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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Höchstarbeitszeit als Arzt durchsetzen?



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aton_01
16.09.2013, 04:47
Ich arbeite derzeit in einem Haus der Grund- und Regelversorgung. Bei meinem Arbeitsvertrag habe ich keine Opt-Out-Regelung unterschrieben, wodurch ich im Grunde eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48h haben sollte. Seit nun einem Jahr arbeite ich etwa 60-75h in der Woche. Die Ursache ist im Ärztemangel zu suchen. Die Meißten, die bei uns arbeiten, arbeiten zudem in Teilzeit, um natürlich etwas vom Leben zu haben. Die Lücken im Tagesdienst werden von Honorarärzten gefüllt, wodurch die Dienste inkl. Bereitschaftsdienste von den Assistenzärzten besetzt werden müssen.

Ich frage mich, welche Konsequenzen es hat, wenn ich bei der Dienstplanung sage, dass ich die rechtlichen Vorgaben einhalten möchte und daher die Höchstgrenze von 48h einzuhalten sind. Hat jemand hier Erfahrung?

Lava
16.09.2013, 10:48
Dein Recht ist es auf jeden Fall. Vermutlich wirst du dir den Unmut der Kollegen auf dich ziehen, weil die ja noch mehr Dienste machen müssen. Wie wäre es denn, wenn ihr Opt-out unterschreibt?

Christoph_A
16.09.2013, 10:53
Wer opt out Regelungen unterschreibt, der führt die komplette Rolle rückwärts in der Arbeitszeitpolitik durch. Es ist nicht unsere Aufgabe, dem Krankenhaus Lösungen unter Umgehung der Arbeitszeitrichtlinien im dunkelgrauen Bereich zu ermöglichen, sondern Aufgabe des Krankenhauses, uns vernünftige Arbeitszeitmodelle anzubieten. Und wenn man dafür halt in die Tasche greifen muß, so ist das nicht mein Problem.:-meinung

Lava
16.09.2013, 10:58
Es ist aber schwierig, die eierlegende Wollmilchsau zu finden. Und wenn man eine Klinik hat, die einem sonst alles bietet und in der man sich wohl fühlt, halte ich es für legitim, Opt-out zu unterschreiben.

Christoph_A
16.09.2013, 11:03
Dem ist nicht zu widersprechen, wobei Opt out es einem schon sehr schwer machen würde, einen Wohlfühlfaktor zu generieren. Ich würde mich da eher etwas veräppelt fühlen. Und das Arbeitsklima ist ja bereits ein großer Go oder No go Faktor einer Abteilung/eines Krankenhauses. Is halt im Endeffekt ne Philosophiefrage, ob man mehr Geld oder mehr Freizeit oder evtl gar beides haben will. :-wow

Brutus
16.09.2013, 11:28
Ich würde im Leben nicht Opt-Out unterschreiben! Was bringt mir denn evtl. mehr Geld (wenn es das überhaupt gibt bei so merkwürdigen Gegenrechnungen mit FZA, BD-Stufen, etc.), wenn ich dann keine Möglichkeit mehr habe, es auszugeben?
Mit 48h/Woche kann man ca. 4 Dienste im Monat machen. Will man denn wirklich mehr?
Machen sich die Leute, die Opt-Out unterschreiben, wirklich klar, was das im "schlimmsten" Fall bedeuten kann? Wenn ich an 60 oder 65 Stunden/Woche denke, dann wird mir irgendwie anders...
Wenn ich von einer 40 Stundenwoche ausgehe, dann blieben so 20-25 Stunden für BD übrig. Wenn pro Dienst in der Woche +8 Stunden nach FZA anfallen, dann dürfte ich 3 Wochentagsdienste pro Woche machen. Alternativ einen Samstagsdienst, oder 1 Freitag/Sonntag + 1 Wochentag. Man würde doch das eigene Zuhause nicht mehr sehen und könnte alternativ mit seiner Schrankwand im Dienstzimmer einziehen! (=> Ob man da wohl Zweitwohnungssteuer bezahlen muss? :-)))
Und wenn ich Chef wäre, und ich die Dienste besetzen müsste, dann würde ich natürlich auch auch zusehen, dass jeder Opt-Out unterschreibt.
Nene. 1 Dienst pro Woche bei 48h Maximalarbeitszeit reicht!

FirebirdUSA
16.09.2013, 16:06
Ich arbeite derzeit in einem Haus der Grund- und Regelversorgung. Bei meinem Arbeitsvertrag habe ich keine Opt-Out-Regelung unterschrieben, wodurch ich im Grunde eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48h haben sollte. Seit nun einem Jahr arbeite ich etwa 60-75h in der Woche.

48h/Woche gelten ohne Opt-Out aber im 3(oder 6?) Monatsdurchschnitt.
Dauerhaft 60-75h/Woche sind selbst mit Opt-Out illegal, da darfst du ja nur 52h/Woche im 6(oder 12?) Monatsdurchschnitt haben... bekommst du die Überstunden/Dienste alle bezahlt oder ist irgendwo anders deine Arbeitszeitbelastung dokumentiert? Wenn das Gewerbeaufsichtsamt vorbeischaut wird es sehr teuer... eigentlich sollte die Verwaltung ein Interesse daran haben entweder die Arbeitszeiten legal zu gestalten oder zumindestens versuchen die Dokumentation zu verhindern.

Bei uns sind i.d.R. 2-3 Dienste unter der Woche + 1 Wochenende im Monat fällg (kleine Abteilung), ohne Opt-Out nicht legal möglich, im Tagdienst für weitere Stellen aber eigentlich tatsächlich kein erklärbarer Bedarf... sollte sich die Dienstbelastung ändern würde ich aber natürlich Opt-Out auch wieder kündigen.

Muriel
16.09.2013, 18:44
Aber gerade diese Konstellation (kleine Abteilung mit wenig Assistenten) prädestiniert ja gerade für ein Schichtmodell. Ob man das lieber haben möchte, ist sicherlich streitbar, aber meist AZG-konform der einzige sinnvolle Weg.

Brutus
16.09.2013, 19:01
^^ Aber gerade ein kleine Abteilung mit wenigen Assistenten ist im Schichtbetrieb nicht zu realisieren. Da wirst Du ja a.e. noch zusätzliches Personal benötigen. Du brauchst ja alleine, um die Schichten zu besetzen 4 Leute. Dann ist da noch keiner krank, im Urlaub, auf Fortbildung oder im Routinebetrieb. :-nix

Muriel
16.09.2013, 19:06
Das ist zwar richtig. Aber das Geld, das für die Dienste eingespart wird, reicht locker mit Lohnnebenkosten für weitere Stellen. Unsere Verwaltung ist unserem OA, der damals unser System entwickelte, um den Hals gefallen, weil mit zwei mehr Stellen dennoch Lohnkosten gespart wurden. Hat sich natürlich für uns eher unangenehm auf dem Gehaltszettel bemerkbar gemacht.

Brutus
16.09.2013, 19:11
Dann hat der OA Euch aber böse verarscht! Bei uns wurde das Schichtsystem eben unter Verweis auf höhere Kosten nicht eingeführt (offiziell natürlich so nicht gesagt!).
Aber wenn nach Abzug des FZA gerade mal noch 4 (!) Stunden bezahlt werden im Bereitschaftsdienst, dann kann das nicht teurer sein, als wenn neue Ärzte eingestellt werden. Und gerade bei Kliniken, die ein BD-Modell haben, wo das Personal mit Minusstunden aus einem Dienst geht, kann diese Rechnung nicht aufgehen... :-nix

McDreamy
16.09.2013, 19:39
Schichtmodell ist doch ätzend, oder? Ich kenns nicht, stells mir aber horrormäßig vor.

Feuerblick
16.09.2013, 19:41
Schicht ist schlimm, aber 70 Stunden/Woche würde ich mir auch nicht gefallen lassen. :-nix

denkstdu
16.09.2013, 19:58
Also mich stört unser Schichtsystem nicht wirklich. Ich finde Spätdienste sogar ganz angenehm vorallem im Winter, da kann man sogar noch etwas machen bei Tageslicht. Auch wenn es für ein Familien und Sozialleben sonst total schrecklich ist. Aber so für organisatorische Sachen und mal Termine erledigen, sowie outdoor sport bei tageslicht ist dies wirklich nicht schlecht.

Fr.Pelz
16.09.2013, 20:22
Naja Sachen bei Tageslicht erledigen kann man auch mal im Zustand nach Bereitschaftsdienst. Ich fände Schichtdienst auch furchtbar, meinen persönlichen Rhythmus, der total tageslichtabhängig ist, würde es vollständig zerstören. Und für eine Familie mag ich mir das gar nicht erst vorstellen.

In vielen Fächern ist doch auch gar nicht so viel los, dass man wirklich jemanden braucht, der nachts voll arbeitet. Wo macht denn richtiger Schichtdienst mit 3x8h/d Sinn außer auf der ITS?

John Silver
16.09.2013, 21:50
Um die ursprüngliche Frage zu beantworten: Ja, man kann (und sollte) auf der Einhaltung gesetzlicher Regeln bestehen. Ohne opt-out kann manim Schnitt max. 48 Stunden pro Woche arbeiten, mit opt-out maximal 58. Wenn man 60 Stunden und mehr arbeitet, ohne dafür einen adäquaten Ausgleich zu bekommen, ist man selbst schuld. Wenn die Klinik Honorarärzte beschäftigen muss, kann die Bewerbersituation nur sehr schlecht sein, und das sollte man ausnutzen. Das ist ein hervorragendes Druckmittel.

Muriel
17.09.2013, 07:06
@Brutus: es war ja kein System mit Minusstunden. Wäre es ein solches gewesen, sprich wäre der Diensthabende erst am Nachmittag zum Dienst erschienen, hätte auch noch eine Stelle neu geschaffen werden müssen, weil dann den Tag über die Funktionen nicht hätten besetzt werden können.

aton_01
17.09.2013, 07:33
Danke für die Hinweise. Ich werde heute mit der Dienstplanung reden und darauf bestehen, dass die 48h eingehalten werden. mal sehen was passiert :-)

anignu
17.09.2013, 12:07
und berichte dann bitte ;-)

Lava
17.09.2013, 13:18
Wobei es mehr Sinn macht, wenn die Abteilung geschlossen auftritt, um was zu ändern. Habt ihr einen Assistentensprecher?