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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erhöhter INR- Wert



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DerKleine
07.08.2013, 11:57
Hi Ihr,

hab mal einen Fall für euch, der mich etwas "stutzig" macht.

Patient, 82 Jahre, diverse Vorerkrankungen Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Z.n. ischämischen Hirninfarkt, Z.n. Myokardinfarkt, Vorhofflimmern.

Er ist auf Marcumar eingestellt. INR war, laut Befunden, die ganze Zeit im Normbereich ( 2-3) und nun kam er mit einem INR von 6 ( keine Blutung).

Daraufhin wurde ihm 10 mg Konakion verabreicht. Marcumardosis wurde für 2 Tage ausgesetzt.

Richtiges, oder falsches Vorgehen? Konakiongabe richtig?

Grüße

Evil
07.08.2013, 12:35
Was macht Dich daran stutzig?

DerKleine
07.08.2013, 12:49
Die Behauptung, dass es mich stutzig macht, war vielleicht falsch ausgedrückt. Hab heute Morgen mit einem anderen Arzt darüber gesprochen, der meinte, dass Konakion bei einem solchen INR nicht indiziert wäre, denn die Gabe würde alles durcheinander bringen.

Ich jedenfalls habe gelernt, dass ein INR von 6 oder höher mit der Gefahr spontaner Blutungen, vor allem GI-Blutungen und Cerebralblutungen einher gehen kann.

Liege ich da nun falsch?

Muriel
07.08.2013, 12:49
Du weißt, dass Quick und INR sich umgekehrt verhalten, oder? Passt doch dann alles. Man setzt ja nicht nur bei akuter Blutung die Marcumarpause und das Konakion an, sondern schon dann, wenn man erwarten müsste, dass eine solche auftreten könnte.

Coxy-Baby
07.08.2013, 12:54
Und bei einem INR von 6 fängt der Patient wahrscheinlich schon mit Bluten an wenn er nur an einen Sturz denkt....

//stefan
07.08.2013, 13:05
Wenn er dran denkt... wird das denn dann auch ne Hirnblutung? :D

DerKleine
07.08.2013, 13:08
Das Wort stutzig ist vielleicht etwas übertrieben.

Ich weiß selbst, dass man bei solchen INR Werten in der Regel Konakion ansetzt und Marcuar pausiert. Was mich nur etwas verwundert, war die Aussage des Arztes, der den Patienten betreut. Er meinte, dass es falsch gewesen wäre, Konakion zu geben, denn die Gabe würde alles "durcheinander" bringen. Besser wäre es gewesen, dass Marcumar bis Freitag zu pausieren und dann den INR nochmal zu messen.

Was ist jetzt das richtige Vorgehen? Ich hätte mich auch für die Gabe von Vitamin K entschieden. Jedenfalls wäre mir das Blutungsrisiko zu groß.

dantheg
07.08.2013, 13:36
Je nachdem wie es ihm sonst geht, aber bei einem INR von 6 keiner Blutung, ich würde kein Vitamin K geben. Ein Paar Tage Marcumar absetzen und nachkontrollieren, das könnte reichen. Denn nach 10 g Vitamin K wird es schwierig sein ihn wieder therapeutisch zu bekommen und bei seinem Risiko wird es ggf nötig sein ihn mit niedermolekularem Heparin zu bridgen.

Aber kommt ganz auf den Patient an. Und viel wichtiger als die Diskussion ob man jetzt Vitamin K gibt oder nicht ist der Grund, warum sein INR auf einmal so hoch ist. Interaktionen? Ernährung? Infekt? Demenz?

SuperSonic
07.08.2013, 13:43
Denn nach 10 g Vitamin K wird es schwierig sein ihn wieder therapeutisch zu bekommen
Erst mal müsste man ihm irgendwie diese 10 g Vitamin K zuführen. Stelle ich mir nicht so einfach vor bei den hier erhältlichen Fertigpräparaten.

Coxy-Baby
07.08.2013, 14:05
Und ich hatte mich schon gefragt welcher der regulären Forenteilnehmer sich an 10g aufhängt ;-)

SuperSonic
07.08.2013, 14:56
http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?t=22233&page=1058&p=1645909#post1645909

DerKleine
07.08.2013, 15:27
Und was hält ihr nun von dem Vorgehen?

Bringt man bei einem, meiner Meinung stark erhöhten INR, von 6, die ganze Behandlung durch Gabe von Konakion so durcheinander?

Oder war das Vorgehen so richtig und die Gabe indiziert?

Grüße

dantheg
07.08.2013, 15:55
Erst mal müsste man ihm irgendwie diese 10 g Vitamin K zuführen. Stelle ich mir nicht so einfach vor bei den hier erhältlichen Fertigpräparaten.

Wieso - einfach 10 g iv geben, da kommt auch noch gleich ne gute Anaphylaxe mit!

Natürlich 10 mg...

Evil
07.08.2013, 17:26
Und was hält ihr nun von dem Vorgehen?

Bringt man bei einem, meiner Meinung stark erhöhten INR, von 6, die ganze Behandlung durch Gabe von Konakion so durcheinander?

Oder war das Vorgehen so richtig und die Gabe indiziert?

Grüße
Da wirst Du so viele Meinungen hören wie Du Ärzte fragst.
Meine Ansicht: kann man machen, kann man auch sein lassen, ist beides gut zu begründen. Es gibt oft nicht DEN einzig richtigen Weg.

DerKleine
07.08.2013, 17:37
Vielen Dank für die Antworten.

Meiner Meinung nach, war die Konakion Gabe auch gerechtfertig, zumal es sich um einen multimorbiden Patienten handelt mit bekannter Hypertonie. Oder sehe ich das falsch?

Wie sieht es jetzt mit dem INR aus? Ich habe gelernt, dass sich der INR 8-12 Stunden nach Gabe von Konakion verbessern müsste. Ist die Aussage des Arztes, dass es nicht sinnvolll war, Konakion zu verabreichen, weil dadurch alles durcheinander gebracht wird, richtig?

Coxy-Baby
07.08.2013, 17:59
Naja wenn er stationär aufgenommen wurde kann man regelmäßig Quick kontrollieren und dann rechtzeitig mit dem Heparin/Falithrom weitermachen...

DerKleine
07.08.2013, 18:19
Patient wurde nicht stationär behandelt, sondern ambulant.

Vor 2 Tagen wurde erhöhter INR festgestellt, gestern wurde mit Konakion weiter behandelt und am Freitag sollte er zur Kontrolle. Anderer Arzt hätte nur Marcumar am Dienstag abgesetzt und am Freitag den INR kontrolliert.

Was mich jedoch ziemlich interessiert ist, was mit der Aussage, dass die Behandlung mit Konakion zu viel durcheinander bringt, gemeint ist.

Ich weiß, dass die Behandlung mit Konakion in der Leber bewirkt, dass die fehlenden Gerinnungsfaktoren wieder synthetisiert werden. Aber kann Konakion so viel durcheinander bringen? Schlimmstenfalls fällt der INR auf Normwerte, oder? Wobei dies nicht gerade vorteilhaft wäre, zumal ein Vorhofflimmern besteht.

THawk
07.08.2013, 18:28
Wie Evil schon gesagt hat, da gibt es kein richtig oder falsch. Beides sing gangbare Wege.
1. Variante: Konakion geben. Damit ist die Kinetik des INR-Werts schlechter vorherzusehen, aber die Blutungsgefahr geringer.
2. Variante: Konakion nicht geben. Die Zeit oberhalb des Zielbereichs ist länger, Kinetik aber (gerade wenn man nur Erfahrung hat wenn man es nicht gibt) besser abschätzbar.

Konsequenz: Wer heilt hat Recht. Wenn er blutet brauchst du dir mit Variante 1 keine Gedanken zu machen; war eben ein nicht-abwendbares Ereignis. Wenn er blutet und du hast kein Konakion gegeben fragt man sich zumindest ob es was geändert hätte (ob es was geändert hätte, kann dir keiner sagen, er könnte auch trotz Konakion bluten). Wenn er allerdings unter Zielbereich ist und ne Thrombose schießt fragste dich wieder ob's wirklich nötig war.

Also: Du musstest eine Entscheidung fällen, das hast du getan. Beide Optionen sind primär möglich und richtig, man weiß immer erst retrospektiv ob man mit der anderen Option besser gefahren wäre. So ist der Job.

DerKleine
07.08.2013, 18:56
Vielen Dank für die Antwort.

Ja, du hast Recht. Nachher weiß man immer, ob es etwas gebracht hat, oder nicht. Ich finde die Entscheidung, Konakion zu geben, als richtig, zumal der Patient unter Hypertonie leidet und mir das Risiko einer akuten GI- Blutung, oder eine Cerebralblutung zu groß wäre. Das Risiko, eine Embolie zu bekommen, ist meiner Meinung nach geringer als das Risiko, einer Blutung, vor allem, bei einem INR von 6.

Wenn ich falsch liege, korrigiert mich bitte. Bin für jede Kritik dankbar.

DerKleine
08.08.2013, 11:08
Patient wurde heute Morgen nochmal untersucht. INR wurde gemessen und befindet sich derzeit bei 1,7. Da hat Konakion doch seine Wirkung vollbracht ;)