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Lava
16.07.2013, 20:23
Sooooooo, was geben wir denn nun unseren verspannten HWS-Distorsions- und Lumbagopatienten, wo Tetrazepam verboten wurde? In der Rundmail unserer Apotheke stand "Baclofen" und meine Kollegen, sogar unsere Neurologen, verschreiben jetzt tatsächlich Baclofen. ABER: ist das nicht richtigen, zentralbedingten Spasmen vorenthalten? Das gibt man doch nicht einfach so bei Verspannungen?

Wie wird das bei euch gehandhabt?

Aus dem PJ kenne ich noch Sirdalud, und Mydocalm hat man auch schonmal gehört. Sind das echt Alternativen oder heißt das gleiche Stoffgruppe = gleiche Probleme?

Verzichtet ihr am Ende ganz auf (pharmakologische) Muskelrelaxantien?

Feuerblick
16.07.2013, 20:27
Ähm... ich oute mich als unwissend: Warum wurde es verboten?

Lava
16.07.2013, 20:28
Hat wohl irgendwelche gravierenden, wenn auch seltenen Nebenwirkungen, denen nicht genügend Nutzen gegenüber steht :-nix

Evil
16.07.2013, 20:30
Ich probier dafür jetzt Ortoton (Methocarbamol) oder Katadolon (Flupirtin), wobei letzteres für Alkis ungeeignet ist. Dafür wird Ortoton grad massiv beworben ;-)

Absolute Arrhythmie
16.07.2013, 20:31
Ähm... ich oute mich als unwissend: Warum wurde es verboten?

Hab mich nicht getraut zu fragen *gg*
Hier wird es durchaus noch von den Neurochirurgen und Orthopäden gegeben, gibts da irgendwie nen Link zum Nachlesen zu dem Verbot?

Feuerblick
16.07.2013, 20:31
Hab mich nicht getraut zu fragen *gg*
Hier wird es durchaus noch von den Neurochirurgen und Orthopäden gegeben, gibts da irgendwie nen Link zum Nachlesen zu dem Verbot?
Als Schamanin darf ich das ;-)

Lava
16.07.2013, 20:32
Wir bräuchten halt irgendwas für den festen Bestand in der Notaufnahme. Häufig geb ich erstmal eine Tablette mit, statt gleich ne ganze Packung zu verschreiben.

Lava
16.07.2013, 20:32
http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2013/06/24/kein-tetrazepam-ab-1-august-2013/10401.html

Evil
16.07.2013, 20:36
Rote-Hand-Brief zu Tetrazepam-haltigen Arzneimitteln: Ruhen der Zulassung zum 1. August 2013 (http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/20130624.pdf)

Absolute Arrhythmie
16.07.2013, 20:41
Danke!

abcd
16.07.2013, 20:47
Unsere Apotheke hat als Ersatz Ortoton ausgegeben.

Hellequin
16.07.2013, 22:43
Wir haben eigentlich noch nie Tetrazepam verwendet, da mein Chef das für Teufelszeug hält.:-)) Für Mydocalm gibt es übrigens auch einen Rote Hand Brief der die Verschreibung auf Spastiken nach Schlaganfall begrenzt.

Brutus
16.07.2013, 22:45
Rote-Hand-Brief zu Tetrazepam-haltigen Arzneimitteln: Ruhen der Zulassung zum 1. August 2013 (http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/20130624.pdf)
Hmm. Muss ich mir dann jetzt noch schnell ein Depot anlegen? :D

Nat-
17.07.2013, 05:54
Ich probier dafür jetzt Ortoton (Methocarbamol) oder Katadolon (Flupirtin), wobei letzteres für Alkis ungeeignet ist. Dafür wird Ortoton grad massiv beworben ;-)

Für Katadolon gabs doch auch grade nen Rote Hand-Brief, der die Indikationen einschränkt auf Versagen oder KI von NSAID und die maximale Gabe über 14d unter wöchentlichen Transaminasen-Kontrollen empfiehlt. :/

Evil
17.07.2013, 11:50
Stimmt, kam gestern Abend heraus. Na, mal sehen, ob das Ortoton funktioniert.

Peter_1
17.07.2013, 15:14
Die NVL Kreuzschmerz stuft Muskelrelaxantien generell als Mittel der Reserve ein. Die Therapiedauer sollte 14 Tage nicht überschreiten. Katadolon sollte nicht verordnet werden, da auch Rote Hand Brief (plus schlechte Evidenz). Die Evidenz für Ortoton ist quasi nicht vorhanden (zwei vor mehr als acht Jahren abgeschlossene, aber bisher nicht veröffentlichte Studien). Allgemein ist die Evidenz der Wirksamkeit von Muskelrelaxantien beim Rückenschmerz eher schlecht. Ich mache nochmals auf die beiden unabh. Arzneimittelzeitschriften (nebst online Archiv mit Stichwortsuche) Arzneitelegramm und Arzneimittelbrief aufmerksam, ein Muss für jeden Arzt meiner Meinung nach, es sei denn man hält pharmaunabhängige, evidenzbasierte Infos zu Medikamenten für unwichtig.

P.S.: im Arzneitelegramm ist schon lange vor den Rote Hand Briefen sowohl vor Tetrazepam, als auch vor Katadolon gewarnt worden.

MissGarfield83
17.07.2013, 16:01
@Peter : Auch wenn es vielleicht keine Evidenz für Ortoton gibt, habe ich recht gute Erfahrungen in Kombination mit Analgetika bei der akuten Lumbalgie gemacht. Die Leute waren danach wieder gehfähig ... obs jetzt an der Analgesie oder an der Kombination lag kann ich nicht sagen. Dass die NVL doch in ein paar Punkten etwas fragwürdig ist, da sie doch manchmal eher die Interessen mancher Fachgruppen abbildet , sollte bekannt sein ...

PS : Zwar ist die Fallzahl bei n=40 in verschiedenen Famus nicht unbedingt aussagekräftig - aber gefühlt ging es den Patienten doch deutlich besser nach der meist verwendeten Kombi aus MCP, Tramadol, Novalgin + Orthoton. Was die NVL sagt ist sicher eindeutig, dass man sich erstmal diese Infusionen sparen sollte - aber wie kriegst du die Patienten wieder laufend aus der Ambulanz ?

Evil
17.07.2013, 16:16
Einschränkend muß man sowohl zum Arzneimittelbrief als auch zum Arzneimitteltelegramm (hier sogar noch stärker) sagen, daß da aber grundsätzlich neuen Wirkstoffen erstmal ablehnend gegenüberstehen, bestes Beispiel sind aktuell die DPP4-Hemmer, die ähnlich wie vom iqwig mit Sulfonylharnstoffen gleichgewertet werden.

Einerseits Pharmafirmen, die neue Medikamente in den Markt drücken, andererseits iqwig und AT/AB, die erstmal alles neue ablehnen... die Wahrheit ist irgendwo da draußen (frei nach Akte X ;-))

Bille11
17.07.2013, 16:21
die notärztin :-love sagt dazu: ich habe dann heute mal eine patientin mit orthoton seit gestern bei lumbago seit 3 tagen mit dem rettungsdienst (nachforderung bei starken schmerzen, die transport unmöglich machten) mit dipidolor abgeschossen und ins kh gebracht. und diese frau hatte keinerlei neurologischen ausfälle, sondern einfach lumbago. orthoton (ja, also gestern abend 3 stück und heute morgen 3 stück) schien nicht ganz geholfen zu haben.. nach 4,5mg dipidolor (piritramid) war sie transportfähig..

MissGarfield83
17.07.2013, 16:33
So wie ich es in den betreffebden Assistentenkursen zur Schmerztherapie bei akutem bzw. chronischen Rückenschmerz auf dem VSOU dieses Jahr gehört habe sind die Relaxantien immer nur additiv zur bestehenden Grundanalgesie zu verwenden. Alleine bringen die recht wenig.

Tetrazepam stand auch wegen den toxischen Hautreaktionen in der Diskussion und die anwesenden Niedergelassenen meinten es tausendfach verschrieben zu haben und bisher keine solche Reaktion gesehen zu haben - was durchaus daran gelegen haben könnte dass diese Patienten direkt in die Klinik gegangen sind oder aber dass hier wieder ein Risiko in der Auftretenshäufigkeit übertrieben wird wie z.B. bei Novalgin.