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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Medizinstudium abgebrochen---ein paar Eindrücke



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pesanserinus
25.08.2013, 12:46
Ich habe schonmal einen Tag hospitiert. Das war ein super Einblick. Wir hatten direkt in der ersten Woche des 1. Semesters unseren Notfallkurs und der Anästhesist, der den Kurs gemacht hat, hatte angeboten, dass man bei ihm mal einen Tag mitlaufen darf, um z.B. mal echt zu beatmen und eben zu gucken, wie das alles abgeht im OP.
Ich war dann einen ganzen Tag mit ihm im OP unterwegs uns konnte so mehrere Narkosen und OPs miterleben und auch mal was selber machen (Zugang legen, Beatmen vor der Intubation, Auskultation nach dem Intubieren etc.). Bei uns bieten das manche Ärzte von selbst an, aber es lohnt sich sicher, einfach bei dem entsprechenden Facharzt zu fragen, ob der sowas machen würde. Die Erfahrung war bombastisch und hat nen guten Motivationsschub gegeben fürs Studium.

Niar
03.09.2013, 18:53
Ist wohl wirklich bei jedem anders ....
Es muss ja auch nicht JEDER Spaß an der Krnkenhausarbeit haben, wenn ich das mal so sagen darf :)

trotzdem würde ich persönlich ein Studium -das mich fachlich interessiert - nicht abbrechen nur weil mir EINE Berufsperspektive davon nicht gefällt ...

aber jedem das seine :)

Frisko
03.09.2013, 19:30
Ich... kann... keine .... 21... Seiten ... lesen... :-music

Trotzdem meinen Senf.
Ich befinde mich jetzt zeitlich genau in dem Abschnitt, den der Threadersteller zum Abbruch genutzt hat.
Und ich habe mich schon oft, sehr oft gefragt, ob das Ganze wirklich das Richtige ist. Bei mir waren es vor allem Lernschwierigkeiten, ich habe stundenlang für Inhalte gebraucht, für die andere ein paar Minuten veräußern. Schwerpunkte falsch gesetzt, nie richtig gelernt zu lernen. Ganz hart wurde es dann, wo es wirklich auf Geschwindigkeit ankam, sprich Präpkurs, Physikum. Das war mein, gedachter, "Schwimm oder stirb" Moment.
Dann kam die Klinik. Und alles wurde besser... nicht.
Das 5. Semester war in meinen Augen genauso kacke, weil gleich aufgebaut, wie alle vier davor. Manchmal hat sich ein Patient vorgestellt, öfters aber nicht. Also, business as usual. Irgendwie wieder kurz vorm Zusammenbruch.
Ich hatte aber auch genau zwei (!) Wochen Zeit zwischen Physikum mündlich und Beginn Klinik. Das reichte gerade mal für einmal tief Luft holen. In diesen Ferien habe ich mich bewusst gegen Famulatur entschieden und einfach mal Urlaub gemacht. Und über das Studium nachgedacht.
Und ich wäre ja bescheuert, es abzubrechen.
Es gibt ja auch wahrlich keine Alternative. Ich geh auch nicht gerne ins Krankenhaus, ich teile die Abneigung gegen das Abtasten von verschwitzten Fußsohlen mit nackten Händen und über hässliche Funktionsmöbel kann ich mich auch aufregen.

Trotzdem. Ich hab immer ein gutes Gefühl im Krankenhaus. Ich war nicht beim Bund und vielleicht übertreibe ich auch, ich finde aber die gelebten Sachen dort, sorgen für ein sehr spezielles Teamgefühl, von dem mir immer wieder Soldatenfreunde erzählen und die sich sehr ähnlich anhören.
Ich arbeite auch irgendwie gerne, wenn andere Leute schlafen oder anders beschäftigt sind, an Wochenenden oder an Feiertagen. Dafür hab ich dann frei, wenn andere Leute arbeiten müssen. Das sind so Kleinigkeiten, die mir neben der Arbeit, die oft eklig, fies und gemein war, trotzdem irgendwie ein gutes Gefühl gegeben haben.

Zur Spezialisierung/Weiterbildung/Facharzt...
Ich habe das Studium angefangen und dachte: "In die Forschung geh ich nie. Hab ich ja nix mehr mit Menschen zu tun. Vielleicht werd ich Internist."
Nach dem 5. Semester sage ich: "Vielleicht Forschung. Ich werd auf keinen Fall Internist."
Dazwischen wollte ich Psychiater, Kinderarzt, Neurologe, Chirurg, Humangenetiker und vielleicht auch Rechtsmediziner werden. Oder vielleicht auch doch noch Medizinjournalismus, wenn es sowas gibt.
Vor noch einem Jahr hat mich das irritiert und auch gestört, dass alle den Masterplan haben und ich noch überhaupt keine Peilung. Mittlerweile... egal. Überall mal reinschnuppern, entscheiden kann ich mich immer noch.

Ex-Medi, die Punkte, die du ansprichst, Geld, soziales Ansehen, sicherer Job, Menschen helfen...

Was erwartest du von einem Job? Das er dir das alles gibt und dir dann auch noch Spaß macht? Warum machen dir dann Kellner, Fahrdienste oder Nachhilfejobs Spaß? Weil du dort weniger Verantwortung hast? Oder einen Sinn siehst?
Ich weiß jetzt schon, dass egal welcher Arzt ich mal werde, 100 % Spaß kann es nicht machen.
Ich respektiere deine Entscheidung, wie beschrieben, ich stand auch an der Kreuzung...

EVT
03.09.2013, 19:45
Ich geh auch nicht gerne ins Krankenhaus, ich teile die Abneigung gegen das Abtasten von verschwitzten Fußsohlen mit nackten Händen und über hässliche Funktionsmöbel kann ich mich auch aufregen.
auch hier helfen handschuhe weiter :-))

jeder, der im maerz physikum macht, hat nur zwei wochen frei bis zur klinik, I can feel your pain ;-)
ich glaube nicht, dass alle den masterplan bzgl. fachrichtung haben. die meisten entscheiden sich noch oft um in der klinik, selbst im pj (oder gerade da) oder wechseln nachher noch die fachrichtung. man kennt ja im 1. semester auch noch kaum was.

Frisko
03.09.2013, 19:48
auch hier helfen handschuhe weiter :-))

jeder, der im maerz physikum macht, hat nur zwei wochen frei bis zur klinik, I can feel your pain ;-)
ich glaube nicht, dass alle den masterplan bzgl. fachrichtung haben. die meisten entscheiden sich noch oft um in der klinik, selbst im pj (oder gerade da) oder wechseln nachher noch die fachrichtung. man kennt ja im 1. semester auch noch kaum was.

Eben. Deswegen seh ich das ja jetzt auch ganz entspannt und rate auch zu massiver Entspannung, va. am Anfang des klinischen Abschnittes...

Skalpella
03.09.2013, 21:14
Ich... kann... keine .... 21... Seiten ... lesen... :-music
Es sind 6 Seiten . . . :-music

Frisko
03.09.2013, 21:31
Bei mir hast du gerade den ersten Eintrag auf Seite 22... :-)

Nurbanu
03.09.2013, 21:42
Man kann auswählen, wie viele Beiträge auf einer Seite angezeigt werden sollen, sodass sich eine unterschiedliche Seitenanzahl ergibt.

Frisko hat 5 pro Seite, ich 20 wie Skalpella.

Sum93
03.09.2013, 21:44
Bei mir hast du gerade den ersten Eintrag auf Seite 22... :-)


Dito!

Zurück zum Thema:

Ich denke hier hat jeder Mensch verschiedene Ansichten.
Manch einer sucht einfach nach der eigenen Berufung, ein Job der denjenigen voll ausfüllt. Glücklich macht. Der Andere sieht den Beruf halt einfach nur als Beruf. Ein Job, eine Tätigkeit, die natürlich Spaß macht aber einfach gemacht wird. Dies sind meiner Meinung nach die zwei Grundeinstellungen der hier Schreibenden :)

fraudrhouse
02.10.2013, 23:22
Wenn einer dieser Gründe oder eine Kombination aus diesen 4 Gründen den Großteil eurer Motivation ausmachen solltet Ihr es euch nochmal durch den Kopf gehen lassen. Wer ist tatsächlich für das Studium/Beruf geeignet?Jemand der spezifisch gerne mit Patienten arbeitet, jemand dem es Spaß macht Patienten aufzunehmen, sie zu untersuchen, sich mit Krankheiten 80% seiner Lebenszeit zu beschäftigen, auch Nachts aufsteht um Untersuchungen durchzuführen, zu operieren,notfallmäßig tätig zu werden etc. ---jemand der gerne bereit ist jegliche Art von Leuten in alle Körperöffnungen reinzuschauen,jede Stelle des Körpers (auch teilweise ohne Handschuhe) zu berühren, jemandem dem es Spaß macht mit dem Stethoskop das Herz und die Lungen abzuhören, den Bauch abzuklopfen,sich die Schleimhäute anzusehen, jemand der gerne mit Spritzen hantiert,Blut abnimmt, Verbände legt und wechselt,Wunden näht,sich Röntgenbilder anschaut,Arztbriefe schreibt,nichts gegen eklige Wunden,Körpergerüche,Flüssigkeiten etc. hat oder zumindest damit sehr gut umgehen kann. Dazu jemand der bereit ist ein hohe Verantwortung jede einzelne Sekunde seines Berufslebens zu tragen.Jemand der sich sehr gut vorstellen kann 70% seiner wachen Lebenszeit in einem Krankenhaus zu verbringen. Dazu noch neben Diensten etc. , Fortbildungen zu besuchen um immer auf dem neuesten Stand zu sein. Konnte man dass alles vorher wissen?Ganz bestimmt , aber das meiste hat bei mir erst richtig in der Klinik/Famulatur durchgeschlagen.


Gruß

...Als Arzt muss man ärztliche Tätigkeiten übernehmen und Patienten untersuchen. Wer hätte das gedacht??!
Sorry, aber was hast du dir den vorgestellt, was auf dich zukommt?

ahrimann
04.09.2014, 19:50
Ah.. so viel Weisheit nur nach 2 klinischen Semestern. Mit so viel Arroganz passt du eigentlich ganz gut in unseren Berufsstand :D Aber im ernst, als Radiologe muss ich dir eindeutig widersprechen. In allen oben erwähnten Punkten.
Du hast es einfach nicht gepackt.

ehemaliger User_11062015
04.09.2014, 19:56
warum bashst du in einem Thread, der bereits ein Jahr alt ist?

Beau Frost
08.09.2014, 10:49
27675


:)

Sum93
19.04.2016, 17:35
gelöscht

davo
19.04.2016, 17:47
Ich hab eine Hospitation in der Nuklearmedizin gemacht und eine in der Physikalischen Medizin. Ganz ehrlich: so viel Geld für so wenig Stress gibt es sonst nirgendwo auf der Welt. Da ist jeder 08/15-Job im mittleren Management oder in der PR oder in der Informatik um Welten stressiger.

Möglichkeiten gibt es also echt genug. Mir wären diese Fächer auf Dauer zu langweilig, aber wer wirklich eine sehr niedrige Stresstoleranz hat, findet in der Medizin sehr viele sehr gute Optionen.

EKT
19.04.2016, 21:38
vielleicht sowas wie Gesundheitswissenschaften (damit könnte man auch ins öffentliche Gesundheitswesen und ähnliches, man ist halt kein Arzt, aber auf so Prestigezeug ***eiss ich mittlerweile

Ärzte fürs öffentliche Gesundheitswesen werden händeringend gesucht, Gesundheitswissenschaftler eher nicht - hat aber nichts mit Prestige oder Nichtprestige zu tun.

CorpusCallosum
19.04.2016, 22:17
Mein Plan ist zurzeit folgender:
Physikum noch machen (hoffe die Motivation kehrt wenigstens eingermassen zurück-hab jedoch auch schon gutes Stück des Stoffes gelernt)
Dann Klinikabschnitt anschauen, evtl. nach Physikum (oder bei Nichtbestehen) Urlaubssemester und dann Famulaturen machen, vor allem in Bereichen, die eventuell nicht ganz so belastend sind wie Chirurgie oder Innere.


Das klingt doch schonmal nach einem guten Plan. Ich würde das Physikum auf jeden Fall antreten, aufschieben hilft in so Situationen meist nie.
Du hast deine Probleme erkannt und gehst diese an. Gut für dich! Und du hast deine Prioritäten, die auf deiner Gesundheit liegen. Meiner Meinung nach ist das durchaus mit dem ärztlichen Beruf vereinbar.
Du kannst ja auch nach dem Abschluss erstmal in Teilzeit einsteigen. Das kann man mittlerweile in vielen Fächern gut machen und von dem Gehalt kann man auch leben. Dann hättest du auf jeden Fall den zeitlichen Ausgleich und hättest vielleicht weniger Stress. Nur so eine Überlegung. Das Schöne an der Medizin ist, dass jeder seine Nische finden kann. Du bist ja nicht dazu gezwungen, Karriere zu machen.

Sum93
20.04.2016, 08:34
Ärzte fürs öffentliche Gesundheitswesen werden händeringend gesucht, Gesundheitswissenschaftler eher nicht - hat aber nichts mit Prestige oder Nichtprestige zu tun.

Mag sein, aber mir gehts hier eindeutig um mich und ob ich den Weg bis dahin schaffe ohne mir selbst zu schaden.
Danke für eure Meinungen, gibts vielleicht auch jemanden der schon Arzt ist und mir seine Meinung dazu sagen kann? :)

Sternchenhase
20.04.2016, 08:41
EKT ist schon Ärztin.

Amygdala88
23.04.2016, 18:35
Hallo Sum93,

ich würde an dieser Stelle gern meine bescheidene Meinung hier lassen. Nicht, dass ich die Weisheit mit Löffeln gegessen hätte, ganz im Gegenteil, aber nach den ersten 2,5 Monaten als Assistenzärztin und kurz vor meinem ersten Dienst würde ich gern über meine bisherigen Erfahrungen berichten, vllt hilft Dir das ja ein wenig weiter.
Ich gehöre zu denjenigen, die immer schon Arzt/Ärztin werden wollten und die keine Alternative dazu parat hatten. Insofern hatte ich vllt einen Vorteil, was nicht heißt, dass alles, was ich erlebt und gelernt habe, ausnahmslos "toll" war. Gleich ganz am Anfang im Pflegepraktikum zum Beispiel fand ich es streckenweise bis größtenteils echt ätzend. Es gab Zeiten, in denen ich ausschließlich die Schränke in der Stationsküche ausgewischt habe. Hätte ich allein an dieser Erfahrung gemessen, entscheiden müssen, Medizin zu studieren, wäre ich schonmal bodenlos enttäuscht gewesen. Und ich denke, auch beim Thema "Vorklinik" kann niemand, der die klassische Vorklinik durchlaufen hat, behaupten, dass das die absolute inhaltliche Erfüllung war, die man sich vom Medizinstudium erträumt hat, ganz im Gegenteil. Unter der Stoffmenge und dem Inhalt zu ächzen und sich immer wieder zu fragen, was das soll, finde ich völlig berechtigt und "adäquat". Für mich persönlich, da mich Medizin und das echte medizinische Wissen immer geflasht hat, wurde es nach dem Physikum um Längen besser. Mich hat begeistert, in den UaKs Patienten zu sehen, deren Symptome ich mir beispielsweise wirklich logisch erklären und herleiten konnte. Die Famulaturen empfand ich zwischendrin leider oft als regelrechte "Einbrüche" wenn man nur nebenher lief oder bestenfalls nur Braunülen gelegt hat, da war ich wirklich froh, wenn die vier Wochen um waren oder ich früher nach Hause gehen konnte.. also nichts mit wow, endlich klinische Praxis. Was mich aber immer wieder bei der Stange gehalten hat, war die Faszination für den fachlichen Inhalt, Zusammenhänge zu verstehen und erklären zu können, ohne sie auswendig gelernt zu haben, weil man Prinzipien verinnerlicht und wirklich erschlossen hat und den menschlichen Körper und seine Erkrankungen immer ein klein wenig mehr "erfasst" hat. Bei aller Liebe und fachlicher Begeisterung gab es aber auch bei mir im klinischen Abschnitt immer wieder Fächer, bei denen ich wirklich die Krise gekriegt habe.. Pharma, Patho, MiBi, Gesundheitsökonomie, Medizinethik, Medizinische Statistik und und und.. Nachdem man dann das schriftliche zweite Staatsexamen hinter sich hatte (was meiner Ansicht mit Amboss jeder wirklich solide bewältigen kann), kam das PJ. Da kam es dann für mich (und ich spreche jetzt dezidiert nur von meinen Tertialen, ohne das verallgemeinern zu wollen) richtig happig in Bezug auf negative Erfahrungen. Das Tertial Innere war zumindest inhaltlich für mich noch mittelmäßig attraktiv- ich war eingeteilt auf der Onko, der Kardio und der Rheumatologie. Eine Prise Fachliches habe ich zwar überall mitgenommen, aber de facto waren PJler in unserem Lehrkrankenhaus nur billige Arbeitskräfte und haben sich 70-80% der täglichen Arbeitszeit ausschließlich mit Braunülen und Blutentnahmen herumgeschlagen. Die Visite habe ich dadurch regelmäßig verpasst, denn 30 Blutentnahmen (vor allem mit Gerinnungsröhrchen, die auch schön voll sein müssen...) bekommt man bei exsikkierten alten Damen nicht wirklich in einer Stunde hin. Das Ergebnis war, dass ich schon nach ca. 6 Wochen eigentlich keine Lust mehr auf das PJ hatte und morgens regelmäßig mit mieser Laune aufgestanden bin. Mein zweites Tertial, Chirurgie, fand ich dann noch ätzender. Wenn ich nach dieser Erfahrung Chirurgin hätte werden müssen, hätte ich mein Studium abgebrochen oder gleich von vornherein niemals Medizin studiert. Man wurde im OP bestenfalls ignoriert und schlimmstenfalls für irgendeinen Mist, den der Operateur fabriziert hatte, angepampt, weil man einfach "zur falschen Zeit am falschen Ort war". Ein "Danke" gab es so gut wie nie, auch wenn man 5,5 Std ununterbrochen Haken gehalten hatte. Mein Wahltertial Neurologie war dann plötzlich eine völlig andere Welt. Ich habe es in einem anderen Haus absolviert als Innere und Chirurgie und fand mich in einer völlig anderen Atmosphäre wieder. Ich wurde erwartet, der Chef hat mich begrüßt, ich wurde sofort ins Team integriert. Keine stundenlangen Blutentnahmen, das höchste der Gefühle war ab und an ein Zugang. Ansonsten habe ich sofort unter Anleitung ärztliche Aufgaben erklärt und beigebracht bekommen. Mir wurde erklärt, wie man eine vernünftige Visite macht, ich wurde immer wieder abgefragt und und und. Die Atmosphäre war toll, es gab flache Hierarchien, einen wahnsinnig sympathischen und bemühten Chef. Tja, letzten Endes bin ich nach dem Examen dort geblieben, obwohl ich mich zuvor für Neurologie nur als Wahlfach entschieden habe, da ich in diesem Fach keine Famulatur mehr unterbekommen hatte und einfach eine solide neurologische Untersuchung lernen wollte. Mittlerweile arbeite ich dort, wie oben erwähnt, seit 2,5 Monaten als Assistenzärztin und ich muss sagen, dass es mir großen Spaß macht. Natürlich arbeite ich viel und lange und bin einfach blutiger Anfänger, aber ich empfinde für mich meinen Arbeitsalltag als sehr positiv. Ich habe eine äußerst nette Oberärztin und kann mich mit ihr zusammen um meine Patienten kümmern, wie ich es als richtig und "menschlich" empfinde. Ich finde dabei auch durchaus Zeit für private Gespräche mit den Patienten und manchmal wird einem richtiggehend das Herz ausgeschüttet. Dadurch, dass das Team, in dem ich arbeite, super nett ist, habe ich von Anfang an keine Angst davor gehabt, "dumme" Fragen zu stellen. Ich kann jeden immer alles fragen, wenn ich unsicher bin und das bin ich sehr sehr oft. Ich brauche auch sehr oft noch praktische Hilfe, wenn ich nicht weiter weiß, aber bis zum nächsten Kollegen ist es immer nur ein sehr kurzer Weg. Natürlich habe ich großen Respekt und auch Angst vor der Verantwortung, die in meinem ersten Dienst auf mich zukommt. Aber mittlerweile habe ich gelernt und erfahren, dass ich immer und überall schnell Hilfe bekommen kann, wenn ich sie brauche. Ich finde meinen Job wirklich toll. Die praktischen Erfahrungen, die ich während meines Studiums gemacht habe, waren (abgesehen vom PJ Tertial Neuro) nicht annähernd so positiv, wie ich meine jetzige Arbeit empfinde, sondern ganz im Gegenteil, eher abschreckend. Und wie auch in diesem Thread zuvor schon berichtet wurde, gibt es natürlich auch Abteilungen, in denen die Arbeitsatmosphäre ganz ganz anders ist, man gar nicht gern zu Arbeit geht, froh ist, wenn man die Klinik hinter sich lassen kann, das soziale Umfeld katastrophal ist, und und und. Aber ich bin der Meinung, dass einem sehr sehr viele Fächer wirklich Spaß machen können, wenn die Atmosphäre stimmt.
Ich persönlich finde Deine Absicht, das Physikum zu machen und sich dann inhaltlich erstmal auf den klinischen Abschnitt einzulassen, total sinnvoll. Es sollte dabei (möglichst viele) Dinge geben, die Dich inhaltlich faszinieren und catchen, bei denen Du merkst, dass Du Spaß am Verstehen und an der Auseinandersetzung damit hast. Die praktischen Erfahrungen währenddessen fand ich oft leider echt ernüchternd. Deswegen solltest Du Dir umso fundierter Deine Orte für Famulaturen u.Ä. auswählen. Ich würde behaupten, dass es sehr viel aussagt, wenn einem selbst unter "idealen Außenbedingungen" (ein sympathischer Chef, ein tolles Team usw) die Arbeit in der Klinik gar nicht zusagt. Dann sollte man wirklich ernsthaft hinterfragen, ob Medizin das ist, was man für sich möchte. Schlechte Rahmenbedingungen als Student können einem aber "fachlich" vieles komplett kaputt machen und das sollte man nicht verwechseln mit "ich kann mir doch nicht vorstellen als Arzt zu arbeiten". Ich wünsche Dir auf jeden Fall ganz viel Glück für Deinen weiteren Weg und finde es gut, dass Du so reflektiert vorgehst, denn dann hast Du Dir in Bezug auf die Zukunft auch später nichts vorzuwerfen, egal, wie Du Dich entscheidest.