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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schon wieder ein Unentschlossener



Bourgy
14.08.2003, 22:48
Hallo!
Das hier wird glaube ich etwas länger, aber ich muss jetzt einfach mal meine Sorgen loswerden, und vielleicht antwortet ja auch der eine oder andere. Ich fange mal ganz von vorne an. (Falls es wirklich zu lang wird, bitte nicht sauer sein.)

Ich habe dieses Jahr Abitur gemacht, und hatte Bio Lk. Das hat mir richtigen Spass gemacht, und ich hab oft daran gedacht, Biologie zu studieren. Ich denke nämlich, dass mir wissenschaftliches Arbeiten richtig Spass macht. Abgeschreckt hat mich dann doch, dass in der Biologie Themen drankommen, die mich so garnicht interessieren, wie zum Beispiel Ökologie oder Pflanzenkunden. Wirklich interessiert mich nämlich nur die Biologie des Menschen, Zellen, Genetik, usw. Dann fand ich durch Zufall den "idealen" Studiengang: Molekulare Medizin. Er schien perfekt zu sein, bot alles, was ich mir so vorstellte, leider sprachen zwei entscheidende Punkte dagegen:

1) NC von 1,0 ist utopisch, ich bekommen nie einen Platz
2) man kann danach kein Arzt werden

Vor allem der letzte Punkt störte mich sehr. Wenn ich wirklich der Meinung wäre, das wäre wirklich das, was ich möchte, würde ich halt etwas warten, oder über die Biochemie versuchen, in diesen Studiengang zu kommen, um so den ersten Punkt zu umgehen. Aber der zweite fällt für mich doch sehr negativ ins Auge.

Also entschied ich mich, vielleicht Medizin zu studieren. Um gleichmal zu sehen, wie es in Krankenhäusern so zugeht, machte ich ein 30 Tägiges Pflegepraktikum. Ich dachte mir, dass ich es gleich auf die 3 Monate aufrechnen lassen kann, wenn ich wirklich Medizin studieren werde. Und wenn nicht, dann weiß ich wenigstens warum. Natürlich ist der Arztberuf nochmal etwas ganz anderes, das ist mir schon klar.

Nach dem ersten Praktikumstag war ich der Meinung: Ich gehe da nie mehr hin, und ich studiere nicht Medizin. Auf keinen Fall. Die Schwester und ein Lernpfleger warnten mich allerdings, vorschnelle Entscheidungen zu treffen. Sie meinten, ich soll erstmal die 30 Tage fertig machen. Dann könne ich mich immer noch entscheiden. Nach einer Woche machten mir die Dinge, ich ich vorher nur mit Überwindung tun konnte, nichts mehr aus. Und es wurde mit jedem Tag besser. Die letzten 2 Wochen ging ich dann gerne hin, und war am Ende fast ein wenig traurig, als das Praktikum zu Ende war. Mein Entschluss stand fest: Ich studiere Medizin.

Wieso schreibe ich dann hier so einen langen Artikel? Ganz einfach, ich habe den Fehler gemacht, in die Suchmaschine die Wörter "Medizin studieren Zukunft" eingegeben zu haben. Ich stieß zunächst auf eine Seite, in der die Fächer Bioingenieur und Molekulare Medizin als absolut zukunftsorientiert beschrieben wurden. Man hätte ausgezeichnete Berufsaussichten und tolle Chancen. Dann stieß ich auf dieses Forum und laß mich fest. Ich habe ziemlich viele Beiträge durchgelesen einige bestärkten mich, andere, und das waren leider sehr viele, ließen mich stark zweifeln, sodass ich mir jetzt nicht mehr sicher bin, ob Medizin doch das richtige für mich ist. Abgeschreckt hat mich zum Beispiel dieser ewig lange Beitrag von letitbe. Oder von diesem Physiker und anderen Leuten in diesem Themenbereich, die die Medizinstudenten sehr schlecht dargestellt haben, als würden sie nur lernen, wie man Geräte bedient (hab ich vor 20 Minuten gelesen, ich weiß aber nicht mehr genau, wo das war.) Hier könnte ich jetzt sehr lange weitermachen. Auch die Sache mit der Bezahlung spielt natürlich eine kleine Rolle. Ich möchte in erster Linie natürlich etwas machen, das ich gerne mache, und das mein Leben erfüllt. Aber wenn man 7 Jahre studiert, dann arbeitet und dann knapp 800 Euro verdient, dann läuft da doch etwas verkehrt! Ich verstehe sowieso nicht, wieso Ärzte so wenig verdienen. Menschen heilen und helfen sollte doch das wichtigste sein, und höher bewertet werden (vor allem auch im Ansehen) als Maschinen verkaufen oder mit Geld zu handeln. Ich möchte das nochmal herausheben: Im Prinzip ist die Bezahlung für mich nicht entscheidend, aber ganz egal ist es auch nicht (ganz normal Leben ohne jeden Monat im Minus zu sein und gerade mal so durchzukommen sollte doch nach so einem Studium schon möglich sein, oder?)

Also, dachte ich mir so, studiere ich halt Bioingenieurwesen, da hat man gute Chancen in der Industrie. Oder ich versuche doch irgendwie, in die Molekulare Medizin zu kommen. Ich fing schon an, Pläne zu schmieden, als sich etwas in mir regte, und ich plötzlich spürte (zumindest glaube ich es): das interessiert mich schon, aber ich werde sicher immer bereuen, nicht Medizin studiert zu haben. Das war also heute das erste Mal, dass ich innerlich der Meinung war, dieses Fach ist es, trotz aller Hürden und Schwierigkeiten. Davor war es ja eigentlich mehr ein "Notanker".

Was meint ihr, sollte ich Medizin studieren? Vielleicht könnten mir Medizinstudenten einen Tip geben, wie sie herausgefunden haben, dass es das richtige Fach ist. Und über Anworten von Leuten, denen es ähnlich geht wie mir, die sich auch nicht sicher sind, würde ich mich auch sehr freuen.

Schöne Grüße
Bourgy

Froschkönig
14.08.2003, 23:02
OK, nur ein paar Dinge dazu :

1. Das Studium dauert in der mindest-Zeit 6 - und nicht 7 - Jahre
2. "Letitbe" ist meines Wissens selbst nicht Mediziner und hat nach diesem ellenlangen Abschreckungsbeitrag nix mehr von sich höhren lassen.
3.Natürlich gibt es gute Gründe FÜR und auch GEGEN das Medizinstudium, aber die Entscheidung der Berufswahl ist nunmal jedem selbst überlassen !
4. Einschätzungen anderer Studienrichtungen über Mediziner sind nicht ernstzunehjmen (Es sei denn, die Betreffenden Poster haben das selbst mal studiert), denn sie bedienen meist nu´r Klischees !
5. "Maschinen Bedienen" ist das, was wir im Studium am wenigsten lernen, es ist eher ZU Theorielastig !


und zuletzt :

6. Ich bin kein Helfersyndromtyp oder "Idealenklammerer", aber Medizin ist interessant (was kann interessanter sein, als die Funktionsweise des Körpers ?), sinnvoll und nützlich.


Was Du aus all diesen info´s machst, ist Deine Sache, bei speziellen Fragen, schreib ne PM.


Der Frosch

Lava
15.08.2003, 10:21
Also erstens mal kann dir keiner diese Entscheidung abnehmen. Das musst du selber wissen! :-)
Vielleicht hilft dir die Überlegung, was später der Unterschied zwischen einem abgeschlossenen Med und einem Molmedstudium ist. Molekularmedizin und verwandte Studiengänge sind auf Forschung und Industrie ausgelegt während du als Arzt ja direkt am Menschen arbeitest. Auch als Mediziner kann man forschen (full-time oder nebenbei, wobei letzteres natürlich wahnsinnig anstrengend ist), aber gefördert wird man da in den anderen Studiengängen wahrscheinlich viel besser. Da sind z.B. die Kurse viel kleiner und daher die Betreuung um Längen besser. Ich bin auch nicht ganz uninteressiert an der Forschung, aber mir würden die direkten Erfolgserlebnisse fehlen, wenn ich nur im Labor stehen würde und irgendwelche abgefahrenen Moleküle untersuche. Die Anwendung von Forschung in Form von Diagnostik und Therapie hat auch ihre Reize...

Bourgy
15.08.2003, 12:28
Hallo!
Also, erstmal herzlichen Dank für die Antworten, ich bin ganz überrascht, dass es so schnell ging :-)
Dann mal wieder zu meinem Problem:
Ich bin ja auf die Medizin gekommen, weil mir Molekulare Medizin so gut gefallen hat, nur eben ohne die Möglichkeit, auch Arzt zu werden. Eine PJlerin hat mir während des Praktikums erklärt, dass man auch als Mediziner in die Forschung gehen kann, wie du es schon geschrieben hast. Ich war mir ja auch sicher, dass Medizin das richtige ist. Bis gestern. Es schreiben hier einfach so wahnsinnig viele Leute sehr, sehr schlechtes über das Medizinstudium, über die Möglichkeiten, über die Arbeitsbedingungen, das beunruhig mich einfach sehr. Also, ich hab kein Problem damit, sehr viel zu arbeiten. Ich hab über Jahre hinweg gemerkt, dass ich meine freie Zeit umso intensiver nutze, je weniger ich davon habe. Während der Abizeit hat mir das Musizieren sehr viel mehr Spass gemacht, als sonst, weil ich es einfach ganz bewusst in meinen Zeitplan eingebaut habe.

Ein weitere Grund für meine Unsicherheit, ist die Zeit. Das Molmedstudium dauert 4 Jahre, und dann ist man doch fertig, und kann gleich richtig anfangen. Das Medizinstudium dagegen dauert 6 Jahre (wobei ich glaube, dass ich bestimmt länger brauchen würde) und dann folgt die AiP Zeit. Es dauert also fast doppelt so lange. Wovon soll man in dieser Zeit leben? Hat man Zeit, während des Studiums noch zu arbeiten? Ich weiß ja nicht, wie es da so zugeht, aber ich stelle es mir ungefähr so vor, wie kurz vor dem Abitur. In dieser Zeit habe ich fast nur gelernt, gegessen und geschlafen. Hätte ich da noch arbeiten müssen, dann hätte ich das nie geschafft.
Zusätzlich war es schon immer mal mein großer Traum, im Ausland zu arbeiten. Ob USA (Favorit) oder ein europäisches Land ist mir eigentlich egal. Da hat man doch bestimmt mit Molmed oder verwandten Studiengängen mehr Möglichkeiten, als mit Medizin, oder?

Vielleicht fällts euch auf: ich bin zur Zeit ziemlich geteilter Meinung.
Einerseits fallen mir tausend logische Argumente ein, warum ich nicht Medizin studieren sollte. Andererseits ist es irgendwie ein Drang, dies doch zu tun. Das hab ich mir auch während des Studiums gedacht. (Was zwar wahrscheinlich eher unwesentlich ist, aber doch noch dazugehört, ist die Tatsache, dass ich als Kind schon immer Arzt gespielt habe, und damals schon immer Arzt werden wollte...)

Schöne Grüße
Bourgy

Challenger
15.08.2003, 12:42
Irgendwie beschleicht mich das seltsame Gefühl, dass sich hinter "theDresdner" unser lieber netguru verbirgt.............. :-)) :-)) :-))

Lava
15.08.2003, 16:54
ÄÄäähhhhmmmm... Challenger? Ist das der richtige Thread für diese Feststellung?? :-))

@Bourgy: Man kann auch als mediziner ins Ausland gehen. In Skandinavien scheinen sie ja immer noch Leute zu suchen und in die USA kann man zum Forschen auch ohne amerianisches Staatsexamen gehen. Wenn du da allerdings studieren oder praktizieren möchtest, musst du neben dem deutschen auch noch das amerikanische Staatsexamen erwerben (kann man hier in D so "nebenbei" machen gegen ein gewisses Entgeld - aber die Wahnsinssahnung hab ich von dem Thema nicht).
Zum Thema Geld.... Lehrjahre sind keine Herrenjahre! :-)) Manchmal nervt mich die Aussicht, noch weitere 4 Jahre von dem bisschen leben zu müssen, was ich monatlich bekomme. Andererseits... kenne ich es mittlerweile gar nicht mehr anders :-D Die Frage ist halt weniger, wieviel Geld du bekommst sondern eher woher. Können dich deine Eltern nicht unterstützen oder würdest du ganz bestimmt kein Bafög bekommen? Über das Jobben nebenbei gibt's schon irgendwo anders einen Thread (ich weiß nur nicht mehr genau, wie die Überschrift war). Etliche Leute, auch hier aus dem Forum, haben bewiesen, DASS es geht. Nur muss man halt irgendwo Abstriche machen und die Studienzeit könnte sich verlängern :-(
Arbeitsbedingen.... tja.... ehrlich gesagt macht mir das auch ein bisschen Angst. Aber scheinbar gewöhnt man sich an alles.

test
15.08.2003, 21:56
Hallo auch

Also wenn du dich für Forschung interessierst machst du mit Humanmedizin sicher nichts falsch. Um nur durchzukommen bruachst du wahrscheinlich nicht so genaue Kenntnisse wie in Biologie beispielsweise aber das heißt ja nich dass du es nich selber lernen kannst. Wenn du später in der Forschung arbeitest musst du dich sowieso in dein Gebiet ganz genau einarbeiten. Da stehst du auch mitmBio Studium nich besser da. Außerdem stehst du als Mediziner viel besser in medizinischen Fakultäten da. (Also z.B.Physiologie, Biochemie, Anatomie usw.). Also die Karrierechancen sind viel besser als Mediziner(ob das so gerechtfertigt is natürlich ne andere Frage). Du kannst auch schneller habilitieren, da du deine Dr. Arbeit in der Regel schon während dem Studium machst. Was ich mitbekommen hab habilitieren Mediziner in vorklinischen Instituten meist deutlich früher als Naturwissenschaftler.
Also wenn dich Forschung interessiert und du dir alles offen halten willst studier Humanmedizin.


:-lesen :-lesen :-top

Witzbold
15.08.2003, 22:12
hi!

also ich war zu beginn meines studiums in einer ähnlichen situation: mich interessierte vor allem die naturwissenschaftliche richtung, genau wie bei dir schreckte mich bei bio u.a. botanik und zoologie ab. eben das molekulare interessierte mich. ich schwankte also zwischen biochemie und medizin und entschied mich für medizin. vor allem aus dem grund, dass man bei medizin wissen erwirbt, was tatsächlich und direkt einen nutzen bringt und anwendbar ist.

was die forschung angeht, hast du mit medizin ähnlich gute möglichkeiten - ich hab gerade ein jahr lang meine doktorarbeit hinter mir und die erfahrung gemacht, dass die medizin für mich wesentlich interessantere, da anwendungsbezogene forschungebiete eröffnet, als z.b. die reine grundlagenforschung. und ich bin heilfroh, nicht biochemie studiert zu haben. schliesslich kann ich als mediziner genauso in die forschung gehen, wenn ich will, aber von der absicht, NUR forschung zu betreiben, bin ich inzwischen abgekommen. ein lebenlang im labor zu stehen ist eben auch keine prickelnde vorstellung.

du müsstest im idealfall erstmal ein paar monate forschen, um dich zwischen molekularer medizin (womit du ja nicht klinisch tätig werden kannst) oder medizin zu entscheiden. aber das ist wohl nicht möglich.

fazit: wenn dich forschung und klinik interessieren und du dir die möglichkeiten offenhalten willst, später nur zu forschen, nur klinisch zu arbeiten oder evtl. beides zu koppeln (uniklinik o.ä.), machst du mit medizin nichts falsch!

Bourgy
16.08.2003, 00:03
Hallo Leute,
erstmal ganz vielen Dank für die vielen Antworten, es ist wirklich sehr beruhigend zu erfahren, dass es da eine ganze Menge Leute gibt, die meine Fragen beantworten können. Wie ihr vielleicht schon gemerkt habt, mach ich mir ziemlich viele Gedanken, im Abibuch steht über mich: Der größte "vorderklausurpanikverbreiter". Naja, so bleibt es wahrscheinlich auch.

Was ihr da so schreibt, klingt alles sehr gut, und entspricht auch viel eher dem, was ich mir so vorgestellt habe.

@Witzbold: Wie ich sehe, ging es dir genauso wie mir jetzt. Das es etwas Naturwissenschaftliches sein soll (und nicht Musik, wie alle bei mir vermuten) ist klar, ich schwanke halt zwischen den schon beschriebenen Fächern. Aber was du so schreibst, klingt echt gut. Da rückt das Medizinstudium doch wieder sehr viel näher. Wahrscheinlich sollte ich mich einfach nicht so verunsichern lassen, wenn einige schlecht darüber schreiben. Und da ich mit 1,3 sicher keinen Molmed Platz bekommen, hat sich das auch erledigt.
Ich würde gerne noch weiter erzählen, aber ohne Kontaktlinsen macht sich das sehr schlecht.
Gute Nacht, und nochmals Danke für die Beiträge
Bourgy