PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kennt ihr viele Ärzte, die einem nicht davon abraten, Medizin zu studieren?



Seiten : 1 [2] 3 4 5 6 7 8

Shizr
14.09.2013, 16:35
Ich kenne exakt einen Arzt, der mir vom Studium abgeraten hat.
Und der hat's nicht ernst gemeint. O-Ton: "Willst du nicht lieber was anständiges lernen? Zuhälter, Gebrauchtwagenhändler oder Drogendealer?" (Also, ich hoffe, dass er es nicht ernst gemeint hat. Ich meine... Gebrauchtwagenhändler? Was denkt der von mir?)



Die meisten Ärzte, die ich kenne, fluchen gerne mal über die Arbeitsbedingungen.
Unbesetzte Stellen, nervtötende hochprivate Puscheltierchen, maligne Ober- und Chefärzte, debile Verwaltungs-Sesselfurzer, Nervereien mit Kodieren und dergleichen mehr.

Aber die Tätigkeit als solche... die meisten Ärzte, die ich kenne, mögen ihren Job. Nicht zwingend die Rahmenbedingungen, was ich gut nachvollziehen kann, aber die ärztliche Tätigkeit als solche schon.

Stan.
14.09.2013, 23:15
Mein Orthopäde hat mir empfohlen lieber Schreiner zu werden, der ist richtig angenervt vom Gesundheitssystem etc. Auch beim KPP gabs eine Assistenzärztin, die meinte, ich soll mir das gut überlegen mit dem Studium. Die allermeisten freuen sich aber zu hören, dass ich Medizin studieren will. Gibt halt solche und solche.. wobei es sicher auch darauf ankommt, in welcher Phase der betreffende Arzt gerade ist...

netfinder
14.09.2013, 23:35
Orthopaeden sind ja fast Schreiner/Handwerker ;-)

Miyu
15.09.2013, 21:31
Orthopaeden sind ja fast Schreiner/Handwerker ;-)

Verleumdung und Rufmord! :D

ehemaliger User_29072015
16.09.2013, 14:54
Mein Hausarzt meinte nur: "Ok, Sie sind sich sicher?" Als ich dann meinte "Ja, so ziemlich" sagte er: "Gut, dann können Sie meine Praxis später gerne auch übernehmen. Uns fehlt Nachwuchs ohne Ende. Ich finde es gut, wenn sich Leute noch für Medizin entscheiden, auch wenn es nicht mehr das ist, was es mal war" :-p

Auch die Ärzte im KPP haben nicht abgeraten sondern noch unterstützt. Gerade in der Anästhesie waren sie super und meinten, dass sie es immer toll finden, wenn man auch schon älter ist und nochmal seinen Traum erfüllt.

eny
18.09.2013, 16:35
Ja, ich kenn ein paar mit dieser Meinung.
Der eine hat im Nachhinein gesehen total den Beruf verfehlt, bei den beiden anderen ist im Leben generell so einiges nicht so gelaufen wie sie es sich gewünscht hatten, Schuld daran war die Medizin.

Das sind deren Meinungen, die ich ihnen gerne lasse.
Im Grunde geht es darum was Du selbst von diesem Beruf hältst, die Meinungen anderer Leute sind da nicht so wichtig.

mabbels
19.09.2013, 07:28
Ich bin gerade dabei, Medi als Zweitstudium zu beginnen (Oktober). Und aktuell scheinen sich alle Meinungen und Erfahrungsberichte (und ich habe in den vergangenen Jahren schätzungsweise mit JEDEM Arzt dieser Welt gesprochen :D ;)) genau ins Gegenteil umzukehren.

Wo ich bis vor ein paar Monate noch Passion sah (bzw glaubte oder hoffte zu sehen), ist jetzt Frustration. Unzufriedenheit mit dem Job (Fallzahlen etc), dem Gehalt (Allgemeinärzte, die sich kaum mehr über Wasser halten können), existenziellen Problemen (Regressionszahlungen), kaum Zeit für Familie - und vieles mehr. Und das Schlimme an der Sache: Fast jeder, der mir in den letzten Wochen mit solchen Stories kam, geht nicht davon aus, dass sich das bessert - eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Von 10 Befragten sagen mir mind. 8, dass sie Medizin nicht nochmal studieren würden. Nicht etwa, weil das Studium & die Studienzeit nicht supergeil wären - aber der Arztberuf sei seit Jahren im Wandel und angesichts der erklatanten Mängel im Gesundheitssystem (die man nicht mal einfach so mit einer kleinen Taschengeldspritze beheben kann) sei da erst mal nix mit Besserung - ein Arzt ist und bleibt erst mal ein Fließbandarbeiter (zu relativ magerem Lohn).

So, nun bitte wieder Positivberichte! :-dagegen

davo
19.09.2013, 09:13
Ich bin gerade dabei, Medi als Zweitstudium zu beginnen (Oktober). Und aktuell scheinen sich alle Meinungen und Erfahrungsberichte (und ich habe in den vergangenen Jahren schätzungsweise mit JEDEM Arzt dieser Welt gesprochen :D ;)) genau ins Gegenteil umzukehren.

Wo ich bis vor ein paar Monate noch Passion sah (bzw glaubte oder hoffte zu sehen), ist jetzt Frustration. Unzufriedenheit mit dem Job (Fallzahlen etc), dem Gehalt (Allgemeinärzte, die sich kaum mehr über Wasser halten können), existenziellen Problemen (Regressionszahlungen), kaum Zeit für Familie - und vieles mehr. Und das Schlimme an der Sache: Fast jeder, der mir in den letzten Wochen mit solchen Stories kam, geht nicht davon aus, dass sich das bessert - eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Von 10 Befragten sagen mir mind. 8, dass sie Medizin nicht nochmal studieren würden. Nicht etwa, weil das Studium & die Studienzeit nicht supergeil wären - aber der Arztberuf sei seit Jahren im Wandel und angesichts der erklatanten Mängel im Gesundheitssystem (die man nicht mal einfach so mit einer kleinen Taschengeldspritze beheben kann) sei da erst mal nix mit Besserung - ein Arzt ist und bleibt erst mal ein Fließbandarbeiter (zu relativ magerem Lohn).

So, nun bitte wieder Positivberichte! :-dagegen

Interessant dass sich alle Kritikpunkte aufs Geld beziehen - denn die Vereinbarkeit mit der Familie ist ja eher besser als schlechter geworden (Stichwort Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes). Ich wäre gespannt was die sagen würden wenn sie mal ein Jahr in einem "normalen" Job arbeiten müssten :-))

Absolute Arrhythmie
19.09.2013, 10:43
Naja, das denk ich mir auch immer@davo. Die meisten Ärzte, die ich kenne, meckern wenn dann über den Verdienst. Und da muss man mal Butter bei die Fische geben: in den meisten Jobs hat man nicht solche Verdienstmöglichkeiten wie als Arzt.
Also ich kann ich der Pflege zB auch mit abgeschlossenem Master nicht wesentlich mehr als 2500€ netto verdienen und Steuerklasse 1.
Und Freizeit schön und gut, aber mir soll mal einer nen Job zeigen, wo man vernünftig verdient und wenig arbeiten muss. also die Leute die ich kenne, die ordentlich Geld verdienen, die arbeiten auch 60 Stunden pro Woche, haben also wenig Freizeit.
Es wird immer viel gemeckert und gemault, das ist ja normal und menschlich, da sollte man sich aber nicht zu sehr dran hochziehen.
Ich mecker auch immer über meinen Job zB, und trotzdem ist das ne großartige Sache und ich würde es jederzeit wieder machen ;)
Aber ich würde auch gern so manchen, der meckert, mal wie davo schon sagte, ein jahr in nem "normalen" Job ackern sehen :-dafür

Solara
19.09.2013, 11:39
AA,

ich habe mehr als ein Jahr in normalem Job gearbeitet und arbeite jetzt (im Gegensatz zu Davo und dir) in der Klinik - im Freundeskreis gibt es genügend Menschen, die dasselbe Geld für weniger Verantwortung und mit geregelten (!) Arbeitszeiten bekommen.
Und nein, ich finde es nicht besonders toll, für Nachtdienste Minusstunden einzufahren, die ich dann mit Wochenenddiensten wieder ausgleichen darf.
Während o.g. Personen das Wochenende und die Nächte immer zuhause verbringen können.
Und für geleistete Nachtdienste auch keine Minusstunden machen.

Lava
19.09.2013, 12:41
Es ist halt ein Unterschied, ob ich täglich 10 Stunden arbeite oder halt auch nachts, an Feiertagen und Wochenenden. Das sind schon erhebliche Hindernisse fürs Sozialleben. Ständig muss man seinen Freunden sagen "sorry, kann nicht, hab Dienst". Ja, ich verdiene nicht schlecht, aber das ist auch echt das MINDESTE, was man erwarten kann, wenn man schon so viel von seinem Privatleben opfert. Und für was? Dafür, dass ich vom Chef angemeckert werde, wie unfähig und faul ich bin und dass ich von Patienten beschimpft werde wegen langer Wartezeiten und dass ich mich ja überhaupt nicht um sie kümmere und dafür, dass ich ständig mit Verrückten, Bekloppten, Besoffenen, Kriminellen und Junkies zu tun hab. Ein Hoch auf den Arztberuf!

Absolute Arrhythmie
19.09.2013, 13:43
Ich arbeite auch am Wochenende, im Nachtdienst, an Feiertagen. Und was verdient ich dafür, dass ich die kotze der besoffenen wegmache und den betrunkenen wasche? Während der arzt mit seinem kaffee in der hand schon einen Patienten weiter gegangen ist?

Ich weiß schon dass euer Job auch mies ist, aber der Verdienst ist im Vergleich zu Leuten, die in den gleichen blöden Arbeitszeiten noch viel mehr dreck machen müssen, schon ein klein wenig annehmbarer. Btw wenn ich nach Nachtdienst zu lange frei habe, mache ich auch minus. Und wisst ihr, was ich pro Nachtdienst mehr an Bezahlung bekomme?
Ich hab früher mal bei McDonalds gearbeitet und da auch Nachtdienst gemacht. Für sieben euro die stunde nachts das klo geputzt. Das ist echt toll für nen Hungerlohn.
Btw, ich weiß ja nicht in was für Branchen die Leute arbeiten die eurer Meinung nach das selbe verdienen und normale Arbeitszeiten haben. Meiner geringen Erfahrung nach, müssen Menschen an einst gewissen Gehaltsklasse mit erheblichen Überstunden, auch spät abends und am Wochenende, rechnen. Oder mit Geschäftsreisen, für die man dann auch mal um drei uhr morgens am Flughafen sein muss oder wo man zwei wochen nicht zu hause ist.
Oder wie meinem vater just passiert: man arbeitet seit zwanzig Jahren in leitender Position für ein großes Unternehmen und wird an einen anderen Standort versetzt, so dass man sich eine zweitwohnung suchen und nur am Wochenende nach hause zur Familie fahren kann. Auch toll.

Ich hab den Eindruck, dass davo und mir hier die Kompetenz abgesprochen wird über arbeiten an sich zu urteilen. Wie schon erwähnt habe ich sieben Jahre am Stück im reinen schichtdienst gearbeitet - wie blöd Wochenenden und Nachtdienste sind, brauch man mir wirklich nicht erzählen. Ich hab nämlich dies letzten sieben Jahre jedes zweite, oft auch drei Wochenenden im Monat gearbeitet und bis zu zehn Nachtdienste im Monat gemacht. Für 1700 € netto, falls ihr es ganz genau wissen wollt.

Ich will echt keinem absprechen, dass der Arzt-Beruf auch echt blöd sein kann, aber das

*edit: irgendwie ist hier nicht mein ganzer Beitrag gelandet. Blödes smartphone. Hab keine Lust den Rest noch mal neu zu schreiben, wollte bloß noch sagen dass ich niemandem ans bein pinkeln will.

not-flawless
19.09.2013, 13:45
Nun möchte ich nach stillem Mitlesen auch mal meinen Senf dazugeben ;)

@Lava: Du sprichst da Dinge an, die ich vollkommen nachvollziehen kann. Ich frage mich nur: Wusstest du das mit den Diensten/ Arbeit an WE/ Feiertagen vor dem Studium nicht? Ich meine, dass sind doch nicht Dinge, die man erst als Assistenzarzt merkt? Dumme Chefs gibt es ÜBERALL - da muss man nicht erst in die Medizin!

Im Gegensatz zu anderen Berufen, hat man als Arzt noch ein Ansehen für das was man leistet - meine Eltern haben ihr Leben lang auf der Baustelle / Spülküche gearbeitet - und es war mit Sicherheit kein Zuckerschlecken à la: WE frei, geregelte Arbeitszeiten und Regenerationsphase! Was ich damit sagen will: Es gibt Menschen, die leisten weiss Gott mehr und beschweren sich nicht und haben dazu noch ein mieses Ansehen/ die Arbeit wird kaum gewürdigt.

Wenn einem der Alltag in der Klinik zu stressig ist, dann gibt es immer noch Alternativen sich in einer Gemeinschaftspraxis etc niederzulassen - alles Alternativen, die andere Berufe nicht mit sich bringen!
Ich will den Arztberuf nicht schön reden - gerade Ich als Frau mache mir da oft Gedanken zwecks Familienplanung/Vereinbarkeit Familie + Beruf und ich sehe dem realistisch entgegen und denke mir, dass ich da eben eine Zeit lang Teilzeit arbeiten muss und dementsprechend auch weniger verdienen werde!

Solara
19.09.2013, 14:05
I
Ich hab den Eindruck, dass davo und mir hier die Kompetenz abgesprochen wird über arbeiten an sich zu urteilen. Wie schon erwähnt habe ich sieben Jahre am Stück im reinen schichtdienst gearbeitet - wie blöd Wochenenden und Nachtdienste sind, brauch man mir wirklich nicht erzählen. Ich hab nämlich dies letzten sieben Jahre jedes zweite, oft auch drei Wochenenden im Monat gearbeitet und bis zu zehn Nachtdienste im Monat gemacht. Für 1700 € netto, falls ihr es ganz genau wissen wollt.



Zum fett gemarkten:
Nein, Davo und du meinten, die meisten, die so reden haben noch nie in einem anderen VZ-Job gerarbeitet - und dem ist hier einfach nicht so.
Waren zwar nicht 7 Jahre sondern nur fünf ;-) (und übrigens für weniger Geld als du), aber es ist nicht so, dass jeder, der hier schreibt noch nie vorher woanders und längjährig gearbeitet hätte.


Zum Rest schreibe ich dir heute noch ne PN, Arrhythmie.

Feuerblick
19.09.2013, 14:10
Etwas vorher zu wissen und es dann am eigenen Leib zu erfahren ist eben leider nicht dasselbe :-nix

Und das Ansehen des Arztberufes hat dank Medien auch in den letzten Jahren böse Kratzer abbekommen. Du glaubst gar nicht, wie viele Patienten du erst mal davon überzeugen musst, dass du kein Abzocker bist und dass die vorgeschlagenen Untersuchungen wirklich Sinn machen...
"Dann arbeite ich halt Teilzeit" ist leider auch nicht immer und überall umsetzbar.
ERGO: Der Job des Arztes ist und bleibt heute nur ein Job. Nicht mehr und nicht weniger. Und die Frustration rührt nicht nur von der "schlechten" Bezahlung (ich fühle mich eigentlich gut bezahlt) sondern von den Arbeitsbedingungen (Stichwort: Fließbandmedizin), dem Freizeitverlust etc, den man für die Bezahlung in Kauf nehmen muss.

Absolute Arrhythmie
19.09.2013, 14:21
ERGO: Der Job des Arztes ist und bleibt heute nur ein Job. Nicht mehr und nicht weniger.

Ja, aber das ist doch realistischer als alles andere, oder? Ein Job ist ein Job, er soll Geld einbringen und wenn man Glück hat, macht er einem Spaß. In manchen Zeiten mehr, in anderen weniger. Exakt das erwarte ich von meinem Job - und nichts anderes.
Wenn man natürlich mit viel Idealismus und schönen Vorstellungen aus dem Studium kommt, dann kann ich mir schon vorstellen, dass es hart ist, wenn man merkt dass die Realtität anders ist. Das tut sicher weh, und da kann ich mir auch gut vorstellen, dass dann der große Realitäts-Frust aufkommt.
Denn das der job easy und immer schön ist, das würde ich nie im Leben behaupten - ich seh ja an meinen ärztlichen Kollegen wieviel Überstunden die schieben, wie dumm sich die Patienten manchmal verhalten und wie überzogen die erwartungen von Oberärzten und Chefarzt ist.

Mein Punkt ist halt: in anderen Jobs ist es nichts anderes, deshalb sind die oben genannten Punkte nichts, was einen davon abhalten sollte Medizin zu studieren, und darum gings dem Threadersteller ja. Soll man lieber was anderes machen, weil es nicht immer toll ist, Arzt zu sein.
Ich sage - ohne da natürlich auf persönliche Erfahrung zurückgreifen zu können - Nein!
Denn andere Jobs sind auch mies, sind unterbezahlt und finden zu bescheuerten Zeiten statt.
Woanders ist das Gras immer grüner.

@Solara: Ja, ich weiß, dass viele hier aus anderen Branchen kommen und vor dem Studium schon gearbeitet haben. Ich mag nur dieses "Du weißt ja nicht wovon du redest, weil du eben kein ARZT!!!!!!111einseinself bist!"
Ich weiß, das hast du an keiner Stelle so gesagt, ich stells nur gern mal überspitzt dar ;)
Wie gesagt, nix für ungut und gern per PN oder im Chat mehr zu dem Thema *gg* :knuddel:

Lava
19.09.2013, 14:39
@AA: Die Schicht einer Schwester dauert 8 Stunden, meine Schicht dauert 12 Stunden. Dass die Pflege 8 Nachtdienste im Monat hat hab ich bei uns auch noch nicht erlebt. Ja, die Pflege verdient viel weniger als ich, aber die arbeiten auch weniger als ich.

Und wie Funkel schon sagte: natürlich wusste ich vorher, dass man nachts arbeiten muss, an Wochenenden und Feiertagen. Aber wie sich das anfühlt, konnte ich vorher nicht wissen. Ich dachte nur immer, ich liebe Unfallchirurgie so sehr, dass mir das egal ist, im Gegenteil, dass ich es sogar GERN tun werde. Tja, was man halt auch in Famulaturen und im PJ nicht mitbekommt (zumindest hab ich das nicht mitbekommen), ist die hässliche Seite des Jobs. Ich bin jetzt keineswegs so verbittert, dass ich den Job hinschmeißen würde, ich rate auch nicht davon ab, Medizin zu studieren, ich rate ja nicht mal davon ab, Unfallchirurgie zu machen. Es ist ein tolles Fach, ich kann mir kein anderes vorstellen. Aber es ist eben ein verdammt harter Job mit vielen Entbehrungen und vielen Erniedrigungen. Auch wenn die Zahl, die am Ende auf den Gehaltszettel steht per se nicht schlecht ist, ist es dennoch zu wenig, weil man an allen Ecken und Enden beschissen wird (unbezahlte Überstunden, Westentaschen-Trick-Dienstmodelle).

not-flawless
19.09.2013, 15:16
Ich kann jeden Punkt von euch nachvollziehen und es stimmt auch, dass durch den noch schlimmer werdenden Ärztemangel viele Stellen unbesetzt bleiben werden - was Dienste, Überstunden etc. mit sich bringt.

Einfach ist Teilzeit sicherlich nicht, aber es ist eine Option die durchaus praktiziert wird! Ich bin aber immer noch der Meinung, dass viel von der jeweiligen Fachrichtung, Größe des Hauses und dem Team/ Atmosphäre auf Station abhängig ist!
Es gibt Fachbereiche - gerade Chirurgie - die leider als familienunfreundlich gelten (obwohl ich Pauschalaussagen hasse), gerade wegen den vielen Diensten, einfach der Arbeit an sich. Wenn man nachts im OP stehen muss und hochkonzentriert zu arbeiten hat, dann sieht die Arbeitsbelastung eines Dermatologen in dieser Hinsicht einfach anders aus.
Ich kenne HNO Ärzte (Uniklinik), die vor Arbeit absolut kein Privatleben mehr haben - auf der anderen Seite sehen ich HNO Ärzte (Großes Haus, Maximalversorgung), die einigermaßen pünktlich Feierabend machen und es mit der Familie vereinbaren können --> Teilzeit (50-75% Stellen).

Ich verstehe Lava auch, wenn Sie sagt: UC ist mein Fach und ich kann mir nichts anderes vorstellen - dann lässt sich das nicht pauschal mit "dann mach doch ein ruhigeres/weniger anspruchsvolles Fach" beantworten!

Dennoch bin ich wie gesagt der Meinung, dass vieles von den oben genannten Faktoren abhängt.

Absolute Arrhythmie
19.09.2013, 15:25
@AA: Die Schicht einer Schwester dauert 8 Stunden, meine Schicht dauert 12 Stunden. Dass die Pflege 8 Nachtdienste im Monat hat hab ich bei uns auch noch nicht erlebt. Ja, die Pflege verdient viel weniger als ich, aber die arbeiten auch weniger als ich.



Aha. Also mein Nachtdienst dauert 10h. Auf Intensiv hat er 11h gedauert. Und weil bei dir die Pflege nicht mehr als 8 Nachtdienste macht, kann das woanders nicht so sein. Ja nee, ist klar. Und zum Thema "weniger arbeiten".
Mein Tarifvertrag gibt mir 38,5h vor, der Tarifvertrag der Ärzte aktuell 42h. Ja, das ist ein halber Tag mehr in der Woche und ja, du hast deutlich mehr Verantwortung und blöde Patienten und blöde Arbeitszeiten und deine Ausbildung hat deutlich länger gedauert als eine Pflege-Ausbildung.
Da will ich gar nicht widersprechen und bin da absolut deiner Meinung.

ABER - und das ist mir sehr wichtig: andere Jobs sind auch nicht nur geil. In anderen Berufen arbeitet man sich zum Teil körperlich kaputt (da bin ich selbst ein gutes bzw eher ein trauriges, schlechter Beispiel :( ) für wenig Geld. Man muss auch nachts und am Wochenende arbeiten (ich wiederhole mich), ich bin zB auch schon von Patienten bespuckt, getreten, gebissen, mit Kot beworfen, beschmipft und sexuell belästigt worden.
Mein Oberarzt hat mich auch schon angebrüllt vor versammelter Mannschaft für sachen, die passiert sind als ich selber im Frei war. Sippenhaft quasi. Und das obwohl er nichtmal mein Vorgesetzter ist.

Naja, wir werden hier nicht auf nen grünen Zweig kommen und das ist ja auch gar nicht nötig.

Ist ja absolut legitim, dass jeder seine Seite als die schwärzeste der Nacht wahrnimmt ;)
Ich jedenfalls halte an meinem Wunsch, Medizin zu studieren trotzdem oder gerade weil ich weiß, dass andere Berufe nicht besser sind, fest und ich freue mich sogar drauf!

davo
19.09.2013, 15:50
Eines was mir auffällt, nicht nur in diesem Thread (ist mir schon lange bekannt), und was durchaus interessant ist, ist dass asoziales Verhalten im Krankenhaus deutlich akzeptierter und üblicher als in anderen Berufen zu sein scheint. Meine BWL- oder Informatik-Bekannten mussten sich noch nie anbrüllen lassen, das würde auch niemand tolerieren. Faszinierend dass Krankenhäuser da nicht bereit sind durchzugreifen.

Meine Vermutung ist dass der Stress deutlich erträglicher wäre wenn die Leute zumindest ein Minimum an akzeptablen Umgangsformen hätten ;-)