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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Homöopathie als Wahlfach an der Uni?



Stan.
14.09.2013, 13:50
Ich habe gerade festgestellt, dass man in München als Vorklinik-Wahlfach folgendes belegen kann:

"Grundlagen der Homöopathie und ihre klinische Anwendung

Das Wahlfach vermittelt Grundlagen zur Homöopathie sowie deren klinische Anwendung

Inhalte:

· Denkansatz und Therapiekonzept der Homöopathie
· Das Simile-Prinzip und die Arzneimittelprüfung am Gesunden
· Wesen der Krankheit und Wesen der Arznei
· Arzneimittelbild (Prüfung, Toxikologie, therapeutische Erfahrung);
· Die homöopathische Anamnese
· Herstellung (Potenzierung) und Dosierung homöopathischer Arzneien
· Überblick über die Grundlagenforschung zur Homöopathie
· Überblick über die klinische Forschung in der Homöopathie
· Verschiedene Richtungen in der Homöopathie
· Hinweise zur Auswahl von Repertorien, Arzneimittellehren und Lehrbüchern"

Das überrascht mich schon sehr, da ich bisher davon ausgegangen bin, dass Homöopathie aufgrund der fehlenden Evidenz der Wirkung nicht im Medizinstudium behandelt wird. Oder hat sich daran etwas geändert und es wurde ein Mechanismus entdeckt, wie Zuckerkügelchen ohne Wirkstoff heilen können?

Brownie
14.09.2013, 14:00
das wahlfach in der vorklinik muss meines wissens nach nichts mit medizin zu tun haben. da kannst du auch chinesische oder ägyptologische kultur nehmen, wenn dir danach ist.

davo
14.09.2013, 14:20
Nachdem es viel zu viele Ärzte und Apotheker gibt die Zuckerkügelchen verschreiben bzw. verkaufen sollte es nicht verwundern dass auch an vielen Unis dieser Unsinn gelehrt wird... in Bonn, Düsseldorf und natürlich Witten sind mir auch diverse Voodoo-Wahlfächer aufgefallen. Muss man als Student halt einfach boykottieren, dann löst sich das Problem vielleicht früher oder später einmal ;-)

Kajsa
14.09.2013, 14:23
Wer sagt denn, dass besagte Veranstaltung die Homöopathie nicht kritisch unter die Lupe nimmt?

CrazyJim
14.09.2013, 15:14
Verstehe da das Problem von manchen gar nicht. Das Homöopathie wissenschaftlich gesehen Schwachsinn ist, ist glaub ich (hoffe ich zumindest) jedem Mediziner bekannt. Auch den Placebo Effekt sollte man kennen.. Bin zwar erst frisch aus der Vorklinik, aber ich stelle es mir schon praktisch vor wenn ich einem Patienten der eigentlich nichts hat bzw. keine medikamentöse Behandlung bräuchte ein homöopathisches Präparat verschreiben zu können (geht so was überhaupt...?) wenn er denn den Eindruck macht er „bräuchte“ unbedingt was. Im ein richtiges Placebo zu geben würde zwar auch gehen, aber wenn das nach 2 min Internetrecherche auffliegt ist man glaub ich ziemlich unten durch ;)
Daher find ich hat die Homöopathie schon irgendwie auf eine merkwürdige, indirekte Art und Weise eine Daseinsberechtigung und ich finde es daher auch völlig ok wenn so etwas als Wahlfachangeboten wird, man muss es ja nicht machen(ich würde es auch nicht tun!).
Kritisch wirds finde ich dann wenn Leute anfangen ernsthafte Erkrankungen damit therapieren zu wollen, da hört der Spaß natürlich dann auf..

CrazyJim
14.09.2013, 15:24
Verstehe da das Problem von manchen gar nicht. Das Homöopathie wissenschaftlich gesehen Schwachsinn ist, ist glaub ich (hoffe ich zumindest) jedem Mediziner bekannt. Auch den Placebo Effekt sollte man kennen.. Bin zwar erst frisch aus der Vorklinik, aber ich stelle es mir schon praktisch vor einem Patienten der eigentlich nichts hat bzw. keine medikamentöse Behandlung bräuchte ein homöopathisches Präparat verschreiben zu können (geht so was überhaupt...?) wenn er denn den Eindruck macht er „bräuchte“ unbedingt was. Ihm ein richtiges Placebo zu geben würde zwar auch gehen, aber wenn das nach 2 min Internetrecherche auffliegt ist man glaub ich ziemlich unten durch ;)
Daher find ich hat die Homöopathie schon irgendwie auf eine merkwürdige, indirekte Art und Weise eine Daseinsberechtigung und ich finde es daher auch völlig ok wenn so etwas als Wahlfachangeboten wird, man muss es ja nicht machen(ich würde es auch nicht tun!).
Kritisch wirds finde ich dann wenn Leute anfangen ernsthafte Erkrankungen damit therapieren zu wollen, da hört der Spaß natürlich dann auf..

Sorry für den Doppelpost und ich glaube ich bin einfach blind, aber hat dieses Forum eigentlich keine Editierfunktion?!

Feuerblick
14.09.2013, 15:37
Doch... du musst nur erst 15 Beiträge geschrieben haben, dann kannst du auch editieren (hat was mit dem Auftreten von gewissen Spam-Arten zu tun).
Was Homöopathie angeht: Ich finde es schon nicht schlecht, sich darüber zu informieren. Denn ich kann einem Patienten nur dann suffizient klar machen, warum etwas keinen Nutzen hat, wenn ich mich damit auskenne und weiß, wovon ich rede. Schadet also ganz sicher nicht, sich mal Infos zu holen. :-nix

nie
14.09.2013, 16:26
An meiner Uni gibts das auch als vorklinisches Wahlfach und ist bei den Studentn sogar sehr beliebt. Die Dozenten sollen cool sein und mit minimalem Aufwand (nämlich Anwesend sein und ein paar idiotensichere Fragen beantworten) ist da wohl bisher jeder mit ner 1 raus. Und da die vorklin. Wahlfächer bei uns beeindruckend ätzend sind, ist das wirklich ne gute Alternative.

Shizr
14.09.2013, 16:48
Das überrascht mich schon sehr, da ich bisher davon ausgegangen bin, dass Homöopathie aufgrund der fehlenden Evidenz der Wirkung nicht im Medizinstudium behandelt wird.
Ad 1: Wir haben es noch echt gut. Die Pharmazeuten sind so richtig am Ar***, weil die sich wesentlich mehr und unkritischer mit diesem Dreck auseinandersetzen müssen.
http://scienceblogs.de/bloodnacid/2012/10/08/gastbeitrag-homoopathie-in-der-pharmazie-eine-bestandsaufnahme-teil-1/
http://scienceblogs.de/bloodnacid/2012/11/05/gastbeitrag-homoopathie-in-der-pharmazie-eine-bestandsaufnahme-teil-2/
Da fasst man sich doch echt an den Kopf.

Ad 2: Ja, hier in Bonn gibt's dieses Wahlfach, und in jugendlichem Leichtsinn habe ich - eben aus der Überlegung, dass da möglicherweise doch etwas dran ist - es sogar belegt. Asche auf mein Haupt. Geleitet wurde es von einem höchst gläubigen Jünger, für den das Organon das Evangelium war. Kritisch begutachtet wurde da gar nichts. Hahnemann hatte Recht, und damit basta. Typisch für Homöopathisten halt.

Ad 3: Es gibt den Querschnittsbereich "Physikalische Medizin, Rehabilitation und Naturheilverfahren". Ich weiß nicht, wie das anderenorts abläuft, aber hier bei uns gibt es da wohl einige Dozenten, die in dem QB groben Unfug propagieren.
Und dieser QB steht in der Approbationsordnung. Wird man im HEx etwa nach Homöopathie und anderer Voodooschei**e gefragt?


Oder hat sich daran etwas geändert und es wurde ein Mechanismus entdeckt, wie Zuckerkügelchen ohne Wirkstoff heilen können?
Nein, der Nachweis, dass die Homöopathie ohne arzneiliche Wirkung ist, steht immer noch fest.
Das Problem ist halt, dass immer noch viele Menschen Anekdote mit Evidenz verwechseln, keine Ahnung vom Placebo-Nocebo-Phänomen haben ("Aber ich bilde mir doch nicht ein, dass es mir besser geht", "Aber meinem Hund hat's auch geholfen", "Aber mein Kind...!") und nach gutartigen Spontanverläufen glauben, von der Homöopathie geheilt worden zu sein. Und ke

Rhiannon
14.09.2013, 17:11
Ad 3: Es gibt den Querschnittsbereich "Physikalische Medizin, Rehabilitation und Naturheilverfahren". Ich weiß nicht, wie das anderenorts abläuft


Bei uns wirklich sehr gut. Ich bin da schwer skeptisch rein gegangen, aber es wurde wirklich kritisch mit sehr vielem umgegangen und sehr auf die evidenzbasierten naturheilkundlichen Verfahren verwiesen (Mittel aus der Phytotherapie zB) und auch immer wieder betont, dass Naturheilverfahren immer nicht als alternative Medizin sondern als komplementär zu den normalen schulmedizinischen Verfahren zu sehen sind. Weiß nicht, obs dran liegt, dass das dementsprechende Institut bei uns auch direkt "Institut zur wissenschaftlichen Evaluation naturheilkundlicher Verfahren" heißt....

McBeal
14.09.2013, 20:48
Naturheilverfahren ist doch nicht gleich Homöopathie. Sowas wie Kneipp etc. finde ich völlig okay zu lernen.

LG
Ally

Shizr
14.09.2013, 21:31
Naturheilverfahren ist doch nicht gleich Homöopathie.
Ja, klar. Darum geht es mir auch gar nicht.
Ich finde es auch wichtig, diesen Bereich kennenzulernen. Es gibt ja doch einige Sachen, wo man brauchbare Hinweise auf eine Wirksamkeit jenseits von Placebo hat.



Aber das hat irgendwo seine Grenzen.
Es gibt zumindestens einen Dozenten, der wohl ein Faible für sehr "alternative" Verfahren hat und die in seinen Seminaren auch gerne in den Himmel lobt.
Um mal ein paar kleine Beispiele zu bringen: Schröpfen, Cantharidenpflaster, obskure Einläufe...
Ich traue mich leider nicht, das Handout online zu stellen. Immerhin steht mir der QB plus Klausur noch bevor.

Nessiemoo
15.09.2013, 19:31
Ad 3: Es gibt den Querschnittsbereich "Physikalische Medizin, Rehabilitation und Naturheilverfahren". Ich weiß nicht, wie das anderenorts abläuft, aber hier bei uns gibt es da wohl einige Dozenten, die in dem QB groben Unfug propagieren.
Und dieser QB steht in der Approbationsordnung. Wird man im HEx etwa nach Homöopathie und anderer Voodooschei**e gefragt?
e

Theoretisch ja, praktisch wurde es ich glaube noch nicht abgefragt. Ich komme auch frisch aus dem Kurs. Bei uns war es eine Woche Vollzeit, und halt auch eben mit Reha und Physikalische Medizin dazu (was ich viel zu kurz fand... ich finde es ist schon wichtig für einen Arzt zu wissen was wird mit Patienten gemacht, wenn man Physiotherapie verschreibt). Ich glaube durchaus an Placebo und dass es durchaus manches gut wirken kann, in dem es doch gewisse Selbstheilkräfte aktiviert...also ich bin sehr positiv in den Kurs reingegangen... es war auch teilweise sehr gut. zB wenn ein Pharmazeut über Phytopharmaka geredet hat.

Aber sonst war es echt oft grober Unfug. Die Methoden können ja durchaus in manchen Fällen helfen. Sie wurden aber alle als DIE allheilende Methode verkauft... Patientenbeispiel wo man direkt eine klassiche psychosomatische Störung erkannt hat - die dann ich glaube nur erschwert werden, in dem man nicht den Patienten versucht zu überzeugen für ihm richtige psychosomatische Therapie
zu nehmen, sondern irgendetwas spritzt o.ä. So fand ich es grenzwertig über Neuraltherapie als komplett nebenwirkungsfreie Therapie zu sprechen, wenn bei Lokalanästhetika durchaus gewebetoxische Effekte bekannt sind. Und dann ein Lehrbuch und eine Studie vorzuzeigen als Beweis, dass es hochwissenschaftlich ist - beide erwiesen sich vom Dozenten selber und die Studie veröffentlicht in einem noch nicht anerkannten Journal.

Oder wenn bei der Osteopathie-kurs mir erklärt wurde, dass ich allmögliche Blockaden und kA was in meinem Rücken habe... seitdem bin ich auch gegenüber skeptisch.

EKT
16.09.2013, 20:18
ich stelle es mir schon praktisch vor wenn ich einem Patienten der eigentlich nichts hat bzw. keine medikamentöse Behandlung bräuchte ein homöopathisches Präparat verschreiben zu können...Kritisch wirds finde ich dann wenn Leute anfangen ernsthafte Erkrankungen damit therapieren zu wollen, da hört der Spaß natürlich dann auf...

Es gibt keine Patienten, die "nichts haben", sonst würden sie nicht zum Arzt gehen. Was du wahrscheinlich meinst sind Neurosen. Und die sind erstens die zweithäufigste Krankheit überhaupt (nach der "common cold") und sind durchaus sehr ernsthafte, das normale Leben schwer beeinträchtigende Störungen, werden jedoch durch unsinnige "Behandlungen" wie eben Homöopathie verschlimmert, bzw. der Pat. wird iatrogen weiter neurotisiert.

"Die Methoden können ja durchaus in manchen Fällen helfen."

Nein, tun sie nicht. Es ist entweder spontane Besserung von Befindlichkeitsstörungen oder der Placebo-Effekt der intensiven Zuwendung, der gerade bei Psychoneurosen kurzzeitige Erleichterung, jedoch niemals wirkliche Besserung verschafft, da er den gestörten Menschen in ein Abhängigkeitsverhältnis führt.

CrazyJim
17.09.2013, 08:21
Mit dem ersten hast du wohl teilweise Recht, das kann man aber auch nicht einfach so als Verallgemeinerung hinstellen. Nur weil jemand um seine Gesundheit besorgt hast, hat er wohl kaum direkt eine Neurose, da muss man auch Abstufen können, es ist nicht alles schwarz und weiß.
Den zweiten Satz musst du mir bitte nochmal nachweisen, dass hab ich so nicht gesagt und auch nicht gemeint finde das ein bisschen befremdlich das einem auf einmal Sachen in den Mund gelegt werden.
Wie auch immer, ich bin hier raus. Wenn du OA bist hast du vielleicht mehr Plan.
Ich habe keine Lust das jetzt über 3 Seiten zu diskutieren - ich werde jetzt meinen medizinfreien Monat genießen, bis die Klinik anfängt.

EKT
17.09.2013, 12:41
@CrazyJim
Du hast recht, das zweite Zitat stammt von Healer, nicht von dir. Es tut mir leid, ich bitte um Entschuldigung!

Nessiemoo
17.09.2013, 20:54
Also ich meinte ja jetzt nicht Homoöpathie - was reines Plazebo ist- , sondern eher richtung Neuraltherapie/Osteopathie.

Peter_1
18.09.2013, 09:23
Die Frage ist halt bei Placebos (und überhaupt bei placebohaften "Therapien" aller Art, muss ja nicht nur medikamentös sein) immer ob wir die Patientenautonomie fördern, oder im Gegenteil sogar massiv behindern. Durch die Anwendung von Placebos, oder durch "Pathologisieren" von Befindlichkeitsstörungen können wir Patienten binden (kommen immer wieder, ist ja auch schön für uns) und daran hindern einen arzt/therapeuten/medikamentenfreien Umgang mit ihren Beschwerden zu erlernen. Das gilt es zu bedenken, deswegen sind auch Placebos nicht "nebenwirkungsfrei", sie kosten bestenfalls Zeit, Geld und können "Kranksein" festigen.
Natürlich haben Placebos manchmal ihre Berechtigung, aber aufgeklärt gehören die Patienten vorher was sie selber tun können, bzw. auch über den selbstheilenden Verlauf von vielen leichten Erkrankungen.
Therapien, oder Ideologien (besser gesagt) die alle Erkrankungen mit einem meist simplen Denkmuster (wie die Osteopathie und auch die Homöopathie) erklären halte ich für sehr suspekt und ggfs. auch gefährlich. Natürlich steht und fällt die Gefährlichkeit einer solchen Therapieform immer mit dem Grad der "ideologischen Verblendung" des Therapeuten, aber manche Therapieformen sind von Grund auf eher wie Ideologien konstruiert und können sich damit gegen wissenschaftliche Kritik immunisieren.

Radischen
27.09.2013, 17:45
Ich bin etwas verwirrt und habe mal einen (dumme) Frage: Hier wird ganz oft in einen Atemzug von Homöopathie, Osteopathie und Natutheilkunde gesprochen. Wo liegen da genau die Grenzen? Wo wird der Schulmedizin direkt wiedersprochen und wo werden diese Verfahren ergänzend (oder ersetztend --> z.B. weniger Nebenwirkungen durch natürlich vorkommenden Wirkstoff oder so?) eingesetzt?

(P.S: Bitte daran denken ich bin ein naiver unwissender baldiger Student - also bitte nicht zu gemein werden ;) )

Strodti
27.09.2013, 18:03
Der Überbegriff wäre hier die "Alternativmedizin" oder "Komplementärmedizin". Sie definiert sich in der Abgrenzung zur "Schulmedizin".

Innerhalb der Komplementärmedizin gibt es ein Sammelsurium von Konzepten und Methoden.
Homöopathie: Bestimmte Grundsubstanzen (nach der Lehre von Hahnemann) werden mittels Verdünnung potenziert.
Osteopathie: Ist recht ungleich definiert. Es sind verschiedene Gesamtkonzepte. Schaum mal bei Wiki
Naturheilverfahren: Selbst wieder ein Überbegriff... Phytotherapie (Einsatz von pflanzlichen Wirkstoffen), Hydrotherapie (Wasseranwendungen), Heilfasten...

Das Problem ist, dass häufig nicht wissenschaftlich evaluierte "Lehren" verkauft werden. Einzelne Bestandteile machen durchaus Sinn! Viele Ärzte benutzen pflanzliche Wirkstoffe oder Hydrotherapie (Kneipp-Wickel oder Wadenwickel) und die lassen sich durchaus auch untersuchen. Es gibt auch Zusatzbezeichnungen für Fachärzte wie "Balneologie und medizinische Klimatologie" oder "Naturheilverfahren".