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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fachrichtung gesucht



yesmed
09.06.2013, 09:28
Hallo, ich hoffe, dass ich euch nicht auf die Nerven gehe mit dieser Frage, aber ich denke aktuell viel über die verschiedenen Fachgebiete der Medizin nach dem Studium nach und versuche, mich zu informieren. Und ich dachte mir, wen besseres kann man fragen als die Menschen, die bereits im Berufsleben stehen. Das sind meine Hoffnungen:
Es müsste ein Fach mit Patientenkontakt sein. Es sollte die Möglichkeit geben, eine Praxis zu eröffnen, falls ich mit der Arbeit im Krankenhaus nicht zurechtkomme, und es sollte mich nicht finanziell in Gefahr bringen, Pleite zu gehen. Natürlich wäre ich auch sehr dankbar, wenn es nicht das Fach mit dem größten Stressfaktor wäre. Gut, eine Menge Leute wollen das. Jetzt noch ein paar spezifischere Dinge:

Ich möchte etwas Abwechslung bei meinen Patienten haben (zB nicht nur alte Leute, oder nur Männer / nur Frauen, Kinder wäre ok). Ich würde auch lieber ein breiteres Fach wählen, nicht nur auf ein Körperteil beschränkt, aber das ist ein Kriterium, dass ich vernachlässigen würde, wenn es keine andere Option gibt. Ich bin nicht so naiv, nur nach meinen Interessen zu gehen (die sich auch ändern können), wenn es nicht die richtigen Stellen dafür gibt.

Es sollten auch genug Stellen angeboten werden, dass sich im näheren bis mittleren Umkreis etwas findet. Das ist wirklich wichtig, und ich habe meine Gründe dafür.

Soweit ich es jetzt sehe, ist das einzige Fach, das wirklich passt, Allgemeinmedizin. Vor allem die regionale Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen scheint ein Problem zu sein, das man nicht unterschätzen sollte. Aber irgendwie bin ich nicht wirklich zufrieden, dass es anscheinend nur diese eine Option gibt. Ich würde es sehr schätzen, wenn ihr mir ein paar neue Ideen aus eurer Erfahrung als Assistenzärzte geben könntet, was alles möglich ist.

Lava
09.06.2013, 11:10
Da passt aber sehr viel, würde ich sagen. Z.B. auch Chirurgie oder Orthopädie. Menschen aller Altersklassen und beiderlei Geschlechts (plus alles dazwischen, falls sich hier jemand vernachlässigt fühlt), ein Betötigungsfeld vom Scheitel bis zur Sohle, die Möglichkeit, sich niederzulassen, und Chirurgen braucht man in fast jedem Krankenhaus, Jobs gibts also überall. :-) Die Ausbildung ist halt lang und stressig.

Hartie
09.06.2013, 15:09
Ich schmeiße mal Rheumatologie in den Raum.

WackenDoc
09.06.2013, 18:29
Mal anders gefragt: Was stört dich denn an der Allgemeinmedizin? Evtl. hilft das ja auch bei der Fachrichtungssuche.

Feuerblick
09.06.2013, 18:31
Andere Frage: Studierst du schon? Wenn ja, in welchem Semester bist du?
Warum ich das frage? Weil sich meistens die Fachrichtung im Verlauf des Studiums ergibt. Man macht Blockpraktika, Famulaturen etc. und entdeckt früher oder später zumindest Präferenzen. Theoretische Überlegungen sind dann manchmal nur noch von sekundärer Bedeutung. Denn was nutzt dir ein Fach, das zu all deinen Wünschen passt, dich aber als Fach total langweilt?

yesmed
09.06.2013, 18:58
Da passt aber sehr viel, würde ich sagen. Z.B. auch Chirurgie oder Orthopädie. Menschen aller Altersklassen und beiderlei Geschlechts (plus alles dazwischen, falls sich hier jemand vernachlässigt fühlt), ein Betötigungsfeld vom Scheitel bis zur Sohle, die Möglichkeit, sich niederzulassen, und Chirurgen braucht man in fast jedem Krankenhaus, Jobs gibts also überall. :-) Die Ausbildung ist halt lang und stressig.
Orthopädie scheint realistisch, aber die Möglichkeit für eigene Praxis mit Chirurgie? Ein bisschen schwer vorstellbar.
Ich kann mir unter Rheumatologie nicht viel vorstellen. Ist das ein gefragtes Fach? Das ist eines, an das ich wirklich nicht gedacht habe.
@ Feuerblick: Ja, ich studiere schon, aber noch nicht im klinischen Abschnitt. In Bezug auf diese Interessen, schrieb ich, ich würde gerne ein breiteres Fachgebiet haben. Ich meine etwas, mit dem ich verschiedene Arten von Krankheiten sehe und nicht nur ein Organ behandele. Ich will nicht zu einem Arzt werden, der zum Beispiel einfache Fragen von Verwandten nicht beantworten kann, weil es nicht sein Fachgebiet ist. Aber ich habe keine spezifischen Interessensgebiete, die mich zum Studium der Medizin geführt haben, es ist mehr ein allgemeines Interesse an der Medizin. Meiner Meinung nach sind die Arbeitsbedingungen aber oft wichtiger als nur die Interessen, weil Interessen sich ändern können.
Was ich nicht an Allgemeinmedizin mag? Das ist schwer zu sagen, vielleicht, dass es mehr Stress sein soll, da die Patienten kommen, wenn sie wollen, ohne feste Termine, und man auf Hausbesuche gehen muss, und es soll sich finanziell nicht immer lohnen? Aber das sind keine absoluten Gründe dagegen.

yesmed
09.06.2013, 19:00
Orthopädie scheint realistisch, aber die Möglichkeit für eigene Praxis mit Chirurgie? Ein bisschen schwer vorstellbar.
Ich kann mir unter Rheumatologie nicht viel vorstellen. Ist das ein gefragtes Fach? Das ist eines, an das ich wirklich nicht gedacht habe.
@ Feuerblick: Ja, ich studiere schon, aber noch nicht im klinischen Abschnitt. In Bezug auf diese Interessen, schrieb ich, ich würde gerne ein breiteres Fachgebiet haben. Ich meine etwas, mit dem ich verschiedene Arten von Krankheiten sehe und nicht nur ein Organ behandele. Ich will nicht zu einem Arzt werden, der zum Beispiel einfache Fragen von Verwandten nicht beantworten kann, weil es nicht sein Fachgebiet ist. Aber ich habe keine spezifischen Interessensgebiete, die mich zum Studium der Medizin geführt haben, es ist mehr ein allgemeines Interesse an der Medizin. Meiner Meinung nach sind die Arbeitsbedingungen aber oft wichtiger als nur die Interessen, weil Interessen sich ändern können.
Was ich nicht an Allgemeinmedizin mag? Das ist schwer zu sagen, vielleicht, dass es mehr Stress sein soll, da die Patienten kommen, wenn sie wollen, ohne feste Termine, und man auf Hausbesuche gehen muss, und es soll sich finanziell nicht immer lohnen? Aber das sind keine absoluten Gründe dagegen.

Lava
09.06.2013, 21:13
Orthopädie scheint realistisch, aber die Möglichkeit für eigene Praxis mit Chirurgie? Ein bisschen schwer vorstellbar.

Wieso? Natürlich gibt es auch niedergelassene Chirurgen!

Espressa
12.06.2013, 06:42
Ich will nicht zu einem Arzt werden, der zum Beispiel einfache Fragen von Verwandten nicht beantworten kann, weil es nicht sein Fachgebiet ist.

Wird dir immer passieren.
Ganz einfache fragen kann man mit studiumwissen beantworten, wenn es spezieller wird dann hast du auch als allgemeinmediziner vielleicht nicht genug Erfahrung damit.

Peter_1
12.06.2013, 10:19
Sorry, aber mit Studiumswissen alleine kann man viele Fragen (auch einfache) häufig nicht gut beantworten, weil die Erfahrung fehlt.
Allgemeinmedizin ist das breiteste Fach von allen, Stress ist eher weniger wie im Krankenhaus, zumindest wenn man sich und seine Praxis gut organisiert hat. Hausbesuche sind Geschmackssache, ich selber mag sie ganz gerne, da sie auch viel Abwechslung reinbringen. Patienten hat man queerbeet alle Altersgruppen, Krankheiten auch queerbeet aus allen Fachbereichen. Das Wissen und die Behandlungsmöglichkeiten sind natürlich im Gegensatz zum Spezialisten zwar breit gestreut, aber eben nicht spezialistisch, soll heissen es gibt Grenzen der Behandlungs/Beratungsmöglichkeiten, die man kennen muss (laut Literatur kann der Allgemeinmediziner jedoch trotzdem 80% der Beratungsanlässe selbstständig lösen).
Verdienst ist jetzt nicht bombastisch gut, aber für regelmässigen Urlaub und ein recht komfortables Leben reicht es bei den meisten (es gibt Ausnahmen keine Frage). Aus deinen jetzigen Schilderungen heraus wäre die Allgemeinmedizin doch genau passend. Trotzdem schliesse ich mich mal Feuerblick an und würde raten mal die Famulaturen, das PJ und das weitere Studium abzuwarten, häufig wandelt sich der Fachrichtungswunsch dann doch noch mal und in der Vorklinik muß man sich eigentlich noch keine großen Gedanken machen.

John Silver
12.06.2013, 11:24
Im Grunde ist es ganz einfach. Du hast von keinem Fachgebiet eine auch nur annähernd realistische Vorstellung. Mehr noch: Du hast von der Medizin insgesamt keine realistische Vorstellung. Mein Rat: Entspann Dich, trink ein Bier und warte noch 3-4 Jahre. Dann fange an, Dir Gedanken zu machen.

Slippengringo
12.06.2013, 16:53
Prinzipiell solltest du dir auch überlegen ob du eher in die konservative Medizin gehen willst oder dir auch operieren vorstellen kannst.
Schon mal über Urologie nachgedacht? Kleines aber trotzdem vielseitiges Fach. Relativ unstressige Patientenfälle und Dienste. Viele Patienten mit restitutio ad integrum und hier und da was kurioses dabei (Penisringe wegflexen, Fremdkörper in Blase, Priapismus etc.). Gemischtes Patientenkollektiv mit ca. 70% männlichen & 30% weiblichen Patienten. Je nach Krankenhaus auch mit Kinderurologie. Operativ neben den großen OPs auch viele unblutige endoskopische Eingriffe. Gute Niederlassungsmöglichkeiten. Kriegst halt viele Eumel zu sehen und steckst ab und zu n'Finger in Po.

yesmed
16.06.2013, 18:40
Vielen Dank allen für den Input.


Im Grunde ist es ganz einfach. Du hast von keinem Fachgebiet eine auch nur annähernd realistische Vorstellung. Mehr noch: Du hast von der Medizin insgesamt keine realistische Vorstellung.

Wahrscheinlich, weil ich keine Ahnung habe, verstehe ich nicht ganz, was du damit meinst. Was ist es, das man später erkennt, ich aber jetzt nicht realisiere? Was war für dich (euch) wichtig, als du (ihr) das Fach gewählt habt? Nach welchen Kriterien würdest du empfehlen, dass ich entscheide? Ich meine das ernst.

Von Professoren hört man nur, nach den Interessen zu gehen, aber ich denke, das ist eher eine Sache für die Promotionsarbeit, die man nach ein paar Jahren wieder vergessen kann. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr 18 war, als ich mein Studium begann, aber ich finde es ziemlich naiv, ein Fach nur nach meinen Interessen zu wählen, die sich derzeit jeden Monat ändern, und die Arbeitsbedingungen zu vernachlässigen.

Meiner Meinung nach ist es nicht zu früh, am Ende des präklinischen Abschnitts oder Beginn des klinischen darüber nachzudenken. Die Zahl der Famulaturen ist begrenzt und im PJ kann man nur ein Wahlfach angeben. Aber es gibt so viele mögliche und auch interessante Fächer! Ich versuche nur, diese auf einige wenige einzuschränken, nach sinnvollen Kriterien, und dann meine Famulaturen danach auszuwählen. Zusätzlich vielleicht ein oder zwei, die ich gerade interessant finde, ohne darin später arbeiten zu wollen. Aber ich bin ein Freund der Planung. Ich will z.B. nicht mein PJ in Rechtsmedizin machen, dann erkennen, dass es in meiner gewünschten Region dafür keine Stellen gibt, dann ein plötzliches Interesse an der Pädiatrie entwickeln, aber auch hier keine Stelle finden, weil ich nicht einmal eine Famulatur darin präsentieren kann und schließlich einen Job in der allgemeinen Chirurgie annehmen, nur weil es in fußläufiger Entfernung von meiner Wohnung ist. :D Aber du hast vollkommen recht, ich habe keine Ahnung, wie es wirklich läuft. Sagt es mir!

Feuerblick
16.06.2013, 19:55
...Weil sich meistens die Fachrichtung im Verlauf des Studiums ergibt. Man macht Blockpraktika, Famulaturen etc. und entdeckt früher oder später zumindest Präferenzen. Theoretische Überlegungen sind dann manchmal nur noch von sekundärer Bedeutung. Denn was nutzt dir ein Fach, das zu all deinen Wünschen passt, dich aber als Fach total langweilt?Ich muss mich da nochmal zitieren. Schau dir in der Klinik die Fächer an und die, die dich interessieren, vertiefst du mittels Famulatur. Und wenn danach immer noch Interesse da ist, machst du das interessanteste Fach als PJ-Wahlfach. Und vielleicht kommt am Ende dabei eine Fachrichtung raus, die dir gefällt. Hör auf die Profs... Interesse ist schlicht das einzige, was dir den Job später in der Routine-Mühle noch versüßen könnte. Ein Fach, das tolle Verdienstmöglichkeiten und nette Arbeitszeiten bietet, aber für dich grottenlangweilig ist, ist eben nicht DEIN Fach... :-nix Zuviel Planung ist eben nicht immer gut. Manchmal muss man auch mal abwarten und die Dinge auf sich zukommen lassen können. :-meinung

yesmed
17.06.2013, 10:10
Ja, ich werde das so machen. Aber es schadet doch nicht, sich schon Gedanken zu machen, anstatt spontan etwas zu machen, weil der Professor gut erklären konnte. ;) Natürlich würde ich nicht ein Fach wie Geriatrie wählen, das mich wirklich nicht interessiert, weil ich noch jung bin. Aber auch ein Thema wie dieses könnte interessant für mich werden, in 40 Jahren ;)
Was ich meine, ist: Du bist in der Augenheilkunde zum Beispiel, und ich finde dieses Fach interessant, aber vor allem wegen der eigenen Erfahrungen mit Augenproblemen und Fehlsichtigkeit. Andere Fächer finde ich interessant, weil ich für eine Weile zu diesem Spezialisten ging und dachte, es wäre toll, eine solche Praxis zu haben, oder weil Verwandte diese Krankheit hatten, und ich anfing, alles darüber zu lesen. Aber das kann sich wirklich jederzeit ändern! Ich konnte mir früher auch gut vorstellen, Zahnmedizin nach meinem Abitur zu studieren, aber jetzt in der Zwischenzeit muss ich sagen, dass ich diese Art von Arbeit super langweilig im Vergleich zu all den Möglichkeiten in der Humanmedizin finde. Das sind die Gründe, warum ich glaube, ich sollte am besten ein breites Fachgebiet wählen.
Ich habe in der Wartezeit vor dem Medizinstudium schon gearbeitet und meine Erfahrung ist es, dass Spaß an der Arbeit relativ unabhängig ist von der genauen Art der Arbeit, die man macht, es hängt mehr mit der sozialen Umgebung zusammen. Teamwork, nette Kollegen, eine gute Atmosphäre, variable Aufgaben, Freiheit für eigene Entscheidungen, nicht zu viel erzwungene Überstunden und das Gefühl, angemessen bezahlt zu werden waren damals viel wichtigere Faktoren. Aber ich finde es weniger wichtig, ob ich jetzt Augenkrankheiten diagnostiziere oder Grippe behandle und Impfungen mache - es wird alles zur Routine werden. Die Arbeitsbedingungen allerdings und die Umgebung, die spezifisch für bestimmte Fächer sind, werden nicht zu ändern sein und könnten im schlimmsten Fall ein Ärgernis bis zur Rente sein.

@ Lava: Niedergelassene Chirurgen? Ok, wenn ich darüber nachdenke, gibt es natürlich MKG-Chirurgen und Plastische Chirurgen. Meintest du das? Wenn ich an Chirurgen denke, sind die ersten, die mir in den Sinn kommen, Viszeral-, Lungen-oder Herzchirurgen. Ich will nicht ausschließen, dass solche Praxen existieren, aber würde man damit nicht eine sehr enge Verbindung zu einer Klinik brauchen? Modernen OP, Betten?
Und sorry für Doppelpost auf vorheriger Seite.

Nurbanu
17.06.2013, 19:53
Allgemein- und Viszeralchirurgen mit Belegbetten im KH und einer Praxis. Oder Orthopädiegemeinschaftspraxis mit eigenen OP-Sälen. Kenne beides.

John Silver
22.06.2013, 20:48
Wahrscheinlich, weil ich keine Ahnung habe, verstehe ich nicht ganz, was du damit meinst. Was ist es, das man später erkennt, ich aber jetzt nicht realisiere? Was war für dich (euch) wichtig, als du (ihr) das Fach gewählt habt? Nach welchen Kriterien würdest du empfehlen, dass ich entscheide? Ich meine das ernst.

Ich meine das, was ich gesagt habe. Du hast keine Ahnung, wie der Alltag eines Arztes aussieht, egal, um welche Fachrichtung es geht. Am Ende der Vorklinik hast Du auch keine Ahnung von der Medizin als solchen. Du hast bisher nur die Grundlagen gelernt, und weißt, wie der Normalfall aussieht. Mehr nicht. Das ist keine sinnvolle Entscheidungsgrundlage. Wenn Du jetzt schon anfängst, irgendwelche Fachrichtungen für Dich auszuwählen oder auszuschließen, machst Du einen Fehler, weil Du solche Entscheidungen momentan mit dem geringen Überblick, den Du hast, einfach nicht sinnvoll treffen kannst. Eine falsche Entscheidung kann viel Ärger bedeuten, also sollte man m.E. solche Entscheidungen nicht übers Knie brechen.


Von Professoren hört man nur, nach den Interessen zu gehen, aber ich denke, das ist eher eine Sache für die Promotionsarbeit, die man nach ein paar Jahren wieder vergessen kann. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr 18 war, als ich mein Studium begann, aber ich finde es ziemlich naiv, ein Fach nur nach meinen Interessen zu wählen, die sich derzeit jeden Monat ändern, und die Arbeitsbedingungen zu vernachlässigen.

Nur weil Du schon ein Paar Jahre irgendwo gearbeitet hast, macht Dich das nicht automatisch weiser oder erwachsener. Wenn Du denkst, dass die persönliche Präferenz bei der Auswahl des Betätigungsfeldes keine übergeordnete Rolle spielen sollte, dann zeigt das nur, dass Du eine vorübergehende Tätigkeit, der Du bisher nachgegangen bist, mit einer Lebensaufgabe verwechselst. Die Fachrichtung, die Du später wählst, machst Du dann mindestens 30 Jahre, eher deutlich länger. Insbesondere am Anfang Deiner Laufbahn wirst Du viel Mist erdulden müssen (und der "Anfang" kann sich 10 Jahre und länger ziehen, je nach Fachrichtung). Du hältst diesen Mist nur aus, wenn Du das, was Du tust, gerne tust. Und hierbei ist die Präferenz entscheidend. Wenn Du eine Fachrichtung hauptsächlich nach Kriterien wie "wenig Stress", "pünktlich Feierabend" etc. auswählst, kann es schnell passieren, dass Du all das auch findest, und dann bis zur Rente rumkotzt, weil Du eigentlich lieber etwas anderes tätest. Viel sinnvoller ist es, die Entscheidung hauptsächlich aufgrund der Präferenz zu treffen. Erstens ist Stress etc. nicht zwangsläufig das Attribut einer Fachrichtung, sondern vielmehr einer Klinik oder Abteilung. Zweitens kann kein Mensch noch einen Arzt gebrauchen, der seinen Beruf mit Null Leidenschaft ausübt, und einfach nur routiniert und ohne wesentliches Interesse die Brötchen verdient. Drittens sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Du am Ende als Schreibtischhengst beim MDK oder der Industrie landest.


Meiner Meinung nach ist es nicht zu früh, am Ende des präklinischen Abschnitts oder Beginn des klinischen darüber nachzudenken. Die Zahl der Famulaturen ist begrenzt und im PJ kann man nur ein Wahlfach angeben. Aber es gibt so viele mögliche und auch interessante Fächer! Ich versuche nur, diese auf einige wenige einzuschränken, nach sinnvollen Kriterien, und dann meine Famulaturen danach auszuwählen. Zusätzlich vielleicht ein oder zwei, die ich gerade interessant finde, ohne darin später arbeiten zu wollen. Aber ich bin ein Freund der Planung. Ich will z.B. nicht mein PJ in Rechtsmedizin machen, dann erkennen, dass es in meiner gewünschten Region dafür keine Stellen gibt, dann ein plötzliches Interesse an der Pädiatrie entwickeln, aber auch hier keine Stelle finden, weil ich nicht einmal eine Famulatur darin präsentieren kann und schließlich einen Job in der allgemeinen Chirurgie annehmen, nur weil es in fußläufiger Entfernung von meiner Wohnung ist. :D Aber du hast vollkommen recht, ich habe keine Ahnung, wie es wirklich läuft. Sagt es mir!

Dazu fallen mir mehrere Punkte ein.

1. "Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst - erzähl Ihm von Deinen Plänen" (alter jüdischer Witz). Sei nicht so auf langfristige Pläne fixiert, es wird sowieso alles anders kommen.
2. Die Anzahl der Famulaturen lässt sich steigern; keiner zwingt Dich, nur die vorgeschriebene Mindestmenge einzuhalten.
3. Famulatur- und PJ-Erfahrungen in einem bestimmten Fach sind im Grunde bedeutungslos. Hast Du welche, ist es schön, macht Dich aber nicht wesentlich interessanter, als einen Bewerber, der keine solche Erfahrung hat.
4. Famulaturen sollten besser nicht zu eng gebündelt sein. Einblicke in mehrere verschiedene Fachrichtungen öffnen Dir eher die Augen, als wenn Du immer nur in einer Fachrichtung famulierst. Sollte ich einen Bewerber beurteilen, würde mir eine solch frühe Festlegung auf eine Fachrichtung eher negativ auffallen, weil das m.E. für einen beschränkten Menschen spricht, der keine breite Wissensbasis hat und auch nicht haben will. Engstirnige Superspezialisten mit Scheuklappen, die nichts außerhalb ihrer kleinen Spezialwelt wahrnehmen, sind eher problematisch denn erwünscht.

Wie ich schon sagte: Bleib cool, mache die eine oder andere Famulatur, eben weil Dir ein Prof gefällt, und lass die Sache auf Dich zukommen. Erzwingen kannst Du sowieso viel weniger, als Du denkst.

Reflex
23.06.2013, 06:06
Es kommt eh anders als man denkt, selbst wenn man sich von anfang an festlegt. Ich war in der Klinik immer total auf Innere Medizin fixiert, im Pj wusste ich dann erst nicht was ich als Wahlfach nehmen sollte, weil ich bis lang immer alle Famulaturen in der Inneren gemacht hab. Wegen eines wirklich guten Neurologie Kurses hab ich mich dann für Neurologie entschieden und während des PJ hab ich dann gemerkt, dass mir das wesentlich mehr Spaß macht.

Mein Doktor Vater war dann zwar enttäuscht, weil ich dann nach dem Examen eine Stelle in der Neurologie angenommen hab und nicht bei ihm an der Uni geblieben bin, wie er es mir angeboten hat. Aber für mich war das eine der besten kurzfristigen Entscheidungen, die ich getroffen hab. Mein jetziges Fach macht mir viel Spaß, ist zwar aufgrund der Arbeitsbelastung auch nicht wesentlich entspannter als Innere Medizin, aber es füllt mich aus und mein gesundes Basiswissen Innere Medizin hilft mir enorm... was noch einen anderen positiven Nebeneffekt hat.

par
23.06.2013, 07:05
Ich kan mich dem, was bisher geschrieben wurde anschliessen! Das wichtigste ist es wirklich, während der Klinik mit offenen Augen und unvoreingenommen zu schauen, was einem interessieren könnte und dort dann zB Famulaturen zu machen (wie Feuerblick auch schrieb). Natürlich hast du recht, dass man grundsätzlich nicht von heute auf morgen leben sollte! Du kannst (solltest) durchaus eine Skizze im Kopf haben, wohin du willst - aber diese sollte mehr ein Gerüst sein, welches du im Laufe des Lebens mit - ja -Leben füllst :-)
Mir ist noch etwas kleines eingefallen, was du vllt. auch erwägen könntest, als Entscheidungshilfe:
Wenn du weisst, dass du gerne an einem Uniklinikum arbeiten möchtest (sry, falls ich etwas überlesen haben sollte, ich glaub Niederlassung strebst du an, wenn Klinik dir nicht liegt oä), könntest du evtl. auch schauen, in welchem Fach dir die Forschung EBENFALLS liegt.
Mir zB ging es ähnlich Reflex: Mir gefiel Innere gar nicht soooo schlecht in der Klinik, aber wissenschaftlich ist einfach Neurologie eine Leidenschaft ... und da mir das auch klinisch im Studium Spaß gemacht hat, hab ich das gewählt!
Dieser Ansatz hilft vllt. auch :-)

Rheumatica
30.06.2013, 22:42
(Internistische) Rheumatologie wäre sicher geeignet, gibt aber heute kaum noch stationäre Fälle. Die meisten Arbeitsplätze finden sich also in der Niederlassung. Und man muss halt viel Innere Medizin machen, was ja nicht jedermanns Sache ist...