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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unterscheidung zirkumskripte und systemische Sklerodermie



el suenio
06.09.2013, 21:40
Hallo,

ich brauche mal wieder eure Hilfe:-oopss Ich möchte nächste Woche einen Vortrag über die Sklerodermie halten. So weit, so gut. Jetzt hab ich nur ein Problem: Wie unterscheide ich die zirkumskripte Sklerodermie von der systemischen Sklerodermie, wenn diese limitiert auftritt?
Prinzipiell sind das zwei unterschiedliche Erkrankungen, aber die limitierte systemische Sklerodermie tritt nach meinen Informationen auch nur an den Akren auf. Oder ist damit nur die Hautbeteiligung gemeint? Das nehme ich ja fast an, sonst hätte es ja mit "systemisch" nicht allzu viel zu tun.
Das hauptsächliche Unterscheidungsmerkmal zwischen zirkumskripter und systemischer Sklerodermie ist ja, dass es bei letzterer extrakutane Manifestationen an den Organen gibt. Habe ich das jetzt richtig herausgestellt?
Mich verwirrt jedoch, dass im Klinikleitfaden Dermatologie bei der zirkumskripten Sklerodermie steht "(...) die mit extrakutaner Beteiligung (muskuloskelettal, pulmonal, gastrointestinal, neurologisch, vaskulär) einhergehen kann." Wo ist da jetzt die Abgrenzung zur systemischen Sklerodermie?

Außerdem würde mich noch interessieren, ob jmd. zusätzliche Informationen zur Ätiologie hat. Man findet nicht allzu viel, da die Ursachen nicht vollständig geklärt sind. Ich habe bisher von gebildeten Autoantikörpern gegen den Rezeptor des Wachstumsfaktors PDGF geschrieben, aber viel mehr konnte ich nicht herausfinden. Genetische Ursachen sollen wohl auch eine Rolle spielen, ebenso wie eine vorausgegangene Borrelieninfektion.

Ich danke euch vielmals für das Lesen meines Hilferufes und hoffe auf Antworten, um meine Verwirrung aufzulösen.

Miyu
07.09.2013, 09:48
Ich bin zwar keine Rheumatologin, aber ich schaue mal, was ich aus meinem Innere-Tertial in der Rheuma noch beisammen bekomme.

Zur Pathogenese: man geht davon aus, dass die Sklerodermie eine T-zell-vermittelte Erkrankung ist. Die Autoantikoerper, von denen du schon gelesen hast, richten sich gegen den PDGF-Rezeptor und fuehren dazu, dass die Fibroblasten vollkommen unkontrolliert anfangen, Kollagen zu produzieren. Man vermutet auch noch weitere Antikoerper, u.a. Gegen Endothelin. Zur genauen Aetiologie kann niemand so genau etwas sagen, man vermutet, wie bei vielen rheumatologischen Erkrankungen, eine Assoziation mit dem HLA-System, ich glaube mit -DR5. Soll auch Lifestyle- bzw. Berufliche Einfluesse geben, aber genau kann das momentan keiner sagen.

Grundsaetzlich unterscheidet man die Systemische und die Zirkumskripte Form, Morphaea genannt.
Bei der zirkumskripten gibt es, wie der Name sagt, lokalisiert Stellen auf der Haut, die sich verändern, je nach Form Ring- oder bandfoermig. Es gibt nie eine Beteiligung der Haende (ganz wichtiges Unterscheidungskriterium!), keine grossflaechigen Veraenderungen und auch keine Beteiligung der Organe (Ausnahmen sind wie immer vorhanden und regelbestaetigend :)). Die Spontanheilungsrate ist je nach Form ziemlich gut.
Bei der systemischen unterscheidet man noch einmal diffus und limitiert. Symptombeginn bei beiden Formen oft an den Haenden (DD zirkumskript!)
Diffus ist das Vollbild der Erkrankung mit allem, was laut Lehrbuch dazugehoert. im Labor sind hier gelegentlich Anti-scl-70 nachzuweisen.
Die limitierte Form, die du meint, ist denke ich das CREST-Syndrom: Calcinosis cutis, Raynaud, Oesophagus betroffen, Sklerodaktylie (also Fingerbefall) und Teleangiektasen. Lunge kann, muss aber nicht beteiligt sein. Diese Patienten haben also Hautsymptome vorwiegend an den Haenden und eine limitierte Organbeteiligung, meist Oesophagus und Lunge. Antikoerper sind hier, wenn nachweisbar, interessanterweise andere, naemlich ACAs, Anti-Centromer-Antikoerper.

Zusammenfassend:
Systemisch - Vollbild, Beginn an Haenden, dann ganzes Integument inkl. Gesicht betroffen. Multiple Organbeteiligung.
CREST - limitiertes Vollbild, Befall vorwiegend der Haende, Oesophagus und Lunge, Prognose besser als bei der diffusen Form.
Zirkumskript - fleckfoermig, keine Handbeteiligung, keine Organbeteiligung, recht hohe Selbstheilungsrate.

Ansonsten gibt es noch eine ganze Menge Syndrome, die Ueberschneidungen mehrere Kollagenosen zeigen und sinnigerweise Overlap-Syndrom bzw. Sharp-Syndrom heißen, aber das fuehrt wahrscheinlich zu weit.

Hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen.

test
07.09.2013, 11:09
Hallo,

deine Einteilung erscheint mir doch ein bisschen zu simplifiziert und schmeisst für meinen Geschmack zu viel in einen Topf. Die limitierte SS ist nicht nur CREST sondern kann auch nur Teilaspekte hiervon enthalten. Die diffuse SS kann auch Stammbetont beginnen und muß nicht immer an den Händen sein. Bei der pansclerotic disabling disease und anderen Variante der Morphea (z.b. generalisierte Morphea) können auch die Hände betroffen sein und die Veränderungen sehr großflächig sein.

Die Pathogenese ist meiner Meinung nach auch nicht wirklich verstanden. Alle Beobachtungen in diesem Bereich sind evtl in manchen MOdellen/Patienten relevant bei vielen wahrscheinlich auch nicht. Spezifische Therapien wie c-kit z.b. bringen leider den meisten Patienten auch nichts. AUch Plasmapherese, Immunglobuline, Stammzelltransplantationen helfennicht regelmäßig. Daher kann man bei der Pathogenese die o.g. Punkte ruhig erwähnen als mögliche Ansatzpunkte, mehr sind sie aber meiner Einschätzung nach nicht. Ich könnte mir gut vorstellen, dass wesentliche Mechanismen, die diesen Erkrankungen zugrunde liegen noch nicht ein Mal ansatzweise verstanden sind. Auch mit Borrelien wäre ich außerordentlich zurückhaltend, das hat sich in der Praxis eigentlich so gut wie gar nicht als relevant bestätigt.

Bezüglich der Abgrenzung MOrphea und syst. S. ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen beiden die Beteiligung innerer Organe. Bei der Morphea ist diese nicht vorhanden (die MOrphea kann aber trotzdem zum Tod führen). Bei beiden Erkrankungen gibt es so viele Varianten, dass ich vorsichtig wäre anhand von der Erscheinung der Haut eine sichere Unterscheidung zu treffen.
Die ANAs können auch Hilfestellung bei der Einordnung der Erkrankung geben, da bei SS fast immer hochtitrige ANA vorliegen, bei Morphea findet man sie zwar bei bis zu 40% der PAtienten auch positiv. MEist jedoch nicht so hochtritig und üblicherweise keine Scl-70 oder anti centromer AK.

Bei der akralen SS findet sich neben der akralen Sklerose üblicherweise eine vaskuläre Komponente (Teleangiektasien, insbesondere auch der Nagelfalzkapillaren, Raynaud Phänomen), die sich bei der Morphea nicht findet. Das CREST-Syndrom ist eine Sonderform der akralen SS, wobei sich insbesondere bei Diagnosestellung einer akralen SS häufig nicht alle 5 Symptome finden sondern nur einzelne.

Insgesamt würde ich versuchen mir zu merken, dass es durchaus in den allermeisten Fälle gute klinische Anhaltspunkte in der Untersuchung gibt (Sklerodaktylie, Nagelfalzteleangiektasien, Raynaud Phänomen -> SS, sklerotische braune Plaques am Körper, ggf. mit lilac ring -> Morphea), die einem mit hoher Wahrscheinlichkeit den richtigen Weg weisen, die endgültige Diagnose muss aber in Zusammenschau von Klinik, Laborbefunden (ANA), weiteren Organbeteiligungen (apparative Diagnostik) gestellt werden.

Zu den zahlreichen klinischen Varianten der beiden Erkrankungen findest du z.b. hier weitere Informationen:
www.enzyklopaedie-dermatologie.de

Miyu
07.09.2013, 11:14
Das macht den Unterschied zwischen PJ in der Rheuma und Facharzt. :D
Danke fuer die Erklaering!

el suenio
07.09.2013, 18:40
Ihr seid super*gefaelltmir* Viiiiielen Dank für die tollen Erklärungen. Hab jetzt fast alles fertig.