung (als RA) sind die meisten Pseudokrupp-Kinder im Rettungsdienst tatsächlich nicht so beeinträchtigt, dass sie sofort Adrenalin inhalieren müssen.

Brutus
06.05.2013, 10:54
Ich kenne es auch wie JJ. Wenn man in bestimmten Kinderkliniken ankommt, und "vergessen" hat, zum Beispiel beim Infektkrampf ein fiebersenkendes Zäpfchen zu geben, oder beim Pseudokrupp, spastischen Kind kein Rektodelt, dann muss man sich noch vor den Ärzten und Schwestern der ZNA rechtfertigen. Gut, die Diskussion führe ich gerne, denn ich denke mir ja schon was vor Ort. Nur, wenn ich mich schon rechtfertigen muss, was soll denn der RA machen? Da wüürde ich wohl auch den Standardzapfen versenken und gut ist.
Ansonsten bin ich auch ein Inhalierfreak. Infektokrupp, Adrenalin/NaCl, DA... Und ich finde die Nasalatomisatoren super. Gerade bei Kindern geht das in der Regel super...

THawk
06.05.2013, 11:16
Ui, diese Reaktionen hätte ich ja nicht erwartet. Ist bei uns eher andersrum. Aber ich denke, dass viele sich eine zu schnelle Wirkung der Glukokortikoide bei Pseudokrupp erwarten und der gesehene Effekt (dem Kind gehts schon besser wenn es ins Krankenhaus kommt) eine Folge des kühlen RTW und der Zeit ist und nicht aufs Rektodelt zurückzuführen ist.


Die einzige "Marotte", die mich bei einem unserer Notärzte genervt hat, war die Gabe von Diazepam rektal bei Z.n.(!) Fieberkrampf. Jedes Kind was nach FK noch hohes Fieber hatte bekam als "Überbrückung" (es war noch "krampfbereit") bis zur Wirkung der Fiebersenkung ein bisschen Diazepam. Resultat: Die meisten Kinder liegen recht apathisch in der Notfallambulanz, Bewusstseinsstatus ist nicht sicher zu beurteilen und ambulant behandeln kann man sie alle nicht mehr.

WalterSobchak
06.05.2013, 13:29
Seh ich ähnlich wie THawk; Fiebersenkung wird bei Fieberkrampf gern vergessen - nicht, dass es ursächlich gegen den Krampfanfall wirken würde, aber ganz nett ists schon, wenn man schon präklinisch was gibt - häufig ist die beschriebene "Krampfbereitschaft" nämlich einfach "fieberndes Kind mit Schüttelfrost"... ;-)

Nochmal zum Rectodelt - ich finde es teilweise echt verzichtbar und halte die Inhalation (gern auch repetitiv) für deutlich wirksamer. Steroide rektal werden ja auch mit der riesigen Schwankung von zwischen 20 und 80% resorbiert ...

Brutus
06.05.2013, 14:02
Seh ich ähnlich wie THawk; Fiebersenkung wird bei Fieberkrampf gern vergessen - nicht, dass es ursächlich gegen den Krampfanfall wirken würde, aber ganz nett ists schon, wenn man schon präklinisch was gibt - häufig ist die beschriebene "Krampfbereitschaft" nämlich einfach "fieberndes Kind mit Schüttelfrost"... ;-)
Das sahen die Pädiater beim Kindernotfallkongress in Fulda aber anders. Dort wurde sehr viel Wert auf den Begriff Infektkrampf (und eben nicht Fieberkrampf) gelegt. :-nix
Und die Kernaussage war: Wenn es denn ein Infektkrampf war, dann war es das dann auch... Egal ob man einen Zapfen schiebt oder nicht... Denn die Termperatur sinkt ja nicht innerhalb ein paar Minuten. Und von daher wird es, egal ob Zapfen oder nicht, nichts an der (unwahrscheinlichen) erneuten Krampfbereitschaft machen.
Wobei ich auch gerne bei Fieber jenseits der 39,5°C ein Zäpfchen gebe. Beruhigt die Eltern und das eigene Gewissen und gut ist. Nutzt evtl. ein wenig, Schaden tut es eher nicht, also wat solls? :-))


Nochmal zum Rectodelt - ich finde es teilweise echt verzichtbar und halte die Inhalation (gern auch repetitiv) für deutlich wirksamer. Steroide rektal werden ja auch mit der riesigen Schwankung von zwischen 20 und 80% resorbiert ...
Sehe ich genauso. Meistens reicht ja schon das alleinige raus in die kalte, frische Luft, dass die Lütten direkt besser werden. Wenn sie dann noch die Inhalationsmaske tolerieren (so denn vorhanden), dann ist doch alles gut. Häufig ist das Rektodelt ja auch schon drin, wenn man bei den Kindern ankommt. Denn häufig haben Eltern von "anfälligen" Kindern ja vom Kinderarzt des Vertrauens schon ein paar Rektiolen mit nach Hause bekommen...

WalterSobchak
06.05.2013, 17:06
Und die Kernaussage war: Wenn es denn ein Infektkrampf war, dann war es das dann auch... Egal ob man einen Zapfen schiebt oder nicht... Denn die Termperatur sinkt ja nicht innerhalb ein paar Minuten. Und von daher wird es, egal ob Zapfen oder nicht, nichts an der (unwahrscheinlichen) erneuten Krampfbereitschaft machen.

Ist doch so ziemlich meine Aussage ;-)
Meinte ja, dass die Antipyrese nicht ursächlich gegens Krampfen wirkt (oder nem erneuten Ereignis vorbeugt); und trotzdem ists immer ganz nett, wenn die Kinder schon was intus haben :-)

WackenDoc
06.05.2013, 17:51
Du kannst ja auch nicht als Notarzt heldenhaft angerauscht kommen und dann gar nichts tun (zumindest in den Augen des ein oder anderen Patienten/Angehörigen) ;-)

JJ*
07.05.2013, 07:19
Woran macht ihr denn fest, ob ihr die Kinder inhalieren lasst? Seitdem ich angefangen habe zu studieren und nur noch als Aushilfe fahre habe ich kein Pseudokrupp-Fall mehr gehabt, aber als ich noch in Schleswig-Holstein Vollzeit gefahren bin waren die zuständigen Kinderkliniken wie gesagt immer äußerst zurückhaltend mit der Adrenalin-Inhalation...

THawk
07.05.2013, 08:12
Primär vom Schweregrad, wobei der Grad III (ggf. auch bereits bei II°) recht schnell erreicht ist (Dyspnoe, Tachykardie). Ist aber eher eine individuelle Entscheidung und auch davon abhängig, ob das Kind Inhalationen kennt. Spätestens wenn es unter der Inhalation abwehrt und schreit breche ich das Inhalieren gleich wieder ab, weil die Aufregung beim Pseudokrupp ungünstiger ist.
Wichtig: wenn Inhalation, dann auch Glukokortikoid.

Dann stellt sich noch die Frage der Überwachung nach Inhalation: Eine stationäre Aufnahme machen wir i.d.R. nicht. Amerikanische Leitlinien empfehlen eine sehr lange Überwachungszeit (ich glaube 4h). Dem folgen wir nicht; ich schaue wie sich die Kinder nach Inhalation in den folgenden 30-60 min machen, bei erneutem Auftreten in der Nacht müssen sie auf jeden Fall wiederkommen (dann erneutes Inhalieren und stat. Aufnahme).
Eine große Zurückhaltung ist bei Adrenalin-Inhalation m.E. nicht angebracht. Jeder traut sich mit Salbutamol zu inhalieren, aber Adrenalin scheint mehr Ängste zu verursachen (ist vielleicht ähnlich wie Adrenalin bei Anaphylaxie auch teils sehr zurückhaltend gegeben wird). Wir nehmen eine Adrenalin-Inhalation auch durchaus auch bei stationären Kindern mit viralen Infekten, die vornehmlich eine Affektion von Larynx / Trachea haben bzw. die durch Salbutamol / Atrovent nicht besser werden. Manchmal hat man mit Adrenalin da einen viel besseren Erfolg.

Brutus
07.05.2013, 09:15
Ich bin da auch recht schmerzfrei. 1mg Adrenalin auf 5ml NaCl als Inhalation wirkt gut und macht jetzt auch nicht soooo die systemische Wirkung. Was bei den Kindern meist ganz gut funktioniert ist, wenn Mama oder Papa die Maske festhalten. Oder eben selbst ein paar Mal damit atmen... Dann ist Kind beruhigt und dat läuft. :-)