PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : therapeutische Hypothermie (Präklinisch)



Seiten : [1] 2

newcomer13
11.07.2013, 10:03
Hallo Forum,

ich beschäftige mich derzeit mit dem Thema der therapeutischen Hypothermie vor dem klinischen Aufenthalt. Mich würde mal interessieren, welche Erfahrungen ihr kennt/ selber gemacht habt mit Produkten der therapeutischen Hypothermie (nasale Gehirnkühlung, Oberflächenkühlung, usw. ..).

Vielen Dank für eure Antworten

Brutus
12.07.2013, 18:07
^^ Die Frage ist ja, was ist "draußen" überhaupt praktikabel? Ich kenne aus den verschiedenen Rettungsdiensten die Oberflächenkühlung mit Coolpacks und die gekühlten Infusionen. Beide Verfahren muss man aber auch wollen!
Und dann müssen die Gegebenheiten eben auch passen. Was bringt die gekühlte Infusion oder das Kühlpack im Kühlschrank des NEF, wenn der Patient in der Wohnung reanimiert wurde, und danach im RTW transportiert wird. Und... man muss dran denken. Denn gerade, wenn man den Patienten soweit stabil hat, denkt man an ALLES, aber nicht an die präklinische Kühlung. Zumal ich jetzt auch den Transport nicht verzögern würde, um damit anzufangen. Wenn alles greifbar ist, man selbst dran denkt und keine Zeitverzögerung bedeutet, -> ran damit. Sonst kann man m.E. auch in der Klinik mit gescheiten Mitteln anfangen.
Unser ÄLRD möchte es, weil mit begonnener Kühlung eben auch die Zielklinik mit dran erinnert wird, dass da ja noch was war...
Nasale Gehirnkühlung habe ich noch nie gehört. Und die invasiven Techniken sind m.E. nix für den Rettungsdienst.

Sebastian1
12.07.2013, 22:53
Das mag ich so unterschreiben. Ich habe eigentlich draussen, wenn ich will, immer genug kalte INfusionen und Coolpacks dabei, aber wenn Rea erfolgreich und wenn Transport, dann kann ich praktikablen Gründen frühestens im RTW damit anfangen. In der Regel dürften dann im städtischen Gebiet vielleicht grade mal 100-200 ml in den Patienten gelaufen sein, bis ich die Zielklinik erreiche; ob das dann eine effektive Kühlung darstellt, wage ich mal dreist zu bezweifeln ;-)
Innerklinisch wird das bei uns bei gegebener Indikaion allerdings durchaus regelhaft praktiziert (Arctic Sun). Limitierend ist da manchmal die Anzahl der verfügbaren Geräte.

newcomer13
16.07.2013, 15:03
.. danke euch erstmal für eure Antworten. Das Thema mit der nasalen Gehirnkühlung ist mir auch neu gewesen. Die Firma die so ein Produkt herstellt ist glaube ich Rhinochill. Das klang erstmal sehr spannend. Mir ist auch im Großen und Ganzen auch nur die Oberflächenkühlung bekannt und natürlich die Infusion. Habt ihr bei den Kühlpads bestimmte Marken (z.B. EMCool)?

//stefan
17.07.2013, 11:01
Also ich habs bei uns auch eher selten gesehen, wenn dann aber auch schon mit Tiefkühlprodukten aus dem Gefreirtruhe (und auch dem Supermarkt, war pratischweise im Kaufland... ;-) - gab auch keinen Ärger wegen den Kosten.). Infusionsvolumen halte ich wie meine Vorredner auch für präklinisch nicht praktikabel. Von RhinoChill hab ich zwar schon öfters was gelesen, kenne aber kein Gebiet in dem es grad benutzt wird.
Kühlpacks auf Carotiden+Leistenregion sollten m.M. nach bis in die Klinik reichen. Dort wird das eh viel effektiver weitergeführt. Dazu 2 Links die ich grad beim googeln gefunden habe (und mich ungemein vom Biometrie-lernen abhält :-oopss):

Klinikum Nürnberg - Behandlungsablauf (http://www.klinikum-nuernberg.de/DE/ueber_uns/Fachabteilungen_KN/kliniken/medizin1/fachinformationen/AZ_Ordner_versteckt/Hypothermie_Aug2010__2_.pdf)

Milde therapeutische Hypothermie nach kardiopulmonaler Reanimation -
Grundlagen der therapeutischen Hypothermie und das Erstellen einer Leitlinie
für die anästhesiologische Intensivstation (http://biz.uk-sh.de/media/custom/1297_152_3.PDF)

Sind zwar klinikinterne Dokumente, aber für den ein oder anderen zum Auffrischen vll geeignet... :-lesen

//stefan
17.07.2013, 11:07
Das hier ist das Rhino Chill-System:

YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=p7NPGFwpx3c)

26198

26199

Brutus
17.07.2013, 11:29
Ähm ja. Aber das bleibt doch lieber IN der Klinik... Oder soll das auch noch auf die Autos drauf???
Ich finde, in den 5-10 Minuten, die man in die Klinik braucht, da muss ich nicht auf Biegen und Brechen die Temperatur auf 25°C runterbringen. Und ob die Kühlung jetzt 10 Minuten später anfängt sollte auch nicht sooooo die Rolle spielen.

Strodti
17.07.2013, 14:09
Vor allem ist dass dann wieder ein zusätzlicher Apparillo, den man schleppen und in Schuss halten muss.

DennisB
17.07.2013, 18:01
Lt. dieser Seite (http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Ueberleben-dank-gekuehltem-Gehirn/story/18641059) soll allein das Gas, welches vernebelt wird, umgerechnet knapp 1000 Euro kosten.
Meiner Meinung sind zum einen die Betriebskosten aufgrund effektiver Alternativen (Oberflächenkühlung) und zum anderen die schon erwähnte zusätzliche Pflege Grund genug, dieses Gerät im Rettungsdienst eher nicht vorzuhalten.
Die Zeit vom ROSC bis zum Erreichen der Intensivstation ist doch eher gering im Vergleich zur anschließenden klinischen Therapie, wo dieses Gerät vermutlich einen größeren Nutzen zur Anwendung der kontrollierten Hypothermie hätte.

Sebastian1
17.07.2013, 18:26
Naja, interessant ist ja letztlich nicht nur die innerklinische Therapiedauer, sondern auch die Zeit bis zum Beginn der therapeutischen Hypothermie, damit sie eine protektive Wirkung haben kann. Insofern wäre schon die Variante "so früh wie möglich beginnen" sinnvoll. Aber die Probleme sind ja hier schon mehrfach dargestellt worden.
Ein Gerät zu verwenden, was neben Ksten und Aufwand aber auch in der Anwendung den Transport verzögert (und damit letztlich die definitive Therapie) hat im Rettungsdienst auch meiner Meinung nach keinen Platz.

mainzer
19.07.2013, 08:44
also......rhinochill kannte ich bisher auch nur vom namen...sicher toll und einfach...aber ich sehe die o.g. probleme auch.
war grad gestern auch wieder als na reanimieren...am arbeitsplatz einer großen firma. nachdem wir den jungen patienten wieder im rosc hatten sind 2x250ml eiskalte infusionen im schuss eingelaufen und aus der kantine haben wir einen ganzen eimer voll coolpacks bekommen...und zwar richtig gut durchgekühlte. als wir dann im auto waren brachte jemand noch 10 von diesen einmal coolpacks (zum zerdrücken) mit....fand ich gar nicht schlecht....
..und ja...mit tk-pommes lässt sich auch präklinisch kühlen...wenn man dran denkt :-)

Brutus
19.07.2013, 08:56
Was man bei allen Varianten im Rettungsdienst nicht ganz vergessen darf, und die Anästhesisten unter uns wissen, wovon ich spreche: der Patient kühl ja eh schon aus. Jeder, der schon mal im 20°C kalten OP Narkosen gefahren hat, kennt die Probleme.
Wenn ich jetzt den 30-45 Minuten reanimierten Patienten noch mit 4°C kalter Infusion und Coolpacks und McFrites traktiere, dann habe ich ziemlich schnell einen Patienten am Tub.. Stiel!
Wir haben aus dem Grund an den Corpuls3 eine Ösophagustemperatursonde. Die zeigt einem dann schon die Körperkerntemperatur an. Allerdings sollte man sich schon klar machen, dass die Tiefkühlkost auf den Extremitäten diese nochmal deutlich weiter auskühlen lässt, Stichwort Rettungstot.
Und ob man bei Z.n. REA wirklich noch ein Kammerflimmern bei Temperaturen unter 30°C braucht, weiß ich gerade nicht.
Interessant wäre einfach mal gewesen, mit welchen Temperaturen die Patienten im KH ankamen, wo überhaupt nix in Richtung Kühlung gemacht wurde...
Gibt es dazu irgendwelche Studien?

mainzer
19.07.2013, 09:03
Interessant wäre einfach mal gewesen, mit welchen Temperaturen die Patienten im KH ankamen, wo überhaupt nix in Richtung Kühlung gemacht wurde...
Gibt es dazu irgendwelche Studien?

hm..meiner von gestern (allerdings mit o.g. präklinischer kühlung): 35,8°C...2 stunden später war er bei 34°C

mainzer
21.07.2013, 11:31
nachtrag.....von wegen therapeutische hypothermie.....1.runde nse 114ng/ml :-(

frax
21.09.2016, 09:06
Hier ein sehr interessantes Problem bei Anwendung des Rhinochill-Systems: http://www.resuscitationjournal.com/article/S0300-9572%2816%2900117-9/abstract

WackenDoc
15.11.2016, 12:33
Heute neu angemeldet. 1. Beitrag und gleich ein Werbelink.
http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10049-015-0094-9
Die aktuellen ERC-guidelines sprechen nicht unbedingt für eine präklinische Hypothermie.

Philip_MHH
15.11.2016, 15:35
danke wacken für die Aufklärung :) so ganz subcortical war mir doch so, als ob man das mittlerweile als obsolet betrachtet :)

WackenDoc
15.11.2016, 15:44
Nicht ganz obsolet und milde Hyperthermie macht tatsächlcih besseres Outcome. Dabei ist allerdings unklar, welche Temperatur zielführend ist- früher dachte man ja, dass 33° gut wären, das macht aber kein besseres Outcome als 36°. Wann die Hypothermie beginnen soll, ist auch unklar. Es sieht so aus, als ob es keinen wesentlichen Vorteil bringt, schon präklinisch damit anzufangen und was die beste Methode ist. Man weiss nur, dass kalte Infusionen nicht so der Hit sind, wenn der Patient nicht gerade aus anderen Gründen Flüssigkeit braucht.

Wichtig ist aber wohl, dass es nicht zu Temperaturschwankungen kommt und unkontrollierten Wiedererwärmungen kommt.

THawk
15.11.2016, 16:03
Milde Hypo-, nicht Hyperthermie ;-)
Die einzigen bei denen es wirklich was bringt sind die asphyktischen Neugeborenen. Da sind die Daten sehr klar. Und bei denen wird in aller Regel heutzutage Ganzkoerper-Kuehlung gemacht. Ist aber auch einfacher als beim Erwachsenen.
Ich denke, dass bei den ganzen Erwachsenen-Studien die Studienpopulation so heterogen ist (Ursache, Primaerversorgung, Dauer bis in der Klinik etc.), dass man u.a. deshalb keine positiven Ergebnisse erlangt.

Philip_MHH
15.11.2016, 16:05
ich bezog mich auch nur auf präklinisch...aber innenklinisch setzen sich doch die invasiven Kühlungen immer weiter durch, weniger Oberflächenkühlung oder? Weil die doch besser steuer- und kontrollierbar sind?